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Feuer lauffen und dasselbe getrewlich und fleyssiglich leschen und wehren Helffen". Infolge« dieser Ver ordnung schaffte der Rat 100 lederne Feuereimer zum Aushängen im Rathaus, sowie Rollwagen zum Fortbringen der Leiter und Haken an. — In Dresden trat am Sonnabend mittag ein junger Engländer eben auS einem Blumengeschäft auf der Struvestraße heraus, ein frisch gekauftes Bouquet in der Hand, als er Plötzlich schwankte, auf daS Trottoir hinstürzte und leblos liegen blieb. Ein Herzschlag hatte dem jungen Leben em jäher Ende bereitet. — Leipzig, 30. Dezbr. In einem hiesigen Hotel wurde gestern morgen der fürstliche Obergen darm Künne aus Schleiz, der sich daselbst TagS zu- vor eiogemietet hatte, erschossen aufgefunden. — Unter der Angabe, sein Herr, ein Leutnant, komme auf den Abend nach, hat sich am Freitag Vor mittagen Leipzig ein mit vollständiger Ausrüstung versehener Soldat des 9. Infanterie-Regiments Nr. 133 in einem Hotel einlogiert. Schon eine halbe Stunde später verließ der junge Mann in Civilanzug, bestehend aus Sportsmütze, Havelock und Hellen Hosen, das Hotel, ohne wieder dahin zurückzukehren. Ebensowenig traf der Leutnant ein. Am Sonnabend erhielt nun der Wirt eine Postkarte aus Hannover, in der er ersucht wurde, die Mckitäreffeften an das 133. Re giment abzusenden. Offenbar ist es ein Deserteur, der sich auf eine feine Weise aus dem Staube gemacht hat. — Leipzig. Die Gnade des österreichischen Kaisers hat der jungen Frau des Buchdruckmaschinen- meisters Schmidt hier eine hohe Weihnachtsfreude bereitet, denn gerade am Weihnachtsheiligabend traf ihr Gatte, welcher als Soldat nach Pilsen eingezogen war, wieder hier ein. Schmidt, der Sohn eines hier eingewanderten Oesterreichers, ist in Leipzig geboren und erzogen. Die Leute hatten nicht daran gedacht, daß der Sohn trotzdem österreichischer Staatsange höriger blieb, obwohl er hier versehentlich in der Stammrolle geführt und schließlich der Ersatzreserve überwiesen würde. Der junge Buchdrucker heiratete, weil er glaubte, sich mit seinen militärischen Ver hältnissen abgefunden zu haben, und erschrak nicht wenig, als er eines Tages auf das österreichische Generalkonsulat beschieden wurde, wo man ihm mit teilte, daß er als österreichischer Staatsangehöriger sich sofort in Pilsen bei der Militärbehörde zu ge- stellen habe. Aller Protest half nichts — Schmidt hat sechs Wochen österreichische Uniform getragen und nur durch die Gnade des Kaisers Franz Josef wurde er seiner Frau zurückgegeben. Um die Unter stützung der Letzeren hat sich die hiesige Buchdrucker innung sehr v.rdient gemacht. Schmidt nimmt jetzt bei Metzger L Wittig seine alte Stellung wieder ein. — Leipzig, 31. Dez. Einem tragischen Geschick ist hier noch kurz vor Jahresabschluß ein blühendes, hoffnungsreiches Leben zum Opfer gefallen. Der an der hiesigen Universität weilende 24jährige oauä. moä. Oswald H. war am Sonnabend vor Weihnachten von einem leichten Unwohlsein befallen worden und verschaff!« sich zur Beseitigung desselben aus einer hiesigen Apotheke eine Dosis Cocain. Un glücklicherweise wurde ihm statt des verlangten Medi kaments nun Bleiwasser verabreicht, das zur Ein spritzung gelangte. Obwohl sofort von sachkundiger Hand Gegenmaßregeln ergriffen worden und die Eltern des Erkrankten unverzüglich zu seiner Pflege herbeieilten, nahm die Vergiftung, welche durch die erwähnte Verwechslung des Apothekers herbeigeführt worden war, doch einen unheilvollen Verlauf; in den letzten Tagen war der Kranke bewußtlos, und gestern nachmittag trat trotz aller ärztlichen Bemüh ungen der Tod ein. Ueber die Familie des Ver- Durch Kampf zum Glück! Novelle von H. Limpur g. Nachdruck verboten. Hochauf brausten die Wogen der Ostsee droben im Osten von Preußen und Peitschten weiß schäumen den Gischt bis tief in den weichen Ufersand. Heller Sonnenschein lag über den weißen Dünenstreifen, die sich von dem flachen Ufer ganz eigenartig abhoben, als habe eine Götterfauft sie aus andrem Lande hierher versetzt. Still und regungslos stand eine weibliche Gestalt am Ufer und blickte sinnend in die wilderregten Fluten, welche auf und niederbrausten in stets wech selndem Spiel; es war ein junges, schönes Mädchen mit reichem, blondem Haar und großen, beinahe schwer mütig dreinschauenden Augen; sie trug die farben reiche Tracht der Littauer, in den üppigen Zöpfen waren grüne Bänder eingeflochten und eine breite, seidne Schürze schloß sich eng um die zahllosen, von der Taille weit abstehenden Röcke. Anna Willufsen war die Nichte des alten Fischers Willnfsen und führte ihm den Haushalt. Er besaß nur zwei Söhne, von denen der älteste, Namens Johns, gleich falls das Fischergewerbe des Vaters betrieb, während der jüngere, Willem, Kapitän eines Kausfahrers war und nach einer zweijährigen Abwesenheit nun wieder in der Heimat zurückerwartet wurde. Anna seufzte heute tief und preßte die weißen Zähne fest aufeinander, während eine Thräne über ihre Wangen rollte; was fehlte ihr? WaL bewegte dies schlichte Mädchengemüt, welches noch nie über den heimatlichen Strand himmSgekommen war und dem storbenen — sein Vater ist Gutsbesitzer in der Nähe Leipzigs — ist damit großer Kummer und unendlicher Schmerz gebracht worden. Besonders in akademischen Kreisen, wo der Verstorbene, der einer hiesigen Lands- Mannschaft angchörte, einen großen Freundeskreis besaß, findet das tragische Geschick deS hoffnungs vollen Kommilitonen allseitige Teilnahme. — Chemnitz, 29. Dez. Der erste Haupt gewinn der Schandauer Ausstellungsloiterte, welche am 21. und 22. Dezember gezogen wurde, ist in unsere Stadt, und zwar in die Kollektion von Sturm und Wehnert (Cigarrengeschäft), gefallen. Der Gewinn besteht in einer vollständigen Wohnungseinrichtung im Werte von 5009 Mk., wahrlich ein schönes Weih nachtsgeschenk für den glücklichen Inhaber des be treffenden Loses. Außerdem fiel noch einer der sechs in fünfter Linie stehenden größeren Gewinne, welche zusammen einen Wert von 3000 Mk. repräsentieren, in die erwähnte Kollektion. — Aus dem Kirchenchore in Lengefeld j. Geb. schied mir Schluß des Jahres 1894 ein Sänger aus, welcher ihm 74 Jahre ohne Unterbrechung an gehört. Dieser Nestor des Kirchengesanges, Ferdi nand Schönherr, ist 6 Jahre Kurrendaner und 68 Jahre Kantorist gewesen. — F a lk e n st e i n, 30. Dez. Vorgestern abend erhob sich in hiesiger Gegend ein heftiger Schnee sturm, welcher sich im Laufe der Nacht noch bedeutend verstärkte und am heutigen Morgen noch anhielt. Der Verkehr mit den ländlichen Ortschaften ist sehr erschwert. Die Schneewehen reichen an verschiedenen Stellen auf den fiskalischen Straßen bis an die Kronen der Alleebäume. Verkehrsstörungen sind bis jetzt noch nicht zu verzeichnen, was wohl den guten Schneeschutzvorrichtungen längs der Bahnkörper zu danken ist. — Am Sonnabend sind auf einem Ober-- Hohndorfe r Steinkohlenwerke der Häuer Franz Emil B-ier aus Friedrichsgrün und Friedrich Max Brückner aus Reinsdorf infolge Einmatmens von Kohlensäure erstickt. Es war schon zum Schichtan- fang bemerkt worden, daß die Wetter in dieser Strecke matt waren, und als Beier in die Strecke hinunter-- gestiegen war, rief er sofort: „Helft mir!", dann Hörle man ihn nur noch röcheln. Brückner und ein Mit arbeiter sprangen sofort hinzu, um den rc. Beier herauszuziehen, hierbei kam aber Brückner, jedenfalls auch durch die Kohlensäure betäubt, zu Fall, während sich der andere Mitarbeiter durch Zurückziehen retten konnte. Bei den sofort angestellten Rettungsversuchen gelang es zwar, die beiden Verunglückten gegen s/iH Uhr herauszuschaffen, sie waren aber ohne Besinnung und es gelang trotz angestellter Versuche nicht, sie wieder in's Leben zurückzurusen. — Limbach hat ein reiches Weihnachtsge schenk erhalten. Am 23. Dezember feierte Frau Dr. Esche den siebzigsten Geburtstag, und um der Freude hierüber nun einen würdigen Ausdruck zu geben, haben Magdalene Clauß geb. Esche in Chemnitz, dis Tochter der genannten Dame, und die Söhne derselben, Eugen Esche in Chemn tz und Amtsrichter Dr. Esche in Annaberg, in hochherziger Gesinnung dem Rate der Stadt die Summe von 30000 Mk. überwiesen mit der Bestimmung, die Zinsen dieses Kapitals zu milden Zwecken zu verwenden. — Marienberg, 28. Dez. Ein seltener kirchlicher Akt fand in unserer Kirche am ersten W ihuachtSfeiertage im Anschluß an den Festgottes dienst statt: die Aufnahme eines römisch-katholischen Christen in unsere evangelisch-lutherische Kirche. Die Handlung vollzog sich vor versammelter Gemeinde und nahm einen sehr feierlichen Verlauf. Der über tretende christliche Mitbruder, Tischler I. L. aus Pobershau, war an die Stufen des Altars vorge- Fische und Möveneier die interessantesten Dinge auf der Welt zu sein schienen. Sie war lange Jahre mit den beiden Brüdern aufgewachsen und kannte dieselben als wärcn's ihre eigenen; sie hatten miteinander am Seeufer nach Muscheln gesucht, waren im kleinen Boote mitten hineingefahren in die tosende See, ohne nur mit der Wimper zu zucken, hatten gemeinsam mehr als einmal angeschwemmtes Strandgut gerettet und waren Hand in Hand endlich zur Konfirmation in das kleine, schlichte Dorfkirchlein geschritten. Und dann kam das Leben an sie heran mit der ersten bitteren Trennungs stunde! Willem, der jüngere und bei Weitem befähig tere Sohn, mußte zu Schiff, um als Seemann zu lernen und seinen Weg allein machen zu können. Johns, der ältere, segelte mit dem Vater hinaus auf den Fischfang. Zuweilen gab es auch für Johns allerlei zu schmuggeln und ein so kühner Mensch wie er, der die See wie seine eigene Tasche kannte, schreckte vor keiner Gefahr zurück. Man munkelte und flüsterte allerhand über ihn, wenn er sich sehen ließ, doch das kümmerte ihn nicht und mit trotzig erhobenem Haupte schritt er dahin, als wollte er sagen: „Was kümmert mich das Ge rede der Leute! Mögen sie nur kommen, ich bin ihnen allen gewachsen." So waren acht Jahre dahin gegangen, in denen der jüngere Bruder Kapitän Willem nur zweimal flüchtig daheim gewesen, aber diese flüchtigen Stunden hatten Anna genügt, ihm ganz und völlig ihr Herz zu schenken. Freilich verschloß sie diese Gefühle ängst- lich in ihrer Brust, denn eS entging ihr nicht, daß treten, von dem aus Superintendent Merbach eine ergreifende Ansprache an die Gemeinde und den neu Aufzunehmenden hielt. Nachdem letzierer sodann knieend die ihm vorgelegten Bekenntnisfrageu laut und vernehmlich bejaht, durch Handschlag seinen in fester Ueberzeugung und ernstester Selbstprüfung be gründeten Uebertritt bestätigt hatte und in einem gemeinsamen Gebet deS neuen evangelischen Mit- bruderS gedacht worden war, empfing derselbe den Segen der Kirche. Hiermit fand die würdige Auf- nahmehandlung ihren Abschluß. Während derselben waren die Mitglieder deS hiesigen Kirchenvorstands als Zeugen deS UebertritteS auf dem Altarplatze ver sammelt. — An demselben Tage erfolgte in der Stille die Aufnahme eines reformierten Christen in die lutherische Kirche. Da die Abweichungen des re formierten Bekenntnisses von dem lutherischen bei Weitem nicht so schwerwiegend sind, als die von der römisch-katholischen Glaubenslehre, sondern vielmehr in den großen Grundsätzen der Reformation — die heilige Schrift die alleinige Quelle des Glaubens und Lebens und die Rechtfertigung allein durch den Glauben — übereinstimmen, so genügt es bei dem Uebertritte eines Reformierten, wenn derselbe erklärt, der lutherischen Lehre vom heiligen Abendmahle zu zustimmen, und es hierauf nach lutherischem Ritus empfängt. — Sebnitz, 31. Dez. Vergangene Nacht in der ersten Stunde durchtönten Fcuerrufe und Alarm signale unsere Stadt. Auf bis jetzt nochunermittelte Weise war im Bodenräume der auf der Langenstraße hier gelegenen Henscl'schen Restauration und Herberge „Zur Weintraube" Feuer ausgebrochen, wodurch dieses Haus samt Hintergebäude in Asche gelegt worden ist. Leider ist bei diesem Brande auch ein Menschenleben zu beklagen, indem ein junger aus wärtiger, zur Zeit hier beschäftigter Buchdrucker, welcher in dieser Herberge wohnte, in den Flammen den Tod gefunden hat. — In Löbtau ist dieser Tage ein Schlosser geselle verhaftet worden, der hier in Dresden, während er für seinen Prinzipal in Geschäften Arbeiten aus führte, allerlei freche Diebstähle verübt hat. So nahm er in einem Ausschnittgeschäft einen Coupon Seidenstoff mit fort, in einer Weinhandlung stahl er nach und nach 8 Flaschen Wein, in einem anderen Geschäft eine goldene Nadel usw. Seine Beute trug er meist zu Pfundteihern — Ein rührendes Wiedersehen spielte sich am WeihnachtShciltgenabend vor dem Thore einer Fabrik in Großenhain ab, wie das dortige Tageblatt schreibt. Unter den von der Arbeit he'mkehrenden Männern und Frauen befand sich auch die Frau H., auf welche plötzlich aus der Dunkelheit ein junger Mann zuschrecket und fragt: „Nicht wahr, Sie sind Frau H.?" Die Frau, anfangs erschrocken über das jähe Dazwischentreten des jungen Manr.es, vermutete nichts Gutes und verneinte die an sie gerichtete Frage: „Nein, ich bin nicht Frau H.!" Da aber tönte es ihr mit bewegter Stimme entgegen: „Und, Mutter, Du bist doch Frau H.!" und mit dem Ausrufe: „Mein lieber Junge!" umschlingt die Mutter den jungen Mann. Ein sehnendes Mutterherz hatte den seit siebenJahren verschollenen längst totgeglaubten einzigen Sohn gefunden. Die Freude des Wiedersehens zwischen Mutter und Sohn, welch' Letzterer zur See gegangen und sieben Jahre in den entlegensten Welt teilen umhergeschlagen worden war, möge sich der Leser ausmalen. Ein schöneres Weihnachtsfest dürfte wohl weder Mutter noch Sohn je verlebt haben. . — Zittau, 31. Dez. In Warnsdorf wurde die 17jährige Marie Rampsel von ihrem Geliebten, dem Schlosser Langer aus Trautenau, ermordet. Der Mörder ist entflohen. Johns, der Fischer, sie mit seiner Neigung verfolgte und sie wußte nicht, wie sie diese Gefahr umgehen könne. Nach und nach jedoch schwand die Hoffnung immer mehr, daß Willem jetzt wiederkehren werde und Anna begrub die heißen Thränen der Liebe zu ihm in ihrem Innern. Weihnachten war herangekommen, das Wetter blieb noch immer mild und der gewohnte Schnee fall trat dieses Jahr nicht ein, sodaß alle Fischer verwundert die Köpfe schüttelten. Anna stand sinnend am Ufer der See und blicke unverwandt in die brausenden Wogen; sie meinte deren Sprache zu verstehen, sie sah in jeder derselben eine gute Bekannte, welche schmeichelnd bis zu ihren Füßen rollte und laut und immer lauter zu locken begann: „Komm zu uns, hier ist es still und kühl. Hier giebt es keinen Kummer und kein Herzeleid und Du wirst ruhig schlummern auf weichem Sand." Aber bas Mädchen seufzte nur und preßte die Hand auf die Brust. Nein, o nein, das ging nicht an! Sie war jung und willensstark, sie durfte nicht erschöpft das Lebe» von sich werfen, welches sich ihr kaum erschlossen. „Was thustDu hier, Base?" rief da eine rauhe Männerstimme und Johns Willufsen stand an ihrer Seite, „der Wind weht stärker heute Morgen und ich meine, wir können zum heiligen Christabend einen ordentlichen Sturm haben." „Der Winter wird jetzt kommen, wir haben ja bald Neujahr und eS wird Zeit," entgegnete daS junge Mädchen. „Hm ja, eS wird Zeit! Aber höre, Anna, so