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der er war, nur die G-gen- Vergangevhcit! Tho wohl Sitte m der Fremde? und aus „Hoho, der Mörder ! Was wollt Ihr in meinem Hause, im Zwielicht bei meinem Weibe? Ist das Einen Moment schien es, als wolle Harms die geliebte Fra« in seine Arme, an sein Herz nehmen, doch er bezwang sich und preßte nm liebevoll ihre Hände in den seinen. „Seib Ihr endlich wieder da, Klaus", rief sie nochmals, als ihre beiderseitige Erregung etwas nachgelassen hatte. „Wie habe ich mich nach Euch gesehnt, mein Freund, besonders jetzt, wo ich so al lein bin — so elend —" Ihre Summe erstarb, ein Schaudern durchflog die ganze Gestalt und Klaus neigte sich zu ihr nieder. „Ich weiß alles, Lena. Glaubt mir, ich habe mit Euch gelitten!" „Ich glaube es Euch", nicke sie schwermütig, „aber Ihr könnt meinen Kummer nicht ganz ver stehen, denn Ihr habt meinen Liebling, meine kleine Kathi, nicht gekannt!" „Doch, ich sah das Kind auf seinem Totcu- bettchen". „Ihr, Klaus?" fragte Lena erstaunt, „wie ist das möglich?" „Ja", nickte er tiefernst, „ich war bei Euch, als Ihr bewußtlos neben dem soeben verschiedenen Kuwe zusammen gebrochen". Sie preßte die Hand an die Schläfen und drin in der Gruft regte sich ein sonderbar süß-schmerzliches Gefühl; so war er bei ihr gewesen in jener schwer sten Stunde, da der eigene Gatte höhnisch verweigerte, zu kommen! „U.id nun erzählt mir von Euch, Lena", fuhr er fort, da er ihre furchtbare Eeregung sah, „von Eurem Leben und — der toten Kleinen, wenn Ihr könnt. Es wird Euch gut ihun". „Nicht hier, nicht jetzt", wehrte sie hastig, „er muß bald kommen, Chnsttan, — mein Mann". „Ihr seid — nicht glücklich, Lena?" fragte er finster. „Nein", erwiderte sie wehmütig, „sie haben mir mein Kleinod ja draußen gebettet auf den Friedhof — nun ist alles vorbei — alles!" „O, Lena", rief der starke Manu erschüttert, s „so dürft ihr nicht reden; Ihr seid ja eine Christin, ! die nicht so trostlos dahm leben soll!" „Ja, Klaus", murmelte sie schmerzlich, ich habe l es vergessen, ich konnte nicht mehr beten, seit — seit ° jener Stunde, aber ich will'« versuchen und es wird i wieder gelingen!" Und unter dem ernsten, mitleidigen Blicke seiner Augen brach die Eiskruste, welche ihr Herz umgeben, sie bedeckte das Antlitz mit beiden Händen und be gann bitterlich zu schluchzen. Es waren die ersten Thräuen seit dem Tode Kathi's! Wie lange sie so gestanden, wußten beide nicht, erst als draußen schlürfende Tritts sich näherten, richtete sich Len» auf und befreite ihre Hände aus ! Klaus' Rechten; wenige Augenblicke später riß der s Bauer ungestüm die Thür auf m d trat polternd ins f Zimmer. „Hoho", schrie er ärgerlich, „noch im Finstern, Lena, was soll das heißen? Nur immer Gesichter schneiden und auf den Kirchhof laufen, das kannst Du, aber Deine Pflichten vernachlässigst Du erdärw- f lich und dann sagen die Leute, daß —" Wieder legte sich jene eiserne Hand auf die j Schulter des halb Betrunkenen und Klaus rief in s furchtbar drohendem Tone: > „Nehmt Euch in Acht, Christian Svend, und Z wütet nicht so, denn der Klaus Harms ist wieder da, Mit verschränkten Armen blieb Klaus stehen blickte verächtlich auf den Trunkenbold, der ihm der Ferne mit den Fäusten drohte. „Elender Wicht, Ihr wagt es, mir zu drohen?" „Ja, ja, macht mich nur auch kalt wie den alten wart allein blieb ihm, um sich mit ihr abzufinden. Er hatte sich nun wieder sein ärmliches Hüttchen eingenchiet, um wie stüher als Fischer schlecht und recht weiter zu leben, uwbraust vom Trollhätta, dem cw'g treuen allen F^u. de. Sein Auge bücke empor zum Himmel und voll tiefen Ernstes sprach er feier lich: „Ich will! Gott hört's, Gott sieht'ö — und Gott wak's " Ein »tderwärtigeS Kichern schreckte ihn auS scinen Gedanken auf; am Wege saß die alte Greta Grausen und streckte ihm ihre zitternde, knöcherne Hand bit tend entgegen. „Eine kleine Gove, Klaus Harms", rief sie kläg- lich, „sonst muß ich verhungern!" „Mutter Gransen", fragte Harms erstaunt, „was thut Ihr hier? Bettelt Ihr denn?" „Ja", wimmerte die Alte, „fest mich Ole Grausen mein Sohn, aus dem Haute gejagt hat, muß ich betteln, um zu leben!" „Wehalb hat Euer Sohn Euch aus dem Hause gewiesen?" „Weil ich dem Mo, seinem zukünftigen Tochter- manu, aus den Karten prophezeit habe, daß er einst seinen Geist hinter Eifenstäben cmfgsben wird". „Und waS sagte Mietje dazu?" „Nicht viel. Sie ist so gleichgültig geworden, seitdem sie damals von ihrer Flucht Mückkehrte, aber sie hilft mir doch täglich durch Verabreichung von Essen und hier und da auch einigen kleinen Geldstücken". „Sie ist des Ulo Braut?" „Ja, aber ich glaube nicht, daß sie sein Weib wird. Sie muß irgend einen Grund haben, als sie ihm ihr Wort gab und seine Verlobte wurde". „Es war wohl Oie Gransen's Wunsch?" „Ja freilich, aber deshalb allün that es die Mietje nicht, denn d-e Liebe zwischen Vater und „O Heimat," mucmelte der einsame Mann, dessen Antlitz aufleuchtete, „wie bist Du unvergleich lich schön! Kein Laud kommt dir gleich! Ich sah die Gebirge Schottlands, die Weinberge Frankreichs, Spaniens Orangenhaine und die deutschen Eichen wälder, aber nirgends brauste und dröhnte ein Troll- hätta, nirgends ging mein Herz auf, wie hier bei unsrem stillen, lieben Bergkirchlein!" — Kühle Morgendämmerung erfüllte das Gottes haus und auch heute trat eine Frauengestalt aus demselben Klaus entgegen: Mietje Gransen. Herzlich bot er ihr die Hand und als sie den Druck derselben erwiderte, blitzte es plötzlich verräte risch in ihren dunklen Äugen auf. „Jungfer Mietje, ich habe Euch noch nicht Glück wünschen können za Eurer Verlobung." „Laßt es nur immerhin bleiben, Klaus Harms," wehrte sie ab, während ihr Gesicht sich verfinsterte. „Ihr wißt es ja, daß ichs nicht aus Liebe that." „Auch nicht aus Kindesliebe?" „Nein," sagte sie rauh, „ich kenne dies Gefühl nicht, denn mem Vater liebte mich nicht, so lange ich lebe und erst als ich ihm zum Lockvogel für seine Gäste dienen sollte, vergab er mir, daß ich ein Mäd chen war!" „Armes Mädchen! Melchern freud- und liebe leeres Dasein müßt Ihr führen. Weshalb aber gabt Ihr Ulo Euer Wort, der Euch widerwärtig ist?" Ein seltsam tief forschender Blick ihrer Augen traf ihn aber sie schüttelte nur leicht das Haupt. „Nun denn," meinte er ablenkend, „ich will nicht in Euch dringen, lebt wohl, Mietje, wollt Ihr zur Stadt?" i „Hütet Euch vor den Beiden", flüsterte sie heim- I lich, „ich habe einmal gehört, daß der Ulo zum I Gransen meinte,- es sei wohl besser, Euch stumm zu ' machen". „Ich danke Euch für den Nat", gab er zurück und warf den Kopf verächtlich auf, „aber ich fürchte mich vor den Beiden nicht; über uns da droben wohnt Einer, der mich besser behütet, als ich es kann". Weiter schritt er, in tiefes Sinnen versunken; ihm war'L, als solle ein neues Leben für ihn be ginnen und dabei fielen ihm der Alte» Worte über Mietje ein. Was mochte das sonderbare Mädchen bewogen hoben, sich Ulo zu versprechen, ihr Benehmen gegen denselben so Plötzlich zu ändern? Wollte sie ihn sicher machen, sein Vertrauen gewinnen, um — Schwindelnd griff er mit der Hand an die Stirn. Nein, das konnte nicht sein, die erregte Phan tasie spiegelte ihm Trugbilder vor die Seele. Und dennoch! Hatte nicht die Alte soeben gesagt: „wen sie verderben will, der ist schon verdorben!" Er wußte was sie aus Liebe zu ihm schon unternommen, konnte nicht vielleicht die Liebe sie auch leiten bei ihrem jetzigen Thun? Er mußte an Mietje denken, wie sie sich ver änderte, wenn ihr Auge flammte, die Faust sich ballte und ihr ganzer Körper bebte; nein er konnte dies Weib wohl hochachte» um ihres Charakters willen, aber zu lieben hätte er sie nie vermocht, die düstere Leidenschaft ihres Wesens berührte ihn fast abstoßend. Am nächsten Morgen schritt Klaus, seiner Ge wohnheit nach, der Kirche von Trollhätta zu. Es war ein milder, feuchtwarmer Tag, an den Büschen und Zweigen hingen noch schimmernde Tropfen von dem starken Nachtregen her, und die schweren, grauen Regenwolken lagerten noch auf den Gipfln der um liegenden Berge. Stossen.! Man spuckt Euch dann vielleicht wieder wegen mangelnder Beweise frei", höhnte Svend. Obschon jede Fieber in ihm zuckte, bezwang Harms sich noch immer und antwortete verhältnis mäßig ruhig: „Ich bm nicht der Mörder —" „Ja, das ist leicht gesagt, aber schwer erwiesen! Ein Mörder und Ehebrecher seid Ihr, das beweist Euer Einschleichen in dies Haus zu so später Stunde." Aber weiter kam der Wüte: ich nicht; mit einem einzigen Faustschlag warf ihn Klaus zu Boden, daß er sich ächzend und stöhnend wand. „Dies meine Antwort, Christian Svend, und wagt es nicht noch einmal, eines Mannes Ehre zu beschimpfen oder Euer treues Weib zu verdächtigen. Zum zwecken Ma! schone ich Euer nicht, das laßt Euch gesagt sein!" Unwillkürlich duckte Christian sich angstvoll, es schien ihm doch nicht tätlich, seinen Gegner zu reizen und er atmete erleichtert auf, als dieser mit dröhnen den Schritten das Zimmer verließ. Auf allen Bieren kroch er aus dem W nkel, in den ihn des Fischers Fäuste geschleudert, hervor und blickie sich scheu uw. „Hol's der Böse", murmelte er ingrimmig, „mit dem ist nicht gut anbinden, das mnnte schon der Hansen und ich werde k-.in Esel sein, mir von ihm die Knochen zerschlagen zu lassen." Lena trat in dem Augenblick mit der Lampe ein, nm den Tisch zum Nachtessen zu deck >n; grollend blickte Svend ihr zu; doch r och schmerzten ihn seine Glieder so empfindlich, daß er nicht wagte, mit ihr zu zanken, ans Furcht, der unheimliche Klaus könne noch draußen am Fenster stehen und zuhorchen. Sinnend schritt indeß der Gefürchtete in den dämmernden Abend hinein. So hatte er denn wie der ihre Hand gehalten und mit ihr gesprochen, die er allein geliebt durch all die langen Jahre! Und doch, war sie's denn io der That gewesen? Arme Lena! Diese bleiche, schöne Frau, aus deren Augen eine Welt von Kummer und Schmerz sprach, war freilich eine andere, al« bas blonde, rosige Mädchen von damals! Heute konnte sie wohl jenen Ma- n nicht mehr lieben, der sie so empörend roh behandelte. O, wie strahlend hatte sie doch am Morgen nach der Verlobung am Altäre des Trollhättakirchleins ge kniet; wie heiß und sehnlich hatte er domals ge wünscht, daß ihr sonn ger Blick ihm gegolten, und er die roten Lippen küssen gedurft!" Ja, an seiner Sette, geborgen in seiner Liebe, wären ihr all Vie bitteren Erfahrungen erspart ge blieben, die jetzt langsam wie schleichend s Gift ihr Herz durchdrangen. Doch wozu riß er »och einmal längst vernarbte Wanden auf, weshalb lüstete er den Vorhang der „Ja," erwiderte sie beinah feierlich, „ich habe einen ernst » Gang vor, vielleicht erfahrt Ihr durch deofilben bald die Antwort aus Eure vorige Frage. Bis dahin lebt wohl, b.ttt für mich, wie ich's jüst dn>t am Mare thun wollte, doch — ich bin nicht stamm und meine Gedanken schweifen weit ab." „Gott sei mit Euch, Mietje, Euer Wett muß gelingen, denn Ihr seid ein braves Mädchen —" „Draußen in der Welt haben die Menschen ein Sprüchwort: „Der Zweck heiligt die Mittel" — ich denke, cs paßt auf mein Vorhaben!" „So sind Eure Mittel nicht recht, Mietje," sagte er ernst, „laßt Euch warnen und nicht durch Nachsucht oder Haß irre führen." „O Klaus," brach sie leidenschaftlich hervor, „das sagtJhr mir, Ihr, die Ihr einst aus Haß und Rachsucht selbst umecht gehandelt?" „Ja," nickte er schwer betonend, „aber seither habe ich ein Wort gelernt, das ich nicht mehr ver gessen werde: „Die Rache ist mein, ich will ver güten, spricht der Herrgott da droben. „Laßt mich fort, Klaus," stieß das Mädchen ungestüm hervor, „ich muß fort — Ihr werdet heute noch von mir hören." Eiltg schritt sie davon, ohne ihn noch »in einzig Mal anzublicken und bald war ihr flatterndes Gewand verschwunden; kopfschüttelnd blickte Klaus ihn nach, sie war ihm unvcl stündlich, dann betrat er leise das Gotteshaus und schloß hinter sich die Thüre. Als er in seine Hütte heimkehrte, setzte er sich vor die Thüre derselben, um Nctze zu flicken und endlich ging er daran, ftin frugales Mittagsmahl zu bereiten. Eben hatte er die Kartoffeln zurecht gesetzt und aus dem Rauchfang ciae Flunder geholt, als sich merkwürdig schleichende Fußtritte vernehmen ließen. ^Fortsetzung folgt.) Liebe und Leben. Roman von H, v. Ziegler. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Wenn sie draußen am Grabe saß und die goldenen Strahlen der Abendsonne über die Bäume glitten, dann zog wohl Bild auf Bild ihres jungen Lebens an ihr vorüber und sie fragte sich oft schaudernd, wie sie sich so furchtbar in dem Gegenstand ihrer Liebe habe täuschen können. Hätte sie doch noch einmal jene Zeit durchleben können, wie wäre da alles anders geworden. Doch fort mit dem Gedanken! Thörichtes Menschenherz, das stet« eine Frage bereit hat und sich so schwer unter des Schicksals eiserne Faust beugt! Langsam erhob sich die müde, blasse Frau auch heute, um heimzugehen in ihr ödes Haus, zärtlich strich sie nochmals über die nickenden Fuchsien, die auf dem Hügel blühten m d flüsterte: „Schlaf wohl, mein Kind, morgen komme ich wieder zu Dir." Der Weg bis zu ihrem Hause war nicht weit, seufzend trat sie über die Schwelle del Zimmer s, blieb je- doch befremdet stehen, als sie am Fenster einen hoch gewachsenen, breitschulterigen Mann stehen sah, der sich bci ihrem Eintritt umwandtc. „Kennt Ihr mich noch, Lena?" „Klaus", schrie sie auf, halb jubelnd, halb schluchzend, daun eilte sie mtt ausgestrcckten Händen auf ihn zu. der keinen Spaß versteht! Wehe Euch, wenn solche , Tochter war nicht groß. Aber sie führt etwas im rohe Worte noch einmal fallen!" s Schilde gegen Ulo; ihr Betragen ist ganz anders zu Nachdrücklich fchüttelte er den erstarrten Bauern ihm, heiter und freundlich, währ end sie ihn sonst kalt am Kragen und wollte ihn verächtlich bei Seite ! und abstoßend behandelte. Sie ist ein kluges Mäd- jchieben, doch dieser hatte sich ber efts von seinem chen und wen sie verderben will, der ist schon verdorben, Schrecken erholt und schrie hinter ihm drein: denn sie vergißt nie auch nur ein einzig Wort". Klaus Harms reichte der Bettlerin ein Geldstück und wollte sich zum Gehen wenden, doch noch ein- mal hielt sie ihn zurück. Redaktion, nd Verlag von Corl Matthes in Lichtenstetn (Markt 179)