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befand sich ein Kassenrevisor der Staatsbahnen, wel cher glücklicherweise unverletzt blieb. — Plauen, 11. Juli. Bei Anlegung eines neuen Brunnens löste sich in jenem Brunnen der mit Steinen ge füllte Eimer vom Aufzugsseile, stürzte aus einer Höhe von 9 Metern herab und traf den 48jährigen Handarbeiter Friedrich Reuter von hier auf die rechte Schulter. Der Mann wurde schwer verletzt. — Zittau, 13. Juli. Im Gießmannsdorfer Kohlenbergwerk ist ein Schacht eingestürzt, 3 Arbeiter wurden verschüttet. Man befürchtet, daß sie bereits tot find. — Der 7 Jahre alte Sohn des Schuhmacher meisters Augsten mußte in die Zittauer Augen klinik übergesührt werden, weil ihm beim Blasrohr schießen ein Spielkamerad ins Auge getroffen hatte. ES ist zweifelhaft, ob dem Kinde das Sehvermögen erhalten werden kann. — Ein schändlicher Racheakt ist in Mittel- oderwitz bei Zittau verübt worden. Dort hat ein leider unbekannter Thater in dem Garten der Ein wohnerin Frau Flechsig die Erdbeeren mit Salzsäure übergossen. Beim Pflücken der Früchte fielen der Frau F. wohl die gebräunten Blätter auf, doch schöpfte sie keinen Verdacht und aß eine von den Früchten. Kurze Zeit darauf stellten sich auch schon Krankheitssymptome ein und der zu Rate gezogene Arzt konstatierte Vergiftung. Bei dec Untersuchung der Früchte stellte es sich heraus, daß dieselben mit Salzsäure übergossen waren. Ein reichlicherer Genuß hätte recht bedenkliche Folgen haben können. 8 Altenburg, 11. Juli. Ein wegen Unter schlagung von 5000 Mark von der Leipziger Polizei gesuchter Buchhalter, namens Crison, wurde gestern durch die hiesige Polizei verhaftet Der Verhaftete hatte sich durch seine verschwenderischen Ausgaben und durch sein scheues Benehmen in dem Hotel, -in dem er emgekehrt war, verdächtig gemacht. In seinem Besitze wurden noch 4500 Mk. in größeren Scheinen vorgefunden. 8 Weißenfels, 13. Juli. Das Rittergut Großlena bei Naumburg ist medergebrannt; 150 Stück Jungvieh sind in den Flammen umgekommen. Das Feuer wurde von Kindern, die mit Streichhölzern spielten, verursacht. 8 Berlin, 12. Juli. Das Befinden des Fürsten Bismarck ist zur Zett ein durchaus zufrieden stellendes. Dem Professor Schwemnger, welcher sich zur Zeit in Norwegen befindet, konnte gestern in diesem Sinne Bericht erstattet werden. Auch die Gesichtsschmerzen Habes nachgelassen, was auf die Stimmung des Fürsten von bester Wirkung ge wesen ist. Z Berlin, 13. Juli. Zu dem Altentatsver suche gegen den Polizeioberst Krause wird gemeldet, daß die Kriminal-Polizei seit gestern wieder auf neue Spuren gekommen ist, welche endlich einen Erfolg erhoffen taffen. 8 Auf Veranlassung des Gefolges des Kaisers Wilhelm hatte die Stockholmer beständige Ausstellung von schwedischen kunstgewerblichen Handarbeiten, ein Arbeitsgebiet, das in Schweden zu außerordentlicher Vollkommenheit gediehen ist, einen Teil ihrer Gegen stände an Bord der „Hohenzollern" gesandt, wo der Kaiser die jungen Damen, welche die Arbeiten über brachten, persönlich empfing. Bon diesen Arbeiten kaufte der Monarch einen Teil von national-schwedi schem Gepräge, darunter prachtvolle Gefäße in Holz, die nach dem besten im Norwegischen Museum in Stockholm befindlichen Mustern angefertigt siav, ferner Gewebe, Malereien und Nationaltrachten. Für seine dreijährige Tochter kaufte er eins der malerischen Kostüme, wie sie die Mädchen der Dale- kartier tragen, jenes Volk, das noch seine ursprüng lichen einfachen Sitten bewahrt, und in den Kämpfen Liebe und Leben. Roman von H. v. Ziegler. (Nachdruck verbale».) (Fortsetzung.) „Heute ist wieder Verhör," sagte der Alte, als er am Morgen seinem Gefangenen die Frühsuppe brachte, „und ich muß mich eilen, noch den Bericht abzuschließen. Oie Maatje, der Bursche, kann bei Euch aufräumen. Hier, mein Junge, find die Schlüssel, mach Deine Sache gut." Der Angeredete nickte stumm und begann so gleich die Zelle auszufegen, während der Wärter verschwand. Ole Maatje trug stark gebrannte schwarze Locken und über der rechten Wange, fast bis zur Stirn hinauf ein dunkles Pflaster, welches ihn furcht bar entstellte. Als die Zellenthür sich hinter dem Alten schloß, blickte Ole Maatje aufmerksam auf den Gefangenen, doch der merkte nichts; er blickte hinaus in den rauhen Aprilmorgen, auf die bereiften Bäume und den grau bewölkten Himmel, während eine heiße Sehnsucht nach der schönen, goldenen Freiheit au Stelle der gewohnten stumpfen Apathie trat. Er seufzte tief auf, da im selben Moment fühlte er sich am Arme berührt. Ole Maatje stand vor ihm und machte ihm ein Zeicheu zu schweigen. „Kennt Ihr mich, Klaus Harms?" „Nein," antwortete der Gefangene gleichgiltig, „ich sehe Euch heute zum ersten Mal." „So bin ich also wirklich völlig unkenntlich," sagte Maatje, und als er sich etwas tiefer zu Harms um die Freiheit Schwedens eine hervorragende Roll» gespielt hat. Außerdem hat der Kaiser auch in an deren Geschäften Einkäufe von vorwiegend schwedi schen Arbeiten gemacht. Z Ueber die Verunglückung eines Matrosen der „Hohenzollern" während der Kaiser-Fahrt nach Stock holm wird erst jetzt folgendes bekannt: Bei dem Reinigen der Schiffstreppe fiel der Mann unweit der schwedischen Küste infolge eines Fehltrittes ins Meer, hielt sich aber durch Schwimmen so lange über Wasser, bis der begleitende Kreuzer „Gefion" heran kam. Ein Offizier des „Gefion" sprang sofort in die Flut und schwamm auf den Ermatteten zu. Als er eben die Hand nach ihm ausstrecken wollte, sank der erschöpfte Matrose in die Tiefe und blieb ver schwunden. Der Offizier mußte zum „Gefion" zu rückkehren, ohne sein Rettungswerk vollenden zu können. 8 „Glänzendes Elend" heißt eine soeben bei R. Lutz in Stuttgart erschienene Schrift von R. Krafft, bayerischer Premierleutnant a. D. Der Verfasser äußert sich darin über die systematischen Soldaten-Mißhand- langen wie folgt: „ . . . Dieselben ereignen sich in der Regel während der Rekrutenzett. Die Rekruten sind bei ihrem Eintritt mit sehr geringen Ausnahmen von gutem Willen beseelt, sie wollen das Beste leisten, aber man kann sagen, daß bei jeder Kompanie 4—6 Mann mindestens sind, welche das Geforderte nicht leisten können. Es kommt ja hier sehr viel auf Naturanlage, Erziehung und Beruf an. Ein Schuster, dessen Glieder auf dem Dreifuß steif wurden, wird hinter dem gelenkigeren Kameraden bedeutend zurück bleiben. Der Bauernbursche, der an das Gehen in der Ackerfurche gewohnt ist, hat eine harte Arbeit, bis er das Strecken der K ie und Auswärtssetzen der Füße lernt rc. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse im Unterricht, wo das überflüssigste Zeug in die armen, des Lernens ungewohnten Köpfe gepumpt wird. Nach wenigen Tagen schon erkennt der rekru- lönabnchtende Leutnant diejenigen, bei welchen es hapert; er stellt diese Sünde; in eine Abteilung, tauft sie noch rasch mit „hübschen" Namen, wie „Krüxpelgarde", „Drsckbande" rc. und stellt dann als Abrichter den besten Sergeanten, d. h. den, welcher nm meisten flucht und wettert, vor die Front. Leider kann aber auch der beste Sergeant einen Krum men nicht so leicht gerade, einen Dummen nicht so schnell gescheut machen. Der vernünftige Leutnant weiß das, und darum spricht er dem Unteroffizier wenig ein. Der Hauptmann aber in seiner Angst vor der Qualifikation und der Pensionierung möchte über Nacht lauter Adoniss und Professoren haben. Zum Uebcrfluß stellt sich auch noch der Herr Oberst ein, giebt hie und da seinen höchst unnötigen Äens gratis ab; es Gäre viel besser aber, er würde mit ferner Weisheit bis zur Besichtigung warten. Es braucht nun unter der „Krüppelgarde" nur ein ganz Linkischer zu sein, welchen der Sergeant mit dem besten Willen nicht vorwärts bringt, so verliert der heutige Normalhauptmann den letzten Rest von Be sinnung und Rahe. Er sieht schon im Geiste, wie der Mann die Rekruten-, ja sogar die Kompaniebe- sichiigung „uNschmeißt", und in seiner Verzweiflung klammert er sich an den Unteroffizier, behandelt ihn, wie eins launische Geliebte ihren Schatz, bald schmei chelt er, bald ist er ganz desperat und droht sogar mit Kündigung der Kapitulation. — Was ist nun f hiervon die unausbleibliche Folge? Der weniger j gebildete Unteroffizier sieht in dem armen Soldaten s nicht das bedauernswerte Opfer tieftrauriger Zeit- verhältnisss, nein, ihm erscheint der Untergebene als ein Peiniger, ein Mensch, der ihm das Dasein ver bittert, ja sogar die Zukunft ruiniert. Dazu kommt noch, daß das Rekrutenabrichteu im höchsten Grade Nervenerregend ist. Die schlechte Witterung, das beugte, erkannte derselbe diese sprühenden Augen: es war Miet je Grausen I „Mietje," rief er verwundert, „um des Himmels willen, wie kommt Ihr hier ins Gefängnis?" „Still, Harms, nennt meinen Namen nicht so laut! Ich bin hier, um Euch im rechten Augenblick zur Flucht zu helfen!" „Tapferes, treues Mädchen! Und Ihr thatet es — für mich?" „Für Euch allein? Ich zweifelte nicht einen Augenblick lang an Eurer Unschuld, wie jene Andere, die Ihr doch noch immer liebt?" „Meint Ihr denn, Mietje, daß wahre Liebe so rasch sterben kann? Arme Lena! Sie wird an Christian's Seite gewiß noch einmal sehr unglücklich." „Hm, das ist sie wohl schon, obwohl sie nie mals klagt, denn Svend trinkt mehr denn je und die Lena wird täglich blasser. Sie hat jedenfalls schon lange eingesehen, daß er nicht das Juwel ist, für welches sie ihn rm Liebesrausch hielt." „Und Ihr seid für mich hergekommen, Mietje?" fragte Klaus abermals, noch immer ungläubig. „Gewiß," gab sie einfach zurück, „ich sagte Euch schon vorhin, daß Ihr fliehen müßt." „Nein, Mietje," unterbrach sie der bleiche Mann sehr ernst, „ich fliehe nicht, das laßt Euch gesagt sein! Und wenn Ihr auf den Knien vor mir läget und die Kerkerschlüssel in den Händen hieltet, ich weiche nicht von hier, bis sie mich freigesprochen und in Ehren entlassen haben." „Klaus, das ist nicht Euer letztes Wort! Be sinnt Euch und flieht —" „Niemals, Mietje," beharrte er ruhig, „seht, Schreien und Reden, der Ehrgeiz, eine gute Abtei lung zu haben, überreizt die Nerven in hohem Grade. In diesem entschieden nicht ganz normalen Zustand wird nun der Sergeant durch die Drangsale des Hauptmannes, die hingeworfenen Bemerkungen de» Obersten bis zum Haffe gegen den Rekruten und zur Soldatenschinderei getrieben. Der Mann, wegen dessen man immer gezankt wird, muß nachgebracht werden, und genügen oie gesetzlichen Mittel nicht, so ergreift das erregte Gehirn zu jenen Scheusäligkciten, die man so oft liest. ß Seitens des auswärtigen Amtes in Berlin ist an den Kieler Privatdozenten Dr. Georg Schneide mühl, der gegenwärtig mit der Herausgabe eines Lehrbuches der vergleichenden Pathologie und Ther- apie des Menschen und der Haustiere beschäftigt ist, die Anfrage gerichtet worden, ob er bereit wäre, nach Deutsch-Oftafrika zu gehen, um die Natur der dort herrschenden Rmdeikrankheiten festzustellen und Ratschläge zu geben betreffend Hebung der Viehzucht in jenen Gegenden. ß Eine nachahmenswerte Kundgebung erläßt der preußische Landrat von Pieschen, v. Rvöll. Erbringt nämlich zur öffentlichen Kenntnis, daß er in den Bureaus des Landratsamtes täglich von 11 bis 1 Uhr für Jedermann im Kreise persönlich zu sprechen ist. Es werde ihm angenehm sein, wenn sich ein recht reger persönlicher Verkehr zwischen den KreiSeinge- sesssnen und ihm entwickele, und es sei ihm nament lich lieb, wenn der Bauer und Kleinbürger ihn mit ihren Sorgen und Nöten vertraut machen. Je ärmer und geringer Jemand im Kreise sei, desto mehr be dürfe er der Fürsorge des Landrats und desto bereit williger werde er ihn finden, mit ihm durchzusprechen, wo ihn der Schuh drücke, wenn er auch nicht immer und überall werde helfen können. Die Bureau beamten und Schreiber sind streng angewiesen, nie mals Schwierigkeiten zu machen, wenn Jemand aus dem Publikum üen Landrat persönlich sprechen wolle. 8 Der Benedettl-Steln in Ems, wie er in der Regel kurz genannt wird, der im Kurgarten dicht am Kommiffanatsgebäude jene Stelle bezeichnet, wo am 13. Juli 1870 die denkwürdige Begegnung zwischen König Wilhelm und dem französischen Bot schafter Grasen Benedetti stattfand, hat bei der 25jährigen Gedächtnisfeier des „Tages von Ems" einen ähnlichen Schmuck aus Eichenlaub erhalten, wie er durch Kabinettsordre für die Feldzeichen und Geschütze vorgeschrieben ist. Am 13. Juli 1883 sang Emil Ritterhaus von diesem Stein: „Geschmückt sei heut wit Lorbserkranz und mit dem Laub der Eiche — De; erste Stein des Fundaments zum neuen deutschen Reiche!" Kaiser Wilhelm I. versagte dis wiederholt erbetene Genehmigung zur Bezeichnung der Stelle durch ein größeres Denkmal, Oeß es aber zu, daß die jetzt vorhandene schlichte Steinplatte mit der Ausschrift „13. Juli 1870, 9 Uhr 10 Minuten morgens" als Stiftung des Herrn von Burton aus Befselich in den Boden eingelassen wurde. In der Bekränzung dieses Steines soll keineswegs eine Herausforderung der in Ems zur Kur weilenden Franzosen liegen, umsoweniger, als jene berühmte Unterredung zwischen dem König und Benedetti nicht den ihr von der Legende später angedichtelen schrof fen Charakter trug. Benedttti, der hier den König am Nachmittag des 13. Juli nochmals auf dem Bahnhof sprach, bezeugt das selbst in seiner Schrift. Da man über den wirklichen Hergang meist nicht genau unterrichtet ist, so ist ein kurzer Bericht viel leicht nicht ohne Zweck. König Wilhelm schritt am 13. Juli 1870 kurz nach 9 Uhr morgens aus der Kesselbrunnevhalle durch den Kurhof, wo derBade- inspekior, Rsvisionsrat Baumann, mit einem Extra blatt der „Köln. Zig." bereit stand und dieses dem wenn ich fliehe, so wird man mich wieder einfangen und härter bestrafen als zuvor, außerdem bleibt mein Name als Mörder gebrandmarkt und Jeder mann kann sagen: Er floh, um der gerechten Strafe für sein Verbrechen zu entgehen. Mietje, wollt Ihr, daß man so von mir spräche?" Das Mädchen blickte nachdenklich vor sich hin. „Ihr habt wohl Recht, Klaus, und doch über legt Euch meine Worte! Nehmt das hier — und verbergt es gut!" Hastig ließ sie ein Päckchen in seine Hand glei ten und eilte dann hinaus; als er es öffnete, fand er zwei Feilen darin, sowie ein Z-ttelchen mit folgen den Worten: „Zerschneidet Euer Betttuch, knüpft es zusammen und laßt Euch aus Eurem Fenster hin unter bis zum Wall, wo Ihr ein Bündel mit anderer Kleidung findet. Zwischen drei und vier Uhr ist die beste Zeit. Im nahen Walde warte ich auf Euch. M". „Treue Seele!" murmelte Klaus bewegt und sein Auge wurde feucht, „sie liebt mich noch immer. Der Plan ist gut ersonnen, und doch bleibe ich fest, ich will ehrenhaft entlasten werden! Entlassen", ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen, „mir wird doch immer ein Makel anhaften, daß ich in Unter suchung gewesen bin und Lena —" Er brach ab, auf seiner Stirn perlte kalter Schweiß, wenn er an die Geliebte dachte, die er nie vergessen hatte. War sie glücklich geworden mildem Manne, den er zuletzt erfüllt mit niederem Hasse und wilder Rachsucht gesehen? Nein, sie hatte wohl bald den Irrtum ihres Mädchenempfindens eingesehen, der