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rechnungsfähigkeit erwiesen hatte, nunmehr an das Landgericht Zwickau abgeliefert worden und sieht dieselbe ihrer Bestrafung entgegen. — Adorf, 26. Febr. Gestern früh zwischen 4 und 5 Uhr stießen dis in Obergettengrün statio nierten Grevzaufseher Stark und Bornemann auf Viehschmuggler, welche vier Paar zusammengekoppelte Ochsen aus Böhmen über die Grenze gebracht hatten und damit die Richtung nach Bergen verfolgten. Gelang es auch den Grevzbeamten nicht, die Rinder wegzunehmen, so fingen sie doch einen Treiber der selben. Dieser wurde verhaftet und mit Anbruch des Morgens der hiesigen Grenzoberkontrolle überliefert. — Gestern nachmittag beschlagnahmte Grenzaufseher Uhlig in Ebmath 374 Pfund Rindfleisch, welches aus Nentschau in Bayern eingebracht und für Äetten- grün bestimmt war. Der Käufer dieses gering wertigen Gutes hat dasselbe mit nur 75 IlA deklariert. Die Führer des Geschirres, zwei schulpflichtige Knaben aus Posseck, waren von Uhlig bereits in Tiefenbrunn bemerkt, und vor dem Weller'schen Gasthofe in Ebmath, wo sie halten wollten, zur Mitfahrt nach dem Nebenzollamte II aufgefordert worden. Der Uebeigangszoll für sämtliche« Fleisch würde 29 M. 92 Pf. betragen, so beläuft es sich auf das Fünffache, nämlich auf 149 M. 60 Pf. — Einen dummen Streich hat eine Frau in Oelsnitz ausgeführt. Sie schloß den Gerichts vollzieher, welcher pfänden kam, in ihre Stube ein, sodaß dieser damit ziemlich lange zur Haft verurteilt war. Länger noch wird freilich die Frau hierfür büßen müssen, denn sie hat sich in ihrem Unverstände der Freiheitsberaubung schuldig gemacht und wird jedenfalls ins Gefängnis wandern müssen. — Scharf geht man im Vogtlande gegen dis Steuerrestanten vor, welche, ihrer Verpflichtung zur Bezahlung öffentlicher Abgaben uneingedenk, Ver gnügungs-Vereinen angehören. Der Gemeindeoorstand zu Klingenthal hat verfügt, baß Steuerrestanten nicht Mitglieder von Vereinen sein dürfen, und solange ein Verein solche unter sich duldet, solange erhält er keine Erlaubnis zur Abhaltung irgend welcher Ver gnügungen. — Penig, 26. Frbr. Das „Leipz. Tagebl." schreibt: Freunde edlen Kunstgenusses, auf nach Penig! Dori wird nächstens von Herrn Theaier- dtrektor Unger aufgeführr werden: „Oberförster Ger lach und Frau, oder zu Tods geprügelt". Das Stück muß schaurig schön sein, doch müssen sich die biederen Peniger noch etwas in Geduld fassen, wie folgendes Pronuvciamento des kunstsinnigen Direktors beweist: „Die Ausführung von dem Sensationsstück „Ober förster Gerlach und Frau, oder: Zu Tode mißhan delt" muß um einige Tage verzögert werden, da keine meiner Damen zu bewegen ist, die weibliche Bestie: „Frau Gerlach" zu spielen. — Ich habe mich nun entschlossen, eine Dame für diese Rolle von auswärts kommen zu lassen!" Einen Lorbeerkranz diesem aufopfsrungöfähigen Direktor! — Großenhain, 25. Febr. Der wegen des Raubmordes in Loschwitz von der Königlichen Staatsanwaltschaft Dresden steckbrieflich verfolgte Schlosser, jetzige Gartenarbsiter Friedrich Ernst John wurde heute durch einen Schutzmann der hiesigen Stadt in der Herberge zur Heimat betroffen und festgenommen. 8 Berlin, 27. Fwr. Der „Vorwärts" läßt sich aus Schlesien schreiben, daß der am 21. Januar verstorbene konservative Landtagsabgeordnete Brauner, der angeblich einem Schlaganfalle erlegen sein sollte, sich erschossen habe. Brauner, der 28 Ehrenämter bekleidet und infolgedessen unbeschränktes Vertrauen genoß, hat zahllose Unt.rschlagangen an öffentlichen und Privatgeldern begangen. Das Blatt nenn* auch Margarethe. Original-Roman von M. Widder n. (Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) > „Aber, Mädchen", sagte ihr Onkel, „das sage ich Dir" — und die so Angeredete war ganz er schrocken darüber, wie surchtbar ernst der Pate mit einem Mal geworden — „machst Du mir dann noch einmal Geschichten, so bin ich nicht mehr Dein alter Freund — denn — nun, daß Du es ein für alle mal weißt: Mädchen, die sich's einfallen lassen, mit Männern zu spielen — liebe ich nicht. — So, Kmd, und nun geh', die Eltern suche ich mir noch nach dem Abendessen auf - ich will einmal ernsthaft mit ihnen über den Herder sprechen — ich hätte es längst thun sollen, vielleicht wäre dann alles anders ge kommen." Wie sehr unterschied sich die Stimmung, in der Margarethe den Rückweg antrat, von jener, in wel cher sie vor wenigen Stunden da« Gymnasium auf gesucht! Jetzt war ihr Herz voll Hoffnung und Glück — das Bild des Geliebten stand strahlender denn je vor ihrem geistigen Auge. Margarethe hätte lachen und singen mögen, aber trotz des Freudentaumels in ihrem Innern hatte sie doch noch Besinnung genug, um zu wissen, daß sie sich auf der Straße befand und ein junges Mädchen Grund genug habe, sich da nicht auffällig zu be tragen. Und doch machte sie den Weg nicht unbe achtet — manch einer der Passanten sah sich inte ressiert »ach der reizenden kleinen Dame um, auf deren zartem Gesichtchen ein Ausdruck von Glück seligkeit lag, der seinesgleichen suchte. die Namen einiger der Geschädigten, die um Beträge von 1500 bis 15000 M. betrogen worden seien. Er habe auch Altersrenten alter Leute und Sparkas senbücher seiner Dienstleute unterschlagen. Bei dem über seinen Nachlaß eröffneten Konkurs seien viele Hunderttausende ungedeckter Schulden angemeldet. Z Fürst Bismarck besitzt 51 Orden und Ehren zeichen, deren Wert sich auf weit über 10,000 Mark beläuft. Das verursachen die 14 Sterne und Groß- krcuze in Brillanten, welche den Erben verbleiben. Nach Bismarcks Tode gehen von seinen Orden nur zurück die Kette zum Schwarzen Adlerorden und das Goldene Vließ, alle übrigen behält die Familie. 8 Hamburg, 27. Febr. Nunmehr wurde endlich der dritte der Mordgesellen, die am 21. Dez. v. I. in der Jungfirnhaide bei Berlin einen Nacht wächter töteten, und einen anderen verwundeten, der Schifferknecht Richard Erpel, hier ergriffen. 8 Ein herumziehsader Künstler stellte sich in Bern bürg in einem Gasthof als Messerschlucker vor, steckte 7 eiwa 37 am lang? Zinkblechmesser in den Muvd und wollte dann auf einem Stuhle Kopf stehen. Dabei hatte er das Unglück, vom Stuhle zu fallen. Die Messer durchschnitten ihm die Luft röhre, sodaß er starb. 8 Köln, 27. Febr. Der Belgrader Korre spondent der „Kölnischen Zeitung" versichert, im Schoße der serbischen Regierung herrsche eine heil lose Verwirrung, da der König bestimmt einen Systemwechsel beabsichtige. Inzwischen mehrten sich allerlei besorgniserregende Anzeigen. Im Innern des Landes werden Aufrufe verteilt, worin das Volk aufgefordert wird, den Königen Alexander und Milan die Rückkehr nach Serbien gewaltsam zu verweigern. Außerdem wurde eine Anzahl geheimer Druckereien gegründet. Die Regierung stehe ohnmächtig diesem Treiben gegenüber. 8 Von einem empfehlenswerten Verein erzählt die „Straßb. Post": „Eme eifrige Angehörige eines Wohlthätigkeits-Vereins versuchte kürzlich, ein neues Mitglied zu erwerben. „Sie sollten in un seren Vorstand eintreten, liebe Frau v. B- Bei ihren reichen Erfahrungen im Haushalt und in der Kin derstube, Ihrem Sinn für alles was Fortschritt in der Armenpflege und Wohlthätigkeit betrifft. . . ." „Aber verehrte Frau Doktor", unterbrach hier Frau B, den Redestrom, „ich gehöre seit 12 Jahren einem Verein an, den mein Mann und ich gegründet haben." „Jft'S möglich? Davon hörte ich noch nie etwas! Worauf erstreckt sich die Wirksamkeit Ihres Vereins?" „Nun!" lautet die Antwort, „haupisächlich beschäf tigen wir uns mit der Erziehung. Wir haben eine Art K-ndergartcn für Knaben und Mädchen, auch einen Kinderhort, in dem wir die Schulaufgaben älterer Kinder beaufsichtigen. Außerdem ist es aber auch die praktische Lösung der Dienstbotenfrage und die sparsame Art der Haushaltungsführung, die uns beschäftigen. Sie sehen, wir bemühen uns möglichst vielseitig zu sein." „Und wer ist Vorstand bei Ihnen?" forschte die Frau Doktor weiter. „Dazu hat mein Mann mich ernannt", antwortete lächelnd Frau v. B.; „doch beruht unser Haupterfolg auf Gegenseitigkeit und harmonischem Zusammenwirken." „Und so im Geheimem arbeiten Sie, daß niemand davon bis jetzt gehört!" „Sie wissen, unser Hergott macht es auck so und schafft im Stillen. Uebr.gens steht unsere Vereinigung nicht allein da. Es giebt noch eine ganze Menge ähnlicher, sogar in dieser Stadt." „In dieser Stadt, und ich sollte nichts da von gehört haben? Wie heißt denn Ihr Privat verein?" „Er heißt — Familie!" * ' Bern, 27. Febr. In der Westschweiz kamen während der letzten 36 Stunden ungeheuere Srnee- fälle vor. Von Genf konnte bis gestern nachmittag Zu Hause angekommen, blickten sie denn auch die Ellern ganz verwundert an, aber sie äußerten nichts darüber, nur glaubten sie beide dem Direktor zu großem Dank verpflichtet zu sein, jedenfalls hatte er Grethchsn ihren Standpunkt klar gemacht und sie schaute nun wieder freudig in die Zukunft. „Wir haben inzwischen ganz charmanten Besuch gehabt," sagte die Rätin, nachdem sie das junge Mädchen nach dem Befinden des Direktors befragt, „und ich bedauert; wirklich, daß Du nicht zu Hause warst." Und als Grethe fragend zu ihr niederfah, indem sie das Hütchen vom Kopfe löste und dann das üppige Haar glatt strich, setzte sie hinzu: „Herr Augustin Herder war hier und sein heiteres, lebens volles Wesen hat uns selbst heiter und lebensfroh gemacht — übrigens ist der junge Mann ein Glücks kind! Wie er uns erzählt, ist ihm gestern aus Ame rika die Nachricht zugegangen, daß ihm dort ein krösusreichsr Onkel gestorben, dessen Jntestaterbe er ist, seitdem der alte Herr vor kurzer Zeit schnell hintereinander beide Söhne verloren." Grethe war zusammengezuckt, als sie Augustin« erwähnen hörte — er hatte ja ihren ganzen Kum mer verschuldet — dennoch aber glaubte sie nicht daran, daß er schlechtes beabsichtigt — sie hielt ihn selbst für getäuscht, wie er es ja auch nach mancher Seite hin war : Bei seiner Selbstvsrgötterung konnte er schon glauben, so dachte sie, daß der Doktor wirk lich eifersüchtig auf ihn gewesen und ihn diese Eifer sucht dazu veranlaßt hatte, sein Weib zu verstoßen. „Nan, das ist ja sehr schön für den jungen Mann", sagte Grethe dann auch nach einer Weile. „Und der Pastorin wegen freut mich sein Glück kein Zug nach Frankreich abgehen. In Montreux wurden Drähte und Stangen für Telegraphen- und Telephon-Leitungen vom Schnee geknickt. * * Parts, 27. Febr. Die von dem Kaiser Wilhelm an Frankreich ergangene Einladung, sich an de» Eröffnung des Nordostsee-KanalS zu beteiligen, wird in der Presse wie im Publikum eifrig besprochen. Die Ansichten sind überwiegend für die Annahme dieser ehrenvollen Einladung; man ist überzeugt, daß der Kaiser die französischen Admirale und Seesolda ten durch herzlichen Empfang auszeichnen würde und daß vermutlich auch ein Geschwader deutscher Schiffe in Erwiderung des Besuchs nach französischen Häfen geschickt werden würde. Leider werde das alles aber die durch den Krieg von 1870 dem Lande geschlagenen Wunden nicht vergessen machen können. * * Paris, 27. Febr. Großes Aufsehen erregt hier die Verhaftung einer Dame, welche von einem Offizier, dem Enkel eines Generals, größere Geld summen erpreßt Halts. Das Gericht leitete die Klage ohne einen Antrag des Offiziers ein. * * Paris, 27. Febr. Ueber bis Beteiligung des Grafen von Paris an dem Boulanger-Abenteuer, worüber bisher starke Meinungsverschiedenheiten herrschten, bringt der „Tcwps" interessante Enthül lungen. Darnach war die Geldgeberin allerdings die Herzogin von U>ös, aber sie opferte ihre drei Mil lionen Franken erst nach Rücksprache mit dem Grafen von Paris, der sich verpflichtete, dieselben zurückzu- erstatren, falls die Sache von Erfolg sei Es wurde ein noiarieller Vertrag hierüber aufgesetzt, der bei dem Notar Coots deponiert wurde. * * In einem Artikel mit der Ueberschrift: „W er hat Carnot töten lass e n?" erhebt Jean de Bonnefon im Pariser „Journal" schwere Beschuldigungen gegen den früheren Konseilpräsidenten Dapuy Äonnefon behauptet zum Beispiel, Dupuy habe am Tage seiner Ankunft in Lyon zu dem Be amtenpersoral der dortigen Pi äfekmr gesagt: „Wenn Drohbriefe für den Präsidenten kommen, so gebe man sie ihm ja nicht! Das würde ihn nur unnütz aufregen". Dagegen soll der damalige Premier direkt oder indirekt mehr als zweihundert Briefe, welche das Leben des Staatsoberhauptes bedrohten, in Em pfang genommen haben. Er habe also bestimmt ge wußt, daß die Anarchisten gegen Carnot etwas im Schilde führten, und hätte als Minister de« Innern ganz andere Sicherheitsmaßregcln treffen sollen. Der Gewährsmann des „Journal" geht jedoch noch weiter. „Ist es wahr", — fragt er — „daß zwei Monate vor dem Verbrechen Hunderte von Drohbriefen oder Warnungen vor einem anarchistischen Komplotte, die an Frau Carnvt gerichtet waren, unterschlagen worden sind? Ist es wahr, daß die Königin-Regentin von Spanien ein persönliches Telegramm an Frau Car not gerichtet hat? Diese Depesche soll vor einer Ge fahr gewarnt haben, in welcher der Präsident schwebte. Die Königin ließ später ar.fragen, ob sie nicht ange langt sei, und nun erklärte der Premier, die Mittei lung sei aufzefangen worden, weil, man die arme Frau Crrnot nicht erschrecken wollte. Ist es endlich wahr, daß Frau Carnot — die Mutter des Präsi denten — niemals eine Depesche folgenden Inhalts erhalten hat: Wachen Sie über Ihren Sohn, Madame, wenn Sie nicht wollen, daß ihm ein Unglück zuftoße! gez. Mauclerc?" * * Aus Wien: Dis Leiche des Erzherzogs Albrecht ist in Wien feierlich aufgebahrt, bis heute nachmittag die Beisetzung erfolgt. Der Andrang ist groß. Die Blätter verzeichnen mit besonderer Ge- nugthuung die persönliche Teilnahme des deutschen Kaisers am Leichenbegängnis. Zahlreiche Fürstlich keiten und Deputationen sind in Wien bereits ange kommen. auch .... Hat er sonst nichts erzählt?" fragte sie dann, indem sie sich den Eltern gegenüber setzte und das kleine Ledertäschchen öffnete, das sie mit zum Paten begleitet hatte und au« welchem sie nun ihre Handarbeit nahm. Und als die Mutter nicht gleich antwortete, setzte sie hinzu, das errötende Gesicht über die seine weiße Stickerei gebeugt: „Ich meine, sprach er nicht von der Pastorin und dem Kinde?" Da« Elternpaar auf den Plätzen ihr gegenüber warf sich einen sehr verständnisvollen Blick zu, dann räusperte sich die Rätin und sagte ruhig: „Gewiß, Kind, sehr viel! Aber wozu Dir alles das wieder holen — der junge Mann hat uns ja versprochen, während der kurzen Zeit seines Hierseins noch recht oft unser Gast zu sein, und nach den unerquicklichen Wochen, dis hinter uns liegen, stad wir, Papa und ich, herzlich erfreut über diese Aussicht, Da aber kannst Dir dann ja von ihm erzählen lassen, wa« Dich interessiert." Grethe war im höchsten Grade betroffen, die in Aussicht gestellten Besuche Augustin Herders paß ten ihr in keine» Weise und die Worte der Mutter fielen deshalb wie eine schneidende Dissonanz in die Harmonie ihrer Stimmung. Sie wußte, Johannes liebte den V-tter nicht — und er würde es durchaus nicht gern sehen, wenn er mit ihm zusammenträfe oder von seinen Besuchen erführe. Dennoch aber schwieg sie — sie hatte nicht den Mat, den Eltern zu sagen, welche Aussicht ihr der Pate wieder er öffnet, und dachte es sich um vieles erfolgreicher, wenn dieser — der hochgeschätzte, erfahrene Freund, mit ihnen sprach . . . So wartete sie mit fieberhafter Sehnsucht seine-