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leuchtung sehr schnell durch Hohndorf und überfuhr hierbei den Wirtschaftsgehilfen Wohlfarth. Derselbe hat hiervon mehrere Tage lang Schmerzen am linken Fuße und am linken Auge gehabt. ' —Zwickau, 23. Jan. Am Montag schoß im Schilbacher Revier Herr Hans v. Metzsch einen Rehbock, dessen Gehörn eine seltene Abnormität zeigt. Der sehr feiste Bock, welcher 49 Pfund wog, hatte ein völlig traubenartig gebautes Gehörn, wie es in sel tensten Fällen vorkommt und zwar nur bei solchen Tieren, welche geschlechtlich eine Zwittersteüung ein- nehmen. Beim Ausweiden des Tieres zeigte sich diese Beobachtung auch in dem vorliegenden Falle bestätigt. — Im fürstlich schönburgischen Kohlenrevier zu Oelsnitz i. E. wird zur Aufschließung eines gro ßen unverritzren Kohlenfeldes ein neuer Schacht ge- senkt, der bereits 70 in Teufe besitzt und 500 w Teufe erhalten soll. — Steinkohlenwerk Vereinkglück zuOel Snitz. Bis Ende August 1894 waren die Ergebnisse des Werkes zufriedenstellende und berechtigten zu den besten Hoffnungen. Man hatte Vorbereitungen für eine größere Herbst- und Wmterförderung getroffen und die gebesserte Qualität der Kohle eröffnete auch vor teilhaftere Absatz-Aussichten. — Da erfolgte in der Nacht vom 2. zum 3. September der Bruch des Förderschachtes II, sodaß der Betrieb seit dieser Zeit vorläufig ruht. Der zum Fluchtweg bestimmte Quer schlag nach dem Grubenfelde der Gewerkschaft Deutsch land wir» erst gegen Ende September 1895 zu er warten sein, sodaß Aufsichtsrat und Direktion es für zweckmäßig hielten, die Generalversammlung einzu berufen. In derselben wird es sich hauptsächlich um die Beschaffung der zur Fortsetzung des Unternehmens notwendigen Geldmittel handeln. In den ersten Be triebsmonaten des Geschäftsjahres 1894 gelangten bei einer Kohlenförderung von 65459 Tonnen 53403 Tonnen zum Verkauf mit einem Erlös von 514384 Mk. Nach Deckung der Produktionskosten, Unkosten, Zinsen usw. verbleibt ein Rohüberschuß von 43134 Mk., von welchem 40000 Mt. zur Abschreibung auf Schachtaulagekonto, 3134 Mk. zur Abschreibung auf Debitoren dienen. — Ebersbach, 23. Jan. Am Montag abend sanden hier die Bewohner eines Hauses tu dem Flur desselben ein in schwarze Tücher einqe- hülltcs Paket, das sie in lebhafte Unruhe versetzte, da man eine Höllenmaschine vor sich zu haben glaubte. Es wurde deshalb der Nachbar geholt — doch da löste sich schon der Bann der Gemüter, als aus dem Paket leise wimmernde Töne hervordrangen. Die Untersuchung des Paketes förderte einen kaum eine halbe Woche alten Säugling hervor, dem ein Zettel beigelegt war mit der Aufschrift: „Ein blutendes Mutterherz bittet christliche Menschen, bas Kmd zu verpflegen". Man behielt denn auch vorläufig das Kind, setzte aber die Behörde von dem Funde in Kenntnis. Von der unnatürlichen Mutter fehlt jede Spur. — Roßwein, 23. Jan. Eines jähen Todes verblich am Montag abend die unter einem großen Teil der deutschen armenReisenden wohlbekannte „Her- Lergsmuttcr" Frau Ritter in der Querstraße. Zwischen, zwei zugereisten Handwerksburschen war ein Streit entstanden. Frau Ritter wollte Vie Streitköpfe in ihrer energischen Weise beschwichtigen und rief ihnen zu: „Bei uns giebt's so etwas nicht!" Im selben Augenblick sank die korpulente Frau tot zu Boden — ein Schlag hatte ihrem arbeitsreichen Leben ern Ende gemacht. — Auf einem Jagdrevier in der Nähe von Pirna fand am vergangenen Sonntag morgens ! ein Forstgehilfe im tiefen Schnee ein Paar Schuhe und nicht zu weit davon ein Paar Strümpfe. Diese ! Die kleine Magd war ganz blaß geworden. „Und hernach", setzte sie dann schaudernd hinzu, „ist der Eilzug herangebraust gekommen, nur einen Augen blick und die junge, schöne Frau, die für jeden ein freundliches Wort hatte und sich doch gewiß so un glücklich fühlte, weil der Doktor immer that, als wenn sie gar nicht da sei, trotzdem sie eine geborene Gräfin war, bot ein Bild des Grauens und Entsetzens. In diesem Augenblick wurde dem Redeschwall der Dienerin plötzlich ein Ziel gesetzt —unten ertönte eine Schelle. — „Herr, du meine Welt", rief Anna erschrocken, „Madame klingelt schon nach mir! Aber ich bin ge wiß auch unverantwortlich lange fortgeblieben, o, und vielleicht war ich dazu auch noch zudringlich gegen Sie?!" „Nein, nein", beruhigte sie Margarethe, setzte dann aber doch hinzu: „Nun aber gehen Sie auch! Ich weiß nicht, ob Madame nicht auch mir zürnen möchte, wenn Sie noch länger oben blieben; es ist mir überdies, als wenn ich —" eine leichte Röte zuckte schattenhaft über das schöne Gesichtchen — „unrecht gethan, Sie durch schweigende Gewähr da rin bestärkt zu haben, mich mit den Geheimnissen der Famüie bekannt zu machen". Das Mädchen blickte erschrocken zu Margarethe auf — „Mein Gott, und nun werden Fräulein viel leicht auch Madame erzählen, daß ich —" „Nein, nein, darüber seien Sie ganz ruhig, und nun noch einmal, gehen Sie jetzt — ich folge Ihnen bald". — Alsdann, vielleicht nur fünf Minuten später, war auch unsere Freundin in das Erdgeschoß hinab Fundstücke ließen schließen, daß irgendwo auch ein Mensch sein müsse, doch verloren sich die Spuren. Der Forstgehilfe holte sich aber Unterstützung, und so gelang es ihm mit einem Kollegen, nach vierstün digem Suchen einen älteren Mann anzutreffen, der der Schuhe und Strümpfe sich entledigt hatte und irre herumlief. Auf Gefragen, was er treibe, war seine Antwort: Ec sei der Großherzog von Mecklen burg und sei hier zum deutschen Kaiser eingeladen. Diese Antwort genügte, um den Angetroffenen als Geisteskranken zu erkennen. Alle Versuche, den beklagenswerten Mann zum Mitgehen zu veranlassen, erwiesen sich jedoch vergeblich, er blieb dabei, er wolle zum Kaiser. Da kam der eine Helfer auf die Idee, den Kranken anzureden r Sie wollen zum Kaiser Wilhelm, ah, das trifft sich vortrefflich, ich bin der Kaiser, bitte folgen Sie meiner Einladung. Dies half, der Kranke ging gutwillig mit. Man brachte ihn nach dem nächsten Gasthof, freilich in schlimmem Zustand, denn der Aermste hatte die unteren Glied maßen total erfroren. Von dort wurde er nach der Landesheilanstalt auf den Sonnenstcin gebracht. — Ein tragisches Geschick ereilte die Familie des Dachdeckermeisters K. in Großenhain, in dem die 20jährige Tochter desselben, nachdem sie am vorgestrigen Tage auf dem Standcsamte mit ihrem Bräutigam das Aufgebot beantragt hatte, plötzlich e: krankte und am Abend desselben Tages nock in den Armen ihres B'äutigams infolge eines Herz schlags »erstarb. Erst vor zwei Jahren war eine nur wenigs Monate verheiratete Tochter des Herrn K. in ungefähr gleichem Alter verstorben. Der Fa milie K. wird allseitige Teilnahme entgegengebracht. Z Berlin, 24. Jan. Die Direktion der Königl. Gewehrfabrik in Spandau erhielt einen anonymen Brief, in dem mugeteilt wird, daß von Arbeitern der Fabrik, die bei der letzten Lohn aufbesserung übergangen wären, ein Mordanfchlag auf den Kaiser geplant sei und auch beabsichtigt werde, einen Teil der Gewehrfabrik durch Explosiva zu zerstören. Dem Reichskanzler sei dies durch be sonderes Schreiben mitgeteilt worden. 8 In Halle findet am 21., 22. und 23. April der 8. Allgemeire Deutsche Handwerkertog statt. Die Tagesordnung ist folgende: Stellungnahme zu- den neuester: Regierungsplänsn, betreffend tue Organi sation des Handwerks, der Befähigungsnachweis, dis obtigatorffche Innung, Stellungnahme zur Gewerbe ordnungsnovelle, betreffend den Hausier Handel, der Bauschwindel und die weiteren Reforwforderungen der deutschen Handwerkerbewegung, wie Gefäng-s- und Mtlitä-v' ^stättmlnbeit, Offiziers- u. Beamten- kousumoereirn rr. H Aus dühlhausen wird berichtet: Ein merkwürdiges Ereignis setzt die Bewohner vom be nachbarten Dorfe Heimsbruun in nicht geringe Auf regung, ebenso spricht man auch hier in der Stadt viel davon. Seit vierzehn Tagen ungefähr scheint in einer kleinen Hütte des genannten Dorfes, in welcher ein alter Mann mit seinem Sohne und seiner Enkelin lebt, alles Leblose lebendig zu werden. Ler Ofen fängt plötzlich an zu Hüpfen und zerschellte, das Bett wirs in die Höhe gehoben, ebenso ein Tisch, die Schüsseln und Teller im Küchenspinde Hüpfen empor, fallen zu Boden und gehen in tausend Scherben, die Zwiebeln sp ingen aus dem Korbe und zurück in denselben, ein Topf mit Milch, den man auf den Tisch stellt, fängt an zu Hopfen, bis er samt seinem Inhalt an dem Boden liegt usw. — Der Aberglaube sieht hierbei die — schwarzen Mächte der Finsternis thätig, — Andere forschen nach den Ur sachen und glauben steif und fest, diese nunmehr ge sunden zu haben. Die vor etwa drei Monaten ver storbene Frau des alten Mannes verfertigte zu ihren gestiegen und fand ins Speisezimmer den Tisch schon gedeckt — sauber und ziemlich akkurat, aber auch so geschmacklos als möglich. Noch zeigten sich jedoch die birkenen Nohrstühle um ihn herum unbesetzt, denn die drei im Gemach befindlichen Personen, welche jedenfalls schon auf Margarethens Kommen gewartet hatten, saßen in der Nähe eines der tiefen Fenster um einen großen runden Tische der Doktor Frau Gottfrieden gegenüber, welche an einem weißen Kinder strümpfchen strickte, während der Dritte im Gemach, ein hübscher, junger Mann mit leicht gewelltem blon dem Haar, ein kleines Bärtchen über der Oberlippe, etwas abseits in nonchalanter Haltung in einem gradlehnigen Polsterstuhl saß. Er rauchte eine echte Havana und unterhielt sich momentan damit, das goldgefaßte Lorgnon fest in die Augen geklemmt, den zierlichen Ringeln nachzu blicken, die er mit wahrer Künstlerschaft aus dem Rauch der Cigarre zu blasen vermochte. Der geneigte Leser weiß ohne Frage bereits, daß wir ihm in dieser jungen, mit höchster Eleganz gekleideten Manneserschetnung nur Vetter Augustin vorstellen können, dessen ganzes Wesens übrigens, ' sein Thun und Treiben durchaus in keiner Weise in diese nüchterne, in streng herrnhutischen Grundsätze» geschaffene Häuslichkeit Paßte, und doch duldete Frau Gottfriede, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, all seine Extravaganzen. Ja, was sich ihr Bruder nicht gestattete und sie ihm auch wohl sehr verargt hätte, Vetter Augustin durfte es sich ungenügt erlauben: er rauchte in ihrem Zimmer auf der schneeigen Weiße der steifgestärkten Gardinen: und was noch mehr sagen wollte, Vetter Lebzeiten nämlich die von der Knabenwelt ganz be sonders beliebten „Klöpfer", und behauptete, sie be sitze ein besonderes Geheimnis für die Zubereitung des benutzten ExplofionSstoffeS. Vor ihrem Tode habe sie das Geheimnis ihrem Manne mitgeteilt, und dieser — ein Trinker — setze nunmehr das Geschäft fort. Mit unvorsichtiger, unsicherer Hand, so glaubt nmn vielfach, habe er überall im Hause von dem Explofionsstoff zerstreut, und die Folge davon sei nun, daß bei jedem Berühren mit harten Gegenstän den kleine Explosionen an allen Ecken des Hauses erfolgten. Eine wissenschaftliche Untersuchung des jedenfalls merkwürdigen und interessanten Falles wäre wünschenswert. . . . 8 Schmalkalden, 20. Jan. In einem Dörfchen in der Nähe von Schmalkalden herrscht I noch eine alte Sitte, die wegen ryre Eigentümlichkeit f verdient, ai/s Tageslicht gefördert zu werden. Am Abend vor der Hochzeit, also am „Polterabend", wird von dem Woynhause des Mädchens nach denen ihrer früheren Verehrer während der Nacht der Weg bestreut; die Braut in ihrer Unschuld hat nun na türlich nichts Eiligeres zu thun, als die Spuren ihrer früheren Liebe wieder zu entfernen; in dringende» Fällen schon während der Nacht unter Zuhilfenahme von Laternen. Worauf diese Sitte zurückzuführen ist, ist leider nicht zu ermitteln;, ob der Braut vor gehalten werden soll, daß sie nun alle anderen Wege verlassen und dem letzten Verehrer treu bleiben soll; oder der Bräutigam, der oftmals schon Ahnung da von hat, sehen soll, wle vielseitig die von «hm Er korene schon geliebt hat, läßt sich ebenfalls nicht fest- stelleri. Böse Zungen behaupten aber, daß manchmal die ganzen Dvrfwege bestreut gewesen wären. H Vor zehn Jahren wurde in Elberfeld der Schloffermeister Ziethen wegen Ermordung ieiner Frau zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Paul Lindau schrieb damals eine Broschüre, in weicher er die Unschuld Z^then^s nachzuweisen suchte. In der jüngste:. Zeit mr haben sich die Entlastungsmomente für Ziethen so vermehrt, baß eine Wiederaufnahme des Prozesses in der nächsten Zeit bevorsteht. * * Wien, 24. Jan. Nach dem „N. Wiener Tgbl." verlautet: aus bester diplomatischer Quelle, der Kaiser Wilhelm habe an den Ezaren den per, sönlichen Wunsch gerichtet, an der Stelle des Grafen Schuwaloff einen Mann wie den Fürsten Lobanoff zu sehen. Daraufhin tchrred Nikolaus II. selbst an Letzteren, daß er außerordenttichen Wert aut die guten Beziehungen zwischen Deuttchland und Ruß land lege, weshalb er den Fürste» ersuche, dem Wunsche des- deutschen Kaisers nachgukoAMen. * * Charleroi, 24 Jan. Gestern abend stürzte hier ein Brettergebäude für die im Juni zu eröffnende Weltausstellung infolge heftigen Sturmes vollständig zusammen. Dec Materialschaden ist groß, jedoch ist Niemand verletzt. * * A n t w e r p e n , 24. Jan. Großes Aufsehen erregt das Verschwinden eines jungen Advokaten, den die Polizei trotz aller energischen Recherchen seit vier Tagen nicht auffir.den kann. Das Publikum bringt natürlich dieses plötzliche Verschwinden mit der Affaire Jonianx in Zusammenhang. * * Brüssel, 24. Jan. Gestern abend ist hier ein neues schweres Bombenattentat ausgeführt worden. In einen stark besetzten Concectsaal wurde eine Dynamitbombe geschleudert. Zahlreiche Per sonen sind tätlich verletzt, ein Teil des Saales ist zerstört. Von dem Täter fehlt noch jede Spur. * * Paris, 24. Jan. Aus dem NordDepar- tement laufen beunruhigende Nachrichten über daS Steigen und Austreten der Flüsse und Kanäle ein. Besonders die Umgebungen von Lille und Roubaix Augustin durfte in Gegenwart der streng religiösen Pastorswitwe sogar weltliche Lieder singen und es war vorgekommen, daß er bei der Feier seines Ge burtstages im Hause der treuen Verwandten einmal auch Kartenspiele entriert und Getränke auf den Tisch gebracht hatte, an welchem sich die geladenen Gäste freilich höchst gütlich thaten, die aber bisher von der Gattin des Missionars — als vom Teufel stam mend — durchaus verpönt waren. Mit einem Worte, dieser junge Verwandte, dem sie, wie nun auch dem reizenden kleinen Nichtchen, die frühzeitig verlorene Mutter ersetzt, war die ein zige schwache Seite Frau Gottfriedens und das wußte er auch — er wußte, daß er sich unendlich viel mehr in diesem Hause strengster Enthaltsamkeit erlauben durfte, als jeder andere Mensch, mochteer heißen wie er wollte, und beutete dieses Vorrecht auch in einer Weise aus, die nur zu oft zu ernstlichen Reibungen zwischen dem Doktor, dem der junge Mann überhaupt in hohem Grade unsympathisch war — und seiner Schwester Veranlassung gab. Auch jetzt trafen ihn mißbilligende Blicke aus den dunklen Augen des Doktors. „Liebst Du denn die Cigarre so sehr?" konnte der Doktor sich schließlich nicht enthalten, zu sagen, als ihn die ringelnden Dampfwolken wirklich zu in kommodieren begannen, die den jungen Verzug seiner Schwester so trefflich unterhielten, „daß Du selbst im Speisezimmer meiner Schwester rauchen mußt?" Die Stimme des Doktors klang gereizt und man sah es ihm an, er ärgerte sich wirklich über die rück sichtslose Art des Verwandten. (Fortsetzung folgt.)