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ll ! 2 heit näher. 8 Welche enormen Preisunterschiede bei Sub- missionsoerfahren vorkommen, dafür liefert wieder die Ausschreibung der Sag an er Kanalisations- anlage einen recht drastischen Beweis. So fordert z. B. eine Firma für die zu liefernden Ziegel 61,000 Mark, eine andere für dieselbe Leistung 19,000 Mark. Ein Baumeister beansprucht für die Legung der Röh ren 19.000 Mark, ein zweiter macht dieselbe Arbeit für 9000 Mark. 8 Gotha, 27. Juni. Eine in Gotha sehr bekannte Persönlichkeit, Ingenieur Holfeld, der sich durch sein „grandioses" Auftreten in geselligen Kreise» und Vereinen großer Beliebtheit erfreute, ist plötzlich verhaftet worden. Es soll sich um große Unterschla gungen in seiner Stellung handeln. DaS gesamte Mobiliar ist ihm gepfändet worden; die gemachten Schulden sollen 12000 Mark betragen. 8 Stuttgart, 26. Juni. Das zur Erin nerung an das Heimgegangene Königspaar Karl und Olga von Württemberg hier errichtete Denkmal wurde gestern, am Tage der Thronbesteigung des Königs Karl, mit kurzem Festakt enthüllt. Die Weiherede hielt der Präsident des Vereins zur För derung der Künste, Prinz Hermann zu Sachsen- Weimar; Oberhofmarschall Freiherr von Wöllwarth übernahm das Denkmal als Vertreter der Krongut verwaltung mit dem Versprechen treuer Obhut. Das Denkmal befindet sich im botanischen Garten der kö niglichen Anlagen. In der herrlichen Parkumrahmung macht es einen schönen und würdigen Eindruck. Es ist nach den Entwürfen von Professor Halmhuber und Hofbtldhauer Curfeß hier ausgeführt. Es stellt sich als eine halbkreisförmige, mit Sitzen versehene Nlsche dar, von Kehlheimer Sandstein mit einem harmonischen Aufbau, in dessen Mitte die Relief- Medaillons des Königs Karl und der Königin Olga angebracht sind, bekrönt durch einen kränzespeudenden Genius. Die Pfeilerreihe läuft zu beiden Seiten in Eckpfeiler ans, welche mit Emblemen des Krieges und , des Friedens gekrönt sind. Unten sind zwei Stufen vorgelagert, auf denen die württembergischen Wap pentiere, Hirsch und Löws, ruhen. Die Figuren und Medaillons sind inBronzeguß heraestellt. Die Kosten des Denkmals betragen ungefähr 50.000 M.; hier von wurden ca. 30,000 Mark durch freiwillige Bei träge von der Bevölkerung hier und im Lande auf gebracht. ** Aus Rom: Die radikale Linke hat die Ein bringung einer neuen Tagesordnung mit der An schuldigung Cavalottis bezüglich des Verhältnisses CrisprS zu Cornelius Herz hinausgeschoben. Die Kammersitzungen nehmen deshalb wieder ihren ge ordneten Verlauf. Trotzdem ist das sensationslüsterne Publikum Roms rege auf den Annen und umlagert den Monteciterio während der Pariamewssitzungen förmlich, um Möglichst unmittelbar von den neuesten Kammerskandälchen zu hören. Bei der jüngsten Sitzung mußte sogar die Polizei die dicht gedrängte Menge auseinander treiben, wobei es zu erner ganzen Reihe von Verhaftungen kam. — Aufsehen erregt ein Ar tikel der „Ostmione", worin CriSPi aufgefordert wird, die Klagen gegen Giolitti zurückzuziehev. ** Vom mazedonischen Aufstande liegen belangreiche neue Nachrichten nicht vor. Es bestätigt sich jedoch, daß die Kämpfe für die Aufständigen, die anfangs für sie günstig waren, schließlich nach teilig für sie geendet haben. Die Aufständigen sind zum großen Teil bewaffnet gewesen, trotzdem wurde eine bedeutende Anzahl derselben niebergrmetzelt, einem größeren Teile gelang es, glücklich über die Grenze zu kommen. Von einer organisierten Erhe bung der Mazedonier gegen die Türkei ist nach zu verlässigen bulgarischen Mitteilungen keine Rebe, wenn auch eine gewiss- Erregung der christlichen Be völkerung daselbst konstatiert werden muß, die zu ver einzelten Zusammenstößen mit der bewaffneten Macht geführt haben dürfte. Die Abberufung des bulga rischen Gesandten aus Stambul wird von der Sofia tischen Regierung auf das entschiedenste dementiert. Die bulgarische Regierung verhindert jeden Zuzug von Bulgaren in das Aufstandsgebiet und sucht nur durch Interventionen in Stambul die Lage ihrer Landsleute in Mazedonien zu bessern. Das maze donische Comita in Sofia beschloß, an die Groß mächte em Memorandum abzusenven, worin um Vermittelung für Mazedonien gebeten wird. Bei einem jüngsten Zusammenstoß sollen angeblich 50 Türken und 17 Bulgaren gerötet worden sein. — Trotz des offiziösen türkischen Dementis wird die Meldung aufrecht erhalten, Zöglinge der Militärav- stalt in Konstantinopel hätten gegen das Leben des Sultans eine Verschwörung angezettelt. Ein regel rechtes Comitö von 10 Personen habe die Verschwö rung geleitet. In der Nähe des Palais war eine beträchtliche Menge Waffen aufgestapelt. Von dort sollten die Verschwörer das Palais des Sultans überrumpeln. Das Motiv der Verschwörung soll in der Erbitterung darüber liegen, daß der Sultan dem Andrängeu der christlichen Mächte wegen Re formen in Armenien keinen energischen Widerstand leiste. ** Auch die gewaltigen Katarakte des Nils sollen jetzt als Motorkraft verwendet werden. Der General-Inspektor der Brücken und Chausseen in Egypten soll diesen Vorschlag gemacht haben, und zwar mit der Begründung, daß seit dem Jahre 1882 der Wert der landwirtschaftlichen Produkte beständig abnimmt. Er erachtet es deshalb für erforderlich, in Ober-Egypten ein großes Wasserreservoir zu er bauen, um die Kultur des Zuckerrohres und der Baumwollstaude an Stelle des Getreides zu pflegen. Zu diesem Zweck soll in der Nähe von Assuan zum Betriebe einer elektrischen Anlage ein künstlicher Wasser fall von 15 Meter Höhe errichtet werden, ein zweiter Fall von 5 Meter Höhe in der Nähe von Kairo. Wenn die Betriebskraft sich sehr billig stellen würde, so könnte man mit derselben 130 Spinnereien treiben, die 40000 Handwerker beschäftigen und 100000 Tonnen Baumwolle liefern könnten. Die zu dieser Riesenanlage erforderlichen Kosten sollen sich auf eines — von Sybel nicht genannten —französischen Offiziers, der einem vertrauten Freunde folgende interessante Mitteilung gemacht hat: „An jenem Tage, am 14. Juli, war eine Anzahl vom Kaiser geschätzter Offiziere zum Essen nach St. Cloud be sohlen. Als der Kaiser gleich nach 6 Uhr aus der ausgeführt, wie auch der ursprüngliche Bau, an dessen Planung Herr Wagner ebenfalls beteiligt war, von demselben ausgefühct worden ist. Bei der Ein weihung des neuen Saales war Jedermann über die sachgemäße Anlage und geschmackvolle Ausstattung erfreut. Man darf hoffen, daß auch die weiteren Ar beiten unter dieser sachkundigen Leitung ebenso vollen- dec ausfallen werden, sodaß die gesamte Anlage stets Chemnitz zur Zierde gereichen wird. — Ehrenfriedersdorf, 27. Juni. Ein frecher Hochstapler trieb jetzt in dem benachbarten Dörfchen Falkenbach sein Unwesen. Daselbst erschien unlängst ein junger, feingekleideter Herr unter dem Vorgeben, er sei der Sohn eines Kommerzienrats und beabsichtige, in Falkenboch auf 4 Wochen zur Sommerfrische zu bleiben. Er logierte sich im dor- tigen „Erbgerichie" ein und ließ sich von einem Ein wohner ausführen, um d-e etwaigen Sehenswürdig keiten der näheren Umgebung in Augenschein zu neh men, wobei es ihm und seinem Begleiter an Essen und Trinken nicht fehlen durfte. Mit einem Bäcker traf er «in Abkommen, daß dieser einer armen alten Witwe des Ortes auf seine Rechnung wöchentlich drei Brote liefern sollte, armm Kindern wurden neue Kleider in Aussicht gestellt, kurz er spielte den Nob len und Helfer der Armen. Nach mehreren Tagen verschwand jedoch der junge Herr Plötzlich, der bei dem eiligen Weggang« natürlich vergaß, irgendwo auch nur einen Pfennig zu bezahlen; der Versuch, von dortigen Einwohnern größere Geldbeträge zu erborgen, soll ihm nicht gelungen sein. — In großer Gefahr schwebten in einer der vergangenen Nächte die Kinder des Gastwirts M. in Herold. Dieselben schliefen in einer durch ein Licht erhellten Kammer; das Licht mochte aber umgesallen sein und hierdurch waren die in der Kammer befindlichen Kleidungsstücke rc. in Brand geraten. Durch den Qualm, der sich hierbei entwickelte, erwachte ein Kind und konnte daher noch zu rechter Zeit auf die drohende Gefahr aufmerksam machen, welche denn auch beseitigt wurde. Z Berlin, 27. Juni. Ein junges Mädchen von ungefähr 20 Jahren, deren Name nicht festgs- stellt werden konnte, ist gestern mit unerhörter Kühn heit aus dem Gefängnis entsprungen. Sie kletterte durch das Oberlicht ihres Zellenfensters, ließ sich darauf auf das Fenstersims herab und lief von dott aus auf dem nur 25 Centimeter breiten Gesims an der Front des Gebäudes 50 Meter entlang. Dann kletterte sie in einen Bureauraum Hinern und gewann von dort aus das Freie, eine Leistung, die jedem Tmmssilläufer zur Ehre gereichen würde, umsomehr, als sie es fertig brachte, während der Wanderung die Strümpfe auszuziehen. 8 Berlin, 28. Juni. Der französische Ad miral Menard, welcher auf der Rückfahrt von Kiel gestern in Cherbourg eingetroffen ist, und dort von einem Journalisten über die Aufnahme der Franzosen in Kiel ausgefeagt wurde, äußerte sich darüber nach einer der „Voss. Zig." aus Paris zugegangcven Meldung folgendermaßen: „EL war eine heckle Sen dung. Wenn ich sir g'ücküch vollzogen habe, so ge schah es dank meinen Offizieren und Matrosen, aber auch dank den Deutschen, deren Höflichkeit weder unzureichend, noch übertrieben war und die mir meine Aufgabe erleichtert haben. Wir haben alle Zwischen fälle vermieden. Man hat behauptet, Kaiser Wil helm habe sich auf dem Marineakademieballe gegen mich besonders kalt gezeigt. Das ist unrichtig. An jenem Abend hat Kaiser Wilhelm sich nur mit zwei Admiralen unterhalten, dem Oesterreicher, der Erz herzog ist, und dem Engländer, der in der Grupps des Herzogs Connaught stand. Außerdem sprach der Kaiser nur mit Fürstlichkeiten und zog sich zeitig zu rück. Inzwischen aber wurde ich d^r Kaiserin tzor- gestellt, die mit mir zehn Miauten lang auffällig plauderte. Tags daraus wurde ich überdies dem Kaiser vorgestellt. Es ist auch vollständig falsch, daß man auf einem deuischcn Kriegsschiffe scherzweise gegen vorüberrudernde Franzosen Gewehre angelegt habe. So entstehen Sagen! Alle Teile waren kor- rekt und es hat gar keine Zwischenfälle gegeben". 8 In der „Histor. Zeitschr." veröffentlicht Hein- ! rich v. Sybel „Neue Mitteilungen und Erläuterungen ! zur Geschichte der Begründung des Deutschen Reiches i durch Wilhelm I.": Als König Wilkelm in Ems am 13. Juli 1870 die neuen französischen Forde rungen abgelehnt und den Botschafter Benedetti nicht weiter zu empfangen erklärt hatte, fanden in Paris lange Beratungen statt, in deren Verlauf am 14. Sitzung zurückkehrte, trat er freudestrahlend rn den Saal, ging auf die Offiziere zu und fragte: „Nun, meine Herren, find Ihre Effekten für den Feldzug bereit?" Ein brausendes „Ja" war die Antwort. „Wohl", sagte der Kaiser mit fröhlichem Ausdrucke, „dann packen Sie wieder auS; denn, Gott sei Dank, der Friede ist gesichert". Bei den Offizieren fand diese Nachricht nicht gerade einstimmigen Beifall; natürlich aber konnte kein Widerspruch laut werden. Während der ganzen Dauer der Tafel blieb der Kaiser in heiterster Stimmung, scherzte, erzählte kleine Geschichtchen, plauderte mit den Damen. Bald nach Tische zog er sich in sein Kabinett zurück. Nach einer Weile hieß eS, der Herzog von Gramont und Baron Jerome David seien angekommen und sogleich zum Kaiser geführt worden. Später ließ der Kaiser seine Gemahlin biiten, heraufzukommen. Als darauf j nach Schluß der Beratung der Kaiser wieder im Saal i erschien, war sein Aussehen in erschreckender Weise i verwandelt, das Gesicht bleich wie der Tod, die, ! Züge schlaff, die Augen halb geschloffen. Er ließ sich - in einen Sitz nieder und blieb stumm. Der Krieg war entschieden." 8 Der entflohene Schiffer Erpel ist in der Nähe von Hamburg von einem Schlosser gesehen worden, - den er gebeten hatte, ihm die Handschellen durchzu- s feilen. Als der Schlosser jedoch, dem dieses Aosin- > nenv-rdächtig vorkam, Miene machte, einen Gendarm l zu holen, nahm Erpel schleunigst wieder Reißaus s und ist bisher nicht wieder gesehen worden, f 8 Ja drei Tagen g^er burch den atlantischen Ozean von Amerika nach Europa will ein kühner z Erfinder mit einem neu erfundenen Schiff fahren, l welches mit 8 Schrauben ausgerüstet ist. Die -stsrn- j Propeller ist dreiblättrig und zu zwei auf einer ; Welle angeordnet. Dieselben sind so auf der Wlle i befestigt, baß die Blätter der Hinteren Schraube den Raum zwischen dm Blättern der vorderen Schraube bedecken. Durch diese Anordnung will der Erfinder s alle Vorteile einer scchsblättnzen Schraube genießen, j ohne dis bü einer vierblättrigen Schraube entwickelte f Reibung zu besitzen. Entsprechend den beiden hin- i teren Schraubevpaaren sind auch am Bug des Schiffes i zwei gleiche Schrauber-Paars angebracht. Ebenso ' soll dieses Blitzschiff auch an den Seiten mit vier - schaufelrädsrartigen Fortbewegungsvorrichtungen ver- s sehen sein, sodaß das Schiff, wenn Thcone und s Praxis sich decken würden, eine sehr annehmbare ! Geschwindigkeit erzielen würde. 8 Holten a u , 28. Juni. Auf der Pinasse s des Banzers „Kurfürst Friedrich Wilhelm" fand j während Ser Uebung bei FriedrichSort eine Explo- i sion statt, wobei 7 Mann, darunter ein Seckadett, s getötet wurden und mehrere verwundet wurden, da- : runter ein Unterleutnant schwer. Die im Hafen - liegenden Kriegsschiffe, einschließlich der amerikanische«, i flaggten Halbmast. ß Eine brave That hat, der „Thorn. Ostd. Ztg." i zufolge, der in Podgorz wohnhafte Hilfsheiz-r L>an- i ner am Sonnabend vormittag vollführt. Als der j MarisntMg-Thocner Persouenzug die Strecke von ! Garn fee nach Lessen passierte und unterwegs i eine scharfe Biegung befuhr, erblickten der Lokomotiv- s führet, sowie der Hilftheizer karz vor dem Zuge und s mitten im Gleise sitzend ein kleines Mädchen. So- s fori gab der Führer das Notsignal, sämtliche Brem- i sen wurden, in Bewegung gesetzt, außerdem auch i Gegendampf gegeben, doch schien es, als werde das s Geschöpf von dem Dampfroß zermalmt Wwden. i Sanner sprang von der Maschine, eilte vorwärts ! und es gelang ihm, das Kind zu erfassen, zur Seite zu schleudern und es mit Einsetzung seines Lebens i dem sicheren Tode zu entreißen. Im nächsten Augen- i blicke schon ging die Lokomotive über die Stelle, wo i eben noch das Kind gesessen hatte. Dis Augenzeugen ! dieses Vorganges zollten dem Heizer für seine brave That den Lebhaftesten Beifall. 8 Ueber einen interessanten Münzenfund wird aus F r i e f a ck geschrieben: Im Dorfe Sentzke (Kreis j Osthavelland) wurde beim Abbruch eines alten Hauses unter dem Fußboden ein reicher Fund an branden burg-preußischen Münzen aus dem 17. und 18. Jahr hundert gemacht. Die glücklichen Finder, welche von dem Wert ihres Fundes wohl keine Ahnung hatten, verkauften 9fls Pfund Silbermünzen (Thaler usw.) an den Uhrmacher Fielitz in Spandau und er hielten den einfachen Silberwert, d. h. pro Pfund 20—22 Mark. Ein Teil dieses Fundes ist bereits an einen Spandauer Sammler, Herrn Malermeister Jäckel, veräußert worden. Angeblich soll noch ein ganzer Zentner alter preußischer Thaler vorhanden nachmittags Napoleon den Ministerrat zu dem Ent schluß bestimmte, sich mit der vom Könige ausgo sprochenen Billigung des Rücktritts des Prinzen ! sein und dieser ganze Münzenschutz dürfte zur Fran- Levpold zu begnügen und zur Entscheidung der Frage zosenzeit versteckt worden sein, um Franzosen und einen europäischen Kongreß zu berufen. Dann aber Russen, die damals im Havellande hausten, nicht in veranlaßten Gramont und Leboeuf nachts eine neue dessen Besitz kommen zu lassen. Vielleicht tritt die Sitzung in Si. Cloud, in der sie durch ihr stürmisches j Direktion des Märkische» Museums dieser Angelegen- Drängen die Zurücknahme des Kongreßplanes und den Entschluß zum Kriege herbeiführten. Dieser Vor gang steht fest durch das Zeugnis des Grafen Vitz- tum und des italienischen Botschafters Grafen Nigra, denen Gramont noch am selben Tags eine entsprechende Mitteilung gemacht hat, sowie durch den Bericht