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gewöhnliches Gespräch bi» zur Dauer von 3 Minuten wie folgt betragen nach: Pf- nach: Pf- Altenburg 50 Markranstädt 100 Annaberg 100 Meerane 50 Aue 50 Meinersdorf 50 Auerbach 100 Mittweida 100 Buchholz 100 Mylau 50 Burgstädt 50 Oelsnitz (E) 50 Chemnitz 50 Oelsnitz (V.) 100 Colditz 100 Olbernhau 100 Crimmitschau 50 Oschatz 100 Döbeln 100 Klauen 100 Eibenstock 50 Reichenbach 50 Frankenberg 100 Schwarzenberg 50 Glauchau 50 Siegmar 50 Grimma 100 Stollberg 50 Kirchberg 50 Treuen 100 Leipzig 100 Waldheim 100 LeiSnig 100 Werdau 50 Lengenfeld 50 Wurzen 100 Lichtenstein- Callnberg — Zschopau 100 Limbach 50 Zwickau 50 Lugau 50 — In Dresden fand eine Arbeitslosenver- fammlung statt, in welcher Dr. Gradnauer eine un erhörte Brandrede hielt. Als er sagte, daß die heutige „verfl Gesellschaftsordnung" eines Tages in die Luft gesprengt werde, entzog ihm der überwachende Beamte das Wort. Während Dr. Gradnauer seine Papiere zusammenpackte und da- Rednerpult verließ, brachen die Anwesenden in lautes Schreien und Bei fallsrufen au«. Der Ueberwachende erhob sich sofort und löste die Versammlung auf. Im nächsten Augen blick traten von allen Seiten Gendarmen in den Saal und forderten zum Weggehen auf. Der Saal leerte sich sehr rasch und ohne Zwischenfälle. Auf den Zugangsstraßen war überall ein starke« Polizeiauf- gebot zu sehen, und dank diesen Vorkehrungen scheint es nirgends zu Ausschreitungen gekommen zu sein. — Dresden. Vor einiger Zeit wurde in Chemnitz ein Metallarbeiter von hier verhaftet, der dort an mehreren Stellen falsche Thalerstücke aus gegeben hatte. In seinem Besitz wurden außerdem noch eine Anzahl derartiger Falsifikate vorgcfunden. Er behauptete damals, daß er dieselben von einem Unbekannten eingewechselt habe. Die Vermutung, daß man in diesem Menschen einen Falschmünzer erlangt habe, der eine ganze Anzahl von falschen Thalerstücken angefertigt und nicht nur hier in Dres den, sondern auch auswärts in den Verkehr gebracht habe, scheint sich zu bestätigen. Wie man erfährt, ist vor einigen Tagen in seiner Wohnung hier in der Friedrichstadt durch Beamte der hiesigen Polizei eine Durchsuchung vorgenommen worden und zwar mit einer solchen Gründlichkeit, daß sogar Handwerker zugezogen wurden. Hierbei sind nun in einem ver mauerten Raume nicht nur Gußgeräte und Metall, sondern auch GyPSformen zu Thalerstücken vorge funden worden, mit denen bereits falsches Geld an- gefertigt ist. — Leipzig, 8. Jan. Durch die Presse ging vor kurzer Zett eine Notiz, nach welcher noch 29 Kämpfer aus den Freiheitskriegen in Deutschland leben sollten. Da Herr Pietsch beabsichtigte, diese alten Kämpfer zu der am 1. März ds. Js. stattfin denden Eröffnung des großen Panoramas der Völ kerschlacht von Leipzig nach hier einzuladen, so wurden in dieser Richtung Erörterungen angestellt, welche leider ergaben, daß nur noch sechs der alten Herren am Leben sind, deren Körperkonstitution leider eine Reise nach hier nicht gestattet. — Waldenburg, 10. Jan. Der Gewinn von 10,000 Mk., welcher in der gestrigen Ziehung Schicksalsmächte. Novelle von A. Fischer, (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Schnell band sie die feuchte Arbeitsschürze ab, unter welcher ihr Kleid sauber und glatt geblieben und nahm ihren Korb und machte, daß sie aus der Mühle herauskam. Darauf wendete sie sich den Bergen zu und stieg den Pfad hinauf, der unweit des Baches in den Wald führte. O, im Wald war es doch viel schöner, als drunten stundenlang an der Walze zu stehen. Das war ein ermüdend Stück Arbeit für ein Kind der Berge, welches das Stillstehen schlecht fertig bringt. Doch das Lebe» lehrt mancherlei, besonders wenn die hohlwangige Not vor der Thür steht und drinnen in der Stube ein arbeitsunfähiger Vater ernährt und gepflegt werden toll. Leuchen Eisold, wie das hübsche Mädchen hieß, ging seitdem hinunter in die Mühle und erwarb sich für die Eltern den kargen Unterhalt, obgleich der reiche Besitzer der Mühle, Herr Ekbert, der Bruder von Lenchens Mutter war. An da« verwandtschaftliche Verhältnis mit ihrem Arbeitgeber zu denken, hatte sich Lenchen nachgerade abgewöhnt. Wozu auch es festhalten? Es regte ihr nur die Galle auf, wenn es ihr einftel, daß bei dem Onkel sich das Glück dem Fleiß zugesellte, während droben bei seiner Schwester, ihrer Mutter, trotz aller Mühe und Arbeit nur Hunger und Kummer seinen Einzug gehalten. Böse — dumme Gedanken! Sie änderten ein mal nichts an der Sache und machten Lenchen das Herz nur schwer und verdarben ihr jede Freude. der sächsischen Lotterie in die hiesige Kollektion ge- fallen ist, kommt zum Teil in die Hände unbemittel ter Leute, die mit wenigen Groschen sich an einem Zehntel beteiligt haben. Fortuna hat mithin ihre Gaben an der richtigen Stelle auSgeteilt. — Oelsnitz im Erzgeb., 8. Jan. Auf einer hiesigen Steinkohlengrube wurde der Schachtzimmer- ling Karl Emil Ginnold, 28 Jahre alt, verheiratet und in Röblitz wohnhaft, im Schacht auf dem Ge stelle stehend, beim Leitungsauswechseln von einer über Tage heretnkommenden Spitzhacke so auf den Kopf getroffen, daß er ohnmächtig etwa 10 m tief in den Schacht stürzte. Ginnold erlitt durch den Fall eine Stauchung der Wirbelsäule, Quetschung der Brust und Lunge, während fein Arbeitskollege nur am Arm und an der Hand getroffen wurde. Ginnold wurde ins Ottohospital gebracht und wird längere Zeit zur Hülung brauchen. — Treuen, 10. Jan. Der seit dem 23. Dezember vorigen Jahres von hier verschwundene Lehrer, Kandidat des höheren Schulamtes Friedrich Arno Hofmann, befindet sich in der Nervenklinik zu Leipzig. Der junge Mann hat sich gegen Ende des vorigen Jahres krank gefühlt und, ohne Jemandem Mitteilung zu machen, die genannte Heilanstalt auf gesucht, von wo aus erst am Dienstag beim hiesigen Stadtrate telegraphische Meldung eintraf. — Dem in Plauen erscheinenden „Vogtl. Anz." berichtete man dieser Tage von einer in der Neujahrsnacht Punkt 12 Uhr beobachteten merkwür digen Naturerscheinung mit der Anfrage, ob diese Erscheinung nicht auch von anderen Personen gesehen worden sei. Dies ist in der That der Fall gewesen, wie dem Blatt verschiedene Zuschriften aus Adorf, Grün, Roßbach und Neuberg in Böhmen bestätigen. Auch dort hatte man in der Neujahrsnacht punkt 12 Uhr in der Höhe ein „sonderbares, blitzartiges, bläulich-rotes Licht bemerkt. Eine Zuschrift aus Bad - Eister gcebt an, welcher Art die merkwürdige „Naturerscheinung" war. Der Photograph Emil Tietze in Bad - Elster hat nämlicb beim Aubrechen des neuen Jahres — einen Leuchtköiper in die Luft gesandt. — Plauen, 9. Jan. Ein erschütternder Un glücksfall hat sich gestern nachmittag hier ereignet. Der bei der Firma Gebrüder Uebe! seit 15 Jahren bediente Kutscher Dürfsld hatte am nachmittag seinen 13jährigen Sohn beerdigt; um den Schmerz über den Verlust des Sohnes zu vergessen, nahm der Mann sofort nach beendeter Beerdigung seine Thätigkeit wieder auf- Er war damit beschäftigt, ein schweres Faß Petroleum in den Keller zu bringen, das Faß kam aber in« Rollen, ein mitbehsiflicher Arbeiter konnte das Faß nicht erhalten und so wurde der Unglückliche von dem Fasse an Kopf und Brust der art schwer verletzt, daß er nach kurzer Zeit verstarb — drei Stunden nach der Beerdigung seines Kindes! Der Bedauernswerte hinterläßt Frau und vier schul pflichtige Kinder, denen nun der Segen der staatlichen Unfallversicherung zu Gute kommt. — Als ein bedauerlicher Beweis, wie das Gefühl für Anstand und die Bande guter Zucht und Sitte mehr und mehr verloren geht, kann u. a. auch folgender Fall dienen, welcher sich in einer Dorf schaft des Vogtlandes zugetragen hat. Ein im fortbildungsschulpflichtigen Alter stehender junger Mensch begegnete mit der brennenden Cigarre in der Hand auf offener Straße seinem Lehrec und entbiödete sich dabei nicht, diesem seinen Lehrer den Cigarrenqualm direkt in das Gesicht zu blasen. In folge dieser Frechheit schlug der Lehier dem Jungen den Glimmstengel aus dem Gesicht und die Folge war die, daß der letztere sich demonstrativ in das Wirtshaus begab, sich dort wieder Cigarren kaufte Die Eltern waren ja nicht schuld an dem Un glück und jetzt ging es auch, seit sie, das Lenchen, mit ihrem Wochenlohn dis schmalen Bedürfnisse der Haus haltung einkaufen konnte und die Mutter sich nicht mehr den Kopf zerbrach, wovon sie drei hungrige Magen satt machen sollte. Jetzt war Brot da und der äußerste Mangel gehoben. So schritt Lenchen in fröhlicher Stimmung ihren Weg, der sie eine Strecke am Bache entlang führte. Schräg durch die Tannenkronen fielen die Strahlen der Abendsonne und glitzerten und tanzten auf den kleinen Wellen. Die würzige Luft ließ sich so leicht und in tiefen Zügen einatmen »nd langsam stieg Lenchen bergan. Hin und wieder bückte sie sich und pflückte Farren und Blumen, wovon sie einen schönen Strauß wand und ihn für die Mutter in den Korb legte. Dann summte sie leise vor sich hin ein Lied und zuletzt trat sie an den Bach, die trocken gewordene Kehle durch einen Trunk des klaren Wassers anzufeuchten. Doch fuhr sie Plötzlich zurück und stieß ein Schrei aus. „Dummes Mng, was schreist Du denn so, als ob ich ein Gespenst wäre, Du verscheuchst mir die Forellen. Mit dem Fang ist's nun vorbei," rief jetzt ärgerlich eine Männerstimme. Zwischen dem Moos und den Steinen erhob sich langsam Ulrich Ekbert, der bislang dort regungs los ausgestreckl gelegen, so daß Lenchen ihn erst be merkt hatte, als sie beinahe über ihn stolperte. In ihren Augen blitzte der Schalk auf. Sie hatte den Ulrich sofort erkannt und im voraus über sein verdutztes Gesicht sich freuend, ries sie: „Ei guten Abend, Herr Vetter! Also Du bist und widersetzliche Redensarten führte, bi» ihm ein anwesendes Gemeinderatsmitglied endlich Ruhe gebot. Der Vater aber wußte nichts Besseres zu thun, als den insultierten Lehrer wegen groben Unfugs und Sachbeschädigung noch anzuzeigen. Da« setzt jedenfalls dem ganzen die Krone auf. — Lengefeld i. Geb , 8. Ja». In tiefe Trauer wurde die Familie des Lehrers Rose in Obersayda versetzt, indem sich ein Kind deS genann ten Lehrers durch Umreißen eines Eimers mit heißem Wasser derart verbrühte, daß eS an den Folgen der Brandwunden verschied. — Nochmals Vorsicht gegenüber den Fünf zigmarkscheinen! An einer Kasse in Sayda sind vier falsche auf einmal angehalten worden. Die verdäch tigen Scheine sollen bei Zahlungen aus Neuhausen in Sayda mit ausgegeben worden sein. — In Nr. 1 der sozialdemokratischen sächsischen „Arbeiter-Zeitung" werden in einem Artikel unter Bautzen die 17 armen Handwerksburschen mit be kannter Wehmut bedauert, die am heiligen Abend Polizeilich als obdachlos untergebracht werden muß ten. Mit welcher Begeisterung würden sie wohl der fröhlichen und seligen Weihnachtszeit gedacht haben. Dazu sind einige Worte am Platze. In Bautzen that die christliche Liebe viel in allerhand guten Werken, so auch für die heimatslosen Wanderer, da rum zieht der Weihnachtsabend gewöhnlich eine Menge wackerer Handweiksburschen, aber auch Vagabunden, in die Stadt, so daß ein Andrang entsteht, wie ihn sozialdemokratische Gegenden aus naheliegenden Grün den nicht zu verzeichnen haben. Diesmal galt es gegen 120 unterzubringen, von denen 17 nach Be setzung aller Herbergen nicht untergebracht werden konnten. In der Herberge zur Heimat fanden 70 Nachtquartier. Es war nur die Wahl zwischen dem Pferdestall in Gasthöfen und dem Correktionshaus, welch letzteres gewählt wurde, weil es ein besseres Lager bietet. Den 17 Fremdlingen wurde aber be deutet, daß dies nicht eine Strafe, sondern ein Not nachtlager sein solle, was jene auch keineswegs mit Wehmut oder Entrüstung, sonder dankbar und ver gnügt annahmeo. Jedenfalls haben dieselben auch abends in derHsrberge zur Heimat und am 1. Feier tag vormittags daselbst an den Weihnachtsgaben teil genommen. K Berlin, 9. Jan. Der Wortlaut der De pesche, welche der Kaiser als Neujahrsgruß dem Fürsten Bismarck übermittelte, war, englischen Blättern zufolge, nachstehender: „Ich hoffe, geehrter Fürst, daß Sie sich im Laufe des Jahres 1895 von dem schweren Schlage erholen werden, der Sie unlängst betroffen, und Sie sich guter Gesundheit und Stimmung erfreuen werden. Ihr Ihnen wohlgeneigter Kaiser." 8 Eine hübsche Neujahrsüberraschung wurde einer jungen Dame m Berlin zuteil, die, in einem der vornehmsten Geschäfte bedienstet, ihrem Chef mit der Kollegenschaar ihre Glückwünsche darzubringen gekommen war. Der Dame, die bisher ein Gchalt von 1500 Mk. empfangen hatte, eröffnete nämlich der Inhaber der betreffenden Firma, daß sie von nun an einen Vertrauensposten an der Kasse einnehmen und dafür ein „vorläufiges" Gehalt von 3000 Mk. beziehen werde. Dieses überraschende Avancement hatte das junge Mädchen einem Zufall zu verdanken, der ihr allerdings Gelegenheit geboten hatte, ihre Ehrlichkeit im hellsten Lichte zu zeigen. Als sie i» ben Tagen des Weihnachtstrubels gleich Anderen ihre Einkäufe in einem Geschäft gemacht hstte, bemerkte sie, zu Hause angelangt, daß das aus dem Muff zu Tage geförderte Portemonnaie einen Inhalt aufwies, wie er ihrem Gelddehälter selbst am Gehaltstage noch nie beschieden war. An der Summe von fast 300 Mk. ersah sie, daß sie trotz ähnlichen Aussehens nach es, der hier die Leute erschreckt, obgleich Du bei Deiner Länge und Breite wenig vom Gespenst an Dir hast?" „Vetter," wiederholte er gedehnt, während er das Mädchen mit seinen Hellen Augen glotzend ansah! „Nun ja. Ich bin die Eisold Lenchen und Du bist doch der Ekbert Ulrich, folglich sind wir recht Geschwisterkind mit einander. Ich kenne meine Leute besser als Du." Sie setzte dabei ihren Korb an die Erde, beugte sich über den Bach und schöpfte mit der hohlen Hand bas Wasser. Ulrich hatte Zeit, sie sich genauer an- zusehm. In ihren Bewegungen lag eine gewisse Anmut, welche ihn überraschte, wie cs ihm auch in den Sinn kam, daß der mit blonden Flechten ge schmückte Kopf hübsch genannt werden konnte, be sonders die klare, vom Gang frisch gerötete Haut ihres ovalen Gesichtchens. Dabei war sie über Mit telgröße und gerade und schlank gewachsen mit der vollen, weichen Rundung eines achtzehnjährigen Mädchens. Indessen hatte Lenchen ihren Durst gelöscht und Ulrich sich in feiner ganzen Länge er hoben. Lenchen griff nach ihrem Korbe und wollte davon. „Bleib doch," rief ihr Ulrich zu und faßte nach ihrem Arme. Sie streifte seine Hand aber ab und sagte kurz: „Ich habe keine Zeit." „Ach was, die Zeit läuft Dir nicht davon. Sag' mir lieber, wie es zugeht, daß Du mich sofort er kannt hast. Ich kann Dir gegenüber nicht ein Glei ches behaupten." (Fortsetzung folgt.)