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der Sommer-Wohnungen im Erzgebirge 1895" an gefertigt worden, welche in Dresden, Chemnitz, Leipzig, Glauchau und Zwickau verausgabt werden sollen. ES wäre sehr erwünscht, daß fleißig Gebrauch hier von gemacht würde. Unser Erzgebirge bietet so viele schöne Plätze und durch seine vielseitige hochentwickelte Industrie so viel Interessantes, daß der Besuch dringend empfohlen werden kann. Ueber die Orte, welche alphabetisch geordnet ausgenommen wurden, giebt das Verzeichnis die wichtigsten Daten und be treffs ihrer Lage zu den einzelnen Eisenbahnlinien ein beigesügtcS Verzeichnis Auskunft. *— Hohndorf, 28. Mai. Dem Obersteiger Herrn Carl Julius Kirbach von der Steinkohlen- Aktien-Gesellschast Bockwa Hohndorf-Vereinigt-Feld bei Lichtenstein wurde heute nachmittag das ihm von Sr. Majestät König Albert in Anbetracht seiner mehr als 50jährigen Tyätigkeit als Bergmann Allsrgnä- digst verliehene allgemeine Ehrenzeichen (nicht Berbjenst- kreuz, wie gestern gemeldet) durch Herrn Bergamts- direktor Dr. Wahle in Gegenwait des Herrn Berg Inspektor Tittel, des Herrn Kaufmann Burger als Vertreter des Aufsichtsrates, der Mitglieder der Direktion und einer Anzahl Beamten des Werkes feierlichst überreicht. Herrn Obersteiger Kirbach wird die Auszeichnung eine um so größere Freude bereiten, als er der Erste im Lagau OslSnitzer Kohlen-Revier ist, dem dieselbe zu Teil geworden und wünschen wir, daß er sie noch recht lange in Ehren und Ge sundheit tragen möge. — Auffallend viele Ehepaare feiern im Juli d. I. ihre silberne Hochzeit. Als im Jahre 1870 der Ausbruch des Krieges beoorstand, entschlossen sich viele Soldaten, vor der Mobilmachung noch eine Ehe zu schließen. — Glauchau, 29. Mai. Heute fand im hiesigen Schützenhause das diesjährige G-ndarmerie- Schießen der Königlichen Amtshauptmannschaften Chemnitz und Glauchau im Beisein der Herren Amts hauptleute Dr. Rumpelt und Dr. Hempel, des Herrn Gendarmerie-Oberinspektor Mey-r von Heygendorf, Herrn Bezn ls - Assessor Dr. Mehnert, Herrn Gen- damerie-Sekcetär Freiherrn von Ferber, Herrn KreiS- obergendarm Möckel, Herrn Obergendarm Wendel und Hörnig statt. Von der Amtshauptmaunschaft Chemnitz erhielten den 1. Preis Gendarm Liebert, 2. Preis Gendarm Geißler und 3 Preis Gendarm Schott; von der Amtshauptmaunschaft Glauchau 1. Preis Gendarm Plesol, 2. Preis Gendarm M-rzel, 3. Preis Brigadier Schneider. — W a l d e n b u r g, 29. Mai. (Schönb. Tgbl.) Unser romantisches Muldeuthal ist bekanntlich heute noch reich an Schlössern und Burgen, und wären die Rainen der zerstörten Burgen mehr erhalten und gepflegt worden, so könnte in dieser Beziehung das Muldenthal getrost mit dem Rheinthal wetteifern. Beginnen wir am oberen Lauf der Mulde, so ist von den noch heute bestehenden Schlössern zunächst Schloß Stein zu erwähnen, das direkt am Muldenflusse er baut ist; auf der Höhe gegenüber findet sich Schloß Hartenstein. Thalabwärts berühren wir in Zwickau Schloß Osterstein (jetzt Arbeitshaus), fernerhin die Schlösser in Glauchau, das Schloß m Waldenburg, Schloß Wolkenburg, das Schloß in Penig, dieRochs- durg, das Schloß Rochlitz und Schloß Colditz. Von früheren Schlössern und Burgen stoßen wir in der Nähe des Dorfes Wildbach auf die Ruinenreste der Eisen- oder Isenburg. Bei Vielau und Niederhaßlau soll in alter Zeit ebenfalls eine Burg gestanden haben, die noch heute im Volksmunde unter dem Namen „das Raubschloß" bekannt ist. Der Name der Burg ist völlig verloren gegangen. Ja Kaufungen stand bas Stammschloß des Prinzenräubers Kunz von Kaufungen, das vom Kurfürsten Friedrich dem über Unruhe, sie war immer milde, immer maßvoll, niemals ungeduldig oder heftig. „Ich möchte sein wiesle!" hatte Mela oft ge rufen, wenn sie auf dem Schemelchen zu Füßen der Frau saß und ihre übersprudelvde Lebendigkeit ihr einen kleinen Verweis zuzog. „So gut, so liebreich, immer das Beste denkend! Wahrlich, der Herr Super intendent weiß gar nicht,welchen Schatz er an Ihnen har". „Er weiß es wohl", lächelte tue Dame. „Aber er spricht nicht davon. Was ist es auch Großes, gut zu sein, wenn man von Gott so viel empfangen Hal? Mein Mann, meine Kinder sind meine Welt! — Das Hasten und Jagen der Menschen nach ir dischen Schätzen verstehe ich nicht". l Als heute Mela zu Frau Werner eintrat, blickte diese sie erschrocken an: „Sind Sie krank gewesen, liebe Melanie? Sie sehen sehr verändert aus". „Nein, nein, liebe Frau Superintendent," sprach Mela hastig. „Krank bin ich nicht, nur trostbevürf- tig. Bitte, lassen Sie die Kinder mit Lenchen fort gehen, ich muß allein mit Ihnen sein." „Gewiß." — Betroffen entfernte Frau Werner die Kinder, welche sonst nicht von Mela's Seite weichen durften. Als sie zurückkehrte, warf sich das junge Mädchen schluchzend in ihre Arme. „O, gönnen Sie mir den Trost, mich einmal an einer treuen Brust ausweinen zu können," stammelte sie. „Ich habe ja keine Mutter, der ich mein Leid klagen könnte!" Die Dame erwiderte nichts. Sie ließ den Sturm austoben, strich nur von Zeit zu Zeit sanft über Mela's Haar. Endlich als das Schluchzen leiser Sanftmütigen eingezogen wurde. In der Nähe von Penig standen einst die Felsenschlösser, Zinnberg und Drachenfels, beide, sogenannte Raubschlösser, wurden infolge des schwäbischen Bundes 1488 zerstört. Von beiden soll man noch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Ruinenreste gesehen haben. Ein drittes Raubschloß war der eine halbe Stunde östlich an der Mulde auf einem Felsen gelegene Liebchenstein, dessen Name, wie Schuhmann's Lexikon bemerkt, von einer grausigen Geschichte hergeleitet wird, und von wel chem man zu Anfang dieses Jahrhunderts noch Spuren über und in dem Felsen bemerkt haben will. Auch die Rochsburg bot sich in früheren Jahrhun derten dem Blicke des Wanderers mehrfach als Ruine. So wurde sie um 1500 von Götz und Wolf von Ende zum Teil wieder ausgebaut; 1547 wurde sie im Kriege des Kurfürsten Johann Friedlich gegen Herzog Moritz von Sachsen durch kurfürstliche, dem herzoglichen Rat und Hauptmann von Ende feind liche Retter wiederum „cm Grunde ausgebrannt" und darauf von 1550 an wieder aufgebaut. Am 7. Aug. 1582 wurde sie abermals von den Flammen verzehrt und erst vom Jahre 1592 an wieder hergestellt. Gleichem Schicksale unterlag auch das alte Schloß zu Waldenburg. Im Jahre 1430 wurde Stadt und Schloß Waldenburg von den Hussiten veiwüstet. Das Schloß blieb gegen 70 Jahre als Ruine stehen. Erst als am Ende des 15. Jahrhunderts die Witwe Ernsts I. von Schönburg, Anna von Rhieneck, ihren Witwenfitz in Waldenburg nahm, ward es wieder aufgebout. Neben diesem wurde von Hugo!, wel cher 1556 eine besondere Linie Schönburg Walden- burg begründete, an der westlichen Seite, also nach der Stadt zu, ein neues großartig mit sieben hohen Erkern und zwei Treppentürmen verziertes Schloß aufgeführt. Doch nicht lange hatte sich Waldenburg zweier. Schlösser zu erfreuen, am 9. Februar 1619 brannte das Hintere oder alte Schloß vollständig aus. Die Ruinen blieben über anderthalb Jahrhundert eine Stätte der Verwüstung. Die Ueberresie müssen sehr großartig und eine Zierde der Gegend gewesen sein, denn die Grafen von Schönburg ließen ihr Bild im Jahre 1672 durch Kupferstich vervielfältigen. Ob Exemplare dieses Bildes noch heute vorhanden sind, ist uns nicht bekannt. Wahrscheinlich sind auch die letzten Bilder hiervon im Jahre 1848 beim Schloß- brande mit vernichtet worden. — Hohenstein, 29. Mai. Der hiesige Strumpfwirker Moritz Eduard Hoppe ist am 23. August 1894 gegen abend aus der Fabrik, in wel cher er beschäftigt war, nach Hause gekommen und wenige Stunden darauf plötzlich gestorben. Seine Witwe und zwei K.nder klagen gegen die Textilbe- rufsgenossenschaftlmfUnfallversichsrungsentschädigung. Der Unternehmer des Betriebs hatte Anfang August den Dampfbetrieb beschränkt. Hoppe hatte sich auf Befragen bereit erklärt, während der Zeit, wo kein Dampf vorhanden war, weiter zu arbeiten und den Stuhl mit der Hand zu betreiben, welche Arbeit er auch, obwohl sie ihn sehr anstrengte, am 11. August einen halben Tag, am 13 und 18. August den vollen Tag, am 21, 22. und 23. August aber nur je eine Stunde nach Feierabend verrichtet hat. An seinem letzten Arbeitstage waren ihm infolge nicht rechtzeitig bemerkten Ablaufens des Fadens von der Spule Nadeln an der Maschine gesprungen, worüber sich Hoppe, der schon sehr abgespannt war, aufgeregt hat, weil er den dadurch erwachsenen Schaden zu ersetzen und Zeitverlust hatte. Als er nach Hause gekommen ist, hat er sofort über Uebelbefinden geklagt und ist, wie oben erwähnt, noch denselben Abend gestorben. Die Bernfsgenossenschaft, auf deren Veranlassung der Leichnam seziert worden ist, hatte die Entschädi- I gungsansprüche zurückgewiesen, da nicht nachgewiesen k geworden, führte sie das Mädchen sorglich zum Sofa, nahm ihre Hände und sprach; „Weinen Sie sich nur aus, liebes Kind! Thrä- nen erleichtern das Herz. Später, wenn Sie ruhig geworden sind, erzählen Sie mir alles. Kein Dunkel ist so tief, daß nicht ein Strahl des göttlichen Lichtes hineinfallsn könnte — wir wollen ihn vereint suchen." „O, mir kann Niemand helfen, denn ich selbst zerstörte im blinden Wahn mein L-bensglück ! — Ich kann nicht demütig sein, wie Sie es sind! — Ich habe gefehlt, ich weiß es, aber die Strafe, die mich trifft, ist zu schwer. Zeitlebens entsagen, weil man einmal kein Vertrauen hatte, einmal zweifelte? — Ist dies gerecht? Darf Gras Rodach mich so schnell verdammen, ohne mich auch nur zu hören?" Und mit fliegenden Pulsen erzählte sie von ihrer Unbesonnenheit auf dem Eise. „Wie konnten Sie Rodach so tief verletzen? Hatte er Ihnen nicht immer gezeigt, daß Sie ihm teuer waren? O, arme Mela! Ein Mann wie er, wird schwer verzeihen! Erst wenn Sie durch ihr Leben darthun, wie tief Sie bereuen, kann sich alles zum Guten wenden." „Und wie soll ich mich denn demütigen vor ihm," fragte sie stolz. „Ich mag nicht um Gnade flehen! Liebt er mich nicht mit meinen Fehlern, so würde ein Zu sammenleben doch unerträglich werden, denn ich bin nun einmal nicht vollkommen!" „Vollkommen ist Niemand, besser aber sollen wir alle werden. Tag für Tag einen kleinen Schritt vorwärts machen in unserer Entwickelung — nimmer müde werden, unseren Mitmenschen in Liebe zu dienen sei, daß Hoppe durch einen Unfall bei dem Betrieb gestorben fei. Die von den Hinterbliebenen etnge- wendete Berufung war vom Schiedsgerichte verwor fen worden, weil Hoppe schon einige Zeit vor seinem Tode kcank gewesen und wenn auch das Leiden, an dem er gestorben (Atrophie und Lähmung de« Her zens), durch die Arbeit hervorgerufen worden sei, immerhin kein als Unfall zu bezeichnender Vorgang feststehe, der den Tod verursacht habe. Auf den Rekurs der Kläger hat das Landesversicherungsamt zunächst noch zwei ärztliche Sachverständige gehört, deren Gutachten im wesentlichen und namentlich darin übereinstimmen, daß der Tod Hoppes nicht so jäh lings eingetreten sein würde, wenn die erwähnten Betriebsereignisse am letzten Tage und die Ueberan- strengung an der Maschine in der letzten Arbeits stunde nicht stattgefunden hätten. Unter diesen Um ständen wurde das Vorliegen eines Betriebsunfalls für erwiesen erachtet und die Berufsgenossenschaft unter Aufhebung des SchiedSgerichtsurteils zur Zah lung der gesetzlichen Rente an die Hinterbliebenen (der Witwe 20 P oz. und jedem der zwei Kinder 15 Proz. des Arbeitsverdienstes) verurteilt. — M ü l s e n S t. I a c o b, 28. Mai. Die Norddeutsche Feuerversicherungs-Gefellschaft zu Ham burg hat der freiwilligen Feuerwehr zu Mülsen St. Jacob für bewiesene Bravour bei einem hierselbst stattgifundenen Brande eine Gratifikation bewilligt. — Am vorgestrigen Sonntag fand in hiesiger Web schule die diesjährige Prüfung in zeitheriger Weise statt. Während von nachmittags 2 Uhr ab an allen Stühlen und Apparaten gearbeitet wurde, lagen die theoretischen und praktischen Arbeiten der Schüler zur Ansicht aus; auch war der Besuch von hier und auswärts ein zahlreicher. Nach allen Richtungen in diesem Fache bot Arbeit und Ausstellung manches Neue und Interessante und zeugte von großem Fleiße. Nach der mündlichen Prüfung brachte Herr Schul direktor Mühle eine sinnige, für die Schüler ermah nende Ansprache zu Gehör, worauf mehrere Schüler von hier, St. Ntkla« und St. Micheln prämiiert wurden. — Im Rabensteiner Staatsforstrevier, nahe der Pleißaer Grenze, wurde am 26. Mai ein Reh aufgefunden, welches in den nächsten Tagen 3 Kälbchen „gesetzt" haben würde. Dasselbe war von Hunden gejagt, von denselben gefangen, niedergerissen und abgewürgt worden. Der Körper des Tieres ze'gte sich über und über mit Wunden bedeckt. Welche Angst mag das arme Tier vor seinem kläglichen Ende ausgestanden haben. Man kann es den Jagdberech tigten nicht verdenken, wenn sie angesichts solcher Thatsachen von ihrem Rechte Gebrauch machen und revidierende Hunde rücksichtslos erschießen. — Ein Drama, bei dem zwei junge kräftige Männer ihr Leben verloren, spielte sich Ende voriger Woche zwischen Markneukirchen und Schön bach in Böhmen ab. Beim Begehen des Grenz waldes hatten sich zwei mit Büchsen bewaffnete Waldheger zusammengethan, welche gemütlich plau dernd fürbaß schritten. Beim Passieren einer den Weg sperrenden Barridce stieß der eine mit dem nicht gesicherten, aber scharf g ladenen Gewehr an, das selbe entlud sich und der Schuß traf den Gefährten so unglücklich, daß der Letztere lautlos zusimmen brach und bald darauf verschied. Als der Erstge nannte sah, welches Unheil er ungerichtet, packte ihn die Verzweiflung; er lud sein Gewehr und jagte sich ebenfalls eine Kugel durch die Brust, sodaß er kurze Zeit darnach dem unbeabsichtigt Erschossenen in den Tod nachfolgte. — Am Sonnabend mittag entlud sich über dem oberen Göltzfchthale, Ellefeld-Mühlgrün-Auer bach, ein heftiges Gewitter. Ein Blitzstrahl fuhr in — das ist das Mittel, den Frieden zu finden, der über irdisches Glück geht, der uns ruhig macht und gottergeben!" „O, Sie haben gut reden! Wie können Sie ermessen, was in mir alles drängt und tobt! —- Man hat mir als Kind kein Spielzeug verweigert, keinen Wunsch versagt, nun ich mehr verlange als eitlen Tand, nun ich meine Hand nach dem Höchsten ausstrecke, was es für mich zu ergreifen giebt, — nach dem Einen — Einzigen! Da sagt man mir: Lasse ab, für Dich ist diese Seligkeit nicht: Entsage. —" „Sie sind immer ruhig gewesen, immer zufrie den, Sie haben einen Mann gefunden, den Sie liebten und hvchachteten — Ihre Kinder verehren Sie! Was wissen Sie von den Abgründen, an denen ich wandle". „Wer sagt Ihnen, Mela, daß es in mir still war? Ich bin glücklich geworden und danke Gott dafür! — Einst drohte auch mein Lebensschiff zu scheitern, einst flehte auch ich Tag und Nacht um Kraft, das Elend zu tragen, welches über mich ge kommen !" „Sie?" Mela sah erstaunt die zarte Frau an, deren Antlitz durch das erregte Sprechen erglüht war, deren Hände leise zitterten. „Ja, ich; Niemand hat bis jetzt gewußt, waS ich einst tragen mußte. Sie sollen es hören, Mela, und die rechte Demut durch meine Erzählung lernen. In dem Hause meiner Eltern ward mit mir zugleich ein Knabe erzogen — das früh verwaiste Kind einer Jugendfreundin der Mutter. Dieser Knabe warnen« Jahre älter als ich — er hieß Bruno Werner". (Fortsetzung folgt.)