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Sächsische Elbzeitung : 15.02.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-193602157
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19360215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19360215
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1936
-
Monat
1936-02
- Tag 1936-02-15
-
Monat
1936-02
-
Jahr
1936
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 15.02.1936
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Aiislnnstei Moles Kamermann Ein jüdischer Schwindler unschädlich gemacht. Berlin, 15. Februar. Der 63jährige Jude Moses Ka- j mernian» ist van der Polizei seslgenammen morden. Dieser ! jüdische Geschäftemacher hatte sich mit einem in Bukarest wohnenden Manne namens M. Lupu znsammenqeta», mn ! gemeinsam deutsche Geschäftsleute empfindlich zu schädigen. ! Lnpn dcstellte van Bukarest aus unter der Firmenbezeich nung „Lupu L: Co." bei Geschästsinhadcln in verschiedenen deutschen Städten Waren aller Art und sührte als Empfeh lung den in Berlin wohnenden Kamermann an. Kamer mann gab dann auf Anfrage die Auskunft, die Firma Lupu L Co. sei dis zu 40 000 NM. kreditfähig, obwohl Lnpn in Bukarest nur eine kleine Nähstube mit einer Arbeitskraft unterhielt. Aus Grund dieser Auskunst Knmormanns trat eine Firma aus Hamburg mit Lupu in Geschäftsverbin dung und wurde von ihm um 900 NM. geschädigt. In einem zweiten Falle sollte eine Firma in Solingen betrogen wer den. Auch hier erteilte Kamermann über Lupu eine gleiche fabelhafte Auskunft..Trohdem war aber die Solinger Girina , vorsichtiger und blieb deshalb vor einem größeren Schaden > bewahrt. Da mit aller Bestimmtheit angenommen wird, das; noch weit mehr Firmeninhabcr in Berlin und anderen Städten auf ähnliche Weise betrogen worden sind, werden Geschädigte gebeten, sich bei der Kriminalinspektion im Ber liner Polizeipräsidium zu melden. MWener in einer Zuüerkavrit halle a. d. S., 15. Februar. Rachls wütete in der Zuckerfabrik Biendorf (Kreis Dessau-Köthen) ein Großseuer. Vic Lüscharbcilc» dauerte» dis zum Vormittag, von der Fabrik, die eine der älteste» in Anhalt ist, aber in den letz ten Jahren vollständig erneuert worden mar, sind nur die Schnilzellrocknungsanlage, der Kalkofen und ein Wohnhaus erhalten geblieben. Der Schaden wird auf fast 1 Willian BW. beziffert. 25 000 Zentner Rohzucker wurden von den Flammen vcrnichlet. Nmrlililmlall im Schnellzug Prag, 15. Februar. Im Schnellzug Warschau—Prag wurde ein schwerer Raubübersall verübt. In einem Abteil 1. Klasse wurde der in Polen lebende ans Ungarn stam- mcndc Vörsenvcrlreter Gcrenday nach Anwendung eines Betäubungsmittel beraubt. Dem unbekannten Täler sielen Wertpapiere im Gesamtwert von etwa 7 Millionen Kronen in die Hände. Der Räuber kann allerdings mit den Wert papieren nicht viel ansangen, da der Uebcrsa'tene ein Rum- mernverzeichnis der Papiere hat. das sofort an alle Lanken weiiergegebcn wurde. Eroke englische Airwraa-Mlon Die Cunard White Star Line teilt erneut mit, daß eines ihrer größten Schiffe verschrottet werden soll. Es handelt sich um den 34 OOO-To»ucn<Dampser „Homeric", die frühere deutsche „Kolumbus". Wie bereits bekannt, wird auch die 57 00O Tonnen große „Mn,eslic", der frühere deutsche Damp- scr „Bismarck", zur Heil das größte Schiff der Cunard White Star Line, in diesem Jahre verschrottet werden. Ins gesamt werden damit acht Schisse der Cunard White Star Line, dw eine Gesnmtverdrängung von einer Viertel Mil lion Tonnen darstcllen, abgcwrackt. Die in den letzten Jah ren bereits verschrotteten Schiffe sind „Mauretania", „OIym- pic", „Adriatic", „Albertic", „Calgaric" und „Daric". Wie tn London ferner bekanntwird, sind zur Zeit Verhandln» gen für die Abwrackung des amerikanischen Dampfers „Co s lumbia" (2-1500 Tonnen) im Gange. 149 Menschen verbrannt I» Tienlsin brach in einem Nollager, das für dieärmstenBevölkernngsschichlen errichtet wor den war, ein Brand aus. Durch den Wind angesachl, griff das Feuer in kürzester I-it aus alle Einrichtungen des Lagers über und legte sie in Asche 149 Personen sind dem Feuer znm Opfer gefallen; sie konnten nur als verkohlte Leichen aus den Trümmern geborgen werden. Lehren des Seefeld-Prozesses Die Pflicht der Ellern und Erzieher Im Mordprozcß Seeseld, der seil dem 21. Januar vor dem Schweriner Schwurgericht verhandelt wird und in der Ocfsentlichkeit stärkste Beachtung gefunden hat, nähert iich feinem Ende. Neben der Aufgabe, die Täterschaft an den Mordfällen so rasch wie möglich aufzuklären, halte die Hauptverhaudlung vor allem den Zweck, darüber hinaus noch erzieherisch und belehrend zu wirken. Alle Beteiligten, Behörden, Polizei und Staatsanwaltschaft, ebenso wie die medizinische Wissenschaft und die Sachverständigen, können aus dem Prozeß Seefeld viele neue Erkenntnisse schöpfen. vor allem aber — und daraus muß immer wieder hiu- gewicfen werden — Hal dieser Prozeß allen Ellern und Er ziehern in eindrucksvoller Weise deutlich gemachl, wie un bedingt wichtig es ist, die Kinder so zu erziehen, daß sie sich mit keinerlei fremden Personen einlasscn. Zurückschauend muß gesagt werden, daß die bisherige Hauptverhandlung ebenso gründlich wie sorgfältig durchge- sührl wurde. Ihre Dauer ist vvr allem durch den Umstand bedingt, daß ein r c i n e r I n d i z i e n b e w e i s zur Ueber- sührung des Angeklagten nötig war, weil Seefeld jeden Mord hartnäckig bestreitet. Unmittelbare Tatzeugen waren nicht vorhanden, und auch die Ursache des Todes der Kna ben konnte nicht festgestellt werden. Aus diesem Grunde konnte die Erörterung nur eines Mordfalles nicht ausreichen. Es war vielmehr notwendig, eine Reihe glcichgearteter Fälle zu beleuchten und nach Möglichkeit auszuklären. .Hinzukommt hier auch noch, daß nicht nur die Eltern der ermordeten Knaben, sondern alle Volksgenossen ein wesentliches Inter esse an der Auskläruna sämtlicher Mordfälle haben. Die bis herige Prozeßverhandlung hat den Erfolg gehabt, daß sich wichtige Tatzcugen bei Gericht gemeldet haben und daß nach neueFälle bekanntgeworden sind, in denen Seefeld mög licherweise als Mörder in Frage kommt. Der Prozeß hat aber außerdem noch mit überzeugender Deutlichkeit bewiesen, wie unbedingt notwendig die neu geschaffenen nationalsozialistischen Gesetze zur Regelung der Erbgesundheit sind. Kommende Generationen werden erst die vollen Früchte dieser Gesetzgebung ernten. Wir aber haben heute schon die beruhigende Gewißheit, daß eine gesetzliche Möglichkeit ge schaffen worden ist, die dem Unheil begegnet, das von trieb haften Unholden nngerichtet werden kann. Der Mordlall Metzdorf Am 21. Verhandlungstag wurden die Zeugenverneh mungen zu den letzten drei Mordtaten durchgeführt. Zu nächst wurde der Mordfall Metzdorf-Potsdam ver handelt. Der achtjährige Wolfgang Metzdorf verschwand am 7. Juni 1933. Der Junge war bei seiner Großmutter, Frau G., in der Brandenburger Straße untergebracht, weil die Eltern vorübergehend keine Wohnung hatten. Die Groß mutter schickte das Kind 7.30 Uhr morgens zu seiner Ur großmutter nach der Lennestraße, weil sie ihrer Arbeit nach gehen mußte. Dort ist der Knabe nicht angekommcn, und er blieb seitdem verschwunden. Erst am 20. Juli konnte die Leiche des Knaben in der typischen Schlasstellung aus der Feldmark Barnstedt in der Nähe des Schlosses Lindstedt in einem Roggenfelde aufgefunden werden. Der Verdacht, daß der Angeklagte auch für den Fall Metzdorf als Täter in Frage kommt, sand seine erste Begründung in den Aufzeich nungen Seefelds in leinem Notizblock. Danach hat er am 4. Juni in Groß-Glienicke übernachtet; am 5. und 6. hat er in der Umgebung von Groß-Glienicke im Freien geschlafen. Für Mittwoch, den 7. Juni, fehlt die Ortsbezeichnung. Als erster Zeuge wird der Vater des kleinen Wolf gang ausgerusen Metzdorf schildert den Jungen als ein be sonders artiges und folgsames Kind. Am Morgen des Ta ges, an dem er verschwand, habe er ein auffallend eiliges Wesen gezeigt, „so. als wenn er von jemandem erwartet würde". Im Mordfall Metzdorf sind im Gegensatz zu den an deren Füllen keine Zeugen vorhanden, die Seefeld mit einem Jungen zusammen gesehen haben. Die einzige Belastung liegt hier in dem Tagebuch des Angeklagten. Als ihm die Eintragungen vorgehalten wurden, gab er wie derum auf Befragen seine unklaren Antworten und fand i keine deutliche Erklärung. Er will die Gegend, in der der Junge als Leiche ausgefunden wurde, nicht einmal kennen, obwohl er gebürtiger Potsdamer ist und dort bis zum 20. Lebensjahre und auch später noch gewohnt hat. Am Tage des Verschwindens des kleine» Wolfgang will sich Seeseld in Groß-Glienicke ausgehalten haben, das etwa 10 Kilometer von Potsdam entfernt liegt. In der ganzen Zeit, die er in der dortige» Gegend weilte, will er Potsdam nicht berühr! haben. Der Mord an dem Schüler Gnirl Erschütternd mar die Aussage des Vaters des ermorde ten elfjährigen Schülers Kurt Gnirk aus Wittenberge der zuerst als Zeuge in diesem Falle gehört wurde. Am 16. April 1033, einem Ostcrlonntag, so bekundet der Vater mit Iränenerstickter Stimme, habe jein Junge ihn geliebkost und nicht eher geruht, als bis er seinem Vater, der zwei Tage später Geburtstag halte, schon vorher die Geschenke überrei- l chen durfte. Es waren sechs Zigarren und eine Schachtel Pralinen, die der Kleine, wie er stolz sagte, aus eigenen Er- ! sparnißen gekauft hatte. Las Geld, so erzählte er, habe er von einem Wann be kommen, dem er hin »nd wieder kleine Dienste geleistet habe. ! In freudiger Stimmung habe der Junge dann die elterliche j Wohnung verlassen, »m zu seiner Stiefschwester am Wühlen- > bergweg zu gehen, von dieser Stunde ab habe jede Spur von ihm gefehlt. In den Wittagsstunde», so bekundete der ! Zeuge weiter, sei seine Frau sehr unruhig geworden, und plötzlich habe sie gesagt: „Unser Junge ist tot; wir kriegen s unser Kind nicht mehr lebendig wieder zu scheu." Nach zwei Tagen, am 18. April, wurde die Leiche des j Knaben dann in einer dichten Kiesernfchonung der Wentdor- fcr Tannen an der Lenzener Chaussee in typischer Schlaf stellung gefunden. Vorsitzender: „Was sagen Sie dazu, Seefeld?" Angeklagter: „Es tut mir unendlich leid, aber ich bin - es nicht gewesen." Vcrdöchtig sind wiederum die Eintragungen, die See feld in der fraglichen Zeit in seinem Notizbuch gemacht bat. Am 15. April, also am Ostersonnabend, hat er darin den ! Ortsnamen unleserlich zu machen versucht. Dieser durchslrichcne Ortsname lautet nach dem chemischen Gutachten „Wittenberge". : Aus Vorhaltungen erklärt Seeseld: „Ich kann dafür keine Erklärung geben." j Vorsitzender: „Das Gericht hat aber dafür eine um so bessere Erklärung: Der Oberstaatsanwalt hat schon einmal s gesagt: Wo Seefeld wandert, da wandert der Tod, denn j überall, wo ein Kind verschwand, war Seefeld in der bekref- senden Gegend." Aus den Strafakte» stellt der Vorsitzende sodann fest, daß Seefeld auch früher stets hartnäckig geleugnet hat und erst durch schlüssige Beweise überführt werden konnte. Vatermörder ljingerichtet " Die Justizpressestellc Dresden teilt mit: Am 14. Fe bruar 1936 ist im Landgerichlsgebäude in Dresden oer durch Urteil des Schwurgerichts in Dresden vom 17. Okto ber 1935 wegen Wördes zum Tod verurteilte Willibald La spar hingerichlet worden. Caspar hatte am 19. Wärz 1935 seinen siebzigjährigen Vater erschlagen, s weil dieser sich weigerte, ihm zur Begleichung von Spiel- nd Weltschulden wcilere Wittel zur Verfügung zu stellen. Spendet für das Winterhilfswerk! Nie Schuld der Anna Kuller Roman von Kurt Martin. (Copyright by Verlag Neues Leben, Bayr. Gmain.) 10) (Nachdruck verboten.) Sie schlang die Arme um seinen Hals und küßte ihn ein. zwei, dreimal. Er sah sie verwundert an. Langsam zog er ihren Arm herab und schob sie ein wenig von sich. Guten Abend, Anna. 2a, was ist denn heute in Dick gefahren? Wir sind doch keine Brauticule mehr." Nuhig, ernst, forschend blickten seine offen:» Augen sie an. Da erschrak sie. Ihr Arm sank kraftlos herab. Sic suhlte es Heitz in ihrer Kehle heraufsteigen. Nasch satzte sie sich. „Ich wcitz auch nicht, was ich wollte. — Ich wollte nach den Mägden sehen." Schnell wandte sie sich um und verlieh das Zimmer. Sie stieg wieder zu ihrer Stube hinauf. Als sic in dem kleinen Gemach allein war, blieb sie stehen. Groh, hilflos blickten ihre Augen umher. — Wie denn? Was wollte iir denn? Doch nicht weinen? Worüber dem nur? — W:il Christoph sie nicht in seine Arme nahm und kützte. — Das machte er doch sonst auch nicht. — Er liebte sie eben auf seine Art. — Sie kannte ihn doch. — Sie trat wieder ans Fensler. Der frohe Glanz war aus ihren Augen geschwunden. Ein suchendes, irrendes Feuer klomm darin empor. Hastig wandle sie sich um. bis hinter in die dunkelste Ecke ging sie. Dort setzte sie sich auf einen Stuhl, sie stützte die Arme auf die Knie und vergrub den Kopf in den Hän den. Das Schluchzen, das sic zurückd.üugcn wollte, schüttelte sie. Ihr ganz-.r junger Körper bebte. „Ich bin doch nicht glücklich." 4. Drei Jahre waren vergangen. In W.stddorf hatte iich wenig verändert und ereignet in dieser Zeit. Ein paar waren gestorben, ein paar würben geboren. — Auf dem Lüchelhof war es st.ller geworden. Lene Bü chet ging es nicht besser. Und auch nicht schlechter. Tag für Tag, Monat für Monat dasselbe Lied. Sie mutz e immer i liegen oder sitzen. Die große Schwäche und Mübig.eit war i etwas gewichen. Das war aber auch alies. Nur die ihr ! Nächststehcndcn gewahrten die kleine Besserung. Fr.mde sah n s Lene Büchel auch fetzt noch für eine Schwerlranle au. Ihr Antlitz zeigte immer noch die tiefe Blässe. Eigentlich war das überhaupt nicht mehr das Eeücht der Lene Büchel von einst. Die rosig angehauchten 'Wangen waren eingefallen, j von der Nase zogen sich zwei tiefe Falten bis zu den bleichen l Lippen hinab. Lene Büchel hatte sehr gealtert. Und ihre Augen, diese freundlich heiter.» Braunaign! T es einic. sunlen blickten sie aus dem e.nstm 'Antlitz, traurig, wchmüt g, furchtsam, ängsilch — suchend, forschend. Nur ein Wesen vermochte es, diese Augen weder auf leuchte» und froh glänzen zu lassen. Das war der llcine Hans. Immer gelang es aber auch ihm nicht. Ost sah ihn die Mutter tiefernst und prüfend an. kein Lächeln flog über ihre Züge. — Lene Büchel war auch innerlich eine ganz andere ge worden. Sie trug still und klaglos ihr Leiden. Anfang- hatte sie manchmal sich dagegen aufgebäumt, haite mit Gott und oer ganzen Welt gel-adert. Aber jetzt nicht mehr. Jetzt trug sie es ruhig, sic würde es bis zu ihrem Tode tragen müssen. Sie hörte still mit an. wenn andere ihr Trost zusprachea. und noch auf Besserung hofstc». Auch des Pastors gute Worte nützten ihr nichts mehr. Dcm klei eu lebh ften Dok or Speckt mit seinen Ee».su»gshosü:unjcn glaubte se auch niht. Oh, sie hatte gute Augen. Sic sah, sw fühlte — es war ja alles nur Verstellung. Sie wusste es ganz genau, datz es für sic keine Hilse mehr gab. Mitleid lietz die nur sc sprechen. Aber sie wollte lein Mitleid. Ueberhaupt sie! Mit ihrem Zustand hatte iie sich ja nun abgcfunden. Aber die anderen! Karl! Das Kind. — Das wars, was sie quälte. Sie beobachtete ihren Atan» genau. Er war viel ernst:r geworden, wortkarg sogar. Sein frohes Lachen kiang fast nie »ichr durch das Haus. Und das G-sinde schalt er nicht mehr in seiner lebhaften, polternden Wesse. Das Kind lebie er, er gab sich ost mit ihm ab. Da wurde er auch ge sprächig und gut gelaunt. Und ihr, Lene gcgeiübrr, da war er immer gleich gütig und nachsichtig und fürsorglich. — Fast immer. Es gab aber auch Tage, da war er ganz anders. Da war er zornig, wütend, wie nie zuvor. Sein Weib übersah er dann ganz. Mit allen im Hause zamte er sich. Wer es ihm von dem Gesinde nicht recht machte, den jagte er womöglich gleich oom Hofe. — Und Lene Büchel wußte es; daran war sie schuld. Wenn er es auch nickst eingestand; er war unglücklich, uuzufri.'den. Wenn er auch »och so schwer dagegen aniümpfte. Sei» gut.r 'Wille kam gegen sei» Blut nicht auf. das wollte leben. — Und da war die kranke Frau inr Wege! — Lene Büchel gestand es sich furchtlos ein. Sic hatte es ja kommen sehen. Es musste so werden. Freilich, er gab es nicht ! zu. Aber cs war doch so. Seine Frau konnte er nur »och be mitleiden. Und das war für einen Karl Büchel nichts. So eine Frau taugt zu nichts mehr, zu nichts. — Wenn sie ge storben wäre damals. Dann wäre es ja besser für ihren Mann. Er hätte um sie getrauert, ausrichtig, tief. Aber er wäre darüber hmweggeiommen. Er hätte w eder g heiratet. Er hätte wieder heiraten mästen. Dann wäre jelst eine gesund Frau auf dem Hof, die arbeite» und befehlen kannte, dann > hätte das Kind eine richtige Mulder, dann hätte Karl — ! eine richtige Frau. — I Das waren böfe Tage für Lene Büschel, wenn diese Gv- danken zu ihr kamen. — Dann kannte sie sich in ihrer Herzens- angst nicht mehr aus. Tausend Stimmen in ihr riefen: m, i«, so ist es. Du gehörst nicht mehr aus den Hof! Geh! Geh! doch! Und ganz leise llang noch eine ande.e Stimme da.wischen: — Alach ihm selbst ein Ende, Deinen! Leben. Es ist für alle das Beste, für Dich auch. — Da ian! die schlanke Frau in s.cb zusammen. Und wurde ganz klein. Sie sah den Tod. Aber iie konnte nicht darnach fassen. Mahnend klang es m ihr herauf: Damals bist Du nicht gestorben. Du solllest leben. Da darfst Du jetzt das Leben auch nicht auslöfchen. Du hast kein Recht dazu. Du kannst doch nichts dafür, dab Du jetzt so krank bist. Für Dich ist es ja die grösste Qual. Du kannst von den anderen verlangen, das; sie 'Rücksicht auf Dich nehmen. Wenn Du Dein Leben mit Geüuld trägst, kannst Du von den anderen auch verlangen, datz sic sich in das Unabänderliche fügen. Und Dein Kino, für das ist cs rrotzdcm ein Glück, datz Du lebst. Du bist die Mutter, wen» Du es auch nur halb sein kannst. Das könnte ihm keine andere sein. — Das Kind! Der Hans! Das war ihr Trost. Freudig, glücklich sah sic ihn wachse» und gedeihen. Kein 'Auge chß sie von ihm. wenn er vor ihr im Grase spielte und mit seinen täppischen B.inchcn emsig hin und her trippelte. Und wie ge sund, wie kräftig, wie stark er war. -- lind das Kind hing sehr an ihr. Den Baier liebte es a:-ch, aber seine ganze Zärtlichkeit gehörte der Mut.er. Er mente, seiner Mutter fehlte etwas, sie war nicht wie die anderen Menschen. Aber sie sollte auch lachen und sroh jein. Er wollte s e schon fröhlich machen. — Und es gelang ihm auch. Sein lebhaftes G plauLcr, sein Spiel, sein Liebkosen, all das vermochte zu veile» wirklich. Lene Büchel ihr großes Leid vergessen zu lassen. Sic komite überhaupt nicht über Langeweile klagen. Oft bekam sic Besuch. Ein jeder im Dorfe kam einmal zu ihr, bald der, bald jener. Manchmal freule sie üb darüber. Oft sagte sie sich auch bitter: Es ist ja nur Mitleid, bas sie zu mir treibt. Das brauche ich aber nicht. — Anna Hüller kam häufig herauf, wenn auch in letzter Zeit immer nur auf kurze Minuten. Sic ha te sich eben falls verändert. Es war eine unbcst mmte Nuhclf.gleit in ihr. Sie kam nur noch selten in den Wald. Meist war sie in der Mühle. Sie hatte der Hanne die meist.» Wirtnhostsge- schäfte aögcnommen. Bo» früh bis abends sah man sie bei dcr Arbeit. Hanne Krems schalt ltc unmutig den Kopf dar über. Ihr fiel am meisten die Veränderung bei Anna auf. Und ihre Beobachtungen schienen sic zu beunruhigen. Eh istoph Hüller nahm auch die Veränderung bei seiner Frau wahr. Er freute sich darüber. Sie schien sich ja erst jetzt recht cinzu- lebcn. Und als Hausfrau nahm sie alle leitende» Arbeiten in ihre Hände. Das war recht von ihr und gut. — (Fortsetzung lolgttt
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