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stellt wird, eine unglaubliche Unverschämtheit gegen über der übrigen Welt und eine lediglich auf eine große Macht begründete Gewaltthat allen amerika nische» und denjenigen europäischen Staaten gegen über ist, die Interessen in Amerika habe» «* Sofia, 10. Febr. Einer Meldung der „Agencs Balcrniq re" zufolge erschien am Sonnabend die Nationalversammlung korporativ zum Empfange im Palais. Auf eine Ansprache Kes Präsidenten der Sobranje, Theodorow, der den Dank der Nation für den Akt seltener Staatsweisheit und beispielloser Selbstverleugnung seitens des Fürsten Ferdinand aussprach, antwortete Fürst Ferdinand in einer An sprache, was er gethan habe, sei ihm durch eine Pflicht gegenüber der Nation auserlegt gewesen, die seit einem Jahrzehnt ihr Schicksal vertrauensvoll in seine Hände gelegt habe. Er habe dem Baterlande ein Opfer gebracht, so groß, so grausam und so tief einschnerdend, wie es in der Geschichte noch kein Bei spiel gegeben habe. Er habe für das Heil und das Glück Bulgariens sein eigenes Kind als Unterpfand gegeben und darum die Bande seiner Familie ge lockert und die Bande, die ihn an den Occident fes selten, zerrissen. Dagegen fordere er nunmehr von seinem Volke nicht lärmende Ovationen und gleiß- nerischs Huldigung, sondern Ehrfurcht und Vertrauen für seine Person. Er erwarte, daß das Datum des 2. Februar einen Markstein bilden werde für die Reinigung der öffentlichen Meinung und daß von diesem Tage an in Bulgarien kein Raum mehr sein werde für eine nichtswürdige Presse, welche nur den niedrigen Interessen von Jutugnen diene, und für die eine gewissenlose Opposition, welche die Person des Herrschers und die Ehrs Bulgariens durch In sulte besudele. Der Fürst sprach sodann die Zuver sicht aus, daß die Worte der Konstitution von der Heiligkeit und Unantastbarkeit des Herrschers in Zu kunft keine leere Phrase bedeuten uuddaß alle Bul garen sich einig fühlen würden in der Dwise „Ein Gott, ein Herrscher, ein Vaterland". Der Fürst schloß seine Ansprache mit dem Ausrufe: ,,DerOc« cident hat ein Anathem über mich ausgesprochen, dis Morgenröte des Orients umstrahle Wt.,ue Dy nastie und leucht- über unsere Zukunft!" Em unbe schreiblicher, nicht suden wollender Jubel folgte diesen Worten. Nach einer Pause teilte dann der Först noch das vom Kaiser Nikolaus erhaltens Tele gramm mit. ** Madrid, 10. Frbr. Heute früh halb 10 Uhr platzte über der Stadt Madrid ein Meteor. Die Explosion erfolgte, wie eine Mitteilung des Observatoriums besagt, in der Höhe von 32,000 m unter glänzenden Lichterscheinungen und war von einem gewaltig« Rollen begleitet, das eine sicht bare P«M heworrief. Alls Gebäude der Stadt wurden erschüttert und zahlreiche Fenster zerbrochen. ** London, 8. Febr. Der nach New-Jork bestimmte Dampfer „Lammgivn" scheiterte bei Fire Island. Die Mannschaft konnte des stürmischen Wetters wegen bislang nicht gerettet werden. Deutsches RsichsLsg. Sitzung vom 10. Februar. Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung der Gewerbenovellr. Abg. Metzner (Centr.): Zur Vermeidung jeder Verschleppung wünschen wir, daß die Vorlage diesmal einer Kommission nicht erst überwiese» werde. Besonders am Herze» liegt mir die Bestimmung des Art. 3, welcher die Konsumvereine hinsichtlich des Vertriebs geistiger Getränks den für die Schankwirt schaften geltenden Vorschriften unterwirft. Wie viel hat allein der Breslauer Konsumverein im letzten Geschäftsjahr an Schnaps abzesetzt! Das Heidel- such an die Schlucht in dem kleinen Gehölz gekom men. Sein Kamerad wollte sich von dem bewußten Haselnußstrauch auf den Grund der Schlucht meder- Lassen, der Strauch aber, an welchem sich Heinrich senhielt, war unter dessen Gewicht rasch aus seiner Lage gewichen, so die Oeffnung zu dem geheimen Gange in den hintersten Weinkeller zur nicht geringen Überraschung der beiden Burschen freigebeud, die nun schnell das Uebrige ausfindig gemacht hatten. Jeden Tag waren von ihnen einige Flaschen der verschiedensten edelsten Weinsorten aus dem aufge- fundeuen Versteck hsrausgeschafft und in dem so ab gelegenen verfallenen Tempelchen im Park mederge- legt worden, wo dann der edle „Stoff" von den „Entdeckern", dir ihr Geheimnis gewissenhaft für sich bewahrten, gewöhnlich auch genossen worden war. Als das seltsame Trio das Innere des Schlaffes erreicht hatte, verließ Herr v. Benckenborff die beiden Sünder, ohne die ganz zerknirscht Dastehenden noch weiter eines Wortes zu würdigen und verfügte sich zu Generalleutnant v. M., den er auch in seinem Zimmer antraf. Stumm, aber mit einem vielsagenden Lächeln setzte der Adjutant die Flasche Chateau Lafitte vor dem Divisionär nieder, der bald die Weinflasche mit der verheißungsvollen Etikette, bald seine» Unter gebenen mit ganz erstaunten Blicken betrachtete. Jetzt berichtete Herr v. Bencksndorff seine merk würdigen Erlebnisse mit den beiden Burschen, und rasch gab der Divisionär Befehl, daß die Scheide- mauer im Weinkeller eingeschlagen werde, waS den aufgebotenen Mannschaften nach mehrstündiger An strengung auch gelang; natürlich nutzte dem wackeren berger Faß könnte diese Menge nicht fassen. In Goslar ist der Absatz des Konsumvereins an Schnaps von 63 Liter pro Kopf im Jahre 1888 auf 74 Liter im Jahre 1890, also um 11 Liter pro Kopf in drei Jahren gestiegen. Die Konsumvereine, die doch an geblich ideale Ziele verfolgen, sind zu einer reinen Giftquells für ihre Mitglieder geworden. Die Vereine verdienen am Schnaps 40—50 Prozent. Ich werde in der zweiten Lesung beantragen, daß die Unter stellung der Konsumvereine unter §33 der Gewerbe ordnung nicht erst der Anordnung der Landesregie rungen anheimgegeben, sondern gleich hier im Gesetz festgelegt wird. Art. 4 der Vorlage geht mir da gegen zu weit. DaS Verbot, eine Drogerie zu be treiben resp. fortzusetzen, schließt unter Umständen eine Härte gegen das Publikum in sich, das alsdann in die teure Apotheke laufen muß. Der Hausier handel müßte in der Regel verboten und nur aus nahmsweise im Bedürfnisfall gestattet sei». Abg. Schneider (freis. Vcr.): Durch eine solche Maßregel werden dem Verkehr immer mehr Beschwerden auferlegt, und schließlich werden Sie froh sein, wenn die PoLizer von denselben möglichst wenig Gebrauch macht. Einverstanden sind wir mit dem Verbot des Hausierens durch Kinder und mit der Ausdehnung der Arbeiterschutzvorschuften aus die Konsumvereine; dagegen lehnen wir dre Beschränkung der Thealerunternehmungen usw., die Ausdehnung der Konzessionspflichtigkeit und vor allem die zu weit gehenden Bestimmungen gegen den Hausierhandel, ins besondere das Verbot des Aufsuchens von Waren bestellungen bei Pftvatperfonm ab. Ueber den Hau sierhandel liegt eine genaue Statistik für den Regie rungsbezirk EZuft vor. Hier hat die Zahl der Hausierer innerhalbeiA!gerJahrevvn6020auf4870abgenommen. Durch die Vorlage werden einzelne Gemeinden, vor allem im Eichsfelde, schwer geschädigt. Wenn man nun da voftchreiben wolle, daß das Hausiergewerbe vor erpichtem 25. Lebensjahrs nicht burievra werden darf, so werde mit Recht gesagt: Was sollen denn die Leute eigentlich treiben, ehe sie 25 Jahre alt sind? In den Vorschriften über die Theaterunter- nelmmrWN werbe der augestrebte Zweck nicht erreicht, unü eL werde sich Leicht ein Proteklionswessn ent wickeln. Redner wendet sich schließlich gegen die KonzessioAspfliLtigkeit der Konsumvereine für Ver trieb geistiger Getränke, ebenso gegen die Bestim mungen über den Kleinhandel mit Bier und den jenigen mit Drogen bez, Heilmitteln. Abg. v. Holleuffer (kauf.) erklärt sich im allgemeinen mit der Vorlage einverstanden. Zu dem vom Cent!um angskändigten Antrag betreffs der Konsuwvereme behalte sich die konservative Fraktion ihre Stellungnahme heute noch vor. Der Forderung des Bedüffmsuachweisss für den Hausierhandel stän den er und seine Freunde nicht so ablehnend wie die Regierung gegenüber; aber sie legte« ihr auch nicht solche Wichtigkeit bei wie das Centrum. Abg. Dr. Hasse (nl.): Mit den Bestimmungen über den Hausierhandel und dis Theaterunterneh- mungen sind wir einverstanden, wie wir überhaupt im Großen und Ganzen auf den Boden der Vorlage treten, wogegen wir nicht geneigt sind, so weit zu gehen, wie es schon im Vorjahrs von anderer Seite gewünscht worden ist. Abg. Reißhaus (soz.) verlangt Schutz des weiblichen Theaterpsrsonals gegen die Unternehmer. Metzner habe mit Pathos den ethischen Gaul gerit ten, dabei jedoch nur das nackte J«tecesss der Schank wirte vertreten. Gegen den Schnapskonfum Helfs nur, wenn man das Volk wirtschaftlich besser stelle. Mit den ursprünglichen Bestimmungen über das Detailreisen helfe man dem seßhaften Handel nicht, Monsieur Jacques alles Protestieren gegen diese Maßnahmen mchts. Die anfgefundenen Weinvorräte wurde» feier- lichst für bas Stabsquartier mit Beschlag belegt, de» KellerschlüsssL aber mußte Freund Heinrich selbst verständlich abgeben, das wichtige Instrument wurde einer zuverlässigen Persönlichkeit übergeben; seitdem hatten die Herren Offiziers vom Stabe der Lten Division, so lange sich ihr Quartier noch in Schloß Etampes befand, stets die herrlichsten Weine auf der Tafel. Im Uebrigsn erfuhr man endlich durch die Plaudauerei eines der zurückgebliebenen Bedien ten des Vicomte de Bignerolletz, was der Premier- leutnant v. Bsnckendorff schon vermutet hatte: Der Besitzer des Schlosses Etampes hatte vor seiner Ab reise alle die wirklich guten Marken seines reichen Lagers in den hintersten Teil des Kellers schaffen und dann den letzteren durch die dicke Ziegelmauer von den anderen Partien des Gewölbes abschließen lasten. Als Alles beendigt war, war der Vicomte, welcher dem Bermauerungsschäft persönlich beige wohnt, nebst seinem treuen Haushofmeister Jacques durch den schon Jahrhunderte alten unterirdische» Gang in Freie gelangt, ohne zu ahne», daß besten Oeffnung einige Wochen später durch einen seltsamen Zufall den verhaßten „Prussiens" verraten werden sollte. — Franz und Heinrich bekamen wegen ihres schmählichen Verhaltens in der Weinaffatre zunächst eine längere scharfe Arreststrafe zudiktiert und wurden dann wieder zum Dienst bei der Kompanie komman diert; über ihre weiteren Schicksale im fernere» Ver laufe des Feldzuges berichtet die Fama nichts. den» der Kleinhandel werde von den großen Waren geschäften aufgesogen. Abg. Dr. Bürkli» (nl.) erkennt au« den Worten de« Vorredners über die Bühnenverhältnisse die wohlwollende Tendenz an, aber seine Vorschläge seien unannehmbar. Ideale seien die Bühnenzustände nicht, aber das seien sie auf keinem Gebiete. Die Mitglieder der Bühnengenossenschaft seien jedenfalls bestrebt, vorhandenen Mißständen abzuhelfen; soweit daS noch nicht gelungen sei, liege es an der Schmie- rigkeit der Sache. Die Kündigungsverhältnisse z. B. würden durch einen dritten Faktor mit verschuldet, durch bas Publikum. Die einseitige Kündigungs frist bestehe überdies nur für die Probezeit. Die Theaterdir ektoren spinne» im allgemeinen keine Seide, auch die Schauspielerinnen seien nicht lauter Engel (Heiterkeit) und daher Disziplin sei nötig. Goethe habe eine Schauspielerin mit wechenlangem Arrest bestraft. Abg. v. Wolszlegier (Pole) kann den Be stimmungen über die Schauspielunternehmer und über den Drogenhandel nicht zustimmen, wogegen er die Konzessionspflicht der Konsumvereine und die Be schränkungen des Detailreisens und Hausterwesen« rückhaltslos billigt. Abg. Galler (Dtsch. Volksp.) hält es für richtiger, die Regelung des Hausierwesens den Emzel- staateu zu überlasten. Das ganze Gesetz zeige den krankhaften Zug, alle Schäden am wirtschaftlichen Körper durch Gesetzgebung zu heilen. Der Krebs schaden liege aber nur im Militarismus. Abg. Quentin (nl.) macht eine Reihe von Bedenken gegen die Vorlage geltend. Betreffs der Beschränkung des Detailreisens würden u. a. die vielen auf das Detailreiseu angewiesenen kleineren Leinen- Warengeschäfte in seiner Ravensberger Heimat zu Gunsten der großen Versandtgeschäfte geschädigt, WaS doch dem Zweck der Vorlage gerade zuwiderlaufs. Nunmehr vertagt sich das Haus. Morgen Be sprechung der vorgestrigen Erklärung des Reichs kanzlers über die Währungsfrage, sodann Weiter- beratung der Gewerbenovelle. Für das Frühjahr. (Nachdruck verboten. Das Jahr 1889 war das letzte, m welchem wir im deutschen Reichs eins umfangreiche Bewegung un ter deu Gehilfen und Arbeitern der meisten industriellen und gewerblichen Betriebe hatten, Vie eine Lohnauf besserung oder Verkürzung der Arbeitszeit anstrebte. Dress Bewegung erstreckte sich über alle europäische« Staaten, ging auch von den Großstädten auf die Mittel- und Kleinstädte über, bis sie schließlich aus Mangel au Nahrung erlosch. Seitdem haben wir bet uns keine allgemeine Streikbewegung mehr gehabt, »ur vereinzelte größere Zwischenfälle auf diesem Ge biet, wie der Berliner Bierkcisg, machten von sich reden. Für dies Frühjahr ist nun von ziemlich zahl reichen gewerbliche» Bereinigungen in Großstädten eine neue Lohnbewegung in Aussicht genommen, die aber, wie sich voraussehen läßt, auf die Großstädte, voran Berlin, beschränkt bleiben wird. Der Grund dafür liegt in den thatsächlichen Verhältnissen. Wir wissen, daß nach dem Jahre 1883 sieben recht magere Jahre für Industrie und Gewerbe ge kommen sind, und daß erst in vereinzelten Zwei gen eine Besserung sich geltend zu machen begrünt. In der Klein- und Mittelstädten hat sich infolge da» von die Zahl der Arbeitskräfte auch wohl verringert, aber die eingeführten Lohnverhältnisse sind doch im Durchschnitt aufrecht erhalten geblieben. Hinzu kommt, daß man hier die Wirkung der billigen Lebens- mittelpreise ganz anders vermerkt hat, als in der Großstadt, wo sehr vielfach die Größe der Back ware den geltenden Gstreidepreisen auch nicht ent fernt entsprochen hat und auch heute nicht entspricht. In Kleinstädten und Mittelstädte« haben mit verein zelten Ausnahmen auch die Mietspreffe keine Erhöh ung erfahren, Mährend in den Großstädten gerade für kleine Wohnungen ein vielleicht etwas verlang samtes, aber doch stetiges Hinaufschrauben der Mieten erkennbar ist. Was aber die Hauptsache in den Großstädten ist: In der kritischen Zeit trat nicht blos ein starkes Hsrabdrücken der Fabrikationspreise und ein sehr vermehrtes Arbeitsangebot, sondern auch eine teilweise bis zur Unerträglichkeit verschärfte Konkurrenz ein, welche die Arbeitslöhne gewaltig hat heruntergshsn lassen. Das ist natürlich nicht in allen Branchen der Fall, aber doch vielfach, und hierin sind vor allem die Ursachen der neuen Lohn- vewegung, die direkt den Charakter einer großstäd tischen hat, zu suchen. Ob freilich die Absatz-Ver hältnisse schon wieder so befestigt sind, daß sie eine» neuen Zwischenfall ertragen können, dürfte die Frage sein, und hiervon wird auch der Ausgang aller Streiks, die geplar.t sind und noch geplant werden, abhänaen. Am meisten die öffentliche Teilnahme in Anspruch nimmt die Bewegung der Arbeiterinnen in der Kon« fektionsbranche. Hier ist eine der Quellen der Un- sittlichkeit der Grogstädte, denn die überaus traurige Bezahlung drängt so manches Mädchen, welches kei nen Famtlienanhalt hat, auf den Weg des Lasters. Das ist nicht« Neues, das weiß man seit Jahren, und darum ist es sehr bedauerlich, daß man immer fort die Dinge hat weitergeheu lassen, wie sie woll ten. Schon am 11. Mai 1885 hat der Reichstag Ermittelungen über die traurigen Lohn-Verhältnisse