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für Se. Durchlaucht den Fürsten v. Bismarck, der am 8. Mai in Friedrichsruhe überreicht wird, besteht aus der Haupturkunde mit der von den Städten festgesetztenWid- mung folgenden Inhalts: „Sr. Durch!, dem Fürsten v. Bismarck, Herzog von Lauenburg, wird in dank barster Anerkennung seiner unvergänglichen Verdienste um die Wiederausrichtung des deutschen Reiches und die den deutschen Gemeinden dadurch gegebene För derung das Ehrenbürgerrecht der nachbenannten 72 Städte N.-St.-O. im Königreiche Sachsen verliehen. Hierüber ist diese Urkunde ausgesertigt und, wie nachersichtlich, vollzogen worden. Am 1. April 1895". Die künstlerische Ausführung des Ehrenbürgerbriefes macht einen vornehmen, gediegenen Eindruck. Eine breite Borte, mit großer Feinheit und feinem Ver- ftündis ausgeführt mit Elchen- und Lorbserkante, um schließt die in reichen Initialen gehaltene Widmung, und das Wappen des Fürsten v. Bismarck bekrönt daö Ganze. — In diesem Frühjahr ist in Sachsen der eigen tümliche Fall zu beobachten, daß, während die Maul- «nd Klauenseuche-Ausbrüche rasch zurückgehsv, die Milzbraavsälle sich vermehren. Und diese sind ja dem Rindviehbestanbe weit gefährlicher als die Maul- und Klauenseuche, da Milzbrand, der im April in 18 Gehöften auftrat, fast Mlich verläuft. 23 Neu ausbrüche der Maul- und Klauenseuche kamen im Lause des Monats April bei der Kommission für das Veterinärwesen zur Anmeldung, ferner 3 Fälle des ansteckenden Bläschenausschlags und 5 Tollwutfälle. — Es wirb jetzt offiziös vor Agenten gewarnt, welche im Interesse arbeiterbedürfüger brasilianischer Großgrundbesitzer»»^!, betrügerische« Vorspiegelungen mittellose Leute zur Auswanderung nach Brasilien verlocken. Hunderte sind schon in das Elend gelockt und dadurch der größten Verzweiflung preisgegeben worden, da die Lage der Betrogenen eine wahrhaft bejammernswerte ist. — Weibliche Gigerln ficht man neuerdings in Dresden herumstolz^eren. Sie tragen auf der linken Seite der Brust offen, nur mit einer Sicher heitsnadel befestigt, ihre goldenen Uhren zur Schau. Anfangs waren es nur wenige Damen, die diesem neuesten Modeauswuchse huldigten, ihre Zahl scheint aber täglich größer zu werden.. Diese Thorheit labet die Langfinger geradezu zur Ausführung ihres Hand werkes em, und das oürfte vielleicht das beste Mittel zur Beseitigung dieses Unsinns sein. — Der Landesverband sächsischer Feuerwehren hält Sonniag, den 12. Mar im Böhmischen Bahn- Hofe in Dresden eine Sitzung des LandeSaus- schussis ab, deren Tagesordnung a. lautet: Ueber Unzuträgltchkerten bei wechselseitiger Hilfeleistung zwischen Stadt und Land bei Brä.. en. Berichterstat ter : Ulr ich-LeiLmg. Eine Anfrage der König!. Brand versicherungskammer, betr. die mit den Bucher'schen Feuerlöschdosen innerhalb des Landesverbandes säch sischer Feuerwehren gemachten Erfahrungen und deren Beantwortung. Berichterstatter: Weigand-Chemnitz. — Einen merkwürdigen Entschuldigungszettel gab dieser Tage in Dresden ein kleines Mädchen, das einen Tag die Schule versäumt halte, ihrem Leh rer ab. Auf ein fieiues Papierstückchen waren von ungelenker Hand die Worte gemalt: „Wgenkvpw." Die Mutter des Kindes hat damit sagen Wollen, baß ihr Töchterchen den Unterricht „wegen Kopfweh'' nicht besuchen konnte. — Leipzig, 5. Mai. In der Angelegenheit des in Marokko ermordeten Leipziger Kaufmanns Rockstroh sind die Schadenansprüchs der hiesigen Firma, bei welcher der in so schrecklicher Weise nm das Lcbeu Gekommene angesiellt war, sowie der Mutter desselben festgestellt worden. Diese Ansprüche Aus dem Walde. Roman von M- Lrandruh. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Von der Erbschaft, die ich von meiner Schwester erwarten darf?" wiederholte Rinow und schüttelte den Kopf. „Nan ja! Ganz arm ist Frau Janisch ja nicht. Sagte ich Ihnen denn nicht schon bei meinem ersten Besuch, daß die alte Dame in guten, geordneten Ver hältnissen lebt?" „Das wohl! Es widerspricht jedoch meinem Gefühl, auf den Tod einer mir so lieben Person zu spekulieren. — Dennoch will ich die Session ausstellen, Ihnen zugleich aber auch meine Wirtschaft verpfänden lassen." „Liebster, bester Rinow!" rief der Amerikaner da jedoch wie entrüstet und erhob abwehrend feine beiden Hände. Der Förster nickte aber bekräftigend mit dem Kopfe. „Nur unter dieser Bedingung kann ich Ihre Hilfe annehmen," sagte er dann. Es gab nun freilich noch ein langes Hin- und Hergerede, ehe sich die beiden Männer über den be treffenden Punkt einigten. Dann aber schied der Amerikaner gleich dem rettenden Engel aus dem stillen Försterhause. In der That überbrachte John am nächsten Morgen in aller Frühe das Geld für die Waldar beiter. Er meldete aber auch zugleich den Besuch seines Herrn für die NachmittagSstunden an. Von jetzt an erschien Louis Bergmann überhaupt täglich in Karemba. Anna aber fühlte sich gezwun- sind von der Mutter Rockstroh's auf 100,000 Mk., von der geschädigten Firma auf 68,000 Mk. normiert worden. — Für das vom 25.—27. d.M. in Zwickau stattfindende Regimentsfest der ehemal. 104er hat jeder Teilnehmer eine Festkarte zu 1 Mark zu ent nehmen. Für da« Fest war von Haus aus, Herbst 1894, schon die Zeit vom 25.—27. Mai in Aussicht genommen worden. — Meerane, 5. Mai. Das „Meer. Tgbl." schreibt: Die in Berlin erscheinende „Deutsche Warte" druckt in ihrer heutigen Nummer die stadträtliche Bekanntmachung, betr. das Unwesen der Spiritisten in hiesiger Stadt, ab und bemerkt dazu am Schluffe: „Zur Erläuterung dieses „Umsturzgesetzes gegen die Spiritisten" sei bemerkt, daß aus Meerane die besten Medien bezogen werden." — Diese zweifelhafte Be rühmtheit unsrer Industriestadt war uns wirklich bis heute ganz unbekannt, ob man aber hier der „Deut schen Warte" für diese „Enthüllung" die gebührende Dankbarkeit zollen wird, erscheint uns mehr als fraglich. — Zschopau, 5. Mai. Der heute vormit tag 10 Uhr 14 Minuten von hier nach Annaberg abgelassene Personenzug ist unweit des Cotta-Denk mals entgleist und den Abhang der Zschopau hinun- tergestüczt. Lokomotive, Tender, Packwagen, ein Viehwagen und drei Personenwagen sind zertrümmert. Der Heizer ist schwer, der Lokomotiv- und Zuasührer, sowie einige Passagiere sind leicht verletzt. 9 Stück Rindvieh wurden gelötet. Die Feuerwehr wurde alarmiert. Ein Rettungszug von Chemnitz mit höhe ren Eisenbahvbeamten traf nachmittags O/s Uhr an der Uufallsstätte ein. Der Verkehr ist vorläufig ge sperrt. Die Passagiere von Chemnitz müssen in Zschopau, die von Annaberg in Wielischthal um- fteigen. — Die Landesversammlung der Sozialdemo kraten Sachsens findet den 4. und 5. Juin in dem Lokale „Zur Muldenterrasse" in Döbeln statt. Begmn der Behandlungen den 4. Juni, vormittags sis10 Uhr. Tagesordnung: 1. Bericht des Central- Komitee«: Berichterstatter Anton Heilweck. 2. Or ganisation und Agitation: Berichterstatter Julius Seifert. 3. Reichstags-, Landtags- und Gemeinde-- ratswahlen: Berichterstatter Stolle-Gefau. 4. Auf stellung von Kandidaten für die Landtagswahlen. 5. Presse: Berichterstatter Fr. Geher. 6. Anträge der Parteigenossen. — Eine seltsame Krankheit herrscht unter den Pferden m der Bornae r Gegend, namentlich sind die Pferds des Karabinier-Regiment« davon betroffen. Die Tiere fangen urplötzlich an zu gähnen, bald darauf werben sie matt, verweigern die Annahme von Futter und sind wenige Tage danach tot. — Röhrsdorf bei Meißen, 6. Mai. Ein Kampf um's Leben entspann sich gestern früh in einem hiesigen Gehöft zwischen einem Hunde und einem Raubvogel (steinstößer). Ein 4jährigss Kind saß, ein Kaninchen auf den Schooß haltend, im Garten, als plötzlich der Stößer herniederfuhr und es mit feinen Fängen packte. Durch den Schreckensschrei des Kindes alarmiert, sprang der Hofhund herzu und packle das Raubtier, das nunmehr den Kampf mit seinem Feind aufnahm. Obgleich an einem Äuge schwer verletzt, hielt der Hund den Stößer so lange fest, bis der Besitzer herbeikam und den geflügelten Räuber durch wuchtige Stockschläze unschädlich machte. — In Bad Schmiedeberg wird jetzt ein unheimliches Gerücht verbreitet. Danach soll sich ein dieser Tage im Walde tot aufgefundener 13jäh» riger Schulknabe nicht erhängt Haden, sondern an Mißhandlungen gestorben sein. Dafür spricht, daß sich an der Leiche verschiedene mit Blut unterlaufene Stellen vorgefunden haben, ferner, daß sich an der gen, ihm gegenüber weniger rücksichtslos aufzutreten denn bisher. Wußte sie doch, welchen ungeheuren Dienst gerade dieser Mann ihrem Vater erwiesen und welchen Verlust er dazu noch im Forsthause erlitten. Dennoch wich sie soviel wie möglich den Hul digungen des Amerikaners aus und verstand es meister lich, das entscheidende Wort von seinen Lippen fern zu halten. Inzwischen brachte der Förster natürlich den Diebstahl zur Anzeige. Infolgedessen hatten in den umliegenden Ortschaften verschiedene — freilich ganz erfolglose —Haussuchungen bei Personen statt gefunden, die der Rinow'schen Familie bekannt waren und denen eine solche That wohl zugetraut werden konnte. Auch wurden mehrere Strolche festgenom men, die sich durch unverhältnismäßige Ausgaben verdächtig gemacht. Die Leute mußten jedoch schnellstens wieder aus ihrer Haft entlassen wer den, da sie bis zur Evidenz beweisen konnten, daß sie sich zur Zeit des Diebstahls meilenweit von dem Schauplatz der That befunden hatten. Die Ange legenheit blieb somit — zum Kummer Förster Ri- nows und der Seinen — nach wie vor in einen dichten Schleier gehüllt. Darüber stand die Zeit natürlich nicht still. Der Sommer ging vielmehr zu Ende, der Herbst kam und wieder fiel der erste Schnee auf daS einsam liegende Gehöft der Försterei in Karemba. Drinnen aber in dem trauten Häuschen bangte jetzt mehr denn je ein junges Herz der Zukunft entgegen. Anna wußte ja, daß das Verhängnis nahte, die Stunde immer näher rückte, in der cs ihr nicht mehr möglich Fundstelle der Leiche gar keine Bäume vorfinden; wohl aber sei die Waldstreu an dieser Stelle in auf fälliger Weise aufgewühlt gewesen, was den Schluß rechtfertigt, daß dort eine Schlägerei sich abgespielt habe, die für den schwachen Knaben einen unglück lichen Ausgang genommen hätte. Am meisten aber wird das Gerücht dadurch unterstützt, daß die Leiche ohne ein um den Hals geschlungenes Tuch dagelegen hat. Die Beerdigung des Knaben ist daher ausge setzt worden, bis die seitens des Kceisphysikus voll zogene Leichenbesichtigung Licht über die Todesart gebracht hat. 8 In Greiz ist es dem Organisten untersagt worden, während des Gottesdienstes zu präludieren oder andere als Choralstücke auf der Orgel zu spielen. ß Eisenach. -Im Zorn hat ein hiesiger Ein wohner mit einem Beile seinen Sohn derart auf den Kopf geschlagen, daß derselbe hoffnungslos darnieder- liegt. Grund: der Sohn war m Eisenach zur Kon- trolvsrsammlung gewesen und hat eine andere Hose angezogen, als sein Vater gewünscht hatte. 8 Berlin, 5. Mai. Im Hotel „Kaiserhof" tagte heute unter dem Vorsitz des Stadtverordueten- vorsteherö Dr. Langerhavs-Berlin ein von 61 deutschen Städten beschickter Kongreß, um über einen gemein samen Protest gegen die Umsturzvorlage zu beschließe». Anwesend waren außer zahlreichen Stadträten und Stadtverordneten Oberbürgermeister Zelle-Berliu, Bender-Breslau und Abgeordneter Prinz zu Schönaich- Carolath. 8 Vom Wahnsinn wurde am Mittwoch abend in Berlin Plötzlich ein Schutzmann befallen. Der AuSbruch der Krankheit zeigte sich darin, daß der Beamte ohne Veranlassung eine Dame auf der Straße festnahm und auf dieRsvierwache brachte. Als ihm hier der Wachtmeister über sein Verhalten Vorwürfe machte, geriet der Wahnsinnige in Wut, zog seinen Säbel und wollte auf den Vorgesetz'en losgehen. Er wurde jedoch überwältigt, ehe er Unheil avrichten konnte und in eine Heilanstalt gebracht. Der Kranke erklärte in einem fort, er habe die Dame auf Befehl des Kaisers feftnehmeu wüsten. * * Paris, 5. Mai. Die bisher ermittelten Schadenansprüche im Aoiorethal betragen sieben Mil lionen. Die Arbeit der Kommissionen wird sehr er schwert durch die unsinnigen Ueberforderungen der Bevölkerung. Im Ganzen wird die Entschädigung, welche die Regierung zu zahlen hat, nebst den Her stellungskosten zwanzig bis dreißig Millionen betragen. * * B u d a p e st, 6. Mai. In den Kohlengruben der Saljo Tarjaner Kohlengewerkfchaft ist ein großer Arbeilersireik ansgediochen. Drei Kompanien Mili tär sind dahin abgegangen. Wien, 6. Mai. Sowohl von hiesiger, wie von ungarischer offizieller Seite wird bestätigt, daß der Conflict zwischen Kalnoky und Barfffy nunmehr gütlich beigslegt werde. Gerde verbleiben im Amte. Auf liberaler ungarischer Seite ist man überzeugt, daß, nachdem Kalnoky seine Zustimmung zur Ver öffentlichung der nach Ungarn gerichteten Noten ge geben, der Urheber des ganzen Conflicrs, der Nuntius Agliardi, von seinem Posten abberufen werden würde. * * Wien, 6 Mai. Der Kaiser richtete heute ein Handschreiben an den Grafen Kalnoky, in welchem er unter dem Ausdrucke des vollsten Vertrauens die Annahme des von Kalnoky eingereichteu Entlassung«- gesuchs ablehni. * * Winnipeg (Canada), 5. Mai. Die In dianer und Haldindianer von Dacota längs der Grenze von Canada und den Vereinigten Staaten wandeln auf dem Kriegspfude. Sie haben die Stadt St. John besetzt, vertrieben die Einwohner und be reiteten sich zum Widerstand gegen die Truppen vor. werden würde, den Amerikaner von der gewichtigen Frage, ob sie sein Weib werden wollte, zurückzuhalten. Dazu kam noch, daß sie, nun die linde Witte rung ihr Ende erreicht, auch nicht mehr daran denken durfte, Curt die gewohnten Stelldicheins zu bewilligen. Freilich sendete der junge Oberförster seine lieben, lieben Briefe, in denen er sie mit zärtlichen Worten zum Ausharren ermahnte. Aber was ist daS ge schriebene Wort gegen ein gesprochenes?! Und dann ward dem guten Jakob auch immer schwerer, diese Billets seines Herrn der Adressatin zuzustecken, nun sich Anna nicht mehr so viel im Freien aufhielt. Oft mußte der arme Junge stundenlang in der Nähe des Forsthauses umherschleichen, ehe er es möglich machen konnte, dem Fräulein den Brief des Ober försters zu überreichen. Bis jetzt hatte er sich dabei noch immer den Augen des Försters zu entziehen gewußt. Aber das geringste Ungefähr konnte den Burschen — so schlau er auch war — doch in die Hände Rinow« liefern. Was dann aber folgen würde, mußte, — mochte sich das arme junge Mädchen gar nicht ausmalen. * * Ma» befand sich in den ersten Tagen des Dezembers. Der Winter war mit lange nicht mehr gekannter Strenge hereingebrochen und die grimmige Kälte machte, daß der Schnee unter dem Tritten von Menschen und Tieren quietschte und pfiff. Auch der Weichselstrom bildete seit einigen Tagen eine starre tote Masse. Förster Rinow schien denn auch den zwanzig Graden unter Null, die sein Thermometer heute morgen zeigte, Rechnung zu tragen. Denn als er soeben aus