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Wochen- und NachrmMlatt zugleich HeWs-DzeiM für Mn!mf, Mdlitz, IMdors, Msdarf, Kl Wien, KeimHsori, Nmenm md Mlsa. Amtsblatt füv den Stadtvat zu Lichtenstein. — ——————-——— —— 46. Jahrgang. —— — —— — ——— Nr. 14. F-raspr^.^ Sonnabend, den 18. Januar 1896. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2S Pfennige. — Einzelne Nunnner 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 17S, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie di« Austräger entgegen. — Inserat« werde» die viergespaltene SyrpnSMs oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. —> Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Zur 26jährigen Lrinnerungsfeier der Errichtung des deutschen Reiches C. M., Lichtenstein. 7 MM. Glocken klingen festlich heute Zn den deutschen Gauen wieder Und die Brust erglühet freudig Durch der Sänger frohen Lieder. Singen will man von dem Tage Wie ein deutsches Reich erstand, Wo ein deutscher Kaiser thronet Reber Fürsten, Volk und Land. L. Wögen auch der Zahre rauschen Viel noch in die Ewigkeit, Deines greisen Kaisers Worte Stehen fest im Buch der Zeit, Unser Kaiser jetzt am Throne Hat sie in sein Herz gebannt: Einigkeit und Recht und Freiheit Sind des Reiches Unterpfand. Gott im Himmel sieh hernieder Auf den Kaiser und das Reich, Daß uns Frieden immer eine, Kröne Du sein Werk zugleich. Laß der Botschaft Segensworte Zn dem Volke neu ersprießen Und die echte deutsche Treue Unserm Kaiserthron zufließen I Deutschland, Deutschland über alles, Von den Alpen bis zum Belt: Frieden hast du dir errungen, Deine Wacht regiert die Welt. Seit in Frankreichs Königsschlosse Kaiser Wilhelms Ruf ward kund, Hat kein deutsches Schwert geklungen, Dir galt hoch der Friedensbund. Als das neue Reich kam. Bon Georg Paulsen. Nachdruck verboten. Das war schon im Herbst 1870 zwischen den einzelnen Schlachten und Gefechten und Belagerungen ein eifriges Gespräch gewesen: Als Preußen und Bayern und Sachsen und Württemberger, als Ba» denser und Hessen und Braunschweiger und Olden burger und Thüringer usw. waren unsere Soldaten hinausgezogen nach Frankreich; konnten sie nicht wiederkommen als Söhne des geeinten Vaterlandes, eines neuen deutschen Reiches? Und zum deutschen Reiche gehörte dann wieder ein deutscher Kaiser! Zwar keiner, der im Spitzsn- rock mit Galanteriedegen und feingekräuseltcn Man schetten dahmschritt, wie es im kraftlos zusammen gebrochenen alten deutschen Reiche zu des Jahrhun derts Beginn der Fall gewesen war, sondern ein ganzer Mann, der mit de» Soldaten vor dem Feind gestanden, der auch ein treues, väterliches Herz für das deutsche Volk hatte. Und den Mann nannten schon Tausend und Abertausend, der greise und doch noch sehr jugend rüstige König Wilhelm I. von Preußen sollte der Kaiser Weißbart werden, der seine Hand schirmend ausgebreitet hielt über das geeinte, deutsche Vaterland. So sprachen die, welche daheim geblieben waren, beim Bierkrug ging die Rede um und im Saale des Norddeutschen Reichstages. Und die draußen vor dem Feinde standen, die dachten das erst recht, wenn sie auch nicht viel zum Rede» kamen. Mußten sie doch wacker die Franzosen klopfen. W Aber während so die deutsche Volksseele kräftig ^ch aus sprach, lief die böse Kunst der Jntrigue, die ^n Neid zum Vater hat, geschäftig um. Deutsch land, als eng geschlossener Staatenbund, mit einem Kaiser an der Spitze, das war riesenstark, unüber windbar. Und die Stärke, welche es schon im Feldzüge gezeigt, die wollte man nicht noch wachsen und ge deihen lassen in folgenden Jahren des Friedens. Aber der alte deutsche Gott stand wacker den Männern bei, die da Führer gewesen waren im großen Streit, in der großen Zeit. Das deutsche Herz sprach urkräftig, und vor seinem Klang ward all' List und Heimtücke zu Schanden. Und als daS liebe Weihnachtsfest herannahte, da wußte man, das deutsche Reich und der deutsche Kaiser würden komme», ehe noch viele Wochen hinein gezogen waren ins deutsche Land. Und wie nun ge rade in diesen Tagen die Beschießung von Paris ihren Anfang nahm, da schien es eine Antwort auf des Volkes Wunsch: Nun wird bald alles gut werden! So ging's hinein ins neue Jahr 1871 mit frohen Hoffnungen-^uit glücklichem Herzen. Stolz hoben die Alten den Kopf und Freude leuchtete aus den blauen Augen der deutschen Jungen. In der Schule hatten sie viel lernen müssen von den deutschen Kai sern, eine lange Reihe war es gewesen, und manche Viertelstunde war erforderlich gewesen, bis die Jah rcsziffern so recht fest saßen, welche die Regierungs zeit der alten Herren darstellken. Mancher gewaltige Herrscher war darunter ge wesen, an dessen stolzer Gestalt sich das jugendliche Gemüt erquickte, dessen Großthaten die Frage auf- werfen ließen: Warum haben wir keinen Kaiser, aber auch manche Schlafmütze. Und als dann der ganze Reichsbau in Elend und Jammer versunken war, da hatte auch ein Knabenmund schon gefragt: Mußte das alles sein? Es mußte nicht sein, an Uneinigkeit ging das alte Reich zu Grunde. Aus dem Schlachtengewühl, aus dem Tosen des Kampfes aber holten Deutsch lands streitbare Söhne in unzertrennbarer Einigkeit die neue goldglänzende Kaiserkrone hervor. Alles war vorbereitet für die Kaiserproklamativn; aber noch einmal sollte blutrot seine Fackel aufleuch ten, und nahe, sehr nahe der deutschen Grenze. Das war um das erste Drittel des Januar 1871, als der französische General Bourbaki mit 100,000 Mann gegen Belfort und die deutsche Grenze vor brach, wo ihm nur ein einziges deutsches Armeekorps unter General von Werder gegenüberstand, der noch die außerordentlich tapfer verteidigte Festung Bel ford im Rücken hatte. Brachen die Franzosen hier durch, dann lag Süddeutschland offen vor ihnen. Und wenn sie auch nicht allzuweit gekommen wären, ein Erfolg an dieser Stelle hätte den französischen Fanatismus dermaßen belebt, daß an einen schnellen Kriegsschluß gar nicht zu denken gewesen wäre. Die Unseren hielten Stand, unter Schnee und Eis, gegen die vierfache Uebermacht, drei Tage lang. Es waren Tage, die zu den allerschwersten des gan zen Krieges gehörten, die aber auch zeigten, wie Alldeutschland sich auf feine Tapferen verlassen konnte. Zurück mußten die Franzosen, weiter und im mer weiter, da neue Verstärkungen eintrafen für die Unseren, bis die schwere Katastrophe folgte. Das war ein Jubel bei uns; hieß es doch nun: Ende gut, Alles gut! Und so konnte denn am 18. Januar im alten französischen Königsschlosse zu Versailles das neue deutsche Reich proklamiert werden in der festen Zu versicht auf einen nunmehr nahen und glücklichen Abschluß des gewaltigen Krieges. Ohne kaiserlichen Pomp wurde der weihevolle Akt vollzogen, aber Kaiser Wilhelm I. stand da im Glanz voller kaiserlicher Majestät, um ihn seine Paladine, die Vertreter des siegreichen Heeres. Tiefe Bewegung erfüllte Alle, als der eiserne Kanzler die Kaiserproklamation verlas, sie zitterte merkbar nach, bis der Großherzog Friedrich von Baden auf den Kaiser Wilhelm I. das erste, mit donnerndem Jubel aufgenommene Hoch ausbrachte, und tausendstimmig pflanzte sich der Jubel fort durch alle deutschen Gauen. Deutschland war einig, es war unüberwindbar. So aber lautete die Kaiser-Proklamation im Wortlaut: An das deutsche Volk! Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen, nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte den einmütigen Raf an Uns gerichtet haben, mit Herstellung des deutschen Reiches die seit mehr denn 60 Jahren ruhende Kaiserwürde zu erneuern und zu übernehmen, und nachdem in der Verfassung des deutschen Bundes die entsprechenden Bestimmungen vorgesehen sind, bekunden hiermit, daß Wir es als eine Pflicht gegen das gemeinsame Vaterland betrach tet habe», diesem Rufs der verbündeten deutschen Fürsten und Städte Folge zu leisten, und die deutsche Kaiserwürde anzunehmen. Demgemäß werden Wir und Unsere Nachfolger un der Krone Preußen fortan den Kaiserlichen Titel in allen Unseren Beziehungen und Angelegenheiten des deutschen Reiches führen, und hoffen zu Gott, daß es der deutschen Nation gegeben sein werde, unter dem Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segensreichen Zukunft entgegenzuführen. Wir übernehmen chie kaiserliche Würde in dem Bewußtsein der Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des ReicheS und seiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren, die Un abhängigkeit Deutschlands, gestützt auf die geeinte Kraft seines Volkes, zu verteidigen. Wir nehmen sie an in der Hoffnung, daß dem deutschen Volke