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Wochen- und Rachrichtsblatt zugleich HMK-ZWM fir Lspkff, UdH, Kemhols, ZLideff, St. Wien, Keimichsort, Kmenn nü Mei. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. 46. Jahrgang. Nr. 37. Fernsprrch-Anschlutz Freitag, den 14. Februar 1896. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgend«, Tag.- Merteljährlich« Bezugspreis 1 Mark 2S Pfennige. — Einzelne Nummer 16 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 17S, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate «erd«, di« oiergespaltrne LorpusMe oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Nhr. Geschäftslage de« Sparkasse zu Callrrberg: Montag, Donserstag und SonnabeNd. Verzinsung der Einlagen vom 1. April av mit 3°/o und Ausleihung von Geldern unter den Müßigsten Bedingungen. Bolksbivliothek Mittwoch Und SonNabend vosr 12 bis 1 Uhr. LKMsgsschichSK. *— Lichtenstein. Am 15. Febr. d. I. findet von vormittags 9 Uhr bis Nachmittags 1 Uhr in dem Gelände nördlich von Mülsen St. Jakob in der Richtung gegen Rümpfwald-Voigtlaide ein Abtei lungsgefechtsschießen des 9. Infanterie-Regiments Nr. 133 statt. Es ist daher in dieser Zeit in dem Gelände, welches zwischen dem Kommunikationswege Thurm-Voigtlaide und der Mülsengrundstraße von Mülsen St. Jakob-Thurm (westlich), der fiskalischen Straße von Lichtenstein nach St. Egidien (östlich), der fiskalischen Straße von Mülsen St. Jakob nach Lichtenstein-Callnberg (südlich) und dem Dorfwege in Sr. Egidien, der fiskalischen Straße St. Egidien- Glauchau bis zum Forsthaus und dem Kommmü- kationswege vom Forsthause über Rothenbach nach Voigtlaide (nördlich) liegt, jeder Verkehr und alle Arbeit verboten. — Die „geschlossene Zeit" «aht! Mit dem 18. dss. Ms., dem Faschings-Dienstag, endet in diesem Jahre die fröhliche Zeit, die unter dem Szepter des Prinzen Carneval steht. Von diesem Tags ab dür fen öffentliche oder Gesellschafts-Maskenbälle nicht mehr abgehalten werden und bald darauf, am 14. März, beginnt die sogenannte „geschloffene Zeit", in welche« Bälle überhaupt nicht mehr stattfinden dürfen. Erst de« zweite Osterfeiertag giebt der leichtfüßigen Göttin des Tanzes, Terpsichore, ihre Rechte wieder zurück. — Es kommt häufig vor, daß sich bei Gericht überreichte Testamente bei der Eröffnung als ungül tig oder unausführbar erweisen. Oft ergiebt sich daraus ein heftiger Streit unter den Erben, den der Erblasser durch das Testament gerade hat ver meiden wollen. Der Grund dieses Mißerfolgs ist fast stets, daß das Testament falsch aufgesetzt worden ist. Es ist deshalb Jedem, der ein solches errichten will, dringend zu raten, sich sogleich an das Gericht oder einen Notar zu wenden, nicht aber das Testa ment durch eine andere Person aufsetzen zu lassen und dem Gerichte zu überreichen. Die richtige, u e b e r l i st e t» Eine merkwürdige Testamentsgeschichte. (Nachdruck vsrSoten.) (Fortsetzung und Schluß.) Fritz winkte Babette zu, das Vorzimmer zu verlassen und verfügte er sich dann in die Kranken stube, um selbst nach dem Patienten zu sehen. Als er sich jedoch über das Lager desselben beugte und zugleich die rechte Hand des Ruhenden ergriff, be merkte Fritz zu seiner Bestürzung, daß er nicht mehr einen Schlummernden, sondern einen Toten vor sich hatte, sodaß der Diener erschrocken das starre, bleiche Antlitz seines Herrn mit der leichten Bettdecke ver hüllte. Rasch faßte sich indessen Fritz wieder, und während er über die Plötzlich so veränderte Situation nachdachte, überkam ihn ein wunderliche« Gedanke, zu dessen Ausführung er sogleich fchritt. Er begab sich in den Empsangssalon, bat zunächst den Leut nant von Malten, auf einen Moment ihm zu folgen, und führte ihn dann schweigend in bas Sterbezimmer Benno's v. Malten. Hier erst brach der Diener sein Schweigen, er sagte mit leiser Stimme, indem er nach der Ruhestatt des Toten deutete: „Fassen Sie fich, Herr Leutnant, Ihr Herr Onkel weilt nicht mehr unter den Lebenden, er scheint sanft und plötzlich schon vor Stunden verschieden zu sein. Bitte aber, Herr Leutnant," fuhr Fritz ein dringlich fort, als er bemerkte, wie tief den jungen Mann die ihm so unerwartet gewordene Trauer runde erregte, „Sie müssen sich wirklich beherrschen, zweckentsprechende Aufnahme eines Testaments setzt joviel Kenntnis und Erfahrung auf verschiedenen Rechtsgebieteu voraus, daß sie vorsichtiger Weise nur dem Gerichte oder einem Notare anvertraut wird. Die Kosten sind in diesem Falle nicht oder nur un wesentlich höher, als werm das Testament zunächst durch eine dafür bezahlte Person medergeschrieben und dann dem Gerichte überreicht wird. — Zu« Berauftaltung der Ergänzungswahlen zu« 6. evangelisch-lutherischen Landessyuode, welche für den Mouat März m Aussicht genommen sind, ist das Königreich Sachsen in 27 Wahlbezirke geteilt. *— Hohndorf. Die s. Z. der Firma Richter L Kalich m Hohndorf übertragene „Amtliche Ver kaufsstelle sm Postfreimarken, Postkarten pp." ist vom 10. d. M. ab aufgehoben worden. — Dresden, 11. Febr. Die Mehrheit der Zweiten Kammer erläßt im Gegensatz zu den ver schiedenen Kundgebungen, wie sie durch de» vorlie genden Gesetzentwurf über Abänderung dss sächsischen Landtagswahlrechies hervorgerufen worden sind, eine Erklärung, der wir folgende Sätze entnehmen: „Die von der Regierung im SinverstäRdnisss mit den Mehrheitsparteien der Ständekommern beabsichtigte Abänderung des bestehenden Wahlrechts wird von den Anhängern der soz.-dem. Partei dazu benutzt, um unter dem Vorwande, als werde bei diese« Wahl- rsform eine „Entrechtung des Volkes" geplant, die gedachte Maßnahme zu verdächtigen und die Bolks- leidenschaften gegen Regierung und Stände in un verantwortlicher Weiss aufzustacheln. Die Vertreter der sozialdemokratischen Partei in der 2. Kammer haben bei dieser unter dem 15. Nooember vorig. I. einen Antrag eingebracht, gemäß dessen das bestehende Wahlrecht für die 2. Kammer beseitigt und eiu all gemeines, auch auf die Frauen und auf Personen unter 25 Jahren sich erstreckendes Wahlrecht einge- fkhrt werde» soll. Wie wir aber unsererseits wahr scheinlich schon jetzt auf eine Aeudsrung des Wahl rechts nicht gekommen fein würden, wenn wir nicht Lurch jenen Antrag der soz.-dem. Partei von neuem und eindringlich auf die in nächster Nähe drohende wenn ich dm Plan, den ich soeben gefaßt habe und von dessen Gelingen für Sie, Her« Leutnant, unge mein viel abhängt — viel mehr, als Sie offenbar im Augenblick anzunshmen scheine« — glücklich durch führen soll. Denn ich Habs nichts Geringeres vor, als mich selbst ins Bett zu legen und bei der Testa mentsänderung die Rolle des Seligen zu übernehmen, von dessen Abieben ja vorläufig noch Niemand außer uns beiden weiß; Sie müssen mir nur zunächst be- hülflich sein, die nötigen Vorbereitungen zu treffen." Der Offizier sträubte sich allerdings energisch, auf den mehr wie verwogenen Vorschlag des Kam merdieners einzugehen, indessen gelang es der Ueber- redungskunst des letzteren, bald alle Bedenken Alexan ders v. Malten siegreich niederzuschlagen, wobei be sonders das Argument des Dieners wirrte, der Ver blichene Schloßherr von Borkenfelde habe ja wirk lich seinen Neffen, den Leutnant v. Malten, zu seinem Universalerben einsctzen wollen, die geplante Testa mentskomödie sei daher lediglich die Erlangung einer Formalität auf etwas gekrümmtem Wege. Nachdem der tote Gutsherr möglichst weit nach der Wand zu gerückt worden war, legte sich Fritz in das Bett, zog sich die leichte, seidene Mütze, die Benno v. Malten beim Schlafen zu tragen Pflegte, bis über die Augen herein und breitete dann die oberste Bettdecke bis fast zum Munde aus Da Fritz die nämlichen hage ren Gesichtszüge, dieselbe scharfgebogene Nase und den gleichen feingeschnittenen, bartlosen Mund auf weisen konnte, wie sein verstorbener Herr, zudem H auch dessen Stimme täuschend ähnlich nachzuahmen j Gefahr aufmerksam gemacht uns heraus gefordert worden wären, so liegt es uns auch durchaus fern, durch die beabsichtigte Aenderung des Wahlrechts das „Volk zu entrechten". Es ist eine Unwahrheit, daß Jemandem das Wahlrecht entzogen werden soll. Im Gegenteil, das Wahlrecht soll künftig erweitert wer den, und zwar dadurch erweitert werden, daß nicht wie jetzt nur Derjenige wählen darf, der mindestens 3 Mark direkte Staatssteuer zahlt, sondern jeder Steuerzahler stimmberechtigt sein soll. Es ist eine Unwahrheit, wenn dem Volke glauben gemacht wird, es solle mit dem neuen Wahlrechte eine „Vorherr schaft des Geldsackes" eingeführt werden. Nicht die Reichen werde» in Zukunft bei den Wahlen den Aus schlag geben, sondern der Mittelstand, die Hand werker, die Gutsbesitzer, die Arbeiterbeamten usw. Eine Unwahrheit ist es selbst, wenn behauptet wird, daß künftig die 2. Kamme« so zusammengesetzt sein wird, daß eine Opposition nicht mehr möglich sei. Es ist das so wenig wahr, daß auch nach dem neue» Wahlgesetz aller Voraussetzung nach selbst die Wahl von sozialdemokratischen Vertretern keineswegs aus geschlossen, sondern in verschiedenen Bezirken wahr scheinlich ist. Nur der Bildung einer Mehrheit der soz.-dem. Partei in der Kammer soll durch das mittel bare Wahlrecht vorgebeugt werden. Eine Unwahr heit ist es endlich, daß die beabsichtigte Wahlreform eine Maßnahme der Reaktion sei und den Fortschritt hemmen werde. Auch mit dem neuen Wahlrecht, das ein allgemeines und geheimes sein wird, wird Sachsen in Bezug auf die freiheitliche Einrichtung seines Wahlrechts hinter keinem deutschen Staats zu-- rückstehen. — Dresden, 12. Febr. Der Sitzung der Zwecken Kammer wohnten Ihre Exzellenzen die Herren Staatsminister Dr. Schurig, v. Metzsch, v. d. Planitz und v. Watzdorf, sowie Herr geh. Regie« rungsrat Merz bei. Gegenstand der Tagesordnung war die allgemeine Vorberatung der mit König!. Dekret Nr. 21 vorgelegten Gesetzeutwürfe, „Abände rung des Gesetzes vom 3. Dezember 1868, die Wahlen für den Landtag" und „die Wahlen für die verstand, so stand eine Entdeckung der zu spielende» betrügerischen Komödie schwerlich zu befürchten. Außer dem war sas ganze Zimmer durch den Schein der mattbrennendeu und noch dazu mit einem grüne» Schleier überdeckten Lampe in eiu ungewisses Halb dunkel gehüllt, auch stellte der Leutnant vorsorglich das Tijchchen mit der Lampe an die dem Kranken bette entgegengesetzte Wand. „So," meinte der Pfiudokranke befriedigt, als dies alles geschehen war, „nun wollen Sie so gut sein und den Notar herbeirufen, auch bitte ich Sie, Herr Leutnant, dafür Sorge zu tragen, daß zu de» notwendigen Zeugen der Kutscher Martin und de« Verwalter Steffens genommen werden. Beide sind hulbtaub und werden am wenigsten etwas merken, sie wohnen beide mit hier im Herrschaftsgebäude. Was den Kammerdiener Fritz anbelangt," — der „Kranke" kicherte vor sich hi» — „so wird derselbe einstweilen natürlich nicht aufzutreiben sein, ich denke aber, er wird schon eine glaubwürdige Ausrede für sein vorläufiges Verschwinden zu finde» wissen! Und nun nochmals, Herr Leutnant, Ruhe und Kaltblü tigkeit." Alexander v. Malten verschwand aus dem Zim mer, um bald darauf mit dem Notar Bollinger, gefolgt von dem Verwalter Steffens und dem Kut scher Martin, zurückzukehren; der Kammerdiener Fritz war, zur größten Verwunderung der alten Babetta, nirgends aufzutreibe». Mit stummem Gruße setzte sich der Notar a» das Tischchen, auf welchem die Lampe stand, entkorkte ein mitgebrachtes Tlutenfläsch»