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Schlittenpartie der Gesellschaft „Cererisia" nach Jonsdorf und Oybin teilnahm. Wohl und munter am Ziele angelangt, ließ sich die Gesellschaft im Hotel an der Tafel nieder, als der genannten Dame plötzlich unwohl ward und nach zwei Stunden ein Herzschlag ihrem Leben ein Ziel setzte. — Bautzen , 18. Jan. Ueber eine interessante Naturerscheinung wird den.,Bautzn.Nachr." geschrieben: Am letzten Mittwoch hatten die Besucher des Mönchs- Walder Berges Gelegenheit, eine höchst interessante Naturerscheinung zi beobachten. Am Wege vom Jägerhaus bis nahe zum Turme war die Schnee- oberfläche bedeckt mit Millionen schwarzer Tierchen von etwas über Millrmetergröße, die sich munter auf der kalten Fläche bewegten und recht gewandt im Springen zeigten. Die winzigen Gäste gehören zur Familie der Springschwänze (koäuriäou) und sind nahe Verwandte de« Gletscherflohes (vosoria Zlaoiaiis), der auf den Firnfeldern der Alpen in einer Höye von ca. 3500 irr sein Wesen treibt. Ihre näheren Beziehungen zu diesen werden sich hoffent lich bald aufklären. Mit besonderer Vorliebe hatten die Springschwänze sich alle Fußsparen zum Tummel platz gewählt. Sie saßen an diesen «rellen zu Tau senden. Da die Erscheinung nur auf der Südseite des Berges beobachtet werden konnte, so fleht sie möglicherweise im Zusammenhang mit dem in den ersten Dagen der Woche herrschenden Südsturme. Sehr wahrscheinlich sind dre Fremdlinge auch an andren Orten ausgetreten und beobachtet worden. Im Interesse einer möglichst gründlichen Kenntnis der seltenen Erscheinung wird die Bitte ausgesprochen: Man wolle darauf bezügliche Beobachtungen gefälligst an Herrn Dr. Olto Beyer, Bautzen, gelangen lassen. 8 Berlin, 22. Jan. Ja der gestrigen Sitz ung der Umsturzkommission teilte Staatssekretär Dr. Nieberding mit, daß die Kommission bereits heute die gewünschte Uebersicht, betreffend die Lage des Strafrechts in anderen Staaten, erhalten werde. Die Art des Materials gestatte nicht, dasselbe vor weg drucken zu lassen; dagegen werde in einzelnen Fällen das Bezügliche mug-tellt werden. Zur Um änderung des tz 184 bezüglich »mächtiger Schriften, Abbildungen usw., beantragen die CentrumSmitglieder verschiedene Strafverschärfungen und Zusatzbeflim- mungen. Zu 8 111, betreffend die Aufforderung zur Begehung strafbarer Handlungen, beantrag' Abg. Lenzmann (freis. Volkrp.), die Möglichkeit offen zu lassen, nur auf Gelt strafe zu erkennen. In der Debatte über § 111 führt der Regierungskommisfar aus, andere Länder gingen hi-sm viel weiter, und führt zahlreiche Be>spiele aus anarchistischen Schriften über die Maßlosigkeit der Vergehungen an. Abg. Spahn (Centr.) beantragt, - io Geldstrafe bis zu 2000 Mark vorzusehen. Abg. ik irth (freis. Ber.) meint, die vou dem Regierungskomnuffar angeführten Delikte seien schon jetzt nach den ZZ 84 und 85, betreffend den Hochverrat, strafbar. Abg. Euneccerus (natl.) ist für die Verschärfung de« 8 1H- cberyo Abg. Hüpeden (kons.). v. Stumm (Reichsp.) will von weiteren Verschürsungkannägen »bfehen, da er keinen Erfolg Voraussicht. Abg. Bebel (Soz.) führt aus, daß alles bisher vorgebrachte Material durch die Hechverro^paragraphen völlig getroffen sei. Die Anarchisten würden erst gefährlich, wenn sie Spitzeln in die Hände fielen. Minister v. Kveller verurteilt das Anstiften zum Verbrechen durch Spitzel, er werde für die Bestrafung solcher Handlungen sorgen. Abg. v. Buchka (kons) ist für, Abg. Munckel (freis. Volks.) gegen die Verschärfungen. Abg. Auer (Soz.) bestreitet, daß dem Minister zuverlässige Nach richten aus der sozialdemokratischen Partei zugehen können. Minister v. Kveller tritt dieser Auffassung unter Hinweis auf den Artikel de« „Vorwärts" Margarethe. Original-Roman von M. Widdern. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Käthe darf das nicht sagen", erwiderte die Wärterin, „Papa hat sein Töchterchen gewiß von ganzem Herzen lieb, wenn er es auch nicht küßt — Papa", sie unterbrach sich, in diesem Augenblick erst bemerkten ihre Augen bas junge Mädchen unter der Linde — später als das Kind, denn die Kleine hatte sich bereits von der führenden Hand befreit und war, ehe ihre liebe Minna auch nur ein hinderndes Wort sagen konnte, neben verjüngen Dame, die dem reizen den Menschenknöspchen beide Hände entgegenstreckte; Grethe Stenson liebte Kinder über alles und diese« holdselige, rührend schöne Geschöpfchen, das schon so tief die Zärtlichkeit des Vaters „vermißte", inte ressierte sie unbeschreiblich. „Bist Du eine neue Tante?" fragte sie in diesem Augenblick die Kleine, die weißen, grübchengeschmück- ten Händchen in Grethes Rechte legend: „Hübsche liebe Tante", setzte sie dann hinzu, und indem sie die Augen voll zu Grethes schönem Gesicht aufschlug, setzte sie in rührend schmeichelndem Tone hin zu: „Käthe ist der neuen Tante schon sehr gut!" Mit einer raschen, stürmischen Bewegung hob das junge Mädchen die Kleine auf ihren Arm, trotz dem die Wärterin ihr jetzt das Kind streitig machen wollte, mit vielen Entschuldigungen der Zudringlich keit ihres Schützlings. Daß noch andere Augen sie in diesem Moment beobachteten, ahnte Grethe nicht, ja, so sehr war sie gegen den KriegSminister entgegen. Abg. Bebel (Soz.) hebt die Zurückhaltung der sozialdemokra tischen Presse hervor. Minister v. Kveller betont gegen Bebel, daß dessen Ideen vom Spitzeltume Phantasien sind. — Die Abstimmung über 8 m wird auf die nächste Sitzung am Mittwoch vertagt. 8 Das Berliner Kl. Journal berichtet: „Der Rittmeister a. D. Dietrich v. Kotze, der Vetter des Z-remonienmeisters v. Kotze, hat am Montag ein Duell mit dem Zeremonienmeister und Kammer herrn Frhrn. v. Schrader-Bliestorf gehabt. Dem Letzteren haben der Hofmarschall der Kaiserin Fried rich, der soeben dekorierte Frhr. v. Reischach, und der Kammerherr v. Blumenthal als Sekundanten beigestanden. Die Sekundanten des Herrn v. Kotze waren Herr v. Brandenstein und Herr v. Hammer stein, der Chefredakteur der Krzztg. Wir hatten be reits im Gommer vorausgefagt, daß die Familie v. Kotze Diejenigen zur Verantwortung ziehen würde, welche geflissentlich Ken Verdacht der Thäterschast in der Angelegenheit der anonymen Briefe auf den Zeremonienmeister v. Kotze zu lenken bestrebt gewe sen sind. Wir hatten ungedeutet, daß seitens der Gegner des Herrn v. Kotze in der Wilhelmstraße ein förmlicher Knegsrat abgehalten wurde, und daß man sich sogar nicht scheute, das Haus und die Fa milie des Herr v. Kotze durch ein bekanntes hiesiges Pnvat-Delektiv-Jnftitut bewachen zu lassen. Das gestrige Duell bestätigt die seitdem allgemein ver breitete Version, daß Baron Schrader die Seele der Jntriguen war, welche bezweckten, eine möglichste Be lastung des Herrn v. Kotze herbeizuführen, um ihre eigene, verfrühte Parteinahme gegen denselben nicht aä adsurämu führen zu lassen." 8 In Hohenelbe fiel ein großer Eiszapfen von einem Hausdache einem vorübergehenden Passan ten derart auf den Kopf, daß die Spitze sich in's Gehirn bohrte und derselbe sofort tot niederstürzte. 8 Der im Dorfe Zehring cn beiCöchm auf seinem Dienstgange befindlich« Nachtwächter vernahm am Freitag mehrere Schüsse im Busch. Der Wäch ter wkckte den Jäger des Amtsrats, auch wurde so fort der Herzogliche Fußjäger in Cöthen benachrichtigt, und man begab sich auf die Sache nach den Wild dieben. Inzwischen hatte man auch Schüsse im Mer- zicner Busch fallen hören. Gegen 6 Uhr morgens stießen die Beamten aus zwei Männer, von denen ber eine einen Sack trug, Als man sie stellen wollte, entspann sich em Handgemenge. Der Jäger hieb einen der Wilderer mit dem Kolben seines Gewehres über den Kopf, daß der Wilddieb zusammcnbrach und der Gewehrkolben zerfprang. Trotzdem gelang es nicht, die Wilddiebe, welche sich verzweifel' wehrten, festzunehmen, vielmehr rissen sich diese los und flohen na-p dem Dorfe Klepzig. In dem zurückgelafsenen Sack wurden 5 geschossene Faianenhennen gefunden. Der eine der Wilderer trug ein auseinandergenom- mems Gewehr bei sich, mit welchem er die Beamten bedrohte. Eine bei Verdächtigen vorgenvmmene Haus- unteriuchung blieb resultatlvö. 8 Guhrau (R.-Bez. Breslau), 22. Jan. Die beiden Gebrüder Kersten, von denen der eine Kanzlei rat, der andere Amtsgerichtssekretär war, sind ge meinsam in den Tod gegangen, indem sie sich in einem Neubau erhängten. 8 Bruchsal, 22. Jan. In unserer Stadt herrscht große Aufregung, weil der Versuch gemacht worden ist, die Stadt an vier Stellen in Brand zu stecken. Die Brandlegung wurde aber noch recht zeitig bemerkt. Man ist den Thätern auf der Spur. 8 Köln, 22. Jan. Ein Artillerist warf sich vor den Zug der KölmFrechener Bahn. Der Kopf wurde ihm buchstäblich vom Rumpfe getrennt. * * Wien, 22. Jan. Die Mühlenbesitzerin mit dem kleinen Wesen beschäftigt, welches sie auf ihrem Schvoße hielt und in dessen lilienweißem Ge sichtchen sie vergeblich auch nur nach einem Zuge suchte, den es gemeinsam mit seinem Vater besaß, daß sie auch die nähernden Schritte desselben voll ständig überhört hatte. Und nun stand der Doktor nur um wenige Schritte der reizenden Gruppe ent fernt, aber, sonderbar: Was sonst jedes Vaterauge ergötzt hätte, das seins ließ cs nur noch finsterer blicken und gerade, als Grethes frische Lippen die reine Stirn des Kindes berührten, klang seine Stimme hart, beinahe metallisch an ihr Ohr: „Minna, bringen Sie die Kleine in das Haus!" Das junge Mädchen hatte sich erschrocken nach dem seltsamen Mann umgesehen, etwas wie Zorn be mächtigte sich ihrer und sie war nahe daran zu sagen: „Wie kann man nur einem so lieben kleinen Wesen, das noch dazu das eigene Kind ist, auf diese so wenig liebevolle Weise begegnen! — aber auch nur nahe daran, der Doktor stand so aufgerichtct da, so ganz und gar unnahbar, und um seinen Mund lag ein so eigner, undefinierbarer Ausdruck, daß diesem Manne gegenüber jeder Vorwurf wertlos bleiben mußte. G- Inzwischen hatte die Wärterin die Kleine rasch vom Schooße der fremden, jungen Dame genommen, trotzdem das Kind lebhaft protestierte und nun, die kleinen Hündchen geballt, zum grenzenlosen Schrecken Minnas noch ärgerlicher als vorhin sagte: „Böser Papa, häßlicher Papa!" und dann hinzusetzte: „Papa, schwarzer Mann, und Käthe ist schwarzem Mann auch nicht gut!" Es zuckte in dem Gesicht des Doktors — ein langer Blick voller Qual und Josefine Dvorak in Schebetau wurde von Nachbars leuten in ihrer einsam im Walde stehenden Mühle ermordet und beraubt aufgefunden. Wegen Mord verdachtes wurde der eigene Gatte verhaftet. — In dem in der Wiedener Hauptstraße befindlichen Mario nettentheater brach während der Vorstellung infolge Ueberheizens des Ofens Feuer aus. Trotzdem der Saal stark mit Kindern besetzt war, gelang doch die ruhige Räumung desselben. Verletzungen sind nicht vorgekommen. * * Wien, 22 Jan. In Klosterneuburg bei Wien feuerte ein entlassener Arbeiter des fürstlichen Train-DepotS drei Revolverschüsse auf den Depots- Kommandanten ab, ohne ihn zu treffen. Darauf tötete er sich selbst durch einen Schuß durch den Kopf. * * Oesterreich-Ungarn. Kaiser Franz Joseph ist von Budapest nach Wien zurückgekehrt. — Das ungarische Abgeordnetenhaus hat den bisherigen Justizminister von Szilagyi, den Urheber der neuen Kirchengesetze, zu seinem Präsidenten gewählt, uvd alsdann die Debatte über das Programm des neuen Ministeriums fortgesetzt. Die Erörterung war sehr lebhaft, indessen an einen Erfolg der Versuche, im Handumdrehen eine abermalige Ministerkrisis herbsi- zuführen, ist nicht zu denken.' * * Mailand, 22. Jan. Heute früh wurden Hierwiederum zwei Bomben-Ar,schlüge verübt. Nahe dem Zellengefängnis platzte unter heftiger Entladung eine Bombe, ohne jedoch Schaden anzurichten. Die Polizei nimmt an, daß cs sich hierbei um ein Lebens zeichen der auf freiem Fuße befindlichen Anarchisten für ihre in den letzten Tagen verhafteten Kameraden handle. Auf dem Fenstergesims eines herrschaftlichen Hauses wurde heute früh ebenfalls eine Bombe ge funden, welche aber noch rechtzeitig entfernt werden konnte. * * Mailand, 22. Jan. Ein neuer grausiger Mord verfitzte die Stadt in Schrecken. Eine 75jähr. wohlhabende Frau wurde in ihrer Wohnung, die im Zentrum der Stadt liegt, von ihrem Sohne mit durchschnittenem Halse tot aufgefunden. Die Woh nung war vollstänüig ausgcraubt. * * Bern, 22. Jan. Bei einem Dorfe im Kanton Tessin wurden zwei Frauen und ein junger Marin von einer Lawine überrascht und getötet. * * Paris, 22. Jan. Die Angriffe der So zialisten gegen den neuen Präsidenten Faure dauern fort. In ihren Blättern und Versammlungen wer den die heftigsten Worte laut. So erklärte in einer Versammlung ein Redner, man müsse bedauern, daß die Sozialisten in der Nacht vom 15. Jan. nicht einen Staatsstreich gemacht und sich der höchsten Gewalt bemächtigt hätten. Man werde jedoch die nächste Ge- legenbcit hierzu benutzen. * * Paris, 22. Jan. Gestern als der Prä sident Faure kaum im Eiisä; angekommen war, prä sentierte sich dem Pförtner ein irrsinniger Gendarm. Derselbe behauptete, er sei der neue Präsident der Rtpablik und wünsche in seine Gemächer geführt zu werden. Der Mann wurde sofort in eine Irren anstalt gebracht. * * Antwerpen, 22. Jan. Das „Handels blad" meldet, der König der Belgier beabsichtige ab- zudanken und sich nach England zurückzubegeben; die Absicht des Monarchen hänge mit der Congo-Astaire zusammen. Der König werde dann dem Grafen von Flandern, der sich nicht in die Congo-Angelegenheit gemischt Habe, seine schwere Bürde übertragen. Der König soll sich den Ministerien gegenüber folgender maßen ausgedrückt haben: „Ich habe nur einen Zw-ck gehabt: Belgien groß und stark zu machen. Mein afrikanisches Werk ist Zeuge dafür. Ich arbeite daran 15 Jahre wie ein Neger, habe fast mein gan zes Vermögen dafür ausgegeben und meins Volks- Schmerz traf das Kind, aber er sagte ihm kein Wort, sondern nur an Grethe gewendet, stieß er, sichtlich auf das höchste aufgeregt durch die Worte des Kin des, mühsam hervor: „Ich bitte mein Fräulein, kom men Sie jetzt; Schwester Gottfriede ist gern bereit, Sie aufzunehmen." Grethe hatte sich sofort erhoben und ging jetzt wieder neben der dunklen stattlichen Gestalt her; — sie hatten die Hausschwelle überschritten und befan den fick jetzt auf einem langen, schmalen Korridor, in den zur Rechten und linken mehrere Thüren mün deten, vor einer der letzten rechter Hand blieb der Doktor stehen, er klopfte laut, und als gleich darauf aus dem Innern des Gemaches eine tiefe weibliche Stimme das übliche „Herein" rief, öffnete er mit einem Ruck und Grethe Stenson sah sich in einem großen, nur geweißten Gemach, dessen Einrichtung von so außerordentlicher auffälliger Nüchternheit war, daß sie dem Auge, welches an eine schöne Umgebung gewöhnt, beinahe wehe that uvd wahrhaft erkältend wirkte. War doch in diesem, freilich peinlich sauber gehaltenen Raum absolut auch nicht das Kleinste vorhanden, was auch nur den allergeringsten Anspruch ' darauf machen konnte, ihm zu einer Zierde zu ge reichen. Da sah man keine Blume, keine Nippes, keine bunte Stickerei und keinen musterhellen Teppich, nur das dringendste Erforderliche war da: eingerad- lehniges, einfach grau bezogenes Sofa, ein paar mäch tige eichene Schränke, dazu Tisch und Stühle au« gleichem Material. Die Vorhänge an den Fenstern waren aus glattem weiße», noch dazu recht groben Baumwollen stoff, aber sie blendeten förmlich, so sauber gewaschen