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der Hand, dem er aber keine besondere Beachtung schenkte, bis am Montag der Arm außerordentlich rasch anschwoll, so daß selbst ein alsbald vorgenom mener operativer Eingriff nicht mehr Rettung brachte. — In eine äußerst gefährliche Lage geriet in Großenhain ein Schornsteinfeger, der behufs Reinigung einer Esse in derselben sich so verstiegen hatte, daß er weder nach unten, noch nach oben sich bewegen konnte. Der Aermste riss nach Hilfe, wurde aber eine Zeit lang Nicht gehört, bis endlich eine Frau, die unter der Esse die Asche wsgräumsn wollte, ein Aechzen und Stöhnen vernahm und nun sofort Lärm schlag. Mittlerweile war auch der Meister hinzugekommeu, der alsbald seinem Gesellen Hilfe brachte, indem er ein Stück der Essenmausr einschtug. 8 Nach Meldungen aus Kiel hat die Bwmarck- fahrl der sächsischen Bürgermeister dortselbst einen herrlichen Ausklang gesunden. Eingcladen von der Stadt Kiel, begaben sich die Herren Bürgermeister und Stadtverordneten Sachsens von Hamburg nach Kiel, besichtigtem nach entgegenkommendster Aufnahme die kaiserliche Werft, die Kriegsflotte und den Kriegs- Hasen, begaben sich nach Düsternbrook und Holtenau, befuhren den Nord-Ostsee-Kanal bis zur Lev-nsauer Brücke, wobei der kaiserl. Rsgierungsbaumkister Tnmkauzer in zuvorkommendster Weise als Führer diente, und kehrten nach herzlicher Verabschiedung von genanntem und dem Kieler Oberbürgermeister Fuß nach Hamburg, bez. in die Heimat zurück. Den Dank an die kaiserl. Hafenbaudirrktion und den ge nannte» RsgieruugsbaumMer sprach Bürgermeister Herrmann-Großenhain, denjenigen an Oberbürger meister Fuß Bürgermeister Dr. Beck-Freiberg mit beredten Worten au». Z Frankfurt a. M., 12. Mai. Aull dem Abendpersouenzuge, der dieser Tage von Frankfurt nach Kassel abgelasfen wuroe, erüspraug hinter d-r Station Z-mmermode ein Strafgefangener, der in Begleitung eines Aufsehers sich auf dem Weitertrans port nach einer anderen Strafanstalt befand. Der Verbrecher war gefesselt gewesen, hatte aber feinem Begleiter gesagt,' er fühle sich krank und es waren ihm deshalb auf dringendes Bitten die Handschellen abgenommen worden. Diesen Moment benutzte der Verwegene und sprang auf Leben und Tod aus dem in voller Fahrgeschwindigkeit befindlichen Zage. Der Aufseher sprang sofort hinterher und nun begann eine tolle Jagd bei Mondenschein über H-cken und bis za dem eine Stunde entfeinten Bischhausm. Schon ist der Aufseher dem Flüchtling dicht auf den Fu'm, er hat schon die Hand ausgestreckt und will ihn ergreifen — da springt der Flüchtling zur Seite und wagt den lebensgefährlichen Sprung irr die h 'chgstzenden Fluten der Schwalm, schwimmt hindurch und rst vorläufig fernem Verfolger entronnen, da dieser d-m Sprung in den hochangerchwollenen Fluß nicht riskieren konnte. Der Flüchtling entsprang nun in die Wälder, treibt sich mehrere Tage umher und wird trotz umfassender Verfolgung von allen Seiten nicht aufgesunden. Vorgestern abend schlnh er sich auf Station Kirchhain auf den Bahnhof und kroch nnt Lebensgefahr auf den unter einem P-rsonenwagen angebrachten Gasbehälter. Auf diesem liegend fährt er bis Frankfurt, kommt auch wohlbehalten hier an, wird ober von dem revidierenden Wagenmeister ge rade in dem Moment, als er seinem Versteck ent schlüpfen will, gesehen und verhaftet. Der Flücht ling ist 18 Jahrs alt. Z München, 13. Mai. In Langengeitenbach (Oberbaiern) wurden durch Einstürzen einer Kieswand 15 P-rsouen verschüttet. Ein Arbeiter und eine Dicnstmagd blieben sofort tor, einem Arbeiter wurde der Brustkorb zerquetscht. Mehrere Personen erlitten Arm- und Beinbrüche. Aus dem Walde. Roman von M. L r a n d r u h. (Nachdruck «erboten.) (Fortsetzung.) „Sieh' mal Einer! So wertvolles Vieh haben Sie?" Rinow nickte geschmeichelt. Sagte aber gleich darauf: „Was dann das noch restierende Kapital anbetrifft — so" „So soll Ihr künftiger Schwiegersohn Sie nicht mit Abzahlung desselben drängen," setzte Knigge hinzu, wendete dann aber schnellstens das Gespräch in eine andere Bahn. . . . In verhältnismäßig kurzer Zeit erreichten die beiden Männer nun die Station, gerade noch vor Thoresschluß, denn schon war der Zug, welchen Knigge benutzen wollte, eingelaufen. Mit herzlichem Händedruck, einem „Auf freudiges Wiedersehen!" verabschiedete sich der Rentner nun von seinem neuen Bekannten. Dann kugelte er sich eilends in ein Coupee dritter Wagenklaffe. Jetzt ein gellender Pfiff, und das Dampfroß führte diese Seele von einem Menschen aus dem Bereiche seines Freun des Mit großen Schritten — in Gedanken und Ge fühlen, die er nicht im Stande gewesen wäre wieder zugeben, ging Rinow nun auf dem Bahnsteig auf und nieder und wartete der Ankunft des Mannes, zu welchem er bisher fast mit Verehrung emporgeschaut, der ihm imponiert hatte, wie noch nie ein Mensch. Und gerade ihm mußte er nun ein so frappierendes Bekenntnis machen! Wie aber würde der verwöhnte reiche Kavalier den Korb aufnehmen, der ihm so § Braunsberg, 13. Mai. Auf eine schreck liche Weise ist Herr Landgerichtsrat Schumann hier ums Leben gekommen. Als er sich in der vergan genen Nacht in seinem Schlafzimmer zur Ruhe bege ben und die auf dem Tische stehende Lampe auSlö- schen wollte, stieß er unvorsichtiger Weise gegen den Tisw, wovon dieser ins Schwanken geriet. In folge- dcssen fick die Lampe zur Erde, explodierte und das brennende Petroleum ergoß sich auf den Unglücklichen, welcher sofort am ganzen Körp r brannte. Auf seine Hilferufe eilte man, dem Ges. zufolge, soforr herbei. Da er aber die Thür von innen verschlossen hatte, jo fand man ihn, nachdem man sich durch Einschla gen der Thür gewaltsam Zugang verschafft hatte, halb verkohlt vor. Die sofort herbeigeholten Aerzte konnten ihn nicht mehr retten. Herr Sch. ist im Laufe des heutigen Vormittags gestorben. 8 Friedrichs ruh, 13. Mai. Fürst Bis marck empfing heute etwa 103 Damen aus Schlesien, als deien Sprecherin Frau v. Hönicha-Hoyerswerda herzliche Äegrützungsworte an Yen Fürsten richtete. Fräulein v. Goldfus aus Nimptsch brachte dem Fürsten einen poetischen Festgruß dar. Fürst Bis marck, der sich in der besten Stimmung befand, sprach zunächst seinen Dank für den ihm geschenkten Tep pich, den Schrein, die Adresse und die geplante Bis marck-Stiftung aus. Sodann äußerte der Fürst ungefähr Felgendes: Schlesien habe sich stets Lurch seine patriotische Gesinnung ausgezeichnet; wenn die Dame» für eine Sache gewonnen seien, sei ihm »richt bange für die Männer. Wenn erst die Wahlen unter dem weiblichen Einflüsse ständen, würden sie natio naler und besser ausfallen. Der Fürst schloß mit einem Hoch auf die deutschen Frauen, um sodann unter die Damen herunterzukreteu, welche ihm Blumensträuße überreichten. Einige der Damen wurden zur Frühstückstafel gezogen. Die übrigen besichtigten später den erwähnten Teppich im Arbeits zimmer des Fürsten. Z Einen eigenartigen Strafbefehl, der gegen eine Arbeiterfrau in Dass ow in Mecklenburg erlassen ist, weil sie bei der Beisetzung am offenen Grabe ein Gebet gesprochen, bringen die „Lüb. Anzeigen" zur Veröffentlichung. Das merkwürdige Schriftstück hat folgenden Wortlaut: „Dis Arbeiterfrau Dorothea Bruhn geb.Bibow zu Neu-Vorwerk hat laut dienst licher Anzeige des Wachtmeisters Päton III zu Das- sow am 2. Osterfeiertage 1895. nachmittags, bei Be erdigung des Kindes, bei der der O ttsgeistlichs nicht zugegen war, eine Rede resp. ein Gebet gesprochen. Dw Frau wird deshalb auf Grund der Verordnung vom 25 November 1851, betr. die Grabreden der Nichtgeistlichen zu Auer Geldstrafe von 2 Mk. event. Haft von einem Tage verurteilt. Es kommen hierzu an Gebühren und Auslagen noch 1,50 Mk. Unter zeichnet ist der Strafbefehl: Dassow, 22. April 1895 Ritter schaftlicheö Polizeiamt". Die arme Frau, deren Mann seit m-hreren Jahren arbeitsunfähig ist, hatte noch ihren Angaben den Ortsgeistlichen zur Teil nahme am Begräbnis gebeten und dieser hatte auch zugeiagt. Er war aber nicht erschienen und so hatte die Frau im Beisein mehrerer N ichbarleute am offenen Grabe folgenden Gesangbuches gesprochen: „Hier liegst und schläfst Du ganz in Frieden — Dieweil Dein Hirte bei Dir wacht. — Bon Jesu bleibst Da unzeschieden — Auch in d-r letzten Todesnacht. — Er lenkte Deine Tageszeit — Go früh schon zu der Ewigkeit. Amen". * * Paris, 14. Mai. In Bourges hat sich ein herzbrechendes Familiendrama abgespielt. Ein kürzlich brotlos gewordener Arbeiter nahm seine vier Kinder aus einen Spaziergang mit. Am Flußufer angelongt, band er sie mit einem Seile zusammen unter dem Vorwande, „Pferds zu spielen." Dann > unerwartet geflochten worden? Unserem wetterfesten Forstmann, der sich vor dem Gottseibeiuns selbst nicht gefürchtet hätte, schlug das Herz fast hörbar, als er sich diese Frage stellte. Dann aber überlegte er, welche Worte er gebrauchen sollte, um dem Freunde seiner Schwester so zart als möglich begreif lich zu machen, daß Anna nur ihrem Lebensretter gehören könne, und Bergmann zugleich mitzuteilen, wie er, Rinow, innerhalb weniger Tags in der Lage sein werde, die pekuniären Verpflichtungen zu lösen, welche die Menschenfreundlichkeit Herrn Louis' auf seine Schulter gelegt. Dem alten Mann stieg das Blut siedendheiß in die Stirn bei all diesem Grübeln und Denken. Zu einem Resultat aber kam er trotzdem nicht. Denn da brauste schon der Zug heran, in welchem Rinow den Gegenstand seiner Furcht glaubte. Nun hielt die gewaltige Wagenschlange, Station O. „sechs Minuten Aufenthalt!" riefen die Schaffner und öffneten die Thüren. Aber was war das? Niemand entstieg den Kupee's, die scharfen Augen des alten Försters schauten umsonst Zug auf Zug ab: Berg mann war nicht gekommen. Einen Moment wollte es den Förster nun bedünken, als müsse er laut auf- jubeln. Dann aber sagte er sich auch, daß der Ame rikaner nur von Geschäften zurückgehalten worden sei. War er heute nicht gekommen, so mußte er ihn morgen jedenfalls um dieselbe Zeit wieder erwarten. ES war somit nur eine Galgenfrist, die seiner Zag haftigkeit gegönnt wurde. Immerhin aber kam sie ihm recht. Und mit erleichterter Seele bestieg er den Schlitten wieder. — Zu Hause angelangt, fand der Förster „seine schlang er sich den Strick um die Schulter und sprang mit seinen Kindern tn's Wasser. Die gräßlichen Hilferufe der Kleinen zogen Leute herbei, doch kam die Rettung zu spät; als man sie herausfischte, waren alle Fünf bereits Leichen. * * Graz, 14. Mai. Durch Blitzschlag wurde die berühmte Wallfahrtskirche St. Johann und Paul auf dem Buchkogel, von der Prinzessin Maria von Bayern im Jahre 1590 gestiftet, total eingeäschert. * * Rom, 14 Mai. In dem aus Hüz erbauten, im neuen Viertel Del Prati Castello gelegenen Pili- teama-Adriavo-Theater, woselbst gestern abend das Ballet „Excelsior" gegeben worden war, brach heule früh aus unbckannter Ursache eit Brand aus. Die Feuerwehr und eine Militär-Abteilung, sowie die Behörde waren alsbald am Ärandplatz, jedoch miß langen alle Versuche, des Feuers Herr zu werden und das Theater brannte vollständig nieder. Das Feuer sprang nach vier benachbarten Gebäuden über, deren Bewohner unter großen Schwierigkeiten gerettet werden konnten. * * Miskolcz, 14. Mai. Bei einer Wild- schwewjagd erschoß ein Rechtspraktikm.it aus Unvor sichtigkeit den Gemeindenotar Eugen Janovics aus Temeswar. * * B r e st, 13. Mai. Heute Nach; fand bei der Insel Sein em Zusammenstoß zwischen zwei englischen Dampfern statt. Der eine, „Minerals", überrannte die „Marijana", welche, mit Erz beladen, nach Hamburg gehen wollte. Dw „Maritana" sank nach einigen Minuten. Von 19 Mann der Besatzung fehlen 11 Mann. * * In Kansas ist der bis jetzt einzig da stehende Fall vo> gekommen, daß ein Hypnotiseur für eine einem Anderen suggerierte verbrecherische That zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen worden ist. Thomas Patton war am 5. Ma: 1894 von Thomas McDonald erschossen worden. Letzterer gab die That zu, behauptete aber für dieselbe nicht verantwortlich zu sein, da er sie unter dem hypnotischen Einfluß eines gewißen Gray begangen habe. McDonald wurde freigeipcochen und Gray verurteilt, obgleich es feststand, daß Letzterer bei der Mordthat nicht zugegen war. Die oberste Instanz hat nunmehr das Urteil des U'ckergerichtS bestätigt. Der Prozeß hat Publikum, Juristen und Aerzte gleichmäßig in Atem erhalten. * * London, 14. Mai. Dis „Times" melden auL Pretoria: In dem Bezirke Zontpansberg steht ein Krieg gegen die Eingeborenen bevor. Der Ober- Häuptling Magata hat die Commission der Trans vaalregierung aus seinem Lande fortgrschickt. Auch der Stamm Makatm sammelt sich in verschiedenen festen Punkten. Die Eingeborenen sind meist mir ganz modernen Gewehren und Patronen versehen. Der General-Kommandant Joubert läßt Abteilungen von 8000 Weißen und 12000 eingeborenen Verbün deten unter die Waffen rufen. Die Regierung berät gegenwärtig über die Lage. Man glaubt, daß der Krieg sofort beginnen und ein halbes Jahr dauern dürfte. * * Algier, 14. Mai. Areski und fünf andere Banditen, welche seit langer Zeit der Schrecken Ka- byliens waren, wurden heute vormittag in Arazza hingenchtet. Ein Zwischenfall ist nicht vorgekommen. Deutscher Reichstag» Sitzung vom 14. Mai. Der Reichstag beriet zunächst die Novelle zum Jnvalidenfondszesitz in erster und zweiter Lesung. Mit der Tendenz des Gesetzes erklärten sich sämtliche Parteien einverstanden, die Debatte drehte sich le diglich um sozialdemokratische Anträge, die die Be stimmungen des Gesetzes noch erweitern wollten Frauen" — wie er Gattin und Tochter ja immer nannte — mit Ungeduld auf die Heimkehr des Vaters wartend. Aber ehe der Alte der Neugier Frau Emma's Bescheid gab, fragte er, während die Tochter ihm half, sich aus der winterlichen Hülle zu schälen: „Wie geht es dem Patienten? Hat sich das Wund- fteber bei ihm eingestellt?" „Nur ganz leicht, Väterchen, und für kurze Zeit," entgegnete Anna. „Jetzt aber fchläft Curt und ich konnte somit das Krankenzimmer verlassen, um mit Dir und Mütterchen zu Mittag zu essen. Vorerst —" „Möchtest Du aber doch wohl wissen, was ich im L-ufe der vergangenen Stunden erlebt habe," setzte Rinow hinzu, während er sich schwerfällig an dem gedeckten Tisch niederließ. „ O, Väterchen!" Das junge Mädchen umschlang mit beiden Armen die Schultern des Alten und drückte ihre zarte Wange an die runzelvolle des Försters. „Schmeichelkatze Du," brummte Rinow. Den noch fühlte er sich in diesem Augenblick so glücklich wie seit Langem nicht. Und mit der harten gewal tigen Hand kosend über das blonde Haar seines Kindes gleitend, fuhr er fort: „Na, ich bringe aber auch gute Nachrichten die Füll-! Erstens fand ich in dem Chef Curt Fernow's einen Mann, dem man nur das Beste zutrauen kann. Dann aber ist die Oberförsterei in Kalitsch ein kleines Paradies und „Noch mehr des Guten, Alter?" rief die För sterin jetzt. Und sich nun ebenfalls an Rinow drängend, flüsterte sie: „So fand sich Bergmann wohl leicht in sein Schicksal und machte Dir auch sonst keine Schwierigkeiten?" (Fortsetzung folgt.)