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wird man wie ein Stück Vieh, wie so ein Neger mensch behandelt. Hier können sie einen totschlagen, kommt gar nichts danach. — Schreibt an . . ., daß er ja dort bleiben soll, hier halten wir'S nicht ans. — Wenn die .... auf die Kolonie kommen, können sie nicht arbeiten, so entkräftet sind sie, es hat ihnen schon Allen leid gethan, sie hätten gescheuter gethan, sie wären in Aschersleben geblieben. — Wir können doch wieder wie Menschen leben, wenn wir wieder in Europa sind. — Wir wollen froh sein, wenn wir wieder drüben sind. — Wir müssen hier im Elend umkommen. — Zum Schluß grüßt »alle Freunde und warnt jeden, nicht nach Brasilien auszuwandern, da Alle nur dem tiefsten Elend verfallen. *— St. Egidien. Ueber das Vermögen der unter der Firma W. Hänel in St. Egidien be stehenden Handlung (Strumpswaren-Einkauss- und Export-Geschäft) wird heute, am 20. März 1895, vormittags 11 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet. Herr Rechtsanwalt Justizrat Zückler wird zum Kon kursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 10. Mai 1895 bei dem Gerichte anzumelden. EL wird zur Beschlußfassung über die Wahi eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in Z 120 der Konkursordnung bezeichneten Ge genstände — auf den 18. April 1895, vormittags 10 Uhr — und zur Prüfung der angemeldeisn For derung auf den 30. Mai 1895, vormittags 10 Uhr — vor dem Königlichen Amtsgericht Glauchau Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufge- geberi, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung avferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedig ung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 10. April 1895 Anzeige zu machen. — Dresden, 18. März. Die Königin von Sachsen kam, wie der „N. Pr. Z." aus München berichtet wird, vorgestern abend unter dem Inkognito einer Gräfin von Plauen aus Sigmaringen dort an und nahm Absteigequartier in dem Hotel „Vier Jahreszeiten". Am Central-Bahr Hof erwartete die hohe Frau ihr N-ffe, der in Eichstätt katholische Theologie studierende Dr. jur. Prinz Max von Sachsen. Der Prinz mar bereits vormittags aus Eichstätt nach München gekommen und besichtigte unter Führung des älteren Bruders des Bischofs von Eich stätt, des General-Leutnants a. D. Frhrn. v. Leon- rod, die Stadt. Heute hat sich die Königin mit dem Prinzen nach Eichstätt begeben, um dem Bischof einen Besuch abzustatten. Abends 9 Uhr kehrte die er lauchte Frau mit ihrem Gefolge nach München zu rück, und morgen fetz! die Königin die Reise zunächst nach Stuttgart fort. — Eine bemerkenswerte Entscheidung hat die königliche KceishaMmarwfchuft Zwickau m einer Beschwerdesache getroffen, in der es sich darum han delte, ob der Verkauf von Wein, Cognac und Spi rituosen in Fässern und Flaschen, insoweit solche Ge binde unter 33'/s Liter halten, als Branntweinklein handel zu betrachten sei oder nicht. Die königliche Kreishauptmarmschafc hat entschieden, daß dtffer Ver kauf zweifellos als Kleinhandel anzusehen sei, weil ß 25 der Ausführungsverordnung vom 28. März 1892 deiMengen unter 33fts Litern einen Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Gefäßen nicht festsetz-?. — Glauchau, 20. März. In einem hie sigen Hotel logierte am 16. d. M. ein angeblicher Kaufmann E. aus Leipzig, verschwand aber am nächsten Tage unter dem Vorgeben, einen Kaufmann besuchen zu'wollen, ohne seine Zeche bezahlt zu haben. Margarethe. Original-Noman von M. Widdern. (Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Wenn diese Frauen auch bald einsehen ge lernt hatten, daß sie an der Ehrenhaftigkeit ihrer neuen Mitbewohnerin nicht zweifeln durften, so sahen sie doch geringschätzig auf sie hin: Sie konnte ja nicht arbeiten — denn unter „Arbeiten" verstanden sie eben nur Waschen und Scheuern. Freilich an Frau Braun hatte die unglückliche junge Frau eine wirkliche Stütze und nur zu oft focht die „kronprtnzliche Wäscherin" einen ganz regulären Zungenkrieg aus wegen Lieschens Madame. Margarethe konnte darin nimmer einen Trost finden und das Einzige, was sie wenigstens in etwas schadlos hielt für all dieses Ungemach, war die wahr haft schwärmerische Zuneigung ihrer jungen Aufwär terin — und so nahm sie denn das kleine brave Mädchen aus dem Volke mit wirklicher Liebe ans Herz, unterwies sie in allem, was gut und schön, und suchte durch manche kleine Ueberraschung dem Kinde zu vergelten, was es ihr an Liebe und Hin gebung gab. So verging die Zeit, Tag reihte sich an Tag, Woche an Woche, Monat an Monat, Margarethe hatte sich, da sie die Nutzlosigkeit des Inserierens «insah, an verschiedene der renommiertesten Placements bureaux gewendet — man hatte sie überall mit vielen Hoffnungen vertröstet, ihr Name war in großen Büchern notiert worden — sehr wichtig nnd sehr geschäftsmäßig — und sie sollte einem baldigen Be- Der Hausdiener des Hotels, welcher beauftragt wor den war, das Gepäck des Fremden vom Bahnhof mitzubringen, hatte für das Paket 60Pfg. bezahlen müssen, mußte jedoch, nachdem der Reisende ver schwunden und das Paket geöffnet worden war, zu seinem Schreck erfahren, daß sich darin nur ein Paar alte, ganz wertlose Stiefel befanden. Auch in drei anderen Fällen hat der Betrüger, der sich Versicher ungsagent L. aus Leipzig genannt, durch verschiedene Vorspiegelungen kleinere Geldbeträge erschwindelt. — Wickersdorf, 20. März. (Schneller Tod.) Der hiesige Gutsbesitzer K., welcher bei der Rückkehr vom Wochenmarkt in Waldenburg plötzlich unwohl wurde, übergab die Zügel des Pferdes einem mitfahrenden Gutsbesitzer. Kurz darauf sank er vom Schlag getroffen tot zurück. — Pirna, 19. März. Ein Signalschuß »er- kündete gestern abend ^7 Uhr die Ankunft des bis her bei Wehlen und an der Struppenbach gestandenen Eises, während sich heute nachmittag Ifts Uhr das zwischen Schöna und Mittelgrund b-findlich gewesene Eis ia Bewegung setzte. Bon Melnick war das Eis gestern nachmittag 5 Uhr abgerückt, hatte sich dann aber kurz unterhalb Melnik wieder verstaut. Fast alle Stationen melden Wasserwuchs; bis fitzt ist derselbe jedoch noch ein geringer, da seit gestern nur eins Erhöhung des Wasserstandes nm ca. ^/s m konstatiert werden kann. Sollte der eingetretene Regen andauern, so dürften infolge der davon be schleunigt?« Schneeschmelze und der damit verbun denen Verstärkung der Zvflüfse im gesamten Eib- siromgebiete aber bald andere Zahlen zu verzeichnen sein. ^Berlin, 20. März. Die Nachtruhe des Prinzen Joachim wurde durch erneute Ausbrüche des Nesselfiebers gestört. Am heutigen Morgen war der Prinz fast sieberlos. Die aus der Darmstörung er wachsenden Beschwerden treten in Intervalls« recht heftig auf. Das Nahrungsbedürfnis hat sich ge steigert; die Kräfte heben sich. § Kaiserreife nach Friedrichsruhe. Wie die „Nordd.-Allg.-Zca." müteilt, wird der Kaiser sich am 26. Mürz zum Fürst-» nach Friedrichsruhe be° g-ben. Tags zuvor werd?» bckannilich die Berliner Parlamentsmitglieder zu mehrstündigem Besuch dort eintreffen. Das Befinden des Fürsten Bismarck ist momentan recht gut. Dienstag besichtigte der Fürst trotz stürmischen Wetters, eine ganze Weile auf einem Stuhle sitzend, den Bau der Unterkunftshalle, den er dann, den Kuotenstock hinten unter beiden Armen dnrchgeft.ckt, stramm und hochaufgerichtst verließ. Am 1. April werden nach und von Friedrichsruhe allein 35 Extrazüge verfthren. Z Die städtischen Behörden in Nordhausen haben die Verleihung des Ehrenbürgerrschts an den Fürsten Bismarck abzelehnt. Ja Meiningen ist die Ehrung genehmigt. Eme großartige Feier wird die Stadt Darmstadt veranstalten. — Die Csntrums- parier des Reichstages hat offiziell dem Präsidenten von Lsvetzow mitgeteilt, daß sie gegen jede Kund gebung zu Ehren des Fürsten BiSmarck im Plenum des Reichstages Einspruch erheben werde. 8 Cleve, 19. März. Bei Keeken explodierte ein Dynamirschiff. Viele Tote, zwei Häuser sind eingestürzt. 8 Köln, 20 März. Wie die „Kölnische Volkszettung" aus Wesel meldet, sind durch die auf einem Schiffe stattgefundene Dynamit-Explosion bei Msel 25 Personen getötet worden. Das Schiff, auf dem die Explosion stattfand, ist gänzlich zerstört und das daneben liegende in Brand geraten. Im weiteren Umkreise sind eine Menge Häuser eingestürzt. 8 K ö l n, 20. März. Die Abendblätter meiden über die Explosion bei Keeken: Die Wirkung der Explosion, welche gestern abend zwischen 5 und 6 Uhr scheide entgegensetzen. Dabei blieb es aber auch — nur bei der Hoffnung — und eines Tages — es war schon Herbst geworden — sah sich Margarethe verzweifelnd — dem Nichts gegenüber — ihre Scha tulle war beinahe leer. Jetzt galt es also, keine Minute länger warten und arbeiten, wenn auch nicht in dem Sinne, wie es die Nachbarinnen verstanden, so doch in ganz anderer Weise, als Margarethe ge dacht, sich ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Sie mußte zu vergessen suchen, daß sie Talent besaß — von ihren Eltern mit unendlichen Opfern eine außer- ordentliche Schulbildung erhalten hatte — und so ging sie von Geschäft zu Geschäft und suchte sich Aufträge in Handarbeiten zu verschaffen. Gott sei Dank, wenigstens dies gelang ihr und nun saß sie Tag für Tag — o, nicht bloß den Tag, sondern auch bis in die Nächte hinein, bei den mühevollen Stickereien, um sich wenigstens den Lebensunterhalt zu erwerben, aber die Sachen wurden so schlecht be zahlt, die arme Margarethe mußte oft hungrig zu Bette gehen — und dann — ja, was war's nur, daß sie oft die Arbeit aus der Hand legen mußte? Sie rieb sich die Augen — die feinen Fäden im zarten Tüllgewebe, auf dem sie Blumen und Blätter schuf, verwirrten sich ihr, kleine blinkende Sterne tanzten vor ihre Blicken und dann — Gott im Him mel und nun lag es Gran in Grau vor ihren Augen, sie konnte reiben, so viel sie wollte, gewaltsam die Lider auseinander halten — alles um sie her war Grau in Grau. ES war der Morgen vor dem Christfest, Lies chen Braun scheuerte, ein lustiges Liedchen trällernd, die hübschen Gerätschaften in MadameS Küche — stattfand, war eine entsetzliche. Eins der von der Explosion mitbetroffenen Schiffe ging vollständig in Trümmer, ein anderes geriet in Brand. In Keeken und den zunächst liegenden Dörfern stürzten infolge des ungeheuren Luftdruckes mehrere Häuser ein; in allen Städten und Ortschaften im weiten Umkreise gingen zahlreiche Glasscheiben in Trümmer. In dem 8 i<m von Schenkenschanz entfernten Cleve waren die Wirkungen der Explosion so stark, daß Thüren und Fenster aufiprangen und vielfach Schaden ange richtet wurde. Tausende von Einwohnern eilten auf den Schloßberg, von wo aus man Rauch und Flam men bei Schenkenschanz erkennen konnte. In Dins laken machte sich die Explosion durch Stöße bemerkbar, welche in Zwischenräumen von 1 bis 1fts Sekunden erfolgten und Thüren und Fenster beschädigten. An verschiedenen Olten glaubte man, daß zur Zeit eine Explosion stattgefunden habe. Die Meldungen über die Zahl der an der Unfallstelle Getöteten gehen aus einander und schwanken zwischen 12 und 25 Personen. * * In Belgien droht eine förmliche Streik- Epidemie auszubrechen. Am 1. April wollen die Arbeiter aller wichtigen Betriebe teils Lohnfragen wegen, teils aus politischen Gründen die Arbeit ein stellen. Für alle Fälle werden Vorkehrungen ge troffen, zu diesem Termin die gesamte Bürgergarde aufzubieten. * * Aus Paris: Der „Figaro" bringte eine Gebeimgeschichte der französischen Bündnisse im Jahre 1870 Daraus geht aber weiter nicht hervor, als was schon allgemein bekannt ist, nämlich, daß der damalige österreichische Ministerpräsident Baust große Lust harte, Frankreich beizuspringen, als Sedan da- zwischenkam. — Die Pariser Zeitungen beschäftigen sich außerordentlich stark mit der Verlobung des Herzogs von Aosta mit der Prinzessin Helene von Orleans. Der republikanische Geist sicckt ihnen doch nicht so recht in den Knochen. * * Paris, 20. März. Im Bahnhofe von Narbanne explodierte gestern die Lokomotive eines Psrsonenzuges. Der Materialschaden am Bahnhofs gebäude ist groß. Mehrere Personen sind verletzt, glücklicherweise keine gefährlich. Die Ursache der Explosion ist unbekannt. * * Rom, 20. März. Der bekannte Ritter Ruggiero erhielt dieser Tage p;r Bahn eine Kiste mit einer Drehorgel und einige Tage vorher ein Faß vergiftetes Bier. Durch letzteres mißtrauisch gemachr, ließ er die Orgel nach der Polizei transportieren, wo man in dem Instrument 3 mit Lunten verbundene Kistchen Sprengstoffe entdeckte. An den Lunten be fanden sich Zünder, die bis zur ersten Umdrehung entzündet worden wären. Die Untersuchung ist ein geleitet. Vor Kurzem hatte Ruggiero ein Schreiben erhalten, unterzeichnet: Anarchistische Sekte. Das Schreiben enthielt Todesdrohungen. * * Aus Rom: Auf dem Javicalus in Rom wurde in Gegenwart des Königspaares und aller Minister der Grundstein zu einem großartigen Gari baldi-Denkmal gelegt. Der Jamculus ist der nächste Hügel zunächst dem vatikanischen, von welchem man eine brillante Aussicht über Rom genießt. ** Das Abtauen des reichlichen Winterschnees in den italienischen Bergen ist seit einige« Tagen von heftigen Stürmen und Regengüssen begleitet, die mancherlei Schaden ungerichtet haben. Im Golf von Salerno und im Adriatischen Meer sind zahlreiche Fischerbarken gescheuert und ihre Insassen ertrunken ; an der Küste der Romagna und der Marken hat das stürmische Meer an Feldern und Bauten ver schiedene Verwüstungen angerichtet. Die von den Gebirgen herabströmenden Wassermassen haben in der lombardischen Ebene und bei Bologna Ueber- schwemmungen verursacht und einen Teil der Ernte das liebe, schöne Weihnachtsfest mußte ja alles blitz blank finden. Trotz allem Eifer lauschte sie aber doch hin und wieder nach der Zimmerthüre hin. Madame pflegte doch sonst mit ihr zu sprechen, während sie an ihrem ewigen Tüllschleier stickte — wie kam'S nur, daß sie heute so still war? Aber horch, was war das? Das kleine Mädchen hatte den Wolllappen aus der Hand gelegt, mit dem sie bis jetzt hantiert hatte und mit wenigen Schritten stand sie nun im Gemach — Margarethe lag am Boden, bleich und starr. Einen Moment war das Kind wie erstarrt, dann aber stieß sie einen gellenden Schrei aus und auf den Korridor hinausstürzend, rief sie die Nach, barn herbei: „Meine Madame ist tot, meine Ma dame ist tot!" jammerte sie dabei und die Frauen mußten sie erst energisch zur Ruhe verweisen, ehe sie endlich das laute Lamentieren aufgab, um nur leise vor sich hin zu weinen. Es war schier ein Unglück, daß Frau Braun noch nicht zu Hause, denn nun drängte sich alles in das Stübchen der „Prinzessin", wie man spöttelnd die kleine Frau mit dem weißen Gesichtchen nannte, sie hatten ja auch schon lange danach gestrebt, sich einmal nach Herzenslust umzu sehen in der eleganten Wohnung, von der man im ganzen Hause wie von einem Märchenreich sprach — na, aber so fein hatten sie sich's doch nicht gedacht, — das war ja hier beinahe sündhaft prächtig und auch die Frauen vermeinten — ganz, wie es sich Lieschen gedacht, schöner könnte es auch nicht bet der Frau Kronprinzessin sein. (Fortsetzung folgt.)