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durch den Bau besonders großer Schiffe, Wenn dann Argentinien uns gegenüber einen Flaggenzoll eittführte, so würde unseren Schiffen nicht- übrig bleiben, als ein« fremde Flagge anzunehmen. Abg. Graf Arnim (ReichSP.) begrüßt den An trag Heyl umsomehr mit Freuden, als er zeige, daß jetzt auch die industriellen Produktionskreise einen Schutz der Landwirtschaft für geboten erachten und die Gefahr erkennen, welche nicht Deutschland, sondern auch anderen europäischen Ländern von den Kon kurrenzländern her droht. Abg. Münch-Ferber (nat.-lib.) spricht gegen den Antrag. Abg. Graf v. Schwerin-Löwitz (deutsch, kons.) erklärt namens der Konservativen: Wir wer den für den Antrag stimmen, obwohl wir uns große wirtschaftliche Vorteile davon nicht versprechen und nicht die großen Schwierigkeiten verkennen, welche mit der Notwendigkeit der Ürsprungsnachweise, ohne welche es künftig nicht abgehen würde, verknüpft sind. Abg. Schuler (Centr.) stimmt für seine Per son dem Anträge zu, beantragt aber Verweisung des selben an eine besondere Kommission. Abg. Herbert (Soz.) bekämpft den Antrag, dessen Kosten die brotlos werdenden Arbeiter zu tragen haben würden. Abg. Beckh (freis. Volksp.) findet es um so wunderbarer, daß Konservative und Nationalltberale einen solchen Antrag stellen, als ja gerade sie die Kreuzer bewilligt haben zum Schutze unseres Han dels. Redner bekämpft dann namentlich noch das Verlangen nach einem Qaebrachozoll. Abg. Dr. Hahn (sraktivnslok) empfiehlt den Antrag. Weiterberatung morgen; außerdem steht der Postetat auf der Tagesordnung. Deutscher Werkmeister-Verband. L-. Der als berechtigt anzuerkennende Gedanke, daß der Deutsche Werkmeister - Verband mit jedem Tage an Ausdehnung gewinnt und auch fast keine Sladt in unserem geeinten deutschen Vater lande vorhanden ist, wo sich nicht Männer befinden, dis diesem Verbände angehören, gab dem Werkmeister- Bezirks-Verein Lugau und Umgegend Veranlassung, auch an die Lichtensteiner Kollegen die Aufforderung zu richten, diesem wohl als einzig in seinen pekuniären Leistungen dastehenden Institut beizutreten. Dieser Tage fand nun behufs dessen eine Wanderversamm lung in Hauschild's Restaurant hierselbst statt, zu welcher sich nicht nur der Werkmeister-Bezirks Verein Lugau in stattlicher Anzahl eingefunden, sondern auch die Lichtensteiner Kollegen zahlreich ve, treten waren. Auch der Vorsitzende des Werkmeister-Bezirks- Veretns Glauchau mit noch einigen dortigen Kollegen wohnten dieser Versammlung bei. Außer der Pflege des kollegialen Geistes galt es aber auch, den Lichten- steiner Kollegen den Zweck und die Ziele des D. W.-V. vor Augen zu führen. Mit zündenden von Ueber- zeugungstreue und Hingebung für das Gute und Edle des D. W.-V. Zeugnis ablegenden Worten ent ledigte sich der Vorsitzende des Vereins Lugau dieser Aufgabe. Aus dem gegebenen Resums mag nach stehendes in gekürzter Form hier folgen: Der D. W.- B. ist eine auf Selbsthilfe basierende Vereinigung von fast 27,000 deutschen Werkmeistern und Betriebs beamten der Industrie usw., seit dem Jahre 1884 bestehend, und hat seinen Sitz in Düsseldorf. Auf sich und seine Kraft vertrauend, hat er zuerst die Frage der Versorgung seiner Witwen zielbewußt in die Hand genommen und mit Hilfe einer behördlich genehmigten Sterbekasse, welche 600 Mk. gleich nach dem Tods eines Mitgliedes an dessen Hinterbliebene leistet, teilweise gelöst. Stirbt die Ehefrau eines Mitgliedes, so erhält dasselbe 150 Mk. Sterbegeld, ebensoviel erhalten die Waisen, wenn eine Witwe stirbt. Staunend wird der dem Verband »och Fern stehende vernehmen, daß innerhalb des 10jährigen Bestehens 1,325,000 Mk. Sterbegelder zur Auszah lung gekommen sind, aber trotz dieser hohen Summe noch ein Reservefonds von 520,000 Mk. für die Sterbekaffe vorhanden ist. Doch mit dieser ersten Hilfe an Hinterbliebene ließ es der D. W.-V. nicht bewenden, sondern wendete jeder Witwe sechs Monate nach dem Ableben ihres Ernährers, noch eine ein malige Unterstützung zu, welche sich nach der Mit gliedsdauer des Verstorbenen berechnet und z. B. 50 Mk. beträgt, wenn fünf Mitgliedsjahre zurück- gelegt waren. So oft zwei Mitgliedsjahre mehr in Betracht kommen, so oft werben auch 50 Mk. mehr gewährt, sodaß auf neun Mitgliedsjahre 150 Mk., aus elf Mitgliedsjahre 200 Mk. usw. als Zuschuß gezahlt werden. Mit dieser Hilfe soll jeder Witwe der Uebergang in bescheidene, aber geordnete Verhält nisse erleichtert werden. Außerdem erhält jede Witwe alljährlich eine Jahresunterstützung vom Verbände und zwar ebenfalls im Verhältnis zur Mitglieds- bauet ihres verstorbenen Mannes stehend. Diese Unterstützung beträgt 40 Mk., wenn der Verstorbene dem, Verbände nur ein Jahr angehörte resp. die statutgemäße Wartezeit überlebt hatte. Sie steigt mit jedem weiteren Mitgliedsjahre um 4 Mk., sodaß bei sechs Jahren 60 Mk. und bei neun Jahren 72 Wk. usw. zur Auszahlung gelangen. Im Jahre 1893, wurden 951 Witwen mit 46,592 Mk. und im Jahre 1894 wurden 1150 Witwen mit 57,000 Mk. unterstützt. Voraussichtlich vermag der Verband für die Folge noch mehr für seine Witwen zu thun, weil ja die Ueberschüsse der Sterbe kaffe zu diesem Zwecke zur Verfügung stehen. War dergestalt daS erste Bestreben deö D. W.-B. auf Versorgung von Witwen und Waisen gerichtet, so vergaß er dabei noch nicht seine invaliden und erwerbslosen Mitglieder. Alljährlich gicbt er 20.0Y0 bis 30 000 Mk. zum Zwecks der Unterstützung der durch Alter, Krankheit oder sonstige Schicksalsschläge in Not geratenen Mitglieder aus. Insgesamt hat der V-rband schon 301,500 Mk. zu UnlerstützungL- zwecken verausgabt, dabei aber auch ein VerbanvS- vermögen von 380,000 Mk. angesammelt, welches als Grundstock zukünftiger Pensionskassen in der Reichsbank sicher angelegt ist. Einer Gesamtleistung von 1,626,500 Mk. schließt sich somit ein Gesamt vermögen von 900 009 Mk. an. Man suche einen zweiten Stand im Reiche, der innerhalb zehn Jahren über 2^/» Millionen Mk. mit minimalen Beiträgen sammelte und zu so segensreichen Einrichtungen für seine Mitglieder anlegte! Ferner besitzt der Ver band eine recht wirksame Stellenvermittlung für seine Mitglieder und in seiner „Werkmeister-Zeitung" ein vorzügliches und in der Industrie in gutem Ansehen stehendes Organ. Von Königsberg bis Metz, von Flensburg bis München erstreckt sich die in 550 einzelne Bezirksvercine festgegliederte Organisation. Fein von dem politischen und religiösen Getriebe der Zeit erstrebt der D. W. V. nur das Wohl seiner Mitglieder, sowie deren hinterlassenen Witwen nnd Waisen. Immer näher rückt er seinen großen Zielen! Bald wird kein Stavdeskollege mehr tm Vaterlande zu finden sein, der allein seine Wege geht. An Ein trittsgeld wird erhoben: a) Für den Verband 3 Mk. d) Für die Sterbekasse bis zum vollendeten 30. Lebens jahre 5 Mk., von 30 bis 35 Jahren 10 Mk., von 35 bis 40 Jahren 15 Mk., von 40 bi» 45 Jahren 20 Mk. Personen, welche das 45. Lebensjahr über schritten haben, können nicht mehr ausgenommen werden. Mit sichtlichem Interesse waren die zum größten Teil dem Verbands noch fernstehenden Lich tensteiner Kollege» den Ausführungen des geschätzten Vortragenden gefolgt. Und mit Recht, galt es doch, diesen die Ueberzeugung beizubringen, daß alle be stehenden kleinlichen Bedenken zurückweichen müssen, vor den großen, einzig dastehenden Errungenschaften des D. W.-V. Mit Bestimmtheit kann daher voraus gesetzt werden, daß ein gemeinsamer Beitritt der Lichtensteiner Werkmeister zum Verband erfolgen wird. Nachdem noch einige Glauchauer Kollegen überzeu gungstreue Worte an die Versammelten gerichtet und dem patriotischen Geiste durch Absingung des Liedes: „Deutschland, Deutschland über alles" Aus druck gegeben war, schloß L e Vereinigung. Möge der gute Eindruck, den die dem Verbände noch fern- stehenden-Kollegen bei diesem Vereinigung gewonnen, sich auch bei allen erhalten! Vermischtes. * Ein merkwürdiger Reisender war der englische reiche Oberst G., der von einem beispiellosen Geiste der Rastlosigkeit besessen war. Man konnte niemals wissen, wo er sich gerade befinde. Einmal kehrte er nach mehrmonatllcher Abwesenheit nach Hause zurück und begegnete in der Halle seines Landhauses seinem Sohne, dem er zulief: „Wie gehr's Dir mein Junge? Nein — zum Effen kann ich nicht vleiben. Ich bin nur gekommen, um mir einen anderen Hut za holen. Leb wohl!" Und fort war er! Eines Tages erschien er ganz unerwartet an Bord der Dacht seines Soh nes, die in Korfu lag, und wurve mit Mühe und Not von seiner Schwiegertochter überredet, zum Frühstück zu bleiben. Während des Essens berichtete der Steward, er könne keine Nägel, deren er zum Ausbessern eines Bücherbordes bedurfte, finden. „Keine Nägel mit Messingknöpfen!" rief der Oberst, der über diese Gelegenheit, zu entwischen, entzückt war. „Gleich hole ich Dir welche". Und er eilte an Deck und in sein Boot. Fünf Monate später tauchte er wieder an Bord der Dacht auf, die damals in Konstantinopel lag. „Hier mein Junge!" rief er triumphierend, indem er ein kleines Päckchen hervor zog. „Hier sind Nägel, — wirklich gute. Habe sie selbst in Birmingham gekauft, mußte aber einen Um weg über Honolulu und San Franzisko machen. Was — zu groß? Ich will Dir kleinere besorgen! Lebe' wohl!" Und mit genauer Not konnte man ihn zu kurzem Aufenthalt bewegen. Einmal, wo er aus nahmsweise bei seinem Sohn längere Zeit verweilte, erzählte jemand in einer größeren Mittagsgesellschaft eine Jagogeschichte, wie an Bord eines JndienfahrerS, auf dem der eine Reise machte, in der Nähe des Kaps der guten Hoffnung ein schwimmender Gegen stand gesehen wurde, der sich als ein Faß auswies, in dem ein Mann saß. „Kommen Sie zu unS an Bord, rief man dem vermeintlichen Schiffbrüchigen zu. Er antwortete: „Nein, danke, — ich habe eS hier ganz behaglich. Ich fahre nach Kapstadt. Kann ich Briefe für Sie mitnehmen?" Inmitten des Schweigens, das auf die fabelhafte Geschichte folgte, erhob sich Oberst G. und sprach ernsthaft zu dem Erzähler: „Mein Herr, jahrelang habe ich mich ver gebens bemüht, einen Insassen jenes Schiffes zu fin den, um ihm für die große Höflichkeit zu danken, die man mir damals erwiesen hat. Endlich finde ich da zu die Gelegenheit — denn ich, mein Her», war der Mann in dem Faß!" * Die elektrische. Postkarte ist ein äußerst über raschender physikalischer Scherz. Hält man eine ge wöhnliche Postkarte einige Augenblicke über den Cy- ltnder einer Petroleumlampe, so daß sie warm, aber nicht heiß wird, und zieht sie dann unter starkem Pressen einige Male unter dem Arme durch, so wird die Karte so stark elektrisch, daß man ihr kleine Fun ken entlocken, mit ihr Papierschnitzcl anziehen und alle jene kleinen Experimente wie mit anderen elektrisch gemachten Gegenständen anstelle» kann. Die über raschendste Wirkung aber ist folgende: Man legt ein Lineal beliebiger Größe mit seinem Schwerpunkt so auf den Porzellandeckel einer Bierflasche, daß daS Lineal im Gleichgewichte ruht. Bei Annäherung der Postkarte dreht sich nun das Lineal sofort nach der Anziehungsrichtung hin um seine Achse. Man ist erstaunt, welche Kraftwirkung man mit Hülfe der einfachen Postkarte auszuüben vermag. Schreiber dieser Zeilen konnte sogar eine Gardinenstange auf diese Weise in „rotierende Bewegung" bringen. Unser Bismarck. Hab' ich denn recht gehört? Ist wahr die Kunde? Ihr wollet Deutschlands Bürgerrecht versagen Dem Manne, der mit Wägen und mit Wagen Das neue Reich erschuf zur rechten Stunde? Wo wär' denn eures Parlaments Rotunde, Wenn Er nicht wär'? Geht hin, das Volk zu fragen, Und wo auch immer deutsche Herzen schlagen, Wird euch die Antwort aus empörten Munde: „Ihr könnt Ihn nicht von seiner Höhe stürzen, Ihr könnt Ihm nichts an seiner Ehre mindern, Ihr könnt Ihm nichts von seinem Ruhme kürzen, Ihr könnt's mit eurem Neidwerk doch nicht hindern: Er wird, solang man mag Geschichte schreiben, Des neuen Deutschlands erster Bürger bleiben." München, 7. März 1895. Frhr. v. Völderndorff (in der „Münchn. Allg. Ztg.") Ein echter Man». Ich kenn' einen Mann, einen echten Mann, Der wacker fechten und beten kann. Ein Blick nach oben, dann dran und drauf, Zerbricht die Klinge, so thut's der Knauf. Für Freiheit, Ehr' und Vaterland Steht immer sein Herz in Hellem Brand; Er haßt die Lüge, vertritt das Recht Und nennt das Schlechte freimütig schlecht. Im Hause hält er auf Zucht und Scham, Ist allen Spöttern und Heuchlern gram, Teilt mit dem Armen gern sein Brot Und weicht vom Freund nicht in der Not. Sein Wort ist fester als Demantstein, Sein Ja ist ja, sein Nein ist nein. Wie er sich nennt? — Was liegt daran! 's ist ein deutscher Ehrenmann. I. Sturm. Das Wort dcs Herr»! So lang ein Mensch gedenket: Ich bin des Todes Kindl Wer hilft, daß ich die Schrecken, Des Grabes überwind'? — Die alte Christuslehre Hat ihre Zeit verlebt; Die reif gewordene Menschheit Nach hellerm Lichte strebt. Das Kreuz, schon halb verfallen- Wann sinkt es ganz nnd gar? Wann schwindet von der Erde Der letzte Christaltar? So lang im Menschenherzen Ein Gottesfunke sprüht, So lang des heil'gen Feuers Nicht alles ausgeglüht: — So lang in Sünderherzen Noch ein Gewissen schlägt, Nach Frieden und Versöhnung Ein heiß Verlangen trägt; — So lange steht auf Erden Die Kirche Christi fest Und schließt in ihre Hallen Der Menschheit bessern Rest. So lang ein Schwerbeladner- Dem jede Stütze bricht, Sehnsüchtig droben suchet Ein tröstend Himmelslicht; — Und wer da sucht zu retten Sein künftig Himmelslos, Wird für und für sich flüchten In ihren Mutterschoß. So lang noch ein Verwaister Um seine Lieben weint, Und nach dem Lande seufzet, Das die Geschied'nen eint; — Und stirbt dereinst die Menschheit Dem alten Erdkreis ab, So geht im letzten Menschen Der letzte Christ zu Grab'. Und fällt am Tag des Zornes In Asche Sonn' und Stern, So schwingt sich aus den Trümmern Das ew'ge Wort des Herrn. Ludwig Adolf Stöber. Briefkaste». Nello, Dresden, Holbemstr. Daß Du leider nicht kannst raten — Hochverehrter Redakteur, — Meine lieben Kameraden — Nicht erlöst, betrübt mich sehr. — Ich bin wahrlich kein Verächter — Vom Gericht und Polizei, — Aber, daß diebraven Wäch ter — Ihr nicht wollet geben frei — Find ich, — was soll ich's verschweigen, — Nicht ein Bischen nett vom Rat, — Doch, daß wir zu Unsersgleichen — Treulich halten in der That — Sollst Dn Heute ihm bekunden, — Sehr verehrter Redakteur, — Und den Lichtensteiner Hunden — Bringen die se s zu Gehör. — Nello von der Holbeinstraße, — Ladet Alle freundlichst ein — Nach dem schönen freien Dresden, — Bis die Sperre aus wird sein. Du die Hundeschar willst laden — Nach de« schönen Elbestadt? — Lieber Freund, ich kann dir rate», — Dieses Mittel ist probat. — Deine Treue für die Hunde — Ist wahrhaft bewundernswert, — Doch es kommt wohl nie die Stunde, — Wo sie gehn vom heim'schen Herd. — Denn im Elbflorenz gerade — Zieht man hohe Steuern ein, — Hunden ist da« nicht pomade, — Darum bleibt's in Lich tenstein. AamUie«»achrichte». Verlobt: Frl. Dora Heinrici mit Hrn. Privatdoceut Ur. Otto Wiedeburg in Leipzig. — Frl. Martha Schoenbach in Löbau mit Hrn. Assistent vr. MI. Max Eckert iir. Leipzig.