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der Trichinenschauer dagewesen war. Dieser fand nachträglich Trichinen, und nun schweben die Gäste in Heller Angst, daß sie krank werden. Gegen den Wirt aber ist Untersuchung eingeleitet worden. — Am Mittwoch hat man in der Nieder lößnitz mit dem Roggenschnitt begonnen. — Ein frecher Schwindler ist in Regis auf» getreten. Dortselbst erschien beim Uhrmacher Große ein fein gekleideter Herr und verlangte denselben zu sprechen. Dessen Frau erklärte, daß er abwesend sei, was der fremde Mann sehr bedauerte, indem er er klärte, daß er vom Herrn Pastor Börner in Brei tingen beauftragt sei, eine Uhr zu kaufen. Nach diversen Unterhandlungen wußte der Gauner die Frau zu bestimmen, ihm zwei Uhren im Werte von 53 Mark zu überlassen, um dieselben dem Herrn Pastor Börner zur Auswahl vorlegen zu können. Die nichts Böses ahnende Frau Große überließ auch diese beiden Uhren dem fremden Menschen, und ver schwand derselbe auf Nimmerwiedersehen. — Da der Gauner sein Glück auch anderwärts versuchen wird, sei hiermit warnend auf ihn aufmerksam gemacht. ß Berlin, 6. Juli. Von dem König von Sachsen und dem Prinzregenten von Bayern sind dem präsidierenden Bürgermeister von Hamburg, Dr. Lehmann, zur Erinnerung an ihren Besuch bet der Kanalfeier zwei kostbare Ehrengeschenke übersankt worden. Der Punzregent von Bayern hat eine in Silber gegossene Porträtbüste geschenkt Das Ge schenk des Königs von Sachsen besteht in einer großen Meißner Prachtvase, deren Vorderteil das an roliok aasgeführte Medaillonporträt des hohen Schenkers ziert; darunter ist das sächsische Wappen, eine Rococo-Cartouche, angebracht. Ein zweites Wappenschild, welches das Monogramm des Königs enthält, erhebt sich, von liegenden Kindern gehalten, auf dem Deckel der Vase. Beide Kunstarbesten sind im Hamburger Kunstmuseum ausgestellt. 8 Berlin, 6. Juli. Zu dem Attentatsversuch gegen den Polizeiobersten Krause hat sich eine Reihe neuer, wichtiger Anhaltspunkte ergeben. Die Recher chen der Kriminalpolizei unv die Gutachten der Sach verständigen führten zu folgenden Feststellungen: Was zunächst den Juhalt der Flaschen anbetcisft, so hat der Gerichtschemiker festgestellt, daß die 7 Flaschen etwas mehr als 5 Liter Ligroin (nicht Benzin) enthielten. Bezüglich der Weckeruhr ist der betreffende Sachverständige zu der Uebsrzengung ge langt, daß dieselbe in der That den Revolver erst am Sonntag vormittag Veil Uhr zum Abfeuern ge bracht haben würde. Was nun die Personalbe schreibung des Paketeinlieferers betriff!, so ist der betreffende Postbeamte bü seiner zuerst gegebenen Beschreibung geblieben. Die Person halte ein Retour- billet; da aber nur ein solches am fraglichen Tage ausgegeben war, konnte dies bereits gemeldet werden. Es trug die Nummer 7990. 8 Im Juli-Heft der „Preußischen Jahrbücher" unterzieht Oberstleutnant a. D. v. Winning die Ver hältnisse des französischen Heeres einer eingehenden Untersuchung im Anschluß an die letzte Beratung des Militäretats in der französischen Kammer (m diesem Frühjahr). Das Foest jener Verhandlungen, meint der Verfasser des Artikels, kann man ohne Uebertreibung bezeichnen als das Eingeständnis des französischen Volkes, mit seinen militärischen Leistungen am Ende seiner Kräfte an Geld und Menschen an gelangt zu sein. Ja, es giebt der Erkenntnis von dem Unvermögen Ausdruck, m Frankreich mit den Nachahmungen der deutschen Heeres-Einrichtungen zu gleichen praktischen Ergebnissen zu gelangen. Be merkenswert bei sämtlichen in der Kammer über den Militäretat gehaltenen Reden ist der Hinweis auf die deutschen Verhältnisse. Mit handgreiflichen Liebe und Leben. Noman von H. v. Ziegler. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Im Wohnzimmer am Spinnrocken saß indeß Lena, doch ihre Hände ruhten müßig im Schooß und träumend blickte sie durch's Fenster hinaus in den dämmernden Abend. Noch war die Sonne nicht ganz versunken, auf den höchsten Fslkspitzen glühten noch ihre Strahlen in flammendem Purpur, goldene Wölkchen glitten am Himmel bahin und die dunklen, gespenstischen Schatten der Dämmerung huschten nur erst hier und da durchs Thal. Nachdenklich blickten die blauen Mädchenaugen hinein in dies herrliche Bild und leise wie im Traume flüsterten die roten Lippen: „Mutter, o meine Mutter, wo bist Du? Warum gingst Du so früh von Deinem Kinde, das gerade jetzt Deiner Liebe so sehr bedürfte. Bete für mich, meine Mutter — daß ich glücklich werde!" Das schöne Gesichtchen strahlte in rosiger Glut, da plötzlich fuhr Lena empor, mit einem leisen Aus ruf die Hand auf das Herz pressend. „Er selbst — Christian Svend! Er kommt auf unser Haus zu — und der Vater ist nicht da! Was soll ich thun — o Himmel! Da öffnet er schon die Hausthüre — da ist er!" Unruhig strich sie die Schürze glatt, zupfte das Busentuch zurecht, als Christian bereits an die Thür Pochte. „Darf ich näher kommen, Jungfer Lena ?" fragte er lächelnd, „Euer Vater sandte mich selbst hierher." Uebertreibungen schildern die Redner daS Ueberge- wicht deS deutschen Heeres über die französischen Streitkräfte. Die deutsche Organisation macht e« nach der Ansicht des Deputierten Raiberti möglich, durch Wiedereinziehung des dritten Jahrganges die Friedensarmee um 300,000 Mann zu verstärken, ohne Mobilmachung, ohne eine öffentliche Mitteil- lung, ohne Eingriff in den Friedensbetrieb der Ei senbahnen! „Die Gefahr für uns", fährt er fort, „liegt nicht in der um 70,OM Mann erhöhten Frie densstärke der Deutschen, sondern in dem, was an geschulten Reserven dahinter steckt, in dem, was man nicht sieht und welches man diesseits der Vogesen nur zu sehr zu verachten sich gewöhnt hat. Die Ge fahr liegt in der Offensivmasss von 900,000 Mann (!), fast eine Million, welche vor der Mobilmachung über die Grenze geworfen wird und hinter welcher sich die Reserve-Armeen von Millionen in Ruhe for mieren können." Mit starkem Pessimismus spricht der Abgeordnete Delafosse von der allgemeinen Wehr pflicht, die sich in Frankreich nicht einbürgern wolle, er rät, wieder auf die Berufsheere zurückzugreifen. Einen Hauptmangel der französischen Organisation hebt der dritte Hauptredner, Berteaux, hervor: er weist auf den schwachen Eff-ktivbestank der einzelnen Truppenteile hin. Es werden zu viel Taugliche durch Abkommandierungen dem Dienst bei der Trupps ent zogen: nach dieser Seite hat sich die Reform zu er strecken. Nach interessanten Bemerkungen über den Geist des französischen Ossizierkorps und der Unter offiziere, des bedenklichsten Elements der französischen Armee, kommt der Verfasser zu folgendem zusammen fassenden Urteil: Die Rwanche-Jdee ist nicht tot. Man dürstet in Frankreich nach kriegerischem Ruhm. Am liebsten möchte man den Gegner „von der an deren Seite der Vogesen" zu Paaren treiben. . . . Alle Kreise, auch die beftumerrichteten in Frankreich, gefallen sich in der Idee, daß Deutschland nur aus einen günstigen Augenblick lauere, um Frankreich von Neuem niederzuwerfen und zu zerstückeln, seine Ko lonien zu erwerben re. rc, während sie absolut kein Verständnis dafür haben, oder haben wollen, daß Deutschland seine schwere Rüstung nur trägt, um seine mühsam erworbene Einheit und Unabhängigkeit sicher zu stellen und daß kein Deutscher vom Kaiser bis zum Tagelöhner daran denkt, wie einst Frank reich c-s gettzan und geliebt, Eroberungskriege um die Weltherrschaft zu führen. Daß aber die französischen Parlamentsredner und die Fachblätter ihrer Bevöl kerung nachweisen, wie die deutsche Kriegsmacht der eigenen überlegen geblreben ist, — das können wir uns selbst mit einigen Uebertreibungen gefallen las sen. So lange ihre Beratungen von den Gedanken beherrscht werden, wie man am Besten dem drohen den Angriffs des übergewaltigen deutschen Nachbarn entgegentreten kann, nicht aber, wie man zu rüsten habe, um aus kürzestem Wege nach Berlin zu mar schieren, so lange, meinen wir, wird die Rsvanchelust nicht zur That schreiten, wenigstens nicht, so lange noch einiger Verstand regiert. Der gewaltige Re spekt vor der deutschen Heeresmacht, den die dies jährige Budget-Beratung m Paris mit ingrimmiger Anerkennung zum Ausdruck gebracht hat, wird hof fentlich auch die Leidenschaft und die Jntrigue im Zaume halten. 8 Die „Deutsche Warte" berichtet, sie habe sich infolge der in der Presse ausgestellten Behanptnng, daß der Kaiser Wilhelm-Kanal nicht tief genug für die größten deutschen Kriegsschiffe angelegt sei, im Reichsamt des Innern an die jenige Persönlichkeit gewendet, die „allein eine authentische Auskunft hierüber zn geben in der Lage ist, und der ans Anlaß der Eröffnung des Nordostseekanals ganz besondere Auszeichnungen zu Teil geworden sind." Das Blatt erhielt folgende Auskunft: „Der Nordostseekanal ist durchweg 9 Meter tief gebaut nud für alle Schiffe der Welt passierbar. Nur bei der Schiffsbrücke zn Grünenthal, wo vor 2 Jahren ein „Gewiß," nickte sie schüchtern und reichte ihm die kleine Hand, „je später der Besuch, je mehr er freut er auch." Eine geraume Weile fristete sich nun noch ein mühsames Gespräch zwischen den beiden jungen Leu ten, bis endlich das inhaltsschwere Wort von Christian gesprochen wurde. Mit einem leisen Ausruf der Wonne lag das schöne Mädchen gleich darauf in den Armen des Geliebten und empfing den bräut lichen Kuß desselben, während Thräne auf Thräne über ihre Wange rann. „Meine Lena, meine Braut," jubelte Christian, „nun bin ich erst stolz und froh, daß Du mein Weib wirst! Wie glücklich werden wir mit einander sein!" Als der alte Stossen heimkehrte, blieb er einen Moment vor der Thür seines Häuschens stehen und preßte die Hand an die glühende Stirn. „Wenn sie nur glücklich wird — dann in Gottts Namen!" Hand in Hand, strahlend vor Glückseligkeit, em pfing ihn das junge Paar. „Vater, o mein Vater," jubelte die sonst so stille Lena, „ich soll sein Weib werden und sür ihn allein leben; ich bin glücklich, namenlos glücklich!" „Mein geliebtes Kind", antwortete liefergriffen der alte Mann, „bleibe so glücklich, wie in dieser Stunde, durchs ganze Leben. Und Ihr, Christian Svend, denkt daran, daß ich Euch mein Kleinod, meines Alters Trost und Licht anvertraue — laßt sie nie Thränen um Euch vergießen!" Ein leiser Schauer überrieselte den jungen Ver lobten; ihm kam Klaus Harms und seine Drohung Erdrutsch stattgefunden hat, ist die Tiefe de» Kanals bis jetzt erst wieder auf 8 Meter gebracht. Erdrutschungen find aber bei Kanälen wie bei den Eisenbahndämmen etwas ganz Unvermeidliches und kommen im Suezkanal sehr häufig vor. In Voraussicht dieser Möglichkeit hat die Negierung denn auch einen so großen Etat für dauernde Bagger-Arbeiten ausgesetzt. Hiermit ist die Antwort ans die bereits öffentlich aufgeworfene Frage gegeben, warum die große» Panzer 1. Klasse unserer Flotte den Kanal noch nicht passiert haben. Obwohl die Tiefe des Kanals bereits für alle Schiffe ansreicht, ss hat man doch mit Rücksicht auf die noch nicht auf 9 Meter Tiefe gebrachten Arbeiten bei Grünenthal dieselben vorläufig nicht passieren lassen. Dafür, daß mehrere Kriegsschiffe bei der Durchfahrt aufgelaufen sind, giebt es nnr einen Grund: die mangelhafte Stenerfähigkeit der großen Schiffe bei ver minderter Geschwindigkeit. Die Tiefe des Kanals kam in allen Fällen gar nicht in Frage, sondern allenfalls die bisher nicht genügende Vertrautheit der Lotsen mit dem Fahrwasser. Es liegt also hier nichtjeine Kinderkrankheit des Kanals, sondern der Schifffahrt vor. Denn selbst die Curven, die ursprüng lich mit 750 Meter Spannung gebaut werden sollten, haben thatsächlich eine Spannung von 1000 Meter erhalten, so daß die allergrößten Meerschiffe den Kanal ohne Gefahr passieren können, ihn auch bereits passiert haben. Der „Kaiser Wilhelm," an dessen Bord wir nns selbst befanden, hat nicht, wie fälsch lich behauptet wird, mehrere Stunden, sondern nur dreiviertel Stunde festgesessen. Dieses Schiff fuhr in einer Curve direkt auf die Böschung zu und blieb 30 Meter vom Fahrwasser entfernt stecken, nur weil das Siener versagte: lediglich aus demselben Grunde sind auch andere Schiffe ausgelaufen. Im Suezkanal kommen derartige Fälle tot» ckio vor und Niemand wundert sich darüber. Wenn man uns in's Gesicht behauptet, der Nordostseekanal sei unvollendet und unzulänglich der Oeffentlichkeil übergeben worden, so haben wir darauf nur die eine Antwort: daß Seine Majestät uns und alle verant wortlichen Mitarbeiter am Kanal nach Spandau hätte schicken müssen." 8 An der Südseite der Venus hat d'e Kieler Sternwarte, Berliner Blättern zufolge, Erscheinungen beodachtet, die die Wißdegierde der Astronomen in hohem Maße erregen. Es zeigt sich daselbst eine Helle Eiobuchluag, die bisher noch nicht wahrgeuommen worden war, die regelmäßig um 4 Uhr in Erscheinung tritt und um acht Uhr verschwindet. Von d>r Ein buchtung schießen H elle Lichtstreifen nach dem Centrum zu. Die Venus wirk von den Astronomen als ein Himmelskörper erachtet, dec bewohnt gedacht w-rden kann. Es erhebt sich die Frage, die ähnlich auch gegenüber dea eigentümlich regelmäßigen angeordne- ten Kanälen des Mars aufgeworfen worden ist, ob die beobachteten Erscheinungen nur auf mechanischen Vorgängen im Kosmos beruhen, oder ob sie durch intelligente Wesen verursacht werden. Ja, man könnte auf die Frage komme«, ob es nicht etwa ein Signal ist, das die Bewohner der Venus den Schwester planeten geben wollen. Bekanntlich hat man schon früher vorgeschlagen, die Zeichnung zum Pythago räischen Lehrsatz durch eine riesige Illumination den Marsbewohnern vorzuführev, rn der Voraussetzung, daß, wenn intelligente Wesen auf dem Mars existieren, sie oen Sinn dieser Darstellung verstehen und durch eine analoge Illumination beaniworien könnten. Auf ähnliche Ideen könnte man jetzt auch Ler Venus gegenüber gelangen, leider aber muß es bei der Idee bleiben. Unsere weitest tragenden Scheinwerfer können noch nicht auf 200 Kilometer hin wahrgenvmmen werden, eins Illumination mit genügend starken Licht- spenderu zu veranstllten, um unser Lustmeer und Millionen von Meilen des Weltenraumes zu durch dringen, würde Kosten verursachen, für die man den Isthmus von Panama endgültig durchstechen könnte. Die Vorgänge auf der Venus siad übrigens schon mit ziemlich schwachen Instrumenten wahrzunehmen. 8 Kiel, 6. Juli. Die Kreuzerkorvette „Kai serin Augusta" verließ heute das Bassin der Kaiser werft, um nach Marokko abzugehen. Bei Gibraltar wird die „Kaiserin Augusta" mit dem Panzer „Ha gen" und dem Schulschiff „Stosch" zusammentreffen. Z In Görlitz hat der Pastor Kretzschmar, ein Vater von acht unversorgten Kindern, bei dem Retten eines Kliaben den Tod durch Ertrinken gefunden. auf der Landstraße ins Gedächtnis, die Worte des Schwiegervaters lauteten ganz ähnlich! Draußen näherten sich schlürfende Schritte, so gleich eilte Lena aus dem Zimmer und traf draußen mit Greta Grausen zusammen, deren Grinsen ihr stets ein fatales Frösteln verursachte. „Ich wollte — Euch noch besuchen, Töchterchen", lächelte das Weib, „aber ich hörte Stimmen drin, und da ist's wohl besser, daß ich wieder gehe —" Sic hätte nicht um die Welt eingestehen mögen, daß sie zum Fenster hinein geschaut und die ganze Wahrheit erraten hatte. „Nicht doch, Mutter Kreta", rief die junge Braut, die im Uebermaßs ihres Glücks auch alle an deren fröhlich wissen wollte. „Ihr eßt die Abend suppe mit uns, als Erste, die unser Glück erfährt: ich bin soeben Christian Svend's Braut geworden". Aber, als habe sie einen Keulenschlag erhalten, so taumelte die Alte zurück, ihr Blick ward stier, das Wort blieb ihr im Halse stecken und ihr runze liges Gesicht erschien fast grünlich und fahl im Scheine der trüben Talgkerze. „Ei, Jungfer Lena — seht doch — welches Glück! Den schönen, stattlichen Christian, für den alle Weiber schwärmen, jung und alt, den habt Ihr eingefangen mit Euren Blauäuglein? Nun — da wünsche ich viel Glück — viel Glück!" „Ich danke Euch, Frau Gransen", lächelte das junge Mädchen, von Neuem errötend, und sie drückte herzlich die Hand der alten Hexe, ohne deren haßer füllten Blick zu bemerken. „Ja, was nicht alle« in der Welt vorfällt", be merkte die letztere, als sie sich endlich gefaßt, „wie