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kalischen Erzbergwerke, Herr Fischer, sowie die Herren Kunstmeister Roch und Betriebsdirektor Stephan befanden, brach plötzlich ein, und die Herren stürzten etwa 4 Meter hinab. Herr Oberdirektor Fischer erhielt hierbei eine Verletzung im Gesicht und Herr Betriebsdirektor Stephan eine Verrenkung, während Herr Kunstmeister Roch eine Verletzung nicht davontrug. Z Berlin, 23. Jan. Ein rätselhafter Selbst mord beschäftigt die hiesige Kriminalpolizei. Als heute früh 5 Uhr 58 Min. der Breslau - Berliner Schnellzug in den Bahnhof Friedrichstraße einge laufen war, sand ein Schaffner, der den Zug be gleitet hatte, in einer Abteilung erster Klasse die Leiche eines etwa 30 Jahre alten Mannes vor. Neben der Leiche lag eine aufgerollte Reisedecke und ein ab- geschvsssner Revolver. Die auf dem B ihnhofe vor genommene Besichtigung des Toten ergab, daß der in die Kissen des Sitzes zurückgesunkene Körper in einer großen Blutlache lag. Ferner wurde festge stellt, daß der Tod durch einen Schuß in die Herz gegend herbeigeführt worden war. Größere Gepäck stücke wurden nicht vorgefunden, Aaeweiöpapiers fehlten; dagegen war ein an einen hiesigen Fabrik > besitze S. gerichteter Brief vorhanden, auf Grund dessen in dem Toten der 30 Jahre alte Sohn Paul eines Fabrikanten Weiß aus Lösau in Sachsen er kannt wurde. Das Schreiben enthielt die Bitte, die Eitern des Verstorbenen zu benachrichtigen, gab aber über die Veranlassung zu dem Selbstmord keine Aus kunft. Der junge Weiß hat, wie verlaute^, den Zug von Breslau aus benutzt und muß sich zwischen Frankfurt a. O. und Berlin erschossen haben, da die Leiche noch warm war. Der Vater wurde noch heute von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt. 8 Berlin, 23. Jin. Die Umsturzkommissiou des Reichstags nahm den Absatz 1 des Paragraphen 111, betreffend die Aufforderung zur Begehung eine? strafbaren Handlung, einstimmig nach der Regierungs vorlage an. Die zu Absatz 2 gestellten Äbänderungs- aniräge von Lenzmann und Spahn wurden abgelehnt, und sodann Absatz 2 der Regierungsvorlage mit 14 gegen 12 Summen abgelehuk. 8 Wenn ein Rat in der Jssuiteufrage beachtens wert ist, so ist es der des frühere» Jesuiten Grafen Hoensbrocch und sein Rat lautet: Haltet sie euch vom Leine! Hoenslr oech nitt der Anschauung entge gen, als ob die bekannten Ungeheuerlichkeiten der js- suitischen Grundsätze nicht ernst zu nehmen, sondern vielmehr als , Büchermoral", als Hirngespinste em- zeluer verschaobe Köpfe anzusehen seien; im Ge genteil, daS f -i die Luft, die um den Orden wehe. Sein Haß g- u de« Protestantismus und das pro testantische P- ußen rst unbändig. Was dr Jesu- itenorden zu tnem hundertjährigen Jubiläum schrieb, das gelte noch h-uie: „Die Calviner und Lutheraner haben den Ecdkreis mit falschen Lehren und den Un flat aller Laster angefüllt. Wir (Jesuiten) leugnen nicht, daß wir einen heftigen Krieg gegen die Ketzler führen. Vergebens wird dis Ketzerei darauf warten, daß die Gesellschaft Jesu sie, wenn auch nur still schweigend duldet. Auf Frieden mit uns ist nicht zu hoffen, denn der Haß ist uns angeboren. Wie Han nibal haben wir aus dem Altar den Krieg gegen die Ketzerei geschworen". Einerder angesehensten „deut schen" Jesuiten hat dem Grafen Hoensbroech alle» Ernttes versichert, ihm sei ein glaubensloses, athei stisches Volk (es war vom französischen Volke im Verhältnis zum deutschen die R-de) lieber als ein evangelisches! „Die Grundpfeiler Preußens, fein Schul- und Miiitärwesen müssen umgestürzt werden, die preußischen Schulgesetze sind nichtig, so gut wie eine sozialistische von einem „Bolkssiaate" dekretierte Aufhebung alles Privateigentums -uch ig sein s i de. Bei genauer Prüfung werden wir sogar genötigt, den Vorwurf der Immoralität und Unehrenhaftigkeit gegen die moderne (d. h. preußische) Schulidee zu erheben". Hoensbroech selbst hat als Schüler der Jesuiten in den Kriegsjahren 1866/70/71 auS jesu itischem Munde den Wunsch gehört: Wenn doch das lutherische Preußen zertrümmert würde! Und noch 1890 hat ihm ein einflußreicher „deutscher" Jesuit erklärt, für den evangelischen deutschen Kaiser und König zu beten sei ihm unmöglich. Selbst die Hin gabe an den Papst halte vor diesem Haß nicht Siich — als Leo XIII. sich in den achtziger Jahren Preußen zu nähern schien, haben „deutsche" Jesuiten gesagt, der Papst verdiene wegen seines Verhaltens nicht, daß die deutschen Katholiken fein Priesterjubiläum feierten. „Meine durch jahrelange Bekanntschaft mit dem Jesuitenorden gewonnene Ueberzeugung ist die, daß der Orden alles daransetzcn würde, das prote stantische Preußen und das evangelische Kaisertum zu vernichten" — schreibt Hoensbroech. Dement sprechend ist es nicht wunderbar, zu erfahren, daß Revanche-Boulanger durch jesuitischen Einfluß große Geldsummen zur Verfügung gestellt erhalten hat; die Ocdensoberen wußten darum und ließen es geschch-n. 8 Ein sensationeller Fall blldet augenblicklich in weiten Kreisen das Tagesgespräch. Ja dem bekann ten Proz sse Czyaski, der sich vor Kurzem in München abspreite, wurde der Pastor Dr. Partsich aus Olden burg als Zmge vernommen. EL wurde dabet die verblüffende Entdeckung gemacht, daß Pattisch weder evangelischer Pastor noch Doktor ist und auch die Universität nicht besucht hat, und daß es sogar zMiftühaft ist, ob er überhaupt der evangelischen Kirche angehött, da er katholisch getauft ist und von einem Uebenritt nichts bekannt ist. Seine Eltern waren Hausmeisterslcutc in Wien und er wurde nach Verlassen der Volksschule Küchenjunge im Hotel „Jwprrial" in Wien. Doch hielt er nicht aus, er verschwand von Wien, niemand wußte wvhm. Dann sch sieb er seinen Eltern von Graz aus, er wolle mit einem Missionär nach Australien gehen, spater schrieb er, er wolle Fähnrich auf eimm Lloydschiffe wer den, und nach einer Reihe von Jahren erhielten die Eltern van ihm die Nachricht, daß er serbischer Ad miral sei. Dann nach längerer Pause — Ende der 70w Jahre — kam von ihm plötzlich bis Nachricht, daß er in Oldenburg sie Tochter eines Pastors ge heiratet habe und ebenfalls Pastor werden wolle. Ek war tatsächlich auf Grund vorgebrachter Prima- zeugmsss au einer evangelischen Kirchs als Pastor verpfl ichtet worden und hat länger als 13 Jahcc ohne alle wissenschaftliche Bildung und Qualifikation als Geistlicher amtiert. Parüsch galt als ein sehr beliebter Kanzelredner und hat auch ei« sehr populär gewordenes Gebetbuch (das er vermutlich von einem unbekannten österreichischen Autor abgeschrieben hat) herausgegebeu. Von diesem Vorleben des Part-sch und seinen Schwindeleien hat man bisher in Olden burg nichts gewußt und ist man jetzt daher nicht wenig verblüfft. Aber fragen muß man sich doch, ob die von Panisch vollzogenen Trauungen und Taufen ihre Giltigflit Haden, da er weder studiert noch einen theologischen Examen gemacht hat. Z Stuttgart, 21. Jam König Wilhelm reist am Nächsten Sonnabend nach Berlin, um dem Kaiser persönlich seine Glückwünsche darzubaingsn. Das ist ein neuer Beweis für das freundschaftliche Verhältnis, welches zwischen den beiden Monarchen lu sicht. 8 Köln, 23. Jam Die „Köln. Zig." sagt bei B-sprechung eines wegen des Accisengesches zwischen Oesterreich und Bulgarien ausgebrochenen Zwistes: Wer noch bisher geglaubt hat, daß die neue Zeit in Bulgarien mehr Frieden verbürge als die alte, der sieht heute ein, daß er geirrt hat. Wenn eine solch' einfache Frage nicht im Einverständnis mit den Mächten zu lösen war, und zwar aus Nach lässigkeit und Mangel an gutem Willen bet der Auf fassung der Verhältnisse, so sei wenig Hoffnung auf ein ersprießliches Zusammenarbeiten derjenigen Kräfte, die Bulgarien in friedlicher Arbeit thätig zu sehen wünschen. Kein Mensch wisse, was die nahe Zukunft bringen werde. * * Paris, 21. Jan. Im städtischen Labora- torium hat man herausgefunden, daß die neueste Bombe in der Rue de Monceau denjenigen vom Restaurant Foyoi und der Avennue Klober voll kommen ähnlich ist. Doch wird vermutet, daß sie nicht in Paris, sondern in der Provinz oder vielleicht im Auslande hergestellt worden sei, baß sie ein fremder Anarchist gelegt und Paris dann sofort wieder ver lassen hat. Die zwei in Untersuchungshaft behaltenen Anarchisten, Boucher und Leballeur, haben zwar bis jetzt noch kein Alibi nachgewiesen und verweigern über ihren Verbleib in der Nacht des Attentates jegliche Auskunft, doch glaubt der Untersuchungsrich ter, daß sie nicht in die Affaire verwickelt sind. ** Der „Faure"-Witz regiert die Pariser Presse. Man schlägt folgende Schlußformel für die Dekrete des neuen Präsidenten vor: „Huoä IMix I^auroguo sit roi pudlwao." Die Geschäftswelt, der Herr Felix Faure als hervorragender, erfahrener Vertreter an gehört, schließt natürlich aus den Anfangsbuchstaben sstoes Namens, daß Frankreich jetzt einen Präsidenten aus dem „FF" hat Ja gleicher Weise kann dis Musikwelt ihrs Hohs Befriedigung darüber äußern, daß nach dem „piano" des Herrn Carnot und dem „pianissimo" des Herr» Crstmir-Psrier jetzt ein L (lortissimo) Präsident ist. Auch ruft man: „I^slix I?aurs svsr!" — I?or ovsr? Das klingt ja ganz monarchistisch. ** Pater Bridaine war zur Zeit Ludwias XV. der größte Kanzel- und Bußredner. „Meine Da men !' rief er eines Tages von der Kanzel, „so viel Haarnadeln Sie in Ihren Haartürmen tragen, von so viel Teufeln werden Sie eines Tages gestochen werden. Wie gefällig sind sie gegen die Verwesung, welche der menschliche Leib heiß:! Sie besitze« Perlen, Bänder, Spitzen, Straußfsdern und rächt erve Tugend. In ewigen Kesseln werde» Sie brodeln!" - Einmal an der Spitze einer glänzenden Prozession rief er: „I tzh Brüder und Schwestern, werde ich Sie nach Hause begleiten!" und er führte sie nach dem Kirchhof. Ein anderes Mal sagte er zu einer glänzenden Versammlung: „Meine Damen, ich benachrichtige Sie, daß der Teufel die erste Hy pothek auf Sie hat!" Seme Originalität und gläa- zenden Rednergaben zogen wohl hoch und niedrig scharenweise zu ihm, waren jedoch nicht imstande, die Fäulnis und Sittenlosigkeit jener Zett, welche die Revolution heraufbeschworeu, zu hemmen. * * Wie n , 23. Jan. Der Zwist mit Bulgarien wegen der Einführung des neuen bulgarischen Ac- ciftngesetzes ist sehr ernst. Das Wiener Auswärtige Amt ist, wie man auuimmt, fest entschlossen, die dip lomatischen Beziehungen mit Bulgarien abzubrechen, wenn das Mfttz aufrecht erhalten wird. Die An kündigung, daß dadurch da« bulgarische Kabinett zum Rücktritt gezwungen werden könnte, läßt hier voll ständig gleichgiltig; ebenso die Berufung des Mini steriums Slollow auf Rußland, welches, wie man hier glaubt, mit Oesterreich in dieser Angelegenheit vollständig einverstanden ist. * * Belgrad, 23. Jan. Universitäts-Pro fessor Wckomir Mcakenovics wurde plötzlich tobsüch tig, er erwürgte feine Frau und setzre sich dann auf den glühenden Spurherd, wo er gräßlich verbrannt aufgsftwden wurde. Margarethe. Original-Roman von M. Widdern. Nachdruck verboten- (Fortsetzung.) „Kommerzienrat von Harden ist ein strenger Chef, dennoch würde er doch noch ausgehalten haben, Harden zahlt hohe Salaire und Augustin liebt das Geld; wenn er nicht gewußt hätte, erhübe eS hier ja viel bequemer, Kousim Gottfriede nähme ihn auf das freundlichste auf und sie ließe auch seine Taschen nicht leer —" der Doktor unterbrach sich plötzlich wieder, er erinnerte sich nun doch daran, daß diese Familienauseinandersetzung eigentlich schlecht genug für die Ohren der gänzlich Fremden patzte und so setzte er schnell hinzu: „aber wozu noch einmal deshalb richten und gerade jetzt, wo Du im Begriffe stehst, die Pflicht der Gastfreundschaft zu erfüllen." Frau Gottfriede bewegte langsam den Kopf, sollte es ein Gruß sein, eine Zustimmung? Dann öffnete sie mit einem feinen Druck auf die Klinke die Thür und ihrem Gaste voranschreitend, trat sie auf den Korridor hinaus. „Eine Treppe höher, liebes Kind", sagte sie, auf eine schmale ausgetretene Stiege deutend, „aber erschrecken Sie nicht, wenn Sie droben alles unter Wasser finden, außer einem einzigen Kämmerchen, in dem Sie denn auch die Nacht zubringen sollen. In wenigen Tagen kommen meine Mädchen wieder von den Ferien zurück und da müssen sie natürlich alles blitzblank finden — sie logieren nämlich insge samt in der Beletage, denn nur von da aus bietet sich ihnen eine sehr hübsche Fernsicht auf die frucht- - bars Niederung, welche zum größten Teil ihre Hei- mal ist." Und während sie dann langsam die Treppe s hinaufzusteigen begann, fetzte sie hinzu: „Sie haben die Ihre auch nicht weit von hier, liebes Kind; — wie mir mein Bruder Mitteilte, sind Sie aus B." „Jawohl, Frau Pastor, und ich wurde auch in B. geboren, wo mein Vater fast seit einem Menschen alter schon die Stellung eines Kreisgerichtsrates be gleitet. Jetzt bin freilich beinahe zwei Jahre hin durch vom Hause fern gewesen; ich war an der russischen Grenze bei einer Jugendfreundin meiner Mutter, der verwitweten Gutsbesitzer von Stellheim. Anfänglich sollte mein Aufenthalt auf ihrer reizenden Besitzung nur ein wehrmonatlicher Besuch sein, aber die alte Dame erkrankte plötzlich, und da ihre Toch ter im Auslands verheiratet, blieb ich natürlich. Sie hatte mir vorher das Leben auf nie geahnte Weise reizvoll und angenehm zu machen gewußt — nun wollte ich selbstverständlich auch die bösen Tags mit ihr teilen." „Und war die Dame lange krank?" warf Frau Gottfriede ein, indem sie einen Moment auf dem Treppenpodest stehen blieb und Atem schöpfte. „Sehr lange! Sagte ich nicht schon, daß ich beinahe zwei Jahre bei ihr geblieben? Und sie hat schwer gelitten. Vor vierzehn Tagen endlich erlöste sie der Tod von so vielen Schmerzen und Qualen." Die Treppe war vollends erstiegen und die bei den Damen sahen sich jetzt wieder auf einem langen Korridor, dessen Längswände wie unten von einer Menge Thüren durchbrochen waren, die jetzt allesamt offen standen und zum Teil bereits frisch gescheuerte Dielen in kiemm Zimmern zeigten, zum Teil aber auch noch eine förmliche Sintflut. Das Haus, dessen Besitztttel jetzt Frau Gott friede in ihrem Schrank verwahrte, hatte noch vor hundert Jahren ein Kloster geheißen und war bis zu der Zeit, in welcher die Pastorin eS erwarb, eine Diakonissenanstalt gewesen, daher diese vielen schmalen Stübchen. „Wir sind am Ziel", sagte Frau Gottfriede jetzt, und einen seltsam geformten Schlüssel aus ihrem Schlüsselbund wählend, öffnete sie die nächstbefiad- liche Thür. „Nur hier herein, mein Kind, es ist das hübscheste meiner Zimmerchen, die „Ecinneruugs- kammer", wie es Vetter Augustin zu nennen Pflegt, denn in diesem kleinen Raum beherberge ich alles, was mir an irdischem Gut lieb und teuer ist." Immer noch ihrem anmutigen Gaste voraus schreitend, war die große Frau in das winzige ein- fensterige Stübchen getreten, aus dem unserer jungen Freundin ein eigentümlicher Duft von allerlei getrock neten Kräutern und Rosenblättern entgegenströmte. Dieselbe peinliche Sauberkeit wie in den unteren Räumen empfing sie auch hier, aber wenn kiese große Reinlichkeit unten beinahe beängstigend wirkte, hier entzückte sie, denn hier hatte man auch dem Sinn für das Schöne Rechnung getragen. Die „ErinnerungSkammer" zeigte freilich auch keine reichen Mobilien, aber die Geräte, mit denen man sie ausgestattet, waren zierlich und in dem Glasschretn von Zuckerktstenhol; prangten tausen derlei reizende Sächelchen, über deren Zweck Grethe freilich nicht im klaren — sie sahen so fremdländisch aus, so fremdländisch, wie der prachtvolle bunte Tep- kürli fühl Wel Lips ficht liehe glao entst griff dene frag anla fahr arm der < die nart ich! also Her! in H meir nicht