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Wochen- und RachrichMalt zugleich GtjWs-An?kM für Hchndnf, Mlih, AenlÄirf, Rüsdorf, KEMn, Kninchsnt, MaricilM«. Mülsen Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. UV. 108. Fernsprechstelle Nr. 7. Freitage dkN 10. MlN Fernsprechstette Nr. 7. 1895. MeseS Blatt erscheint täglich lantzer Sonu- mL Festtags) abends für dm folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 26 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. --- Gestellungen nehmm außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postaustatten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespali«- Korpuszeile oder deren Naum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. BetMNLrmchMg. An Stelle des von Callnberg verzogenen Herrn Bürgermeisters a. D. Ottomar Schmidt ist Herr Bürgermeister Max Herma«» Prahtel in Callnberg zum daflgen Ortsrichter bestellt und als solcher heute in Pflicht genommen worden, was hierdurch bekannt gemacht wird. Königliches Amtsgericht Lichtenstein, den 8. Mai 1895. Gehler. Tsgesgeschichte. *— Lichtenstein. Es kommt häufig vor, daß Passagiere, die behindert waren, die Rückreise auf eine Rückfahrkarte zur rechten Zeit anzutreten, erst dann um die für die ev. Rückerstattung des entfallenden Betrages erforderliche Bescheinigung des Stationsbeamten der Abgangsstation nachsuchen, wenn die Gültigkeitsdauer der Fahrkarte bereits erloschen ist. Es wird daher in Erinnerung gebracht, daß der betreffende Beamte nicht befugt ist, den entsprechenden Vermerk auf der nicht ausgsnützten Fahrkarte noch nachträglich nach Ablauf der Gültigkeit derselben anzubringen. — Es wollen in Sachsen viel mehr junge Leute Lehrer werden, als man in diesem Berufe ver wenden kann. Gegenwärtig bestehen in Sachsen 16 Lehrer-Seminarien. Der Andrang zu ihnen war diese Ostern so stark, daß kaum ein Drittel der Angemel deten Aufnahme finden Sonnten. Bei einem Seminar hatten sich sogar 125 zur Aufnahme angemeldet, während nur 25 wirklich ausgenommen werden konnten. Heutzutage strebt jeder nach einem amtlichen Berufe, weil dieselben überaus günstiger sind, wie die stark überfüllten freien Berufe. — Als vor 370 Jahren, am 5. Mai 1525, Kur fürst Friedrich der Weise von Sachsen, der Beschützer Luther's, starb, legte er seinem Bruder und Nach« folger ein Geständnis ab, in welchem er die denk würdigen Worte sprach: „Aufruhr und Um sturz können leicht von oben herab veranlaßt wer den; denn die Armen werden von der Kirchen- und Staatsgewalt vielfältig bedrückt." — Zur Warnung für Grenzpassanten sei folgen der Fall mitgcteilt: Im Sommer vorigen Jahres siedelte eine Familie von Deutschland nach Böhmen über und nahm in aller Unschuld die Spielkarte mit hinüber. Nun ist aber die Herstellung von Spiel karten in Oesterreich an eine Konzession gebunden und die Frau des Einwanderers, welche die Spiel karte trug, wurde nicht blos wegen Gefällsübertretung (100 kg- Spielkarten 60 Gulden Zoll) sondern auch wegen unbefugter Einfuhr und wegen des fehlenden österreichischen Stempels bestraft. Wie verlautet, soll die ganze Strafsumme 500 fl. (fünfhundert Gulden!) betragen. Da UnkenntniS des Gesetzes vor Strafe nicht schützt, seien Touristen auf die Gefahr der Mitnahme von Spielkarten aufmerksam gemacht. — Dresden, 7. Mai. Ein arges Mißgeschick widerfuhr am Sonntag nachmittag der fliegenden Fähre in Pillnitz. Bei der Ueberfahrt derselben nach dem jenseitigen Ufer riß plötzlich das Drahtseil, und die mit Personen stark besetzte Fähre, auf welcher sich auch eine Equipage befand, trieb mehrere hundert Meter stromabwärts, bis es endlich gelang, dieselbe nach dem linken Ufer zu dirigieren und dort zu be festigen. The die fliegende Fähre an Stelle der Kähne wieder ihren Dienst aufnehmen konnte, vergingen mehrere Stunden, was bei dem starken Verkehr nichts Angenehmes war. — Leipzig, 7. Mai. Ein noch nicht völlig aufgeklärter Vergiftungsvorfall, dem leider ein Men schenleben zum Opfer gefallen ist, hat sich in Gohlis ereignet. Dort erkrankte die Familie eines Buchbin ders unter Anzeichen einer schweren Vergiftung. Der Mann, welcher noch gestern früh zur Arbeit gehen konnte, mußte die Arbeitsstätte um 11 Uhr wieder verlassen und sich nach Hause begeben. Dort fand er seine Frau und zwei Kinder schwer erkrankt vor. Den ärztlichen Bemühungen gelang es, den Mann und die Kinder außer Lebensgefahr zu bringen, da gegen verstarb die Frau noch am Montag abend. Vorläufig nimmt man an, daß eine Vergiftung durch Schierling (infolge Verwechslung mit Petersilie) vorliegt. — Der Feuerwehr Kreisverein Zwickau und Umgegend umfaßt 55 Feuerwehren mit 4000 Mit gliedern, und zwar 36 Feuerwehren der Zwickauer, 10 der Glauchauer, 1 der Schwarzenberger Amts hauptmannschaft, welche sich auf 63 Ortschaften ver teilen und ihrer Art nach 46 freiwillige, 1 Schützen-, 1 Turner-, 1 Pflicht', 1 besoldete (Nachtfeuerwache) und 5 Fabrik-Feuerwehren sind. Im Regierungs bezirk Zwickau sind 7 Verbände mit 327 Wehren und nahezu 22,500 Wshrmännern, in Sachsen aber 23 Verbände, 643 Wehren und 40,000 Wehrmänner vorhanden. — Falkenstein, 6. Mai. Die Nachfrage nach Jacquardhandwcbern, wie auch nach me chanischen Webern ist unausgesetzt rege. Besonders werden in diesem Frühjahre von den Treuen'schen Fabrikanten zahlreiche Weder verlangt. Auch wurden in den letzten Tagen Weber auf mechanische Kongreß- stühle nach GraSlitz i. B. gesucht. Es hat sich so nach dieser Industriezweig auch an der böhmischen Grenze eingebürgert. Freilich wäre lebhaft zu wün schen, wenn der Verdienst der Handweber etwas besser wäre. — Limbach, 6. Mai. Am Sonnabend hat in der Feldstraße ein Pfauhahn einem 4jährigen Mädchen in der Nähe des linken Auges zwei ziem lich bedeutende Wunden durch Schnabelhiebe beige bracht. Das Kind hatte sich zu weit in die Nähe des schönen schillernden Vogels gewagt und hätte dadurch beinahe ein Auge eingebüßt. — Freiberg, 7. Mai. Ein hiesiger Bäcker lehrling, der eine Patrone gefunden hatte, war so leichtsinnig, dieselbe einem zehnjährigen Knaben zu geben und dabei zu bemerken, es habe keine Gefahr damit, die Patrone enthalte kein Pulver, sondern nur Zündplättchen. Als nun am Sonntag abend gegen 9 Uhr der Junge mit einem Stocke auf die Patrone losschlug, explodierte dieselbe plötzlich und verletzte ihn derart an der linken Hand, daß 3 Fin ger derselben abgelöst werden mußten. Z Berlin, 8. Mai. Ein fahnenflüchtiger Unteroffizier aus Radebeul, der sich hier mit seiner Braut im Geheimen bei einer Verwandten aufhielt und dieser dann während einer kurzen Abwesenheit ihr ganzes Vermögen im Betrage von 8000 Mark gestohlen hatte, wurde mit der Braut auf dem Lehrter Bahnhof erwischt, als er eben im Begriffe war, nach Amsterdam abzudampfen. Der Schurke wurde seinem Regiment überliefert, während die Braut in Unter suchungshaft genommen wurde. Z Ueber dis gemeldete Begegnung des Kaisers mit einem Arbeiter am Bahnhof der Großgörschen straße in Berlin wird noch folgendes mitgeteilt: Wenn Jeder seines Glückes Schmied ist, wie es im Sprüchwort heißt, so muß es um das Glück des Arbeiters Wenzel übel bestellt sein. Wenzel besitzt offenbar ein wenig Talent, dem Geschicke, selbst wenn es ihm wohl will, zur Verwirklichung seiner guten Absichten auch nur die Hand zu bieten. Seit 22 Jahren ist er in der Fabrik von A. Motard u. Co. als Arbeiter thätig, und seit Jahren ist er genötigt, den größten Teil des Tages der Ruhe za widmen, um sich auf die Nachtschicht, die ihm ständig obliegt, vorzubereiten. So ist der Mann etwas weltfremd geworden, und darauf ist wohl das Mißgeschick zu rückzuführen, welches ihm widerfahren ist. Wenzel sollte sich, wie erwähnt, nach der Dragoner-Kaserne in der Belle - Alliancestraße begeben und dort die Rückkehr der Herrschaften vom Paradefelde abwarten. Das hat denn Wenzel auch gethan, aber seine Be scheidenheit und Weltfremdheit veranlaßten ihn, auf dem großen Kasernenhofe sich an so entlegener Stelle zu postieren, daß er im entscheidenden Augenblick, als Graf Moltke nach ihm fragte, nicht zu ermitteln war und erst zum Vorschein kam, als der Platz be reits wieder sein alltägliches Aussehen zeigte und das Gefolge des Kaisers denselben längst verlassen hatte. Hoffentlich geht Wenzel im Interesse seines Söhnchens des ihm zugedachten Beweises kaiserlicher Huld infolge seines Ungeschicks nicht verlustig. Z Die „Hamb. Nachr." schreiben: In einem Artikel, der vor einiger Zeit (29. März d. I.) in den „Dresd. Nachr." erschien, wurde ausgeführt, es sei eigentlich schade, daß nicht Herr Singer oder Herr Bebel erster Vizepräsident des deutschen Reichstages geworden sei; allerdings werde eine Visitenkarte mit der Aufschrift „Paul Singer, erster Vizepräsident des deutschen Reichstages" tm Hofmarschallamt wohl schwerlich in Empfang genommen werden, aber man begreife doch nicht recht, warum die Sozialdemokratie, die unter den Mehrheits - Parteien nächst dem Cen- Lrum die bei weitem stärkste Fraktion fei, freiwillig auf ihren Anspruch verzichtet habe. Uns erscheint dieser Verzicht sehr begreiflich. Viel weniger be greiflich ist, weshalb die nicht sozialistischen Parteien auf den Wunsch der Sozialdemokratie, nicht im Prä sidium vertreten zu sein, so bereitwillig eingegangen sind. Wir halten es für einen taktischen Fehler der übrigen Fraktionen, nicht darauf bestanden zu haben, daß die Sozialdemokratie als üächststärkste Partei neben dem Cenirum eine Präsidentenstelle zu über nehmen habe. Es liegt unserer Auffassung nach in der Aufgabe der übrigen parlamentarischen Fraktionen, die sozialdemokratische Partei durch alle parlamen tarischen Mittel zur Entwicklung ihrer Zukunftspläne zu nötigen. Wenn die Sozialdemokratie genötigt wird, das Bild der sozialdemokratischen Zukunft des Volkes in klareren Umrissen als bisher der öffent lichen Kritik preiszugeben, so wird ihre Gefährlichkeit erheblich vermindert und der Glaube an ihre Regie rungsfähigkeit überhaupt vernichtet werden. Es ist die Aufgabe der anderen Parteien, die Führer der Sozialdemokratie auf diesem Wege aä ab8uräum za führen. Die Haupterfolge der Sozialdemokratie be ruhen auf ihrer Taktik, alles zu kritisieren, was im Staate geschieht, aber stets zu verschweigen, wie sie selbst den Staat einrichten würden, sowohl im Ganzen wie im wirtschaftlichen Leben. Die Kritik ist leicht, die Kunst ist schwer, auch die des Regierens. Das wissen die Führer der Sozialdemokratie; aber wie sie regieren würden, wenn sie an's Ruder kämen, wissen wir nicht, und wenn sie genötigt wären, sich darüber auszusprechen, so würden sie ihren Zulauf verlieren. Aus dem Wege, die Sozialdemokratie zur Klarlegung ihres Zukunftsprogramms und ihrer Regierungsabsichten zu nötigen, würde es ein nütz licher Fortschritt gewesen sein, wenn die sozialdemo kratische Partei angehalten worden wäre, einen der Ihrigen zum Präsidenten des Reichstages herzugeben. Daß sie sich dessen weigert, so lange sie kann, ist er klärlich, denn in der Präsidialstellung können manche Situationen eintreten, durch welche ein sozialistischer Präsident gezwungen wird, die Maske, durch welche er seine Zukunftspoliiik deckt, einigermaßen zu lüften. Ob eine Visitenkarte: „Paul Singer, erster Vizepräsi dent des deutschen Reichstages", irgendwo in Em pfang genommen wird, ist gleichgiltig. Die Haupt sache ist die Aufklärung der öffentlichen Meinung über die Ziele, welche von der Sozialdemokratie er strebt werden resp. für sie erreichbar sind. 8 Vom Nordostseekanal. Ueber die Aufstellung der Flotte bei der großen Parade anläßlich der Ein weihung des Nordostseekanals wird berichtet: Bei der Paradeausstellung hält der Kaiser auf der Dacht