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Abg. Iskra ut: Nun, dann werde ich, wenn ich nicht von der Sonntagsruhe sprechen darf, von der Arbeitszeit sprechen. (Heiterkeit.) Redner ver breitet sich dann über die Ueberbürdung der Unter beamten, auch an Sonntagen. Präsident v. Buol ersucht den Redner, end lich dieses Thema zu verlassen, und macht ihn auf die geschäftsordnungsmäßigen Folgen eines Zuwider handelns gegen dieses wiederholteErsuchen aufmerksam. Abg. Jskraut wünscht sodann noch eine Regelung der Bekleidungsfrage für die Unterbeamten je nach der Saison, Sommerund Winter, und ferner Erteilung regelmäßiger Erholungsurlaube. Geh. Rat Wittke stellt eine Ueberbürdung der Unterbeamten in Abrede. Abg. v. Jazdzewski (Pole) erneuert aber mals seine Beschwerde über den Beitritt von Post beamten zu dem verhetzenden H. K. T.-Verein in der Provinz Posen. Staatssekretär v. Stephan: Der Vorredner vergißt aber zu erwähnen, daß Herr Fischer auch gesagt hat, es müsse dem Takt jedes einzelnen Be amten überlassen sein, sein Verhalten in dieser pri vaten Hinsicht zu regeln. Abg. Paasche (natl.) bestreitet noch, daß der H. K. T.-Verern hetzerisch vorgehe. Abg. Js kraut spricht seinen Dank für die Mitteilung über die Mehranstellungen von Unter beamten aus. Abg. Bebel (Soz.): Diese Mehranftellungen ändern aber durchaus nichts an den von mir er wähnten Thatsachen, welche deutlich die stellenweise vorhandenen Uebsrbürdungen von Unterbeamten nach weisen. 12 Jahre seien doch ausreichend, um einen Unterbeamten kennen zu lernen, dazu bedürfe es nicht erst voller 24 Jahre. Staatssekretär v. Stephan: Bereits im Vor jahre hat ja eine Wartezeit für die Unkündbarkeit von 20 auf 12 Jahre, von der etatsmäßigen An stellung an gerechnet, stattgefunden. Das ist doch ein erheblicher Fortschritt. Bei dem Titel Stellenzulagen stellt Abg. Werner (Reforwp.) den Antrag, diese Stellenzulagen im nächsten Jahre abzuschaffen und die dadurch verfügbar werdende Summe zu Nacht- disnstentschädigungen an Beamte und Unterbeamte zu verwenden. Staatssekretär v. Stephan: Wir verfahre« dabei lediglich nach den allgemeinen Grundsätzen, wie sie seiner Zeit dem Reichstage in der Denkschrift vorgelegt wurden. Ausnahmen hiervon werde« nicht gemacht. Ter Antrag Werner wird abgelehnt. Das Ordinarium wird im Uebrigen debattelos erledigt. Beim Extraordinarium bemerkt Abg. v. Leipziger (kons.): Es sei etwas noch nicht Dagewesenes, daß die Kommission bei dem Extraordinarium die Streichung nicht eines einzigen Postens beantrage. Staatssekretär v. Stephan erwidert, gegen über früheren Jahren erscheine der Gesamtbetrag des ExtraordinariumL diesmal doch niedrig. Abg. Schmidt-Warburg (Ctr.) mahnt wiederum, wie schon in den Vorjahren, vor zu splen diden Bauten. Abg. Lingens (Ctr.): Es ist leicht, zu kriti sieren, schwerer, es besser zu machen. Es wäre ver kehrt, wollte die Post zu eingeschränkt bauen, des Verkehrs wegen. Abg. Singer (Soz.): Bei dem Militär- und Marineetat merkt mau von der Sparsamkeit der Konservativen nichts, sondern nur gerade hier bei den Postbauten.. niemals mit. Meinart, ich habe Sie verachtet und Ihnen gegrollt; wenn es mir aber dennoch gelingen sollte, jenen Engel zu gewinnen, dann — will ich Ihnen verzeihen und Sie als meinen größten Wohl- thäter betrachten". Am nächsten Vormittag zur üblichen Visiten stunde erschien Sennor Montez, mit einem köstlich duftenden Blumenstrauß in der Tiefeufurt'schen Villa, um sich bei Fräulein Elsa melden zu lassen. Achim und Erika empfinge« ihn und teilten ihm mit, daß die Kranke heute noch niemand zu sich gelaffen Habs, der Arzt jedoch mit ihrem Befinden ganz zufrieden sei. „Ich will zu ihr gehen und ihr sagen, daß Lie gekommen seien", meinte Erika beklommen; sie fühlte sich diesem Manne gegenüber ebenso schuldbewußt als der Schwester. Und in der That kehrte sie gleich darauf mit günstigem Bescheid wieder: Elsa wollte den Spanier sehen. Sie hatte sich zum ersten Male frisiert, ein Morgenhäubchen mit blaßblauen Schleifen aufgesetzt und eine elegantere Morgenjacke angezogen; als sie jedoch in den verlangten Toilettenspiegel gesehen, war sie erschrocken zusammengezuckt. Wie sah sie doch entstellt aus! Als Montez dann eintrat, forschte sie angstvoll in seinen Züge», ob dieselben Wohl den Ausdruck des AbscheueS annehmen würden, aber sie blieben strahlend und voll inniger Rührung. „Gott sei Dank, daß ich Sie endlich Wiedersehen und als ge- fund wieder begrüßen darf, Fräulein Elsa", rief er bewegt und zog ihre Hand an seine Lippen. „Fürchten Sie sich nicht vor meinem Aussehen?" Abg. Graf Limburg-Stirum (kons.): Wir sind bei Militär- und MarineetatS ebenso sparsam, wie beim Postetat. Wir wollen aber nicht übertriebenen Luxus in der äußeren Ausstattung der Poftbaute». DaS Extraordinarium wird hierauf unverändert genehmigt. ES folgt der Etat der Einnahmen. Staatssekretär v. Boetticher erklärt, er sei gern bereit, darauf hinzuwirken, daß der Reichstag von dem Schicksal der Resolutionen Kenntnis erhalte, an denen sein Herz hänge. (Heiterkeit.) Abg. Dr. Barth (freis. Ver.) erbittet Auf klärung über das Schicksal de, Währungskonferenz. Reichskanzler Fürst Hohenlohe: Ich bin zu meinem Bedauern nicht in der Lage, die Aus kunft heute zu geben, die der Herr Vorredner wünscht. Ich werde aber in der nächsten Zeit schon in der Lage sein, eine Erklärung abzugeben über tue Stel lung, welche die verbündeten Regierungen in dieser Angelegenheit einnehmen. Abg. v. Kardorff (Reichsp.): Die Herren links sollten doch in ihrer Position sich nicht so sicher fühlen. Sie haben in ihrer Freihandelsstel lung schon einmal sehr Plötzlich Schiffbruch gelitten. Ueber Balfour haben wir uns nie Illusionen hinge geben. Wir halten die augenblickliche Situation keineswegs für so verzweifelt. Durch den Beitritt Rußlands zur Goldwährung kann sich unsere Posi tion nur verbessern. Präsident v. Boul bemerkt, daß auf der Jour- ualistentribüne sich wiederholt Unruhe bemerkbar gemacht habe, und Zwischenrufe und Mißfallsbezeu- gungen von dort her vernommen worden seren. Er hoffe, daß der Hinweis auf 8 63 der Geschäftsord nung genügen werde, derartige Vorkommnisse für die Zukunft zu verhindern. Abg. Graf Limburg-Stirum (kons.) giebt seiner Freude darüber Ausdruck, daß unser Verhält nis zu Rußland sich gebessert habe. Abg. Dr. Barth (frei. Ver.): Es ist schade, daß die Fraktion des Grafen Limburg-Stirum sich von den gleichen Rücksichten gegen Rußland nicht auch bei Beratung der Handelsverträge hat leiten lasse«. (Sehr richtig! links.) Abg. Fischbeck (freis. Volksp.) plaidiert noch mals für Herabsetzung der Telephongebühren unter Berufung auf den deutschen Handelstag. Ohne weitere Debatte werden die Einnahmen genehmigt. Es folgt der Etat der Reichsdruckeiei: Unterstaatssekretär Fischer bemerkt auf eine Bemängelung des Abg. Dr. Hasse, die der Reichs bruckerei bei deren Erwerb erteilte Richtschnur, im allgeinen nur für Reichs- und Staatszwecke zu ar beiten, sei noch vor einigen Jahren erst wieder in Erinnerung gebracht worden, Md seitdem seien ihm neue Klagen über eine der Privatindustrie gemachte unzulässige Konkurrenz nicht zu Ohren gekommen. Abg. v. Heeremann (Ctr.) nimmt ebenfalls die Reichsdruckerei gegen die Bemängelung des Abg. Hasse in Schutz. Damit wird dieser Etat erledigt. DerEtat desReichstagswird debtttelos genehmigt. Bei dem Etat des Reichskanzlers führt Abg. v. Strombeck (Ctr.) aus: Der Reichstag erhalte von denjenigen Entschließungen des Bundesrats über Beschlüsse des Reichstags, welche bei der nächstfäl ligen Übersicht über die Bundesratsentschließungen noch in Schwebe seien, überhaupt keine Mitteilungen, weil gegenwärtig, seit 1884, die betreffenden Ent schließungen nicht in die zweitfolgende Uebersicht ausgenommen zu werden pflegen. Abg. v. Kardorff (Reichsp.): Ich erkläre dem Abgeordneten Barth, wenn er mir nicht den frug sie wehmütig, „ich werde mich nie mehr vor Menschen sehen lassen können". „Sie meinen die Brandwunden?" entgegnete Montez, „Fräulein Elsa, erstens werden dieselben vernarben und dann sind es stolze Siegeszeichen, die Ihre mutige Aufopferung sich erworben hat. Seien Sie stolz auf dieselben". Sie wurde sehr rot, aber sie dankte ihm mit einem freundlichen Blick und ludihn ein, neben ihrem Bett sich nieder zu lassen. „Weich' ein freundlich warmer Brief von Ihrer Schwester an mich", begann sie dann etwas befangen, „ich bin ihr doch ganz fremd und dennoch lauten die Worte wie an eine Schwester gerichtet". „Sie weiß ja längst, wie ich Sie verehre, Fräulein Elsa, und sie schrieb gleich als ich ihr meine Ankunft in Ihrem Hause telegraphisch mit teilte. Ihr größter Wunsch —" er stockte; durfte er denn schon heute von seinen Wünschen reden? „Seien Sie offen, mein Freund; ich bin glück lich, einen Menschen so nennen zu können, nach dem Schiffbruch, den mein Glaube an die Menschen er litten hat. Ich habe eigentlich niemand, ver mich aufrichtig gern hat —" „Sagen Sie das nicht, Fräulein Elsa, nur das nicht; es giebt jedenfalls einen Menschen, der Ihnen sein ganzes, volles Herz geweiht hat und nichts an dres verlangt, als Sie auf Händen durchs Leben tragen zu dürfen! Sie wissen, wen ich meine". „O, Sennor Montez," stammelte das erregte Mädchen und ein Strom heißer Thränen stürzte aus ihren Augen, „es ist ja nicht möglich, es kann ja nicht sein." Beweis bringt, daß die bimetallistische Liga bezahlte Agenten unterhält, für einen infamen Lügner! (Große Unruhe. Ruf: Zur Ordnung!) Abg. Dr. Barth (freis. Ver.): Diese Grobheit und Unverschämtheit des Abgeordneten v. Kardorff muß ich mir entschieden verbitten! Präsident v. Buol ruft den Abg. Barth wegen der Ausdrücke „Grobheit" und „Unverschämtheit" zur Ordnung. Auf die Remonstration des Abg. Barth, daß er durch den Abg. v. Kardorff zuerst beleidigt worden sei und sich nur selbst Recht ver schafft habe, bemerkt der Präsident, daß er die Aeuße- rung des Abg. v. Kardorff nicht gehört habe. Er würde sie auch in der bedingten Form auf daS Schärfste zurückgewiessn haben. Der Rest des Etats des Reichskanzlers wird genehmigt. — Morgen Freitag 1 Uhr: Etat des Reichsamts des Innern. Scheuß der Sitzung um 5^» Neueste Nachrichte«. London, 24. Jan. Ein Raubmord in einem EisenbahmKorrpse ist zwischen Glasgow und Car lisle verübt worden. Man fand einen eleganr ge kleideten Herrn, dem der Mund mit einem Taschen tuch verstopft und die Hände auf dem Rücken zusammengebunden waren, mit zerschmettertem Schä del tot vor. Das Opfer war offenbar vor Verübung der That chloroformiert worden. Die Untersuchung ergab, daß es sich um den Sohn eines Juweliers handelt, der eins große Summe Geld, sowie einen Posten Goldwaren bei sich trug. MU- Wwckk von W. H. Z ckenheimer, Mainz, seit 28 Jahren als reinstes, edelstes, köstliches und billiges, sofort wohlthätig linderndes Hausmittel bei Huste«, Heiserkeit, Katarrh, Keuch» huste« rc. tausendfach anerkannt u. unüber troffen bewährt. Per Flasche 0,60, 1, 1ffs und 3 Mk. in Lichtenstein bei Apotheker Paul Wieneke, rn Hohndorf bei Rich ter L Kalich Mrrhsn-MKehBiGLerr für «tchtsuftsr«. Am HI. Sonntag n. Epiph., 26. Jan. Vorm. 9 Ubr Gottesdienst mit Predigt von Oberpfarrer Seidel (Pialm 19), — Nachm. '^2 Uhr kirchliche Unterredung mit der konfirmierten weiblichen Jugend von Diak. v. Kienbusch. Abends 8 Uhr Jünglingsverein in der Herberge zur Heimat. — Jungfrauenverein. Montag, abend 8 Uhr, Bibelstunde in der Her berge zur Heimat. Mschliche MachrZGKsK für KaNnberg. Am III. Sonntag n. Epiph., 26. Jan. Vorm- Uhr Beichte von Diak. v. Kien dusch. 9 Uhr Gottes dienst mit Predigt von demselben, und Kommu nion. — Nachm. '^2 Uhr Misstonsstunde durch Herrn Cantor No atz sch. Nach dem Vormittagsgottesdtenste. 1. Festpraeludinm zu „Allein Gott in der Höh' —" v. G. Sieber (Seminaroberlehrer in Oschatz). 2. „Weihnachtslieder". Ein Cyklus von 6 Ge sängen für Sopransolo und Orgel v. Peter Cornelius. 1. Christbaum. 2. Die Hirten. 3. Die Könige. 4. Simeon. 5. Christus der Kinderfreund. 6. Christkind. Kirchliche Nachrichten für Hohndorf. vom. HI. p. Lpipd., vorm. 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt. — Nachm. '^2 Uhr Katechismusunter- redung mit den Jungfrauen. Der Jünglingsvcrein fällt diesen Sonntag aus. „O doch, Elsa, teures Mädchen! Weisen Sie mich nicht zurück, denn ich bin einsam wie Sie, trotz meines Reichtums; erst wenn ich denselben um Sie her auSjchütten darf, Werve ich glücklich sein. Sagen Sie mir nur Ein kleines Wörtchen, sagen Sie, daß Sie mir erlauben wollen, Sie zu lieben — und ich bin zufrieden, bin selig." „Sennor Montez —" „Elsa, ich heiße Federigo mit Vornamen —" „Nun denn, Federigo," lächelte sie halb befan gen, „wollten Sie mich denn haben, trotzdem Sie wissen, daß ich — daß ich — daß ich jenen Ande ren vor Ihnen geliebt?" „Sie haben ihn nur geliebt, so lange Sie ihn achten konnten, als die Achtung erlosch, starb auch die Liebe — und ich will sie neu und rein und bauernd in Ihrer Seele erwecken. Elsa geben Sie mir die Erlaubnis dazu." „Lassen Sie erst jene Beiden vermählt sein, Federigo," bat Elsa innig und legte ihre Hand von selbst in die seine, „und dann setzen Sie sich und schreiben an Juana, daß — daß ich ihr danken lasse für ihren Brief und, daß — ich nächstens selbst schreiben will — um sie als Schwester zu begrüßen." Seiner selbst nicht mehr mächtig, sank Montez vor der Geliebten in die Kniee und bedeckte ihre schmale, wachsbleiche Hand mit heißen Küsse». „O, ich danke Ihnen, Elsa, teures Mädchen," stammelte er bewegt, „nun tausche ich mit keinem Fürsten, nun bin ich glücklich, wie noch nie ein Mensch vor mir war. (Fortsetzung folgt.)