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„Hvhenzollerri" genau vor der Mündung des Kanals in der Mitte, daran schließen sich die Regierungs yachten und die Fahrzeuge hervorragender Mächte. In nächster Nähe des Kaiser« halten ferner die Flagg schiffe. Die übrigen Fahrzeuge rangieren sich im Halbllkiv und es werden die Franzosen und Russen getrennt von einander Aufstellung nehmen. Ten Dänen ist aus Kourtoifie im inneren Hafen ein Platz angewiesen. Die ganze Flotte bildet vier und ein halbes Treffen. Die deutsche Flotte ist systematisch zwischen die Schiffs der einzelnen Nationalitäten ge legt. Die beste Ausfahrt zum Manöver in See ist gesichert. 8 Eine große Freude hat der Kaiser der Schul jugend von Spandau dieser Tage bereitet. Der Kaiser besichtigte bekanntlich am Sonnabend in Span dau die dort garnisonirrten Gardeiruppen. Kaum war der Monarch in der Sradt angekowmen, so schickte er eine Stabsvrdonnunz nach dem Rathause mit dem Auftrag an den Oberbürgermeister, die Schließung der Schulen zu veranlassen, damit der Schuljugend die Gelegenheit geboten sei, dem mili tärischen Schauspiel zuzuschauen. Alsbald wurden nach allen Schulen Polizeideamte entsandt, die den Rektoren die erforderliche Mitteilung machten, und ein paar Sekunden spater hallten die Straßen wider von dem Hallo der Kinder. ß Altona, 8. Mai. Ein an Delirium leiden der, arbeitsscheuer Tischlergeselle, der soeben aus dem Krankenhaus entlassen war, gab auf seine Frau und deren Arbeitgeber, zu welchem die Frau ms Haus gezogen war, mehrere Schüsse ab. Die Frau wurde nicht getroffen, dagegen der Arbeitgeber, ein Schnei dermeister, erheblich verletzt. Als der Thaler verhaftet werden sollte, tötete er sich selbst. ß F r i e d r i ch i> r u h , 8. Mai. 116 Vertreter 72 sächsischer Städte mit revidierter Städteordnuug trafen heute vvrmsitag 110s Uhr wütOS Extrozug hier ein. Oberbürgermeister Dütr-ch-Pllwen hob in seiner Begrüßungsansprache hervor, es sei noch nie vorgekommen, daß 72 Städte einmütig das Ehreu- bürgerrecht verliehen Hütten. Redner überreichte den kunstvoll auSgestMeten Ehrenbürgerbrief und schloß mit einem jubelnd ausgenommen Hoch auf den Ehrenbürger Bismarck. Der Fürst dankte für die ehrende Auszeichnung, die noch keinem Minister wider fahren wäre. Er erblicke darin die beste Aussicht für die Zukauft. Er erinnerte an den Bruderkrieg im Jahre 1866, an die Machtstellung Sachsens mit Polen und wies darauf hm, daß das deutsche Reich wieder als eine leitende Macht u der Spitze Euro pas mitstehe. Die Kämpfe der deutschen Stämme seien begründet in den Dynast, n; ist Einigkeit da rin, so sichert sie auch die n-r- onale Einigkeit. Der Fürst kritisierte schließlich lebhaft das heutige Psrtei- wesen; er sei versucht, den Parteien ein Percat zu bringen, ziehe jedoch em Hoch auf Je. Majestät den König von Sachsen, den glorreichen Mitkämpfer von 1870/71 vor. Der Fürst lad dann eine größere Anzahl Herren zum Frühstück und unterhielt sich bei einem Rundgang auf das leutseligste. Die Teilneh mer fuhren 3 Uhr nachmittags im Extrazug zurück. Ein Prachlwettcr begünstigte die Huldigung der Sachsen. 8 Infolge der Elbekatastrophe ist der Nord deutsche Lloyd bemüht, möglichst vollkommene Ret- tungsvorrichmngen auf seinen Schiffen für etwaige Unfälle zu schaffen. So hat der kürzlich in New- Aork angekommene Dampfer „Havel" zwei neue metallene Rettungsboote, die Erfindung des Hollän ders de Vos, mitgebracht. Die bald nach der An- unft in Hoboken angestellten Versuche haben ergeben, daß das 30 Fuß lange und 9 Fuß breite Boot mit voller Ausrüstung zum Herablaffen in's Wasser in Aus dem Walde» Roman von M. Brandruh. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Knigge war auf diese Weise heute vormittag zum Zeugen von Curt's tiefer Verzweiflung gewor den und habe sich infolgedessen bereit erklärt, ihm tue sechzehnhundert Thaler zu leihen, welcher Förster Rinow benötigt sei, um sich den Amerikaner vom Halse zu schaffen. — Mit herzlichen Worten bat Curt jetzt das traute Mädchen, ihrem Vater zu sagen, daß er dieses unseligen Geldes wegen sein Kind nicht mehr zu opfern brauche. Auch Curt Fernow könne ihm mit dem kleinen Kapital dienen, und zwar schon in den nächsten Tagen. Bedürfe es doch nur der Erklärung des Försters, daß er auch von ihm das Geld nehmen wolle, und Knigge reise sofort nach Nakel zurück, um die betreffende Summe flüssig zu machen. Ohne sich einen Moment zu besinnen, war Anna, nachdem sie diese Zeilen gelesen, zu dem Vater ge eilt und hatte ihn auf den Knieen — wenn auch stockend und zitternd beschworen, die Hilfe anzuneh men, wo sie ihm geboten würde. Aber wie ein wildes Tier war der Alte aufge fahren, als er endlich aus der zusammenhanglosen Rede seines Kindes herauehörte, um was es sich handelte. Ja, eS hätte nicht viel gefehlt, fo würde er feine schon geballte Faust auf das Haupt der Tochter niedergeschmettert haben, da er ja auch er fuhr, daß Anna noch im brieflichen Verkehr mit dem jungen Privatoberförster stand. 15 Sekunden klar gemacht werden konnte. Bewähren sich diese Boote, so sollen sie auf allen Dampfern des Norddeutschen Lloyd zur Eiusührung gelangen. ** Paris, 8. Mai. Im Lateinischen Viertel hielten sozialistische Studenten gestern abend eine Versammlung ob. Unter Beifall führte Einer ein deutsches Mädchen vor, um dadurch zu versinnbild lichen, daß das französische Herz ebenso wie der So zialismus kein Vaterland anerkenne. Die Empfangs festlichkeiten zu Ehren Bebel's und Liebknecht's, die demnächst Paris besuchen, sollen ein Gegenstück zu den Kieler Festlichkeiten bilden. Die Sitzung wurde unter Rufen, wie: „EZ leben die vereinigten Staaten von Europa I" aufgehoben. Auf dem Boulevard St. Michel sangen die Studenten ein Lied, worin es hieß: Die Deutschen sind unsere Brüder. ** Der Wirbelsturm in N o r d a m e r i k a, von welchem wir bereits berichtet, hat zwei Schulhäuser in Sioux-Centre zerstört. Eine ganze Anzahl von Kindern, die sich in der Schuls befanden, wurden getöiet oder verletzt. Einige wurden vom Sturme eine viertel englische Meile weit fortgetragen. Die Kinder verließen gerade die Schule. Mehrere wurden gegen einen Dratzrzaun geschleudert und auf der Stells getötet. In Iowa allein sind 52 Personen dem Sturm zum Opser gefallen. Auch in den Or ten Jretow, Orange City, Perkings, Doon, Shel don, Alton, Ashton, Sibley und Lemars machte sich der Wind fühlbar. Im Ganzen aber ging er mehr übsr das flache Land. Mehrere Personen Warden gegen Bäume geschlendert und selbst in die Zweige empvrgetragen. Der Wirbelwind war von starkem Gew-tter begleitet. DeNtfÄrer Reichstag» Sitzung vom 8. Mai. Das HsuS und die Tribünen sind außerordent lich zahlreich besetzt. Auf der Tagesordnung steht die 2. Lesung der UAsturzvorlage. Reichskanzler Fürst Hohenlohe: Die Vor lage ging hervor aus der Ueberzeugung, daß die Gruudlagm des religiösen und sittlichen Lebens, die Achtung vor den überkommenen Staatseinrichtungen, der Gehorsam gegen das Gesetz und das Ansehen der Obrigkeit durch die bestehenden Umsturzbestre- bungen gefährdet seien; je drohender die revolutio nären Ausschreitungen wurden, umso stärker trat an die verbündeten Regierungen die Forderung heran, die bürgerliche Gesellschaft zu schütze«. Die Re gierungen hofften bei ihren Maßnahmen wenigstens auf die Zustimmung der Kreise, die am lautesten stärkere Gtrnfmaßregeln verlangten. Leider hat sich diese Hoffnung nicht erfüllt. Während der Kom- wissioüsverhLndlungen mehrten sich die Feinde der Vortage. In der Kommission sind Anträge gestellt worden, welche die Außenstehenden erschreckt haben. Von vielen Seiten ergingen Warnungsrufe, auch von Solchen, die das Gesetz nicht einmal gelesen hatten. (Heiterkeit.) Den verbündeten Regierungen wuids vorgeworfen, sie wollten die geistige Freiheit des deutschen Volkes beschränken, während bei den Be schränkungen doch nur Beschimvfungsn in Frage kommen, keinesfalls aber di« wissenschaftliche Kritik. Ich habe eine viel zu hohe Meinung von dem Volke der Denker, als daß ich annehmen könnte, daß die geistige Arbeit ver deutschen Philosophen, der große weitbewegende Geisteskawps und der Fortschritt der Mmschhert durch Gesetze gehewNt werden könnten. Zu Mißverständuissö!! und Besorgnissen hat geführt, daß die Kommission Materien in die Verhandlungen hiuewzog, die der Vorlage ursprünglich vollständig fern lagen. Während tue Vorlage vor allem die Stärkung der Staatsgewalt bezweckte, erstrebten die Kommissionsberatungen vorzugsweise den Schutz für Zum Glück aber trat gerade jetzt die Försterin ein und verhinderte das Schmähliche. Bald wußte sie aber auch, was den Gatten so in Harnisch gebracht. Und nun war sie es, die den leidenschaftlichen Manu ar flehte, den Bitten seines Kindes Gehör zu geben. „Was — auch Du verlangst, ich sollte mir von — von dem Lumpen — dem Bedienten Baron Rosens — denn was anders ist denn so'n „Privat« förster" — Geld leihen lassen?" brüllte Rinow, und kaum mehr seiner Sinne mächtig, wendete er sich wieder zu Anna, faßte sie bei der Schulter und schrie ihr in das Gesicht: „Der Amerikaner hat mein Ver sprechen — hörst Du? Förster Rinow aber ist sein Leben lang noch nicht wortbrüchig geworden. So — nun marsch hinaus in die Küche, wo Du Dir mit vernünftiger Arbeit die romantischen Gedanken vertreiben kannst." „Vater, so hab' doch Mitleid — Erbarmen!" Aber der rabiate Alte hörte sie gar nicht mehr. Und nun lag sie schluchzend auf den kalten Fliesen des Flurs und rang die Hände, bis die Mutter wieder zu ihr hinaustrat und sie mit liebevollem Wort dazu überredete, hinauf in ihr Stübchen zu gehen und dort zu versuchen, diesen tiefen Schmerz zu überwinden. — Dec Förster hatte sich inzwischen in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen und ließ sich den ganzen Tagesrest nicht mehr vor den Frauen sehen. Selbst auf das Abendessen verzichtete er. — So herrschte denn eine gar trübselige Stimmung in dem behag lichen Forsthause. Diese aber lag auch noch während de» ganzen nächsten TageS auf der kleinen Familie. Religion und Sitte. Die Kommission hat die Ten» denz der Vorlage abgeschwächt durch Streichung des Paragraphen von der Strafbarkeit der Verherrlichung von Verbrechen und des Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Ich empfehle den Antrag des Abg. v. Levetzow, der die Wiederherstellung dieser Bestim mung fordert, dagegen halte ich juristisch nicht für gerechtfertigt die Strafandrohung gegen Anreizung zu Handlungen, die sittlich zwar zu verurteilen, da gegen nach dem geltenden Rechte nicht strafbar sind. Ich bitte, der Regierung Mittel an die Hand zu geben, den revolutionären Tendenzen mehr als bis her entgegentreten zu können. (Schwacher Beifall rechts.) Abg. Barth (freis. Bp.) entnimmt der im elegischen Tone gehaltenen Rede des Reichskanzlers, daß, wenn die Vorlage abgelchnt werden sollte, die verbündeten Regierungen sich in's Unvermeidliche schicken würden^ Die Kommissionsbeschlüsse sind ebenso unannehmbar wie die Regierungsvorlage be züglich der Glorifikation aller Verbrechen. Es wird hier alles in das subjektive Ermessen des Richters gestellt, was bei politischen Vergehen besonders be denklich ist. ES ist besser, em paar Ausschreitungen durchgehen zu lassen, als die Preßfreiheit zu ver- nichien. Die Sozialdemokratie denke nicht mehr an Gewalt. Abg. v. Manteuffel (kons.) bestreitet dies; dis Sozialdemokratie hänge nur ein Mäntelchen um und verberge so ihre Ziele. Falls der Antrag v. Lwetzow's abgelehnt werden sollte, sind wir nicht in der Lage, für die Vorlage stimmen zu können. Wir haben nie verstanden, wie der Reichskanzler diese Erbschaft Caprivi's cmtreten konnte. Dis militärischen Bestimmungen treten nicht genug hervor. Die christ lichen Anschauungen in den Beschlüssen der Kommis sion sind lobenswert, sonst aber ist die Vorlage in der Kommission vielfach verschlechtert worden. Abg. Auer(Iv).): Nachdem die Vorlage auS- getragen worden ist, wollen selbst die Värer von diesem Wechselbalge nichts mehr wissen. In der B-Ml werden ein; Anzahl Verbrechen entschuldigt, die heute streng bestraft werden. Wir klären das Volk auf, decken die Uebelstände auf und e-wecken das Klasftnbewußtftiu. Wenn Sie immer behaupten, wir beabsichtigten Gewalt anzuwsuden, so sind Sie es, die Blut fließen sehen wollen. (Redner wird vom Präsidenten zur Ordn ung gerufen.) Knegswinister Bronfart v. Schellendorff: Die Aufgabe der Arme« ist, die Grenze zu schützen, den Kampf gegen die unbotmäßigen Massen über lassen wir der Polizei und der Feuerwehr. (Heiterkeit.) Die Abgg. v. Kardorfs (Reichsp.), Ennee - cerus (nl) und Zimmermann (Reformp.) erklären namens ihrer Fraktionen die Beschlüsse der Kommission für unannehmbar. Abg. Rein del (Centn): Das Centrum wird jetzt für eie Vorlage nach den Beschlüssen der Kom mission stimmen, behält sich aber ein definitives Votum zur 3. Lesung vor. Wecksrberarung morgen. 3. Ziehung 3. Waffe L27. Kgl. sächft Aa«des-«stterie. Gezogen am 8. Mai 1895. Alle Nummern, hinter welchen kein Gewinn ver zeichnet ist, sind mit 265 Mark gezogen worden. (Ohne Gewähr der Richtigkeit.) MME Mark auf Nr. 78504. ELM« Mark auf Nr. 29159 47089 62831. Nr. 332 593 350 524 174(300) 178 622 224 141 392 179 818 248(300) 859 515 671.-1685 959 289 523 (3000) 816 (500) 718 325 897 738 696 489 763 247 645 633 899 78 339 543 223 Am Freitag morgen traf dann ein Brief aus Berlin ein. Bergmann teilte dem Förster darin mit, daß er am Sonntag, mittags ein Uhr, auf der Station O. eintreffeu würde und von dort abgeholt zu werden wünsche. „Ihr werdet nun Eure Vorbereitungen zu einem anständigen Verlobungsmahl treffen müssen," sagte Rinow zu den Frauen. Und da Frau Emma, an heftigen Zahnschmerzen leidend, mit verbundenem Kopf auf dem Sofa lag, meinte er, zu Anna ge wendet, die bleich wie ein Marmorgebild am Fenster faß und nähte: „Du kannst morgen vormittag nach Thorn fahren und alles Nötige besorgen, Mädel." Anna neigte zustimmend den Kopf. Es zuckte dabei wie leise Befriedigung um den kleinen Mund des Mädchens. In der That kam ihr der Befehl des Vaters auch unendlich gelegen. Kannte sie doch keinen glühenderen Wunsch, als Curt ungestört spre chen zu dürfen. Sie hatte sich infolgedessen bereits das Hirn zermartert, aus welche Weise sie eine Zusammenkunft bewerkstelligen sollte. Nun ließ es sich ja so leicht arrangieren. Jakob war so wie so von ihr für die Schlummerstunde zum Abholen eines Briefes bestellt worden. Jetzt konnte sie in diesem Schreiben auch gleich den Geliebten ersuchen, ihr morgen entgegen zukommen, wenn sie von Thorn zurückkehrte, was jedenfalls zwischen der dritten und vierten Nachmit tagsstunde geschehen würde. . . . Mit der Hoffnung aber, Curt endlich wieder einmal zu sehen und sprechen, an seinem Herzen ihr ganzes Elend ausweinen zu dürfen, fühlte sich Anna auf wunderbare Weise belebt. Ihre schönen blauen