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Aussteller durch.ihre.freundlichen Zuwendungen zu Eine Entscheidung des Plenums über die Umsturz belohnen. — Aus Netzschkau wird berichtet: Der äl teste Mann hiesiger Gegend, ja wohl der älteste Mann im Vogtlande, der Handarbeiter und vorma lige Steinbrecher I. G. Kölbel aus dem nach hier gepfarrten und geschulten Dorfe Lauschgrün, ist jetzt im Alter von 95 Jahren 2 Monaten gestorben Köl bel hat sich bis zu seinem Tode durch seiner Hände Arbeit — durch Besenbinben — ernährt. Ein Schlag anfall hat den bis zu seinem Lebensende noch rüstigen Greis getroffen, worauf bald der Tod erfolgte. Zu seinem vor 2 Monaten stattgesuudenen 95. Geburts tage war dieser alte Mann aus Nah und Fern, u. a. auch vom Herrn Kreishauptmann von Welck in Zwickau, ziemlich reichlich beschenkt worden. Mit Vorliebe plauderte Kölbel von seinen Erlebnissen, speziell von den Truppendurchmärschen zu Napo leons Zeit. 8 Berlin, 13. Febr. Der gestern verhaftete Spanüauer Postdieb war ein sehr vermögender Mann, soll aber noblen Passionen gehuldigt haben. Beim Publikum war er sehr unbeliebt. Z Die Reichstagsverhandlungen werden, wie heute dieGeschüftslage ist, allermindestens bisPfingsten dauern, wenn inzwischen keine Auflösung erfolgt. — Chemnitz, 13. Febr. Ein grauenvoller Anblick bot sich heute früh in der 8. Stunde einer in der Zwickauer Vorstadt wohnhaften Frau, als sie das Zimmer eines bei ihr im Quartier befindlichen jungen Schreibers betrat; sie fand denselben nebst seiner Geliebten, einer levigen Arbeiterin, blutüber strömt vor, die Arbeiterin bereits in bewußtlosem Zustande. Auf ärztliche Anordnung wurden die Ver wundeten ins Stadtkrankenhaus gebracht. Nach Lage der Umstände hat der junge Mensch sich, sowie seiner Geliebten, vermutlich in gegenseitigem Einverständnis, in selbstmörderischer Absicht Messerstiche, namentlich in die Brust beigebracht und es scheint Liebeskummer die Veranlassung hierzu geboten zu haben. — Das Bundesschießen des Mitteldeutschen Schützenbundes, welches vom 7. bis 14. Juli in Chemnitz-Altendorf abgehalten wird, ist das 15. dieses Bundes. Für dasselbe wurde der seit dem Jahre 1885 auf dem Schützenplatz zu Altendorf stehende Krystallpalast als Festlokal bestimmt; er wird infol gedessen umgebaut und erweitert, sowie auch im In nern reich dekoriert werden. — Aus Culmitzsch bei Werdau wird berichtet: Als ein böses Vorzeichen wurde es von Vielen aus- gefaßt, als im Vorjahre die eben von der Trauung kommende junge Frau eines dortigen Einwohners beim Verlassen der Kirche ihren Trauring verlor, der nach längerem Suchen endlich an der Einfassung eines Grabes gefunden wurde. Ein unglücklicher Zufall hat es nun gefügt, daß diese junge Frau ge rade am ersten Jahrestage ihrer Trauung durch den unerbittlichen Tod von der Seite ihres Gatten ge- rissen wurde. Natürlich erblicken abergläubische Leute hierin eine Bestätigung ihres Aberglaubens. — Aus Reichend ach wird uuterm 11. d. M. gemeldet: Seit heute abend herrscht auf den Straßen vollkommene Finsternis, da infolge einer Betriebs störung tn der Gasanstalt kein Gas mehr abgegeben werden kann. In den Vergnügungslokalen, in Gast häusern, in Restaurants, auf dem Csntralbahnhvfe, wie in vielen Privatwohnungen dieselbe Calamität, welche nach Befinden auch erst am nächsten Tage gehoben werden kann. Keine einzige Gasflamme brennt also in der ganzen Stadt! Alles, was an Petroleum und Oellampen nur irgendwie noch für den Dienst tauglich ist, wird hervorgesucht und muß, wenn auch zuweilen in ganz bescheidenem Maße das Gaslicht ersetzen. Vorlage wird frühestens knapp vor Ostern eintreten, wenn nicht gar erst nach Ostern. Im Reichstage zuckt man die Achseln, wenn die Rede darauf kommt. Der Ausfall der schließlichen entscheidenden Abstim mung ist eben so außerordentlich ungewiß, daß es keinen Wert und keinen Zweck hat, heute Vermutungen darüber anzustellen. 8 Halle a. S., 13. Febr. In der Nähe des Nachbardorfes Reussen ist eine ortsfremde Frau mit zwei Kindern, die in einem Strohfeimen genächtigt hatten, erfroren aufgefunden worden. * * Marseille, 13. Febr. Der Dampfer „Stamboul" traf, vom Congo kommend, mit dem Gouverneur von Zimmerer an Bord gestern nachm. 4 Uhr hier ein. * * Aus Paris: Aus Madagaskar wird be richtet, daß von einem neuen Vormarsch der Fran zosen in's Innere der Insel noch keine Rede ist. Die Eingeborenen haben in diesen Tagen wieder einige französische Kaufleute totgeschlagen. — Das Degen- duell zwischen dem Avg. Hadland und dem Leutnant Canrodert sollte am Mittwoch nachmittag stattfinden. — Die Seine ist zur Zeit völlig zugefroren, aber noch nicht tragfähig. — lieber die Reise deS „Gas cogne", die noch glücklich trotz des Malheurs zu Ende kam, verbreiten Pariser Zeitungen noch allerlei Meldungen, die ersichtlich auf eine unverblümte Re klame für die französischen Dampfirlinien hinauslaufen. * * Orient. Angeblich neue Schauergeschichten werden von englischen Zeitungen aus dem armenischen Bezirk Harzan gemeldet, wo gegen 50 Dörfer ver brannt oder in anderer Weise zerstört sein sollen. In der Türkei sieht es ja bunt genug aus, aber auf die britische Wahrheitsliebe ist auch nicht gerade allzu viel zu geben. * * Madrid, 13. Febr. Infolge der fürchter lichen Kälte greifen die Krankheiten in schreckener regendem Grade um sich. Todesfälle infolge von Influenza sind sehr zahlreich. . 7 . ** Vollständig eingeschneit ist die StadtHjör- ring tu Jütland. Berge von Schnee sperren sie von der Außenwelt ab. Kein Eiseubahnzug hat seit acht Tagen die Stadt Passiert. Der Schnee, welcher eine Hohe von 20 Faß erreicht, hindert jede Verbindung. Die Pferde, welche sich mühsam vorwärts arbeiten, blüben überall im Schnee stecken. Der Schulbesuch hat ganz aufgehört. Ein Hous, dessen Schornstein 4 Fuß «ruer dem Schnee steckte, mußte von Frei willigen ausgegraben werden Schmale Gänge längs den Häusern dienen zum Verkehr und in einigen Straßen sind unter der Schneemasse Tunnels längs den Trottoirs gegraben. — Im Schachte Elgoch bei M ä r i s ch - O st r a u stürzte infolge mangelhafter Zimmeru- g ein größerer Teil der Flötzdecks ein und begrub dis daselbst beschäftigten Arbeiter, von wel chen drei getötet und einer schwer verletzt wurden. * * Eia seltenes Schauspiel hatten die Bewohner von Algier, die sich in den letzten Tagen die Küste entlang nach Kap Mattson begaben. Dort trieben sich ein 30 Meter langer alter und ein 7 bis 8 Meter langer junger Walfisch, der sich immer nahe an dsm Muttertier hielt, im Wasser herum. Die riesigen Lnber, oft ganz aus dem Wasser herausae- hoben, glänzten im Sonnenschein und bewegten sich zwischen dem Kap und Bi Taya hin und her, wahr scheinlich auf dem Fischfang begriffen. Am Nach mittag des 3. Februar kam der Küstendampfer „La Couleuvrine" berbsi, um auf den Walfisch Jagd zu machen. Zuerst fuhr er darüber hinaus, drehte aber um, als er ihn zu sehen bekam und feuerte aus der nächsten Nähe einen Kanonenschuß auf das Tier ab, das aber nicht darauf achtete. Fast eine Stunde lang suchte der Dampfer, den Bewegungen folgend, sich Margarethe. Original-Roman von M, Widdern. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „In den meisten Fällen," unterbrach ihn die Rätin hier lebhaft, „aberdochunbedingt nichtm allen." Und leise errötend fuhr sie dann fort: „Ich habe auch einmal und au» Liebe geheiratet, Herr Doktor, und doch tonnte man meinen Mann durchaus keine schöne Erscheinung nennen, ganz im Gegenteil, er sah da mals noch viel weniger anziehend aus als jetzt, und von beinahe erschreckender Hagerkeit, trug er seine lange Figur nach vorne gebeugt." „Nur die Augen meines Mannes waren schön," fuhr die Rätin fort, „und in diesen Augen lag eine reine edle Seele, eine Seele, die sich dem jungen Mädchen zu erkennen gab, trotzdem es ihm gegenüber so unerfahren war. Sehen Sie, Herr Doktor, und wie ich mich versenkte in die edlen Anschauungen des Mannes, wie ich erkannte, daß seins Ideale auch die meinen waren, da zog ein nie gekanntes Gefühl in meine Brust, ein Gefühl, das mich blind und taub machte gegendieBewerbungen andererMänncr und mich den langen, hageren Assessor, den meine Freundinnen spöttelnd das Ausrufungszeichen nannten, schließlich sogar auch hübsch finden ließ. Genug, ich liebte Stenson, liebte ihn, doch von ganz anderen Motiven geleitet, als die von Ihnen angegebenen sind." Der Doktor hatte ihr aufmerksam zugehört. „Ich sprach auch nur von der Regel, gnädige Frau, und Ausnahmen giebt es ja immer — dennoch aber bleibe ich ber meiner Behauptung stehen: cs ist nicht notwendig, daß die Ehe aus Liebe geschlossen wird — wirkliche aufrichtige Achtung genügt voll kommen." Die Rätin neigte bejahend den grauen Kopf. „Ich gebe Ihnen vollkommen recht, weil in der Ehe in allen Fällen aus dieser Achtung Liebe wird — werden muß. Aber wir sind ganz von unserem eigentlichen Thema abgckommen — die Frauenfrage meine ich — und doch interessiert es mich so lebhaft. Ich bin ja Mutter, Herr Doktor, nicht bloß von drei unbändigen Jungen, die sich trotz ihrer Unarten aber doch zweifelsohne ihren Weg durch die Welt bahnen werden, sondern auch von vier Mädchen und, was noch mehr sagen will, in einer Zeit, in der alles von dem goldnen Kalbe träumt — und eine arme Mutter: meine Mädchen werden nicht viel Freude an ihren braven Herzen und sonstigen Tugen den finden, daß sie über ihre Armut hinwegsehen, nun nicht auch einer ist, der ihnen gefiele, zu dem sie Vertrauen empfänden und Zuneigung, so müßten sie sich durch eigene Kraft eine Zukunft schaffen, weil ich nicht will, daß sie die Ehe zu einer VsrsorgungS- anstalt entwürdigen, und unbedingt nicht zulicße, daß sie zu einer Heirat schritten, von der ich von vorn herein nicht alles Gute erhoffen könnte." „O, Mütterchen, meinetwegen brauchst Du der Zukunft wegen nicht in Sorge zu sein; ich gründe eme Pensionsanstalt, denn es gefällt mir, einen großen Wirkungskreis zu haben, und ich könnte nicht leben, ohne für andere sorgen zu müssen." „Ja, ja! Weißt Du noch, Grethchen, daS be- thätigtest Du schon, als Du noch ein ganz kleine- Mädchen warst: Wenn Du mit Freundinnen Pflege mutter und Kinder spieltest, mußtest Du ja immer ihm wieder zu nähern und schoß, als dies endlich gelang, wieder zwei Schüsse ab, ohne anderen Er folg, als daß der Walfisch nun das hohe Meer auf suchte, und da daS Meer stürmisch wurde, auch starker Regen fiel, gab „Couleuvrine" die Jagd auf. * * Asien. Bis auf einige halbzerstörte Jn- selfort« haben die Japaner nun alle Befestigungen um Weihaiwei genommen. Vier chinesische Kriegs schiffs und 13 chinesische Torpedoboote sind in den Kämpfen von den Japanern zerstört oder genommen, welche selbst drei Torpedoboote verloren. Aus Tokio läßt die japanische Regierung mitteilen, nachdem die Fliedensunterhandlungen abermals gescheitert seien, werde sie nicht ruhen, bis Peking gefallen. In zwischen bereiten aber die Chinesen in der südlichen Mandschurei einen umfassenden Angriff vor. Der Vizekönig Sui hat die Ordnung unter den zuchtlosen Banden wieder hergestellt, neue Truppen herangezogen und will so den Feind aufsuchen. Die Kälte ist furchtbar, der Schnee liegt sehr hoch. * * Wie aus Newyork berichtet wird, wurde der französische Dampfer „Gascogne" dort mit un geheuerer Begeisterung empfangen. Das Boot mit den Zeitungsberichterstattern legte am Dienstag abend langseit an und erhielt folgenden Bericht über die Fahrt: „Am 29. Januar morgens 8 Uhr standen die Maschinen plötzlich still. Ein Kolben war ge brochen. Das Schiff wurde sofort ein Spiel der Wogen. Zum Glück war ruhige See. Man schritt sofort zur Ausbesserung des Schadens und nach achtstündiger Arbeit waren die Brückenden durch einen Kapfermuff verbunden. Das Schiff konnte seine Fahrt bei acht Knoten Geschwindigkeit fort- sctzen. Alle elf Stunden mußte gestoppt werden, da regelmäßig in diesem Zeitraum der Kupfermusf durchgescheuert war. Am 2. Februar morgens brach der Kolben wieder. Das Schiff wußte die Anke" fallen lassen Die Ausbesserung dauerte diesw't 41 Stunden. Am 4. Februar erhob sich ein Str der die „Gascogne" 150 M-ilen nach Norden . schlug. Dies erklärt eS, daß kein Dampfer sie g,.- sehen hat. Da die Maschine stillstand, rollte das Schiff sehr schwer, so daß die Anker wieder fallen gelassen werden mußten, nach Ausbesserung des Kol benbruchs fuhr die „Gascogne" weiter, diesmal unter fortwährenden Notsignalen. Der Sturm wütete weiter, und die Reisenden begannen zum ersten Male sehr besorgt zu werden. Am 7. Februar geriet das Schiff in einen Wirbelsturm, der neue Maschinen- brüche verursachte, sowie einen eintägigen Stillstand. Am 10. Februar sah man einen Dampfer, doch war er zu entfernt, um die Signale bemerken zu können. Am 11. Februar kamen dis „Bolivre" und „Washing ton" in Sicht; sie boten ihre Dienste an« die indes damals nicht mehr nötig waren." Die „Gascogne" ist jetzt ins Dock gegangen. Eigentliche Gefahr be stand für dis Reisenden nur am 7. Februar. Die Verpflegung ließ niemals etwas zu wünschen übrig. Unfälle oder Krankheit kamen nicht vor. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 13. Februar. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung der Anträge auf Aufhebung der Diktatur-Paragraphen für Elsaß - Lothringen. Die Anträge werden nach kurzer Debatte gegen die Stimmen der Konservativen und Rationalllberaien angenommen. Sodann wird die erste Beratung der Anträge dctreffenv die obligatorische Durchführung einer Volks vertretung in allen Bundesstaaten, die von Frei sinnigen und Sozialdemokraten gestellt sind, fortgesetzt. Der vor acht Tage» von dem Abg. Dr. Frege ge stellte Antrag, über die Anträge zur Tagesordnung überzugehsn, ist einstweilen zurückgezogen worben. das Pflegemütterchen sein, das den anderen zutsilte. — Und so sehr hattest Du Dich eingslebt in Deine Pflichten, daß Du Dich selbst regelmäßig vergaßest — das Brot, der Kuchen oder was Ihr sonst zum Spiel erhalten, reichte nur immer für Deine Spiel gefährten — Du behieltest für Dich nie etwas. — Es ging Dir eben, wie es Dir heute noch ergeht, wenn Du den Kindern zuteilst und —" „ O, Mama!" unterbrach das junge Mädchen hier die Erzählerin und ihrs Augen sahen dabei so flehend, sie baten so inständig, „Mütterchen möchte es nun genug sein lassen,'' daß die Rätin auch so fort das Gespräch in andere Bahnen lenkte, übrigens holte man Grethchen gleich darauf auch wieder in den Reigen der Tanzenden und immer wieder, bis auch der Kotillon beendet und der Rat kam, um zur Heimkehr zu mahnen. Es war wirklich recht spat geworden und erst jetzt bemerkten die Damen, daß sich bereits viele der Festteilnehmerinnen entfernten. „Nur um Gottes willen nicht ganz und gar die letzten fein," sagte die Rätin, indem sie das weiße, schon etwas vergilbte Cachemirtuch fest um die Schul tern zog und sich dann rasch erhob. Der Gatte reichte ihr den Arm, um fie bis an die Damengar- derobs zu geleiten, und da war es ja nur vom An stand geboten, daß der Doktor Grethe seine Führung anbot. — Tieferglühend legte sie denn auch daS kleine schmale Händchen auf seinen Arm — fie sah wie ein Kind neben seiner hohen Gestalt auS und doch hatte sie daS Gefühl, als wenn sie während der kurzen Momente, in denen sie an seiner Seite durch die Säle und den Wintergarten schritt, hoch erhoben worden wäre über all ihre Bekanntinnen.