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Sächsische Elbzeitung : 11.05.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-193605118
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19360511
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19360511
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1936
-
Monat
1936-05
- Tag 1936-05-11
-
Monat
1936-05
-
Jahr
1936
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 11.05.1936
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Italic» hat endlich sei» Iinperinm! Und zwar oas saschislisclic Impcriiim, denn es trägt die nntriiqlichcn Zeichen des Willens des römische» Liktore»- bnndcls. Dies Ivar das Ziel, ans das durch l l Jahre alle Kräfte der italieiiische» Nation Hindrän,zle» und das z» erreichen sie strebte»: ein K n i s e r r c i ch d e s Fric, d c n s. Den Italien will de» Frieden für sich imd für did anderen und streift znin Kriege nur, lvenn es von feindlichen Mächten dazu gezwungen wird. Ein Kai. serreich der Zwilisalion nnd der Humanität für alle Stännne Abessiniens, iveil das die Mission Roms ist nnd weil das der Wille Noms ist, der die Völker seinem Schick sal cntgegcitsührt. So gebietet cs das Gesetz unserer Ge schichte. Bor uns öffnet sich je»! eine breite Bresche in die Zukunft. Ich rnsc cs cnch zu: TaS Laud Abessinien und die Stämme Abessiniens stehen von hcntc an unter der unumschränkten Herrschaft des italienischen Reiches. Der Titel Kaiser von Abessinien wird vom König von Ita lien angenommen. Königliche Offiziere nnd Unteroffiziere in Afrika nnd Italien, Schwarzhcmdcn, Italiener nnd Italienerinnen! Das italienische Volk Hal sich in seinem Kampf sein Kaiser- reich selbst geschaffen. Es wird cs in seiner Arbeit erhallen, und cs wird cS gegen jedweden Feind mil den Waffen verteidigen. In dieser hehren Gewissheit erhebt, Legionäre, eure Abzei chen, eure Dolche nnd eure Herzen, nm nach 15 Jahrhun derten das Wicdcrcrschcincn des Kaiserreiches ans den schicksalhaften Hügeln Noms zn grünen. Werdet ihr sei ner wen sein? lDie Menge bricht in ein gewaltiges Ja ans.) Dieser Nuf ist wie ein heiliger Schwur, der euch vor Gott und vor den Mcuscheu auf Leben und Tod verpflich tet. Schwarzhemdcn, Legionäre! Grübt den König!" Tic Rede Mussolinis an das italienische Volk wurde von den ans der Piazza Venezia versammelten Mcnschcnmassen mit brausendem Beifallsruf ausgenom men. Immer wieder erschollen die Nufe: „Dncc! Duce!", „Es lebe der König!", „Es lebe der Kaiser von Abessi nien!", „Es lebe Italien!". Die italienischen National hymnen ertönten, in die die Menge begeistert cinstimmte. Der Dan! an Mussolini Nach der geschichtlichen Ansprache des Dncc vom Bal kon des Palazzo Venezia verkündete der stellvertretende Parteisekretär, das; der Faschistische Grvsunt einen Tages- bcfchl angenommen habe, in dem Mussolini, dem Schöpfer des Imperiums, der Dank des Landes zum Ausdruck ge bracht wird. Nach der Sitzung des Faschistischen Großrals hatte der Dncc ciuc längere Unterredung mit dem ilalienischen Botschafter in London, Grandi. Nach der Knndgebnng ans der Piazza Venezia empfing Mussolini die Botschaf, ter Deutschlands, Brasiliens nnd Japans, die Gesandten Oesterreichs nnd Ungarns, den albanischen Geschäftsträ ger, die ausländischen Militärattaches und die Spitzen der Negierung, der Partei nnd der Hochschulen. Das begeisterte Rom Der Jubel, der ganz Italien nach der Bekanntgabe der historischen Beschlüsse crsüllle, lies; bis in die frühen Morgenstunden nicht nach. Noch stundenlang wogten Menschcnmassen durch alle Straßen Noms. Ihr Hauptziel war immer wieder der Ouirinalspalast, wo dein neuen Kaiser von Abessinien zngejnbclt wurde. König Viktor Emanuel muhte sich iu Begleitung des Kronprinzen im mer wieder ans dein Balkon zeigen, wobei die Menge in begeisterte Nnfe „Evviva l'Jmpcratorc!" ausbrach. Am Sonntag »in UI Uhr grüble in allen ilalienischen Garnisonen ein Salut von UU Schub den ersten Tag des Imperiums. Die löntglitzen Lelrete Die Dekrete über die Zukunft Abessiniens sind nach Billigung durch den Faschistischen Grohral und den Mi- nistcrrat noch im Laufe der Nacht vom Köuig von Italien unterzeichnet worden. Das erste Dekret enthält die grund- legende Bestimmung, das; sämtliche Gebiete und Volks- stännne des Kaiserreichs Abessinien unter die vollständige Souveränität des italienischen Königreichs gestellt werden und dah der Titel „Kaiser von Abessinien" von dem Kö nig von Italien und seinen Nachfolgern angenommen werde. Abessinien wird durch einen Gcneralgouvcrueur re giert und vertreten, der den Titel Vizckönig führt nnd von dem auch die Gouverneure von Eritrea nnd Jtalie- nisch-Somaliland abhängig sind. Vom Generalgouvernenr und Vizelönig von Abessinien hängen alle militärischen nnd zivilen Autoritäten der seiner Rechtsprechung nnler- stellten Gebiete ab. Der Generalgouvernenr und Vizetönig von Abessinien wird durch königliches Dekret ans Vorschlag des Regierungschefs ernannt. Mit königlichem RegicrungS- dekrel wird aus Vorschlag des Regierungschefs die Ver waltung Abessiniens festgelcgt. Das zweite Dekret enthält die Ernennung des Marschalls Badoglio znm General- gouvernenr und znm Vizckönig mit allen Vollmachten. Der Erlas; der Dekrete wird begründet mit der „dringen den und absolute» Notwendigkeit, für die Einsetzung einer Negierung von Abessinien Sorge zn tragen." Die Dekrete, die mit dem l>. Mai in Kraft getreten sind, werden dem Parlament zur Uniwaudlung iu ein Gesetz vorgelcgt werde». Frankreich macht Borbehalte Die französische Negierung hat am Sonnabendabend der italienischen Negierung ihre Vorbehalte gegenüber der Einverleibung Abessiniens zum Ausdruck gebracht. In der Pariser Presse kominl eine offensichtliche Bc- sorgnis nnd Mißstimmung über die Schaffung des faschi stischen Imperiums zum Ausdruck. Wie das „Echo de Paris" wissen will, hat der französische Minister- r a t vom Sonnabend ans Vorschlag Flandins beschlossen, im Falle einer Einverleibung Abessiniens durch Italic» vie Sanktionen des Völkerbundes nicht auf heben zu lassen. Es sei anznnehnle», das; diese Haltung in Gens vo n alle» Mitgliedsstaaten befolgt werde. Panl-Boucour bebe für seine Reife nach Gens bereits entsprechende Richtlinien erhalten; die Haltung Englands stehe jedoch noch nicht fest. Das „Petit Journal" weist ans den Vorbehalt der französischen Negierung gegen die Einverleibung Abes siniens durch Italien hin. In französischen Negierungskrei- sen habe die öffentliche Erklärung des Dncc eine starke M i s; st i in in n n g hcrvorgerufen. Akan erwarte ernste Rückwirkungen aus die am Montaa bcainncnden Veryand- , luugcu iu Gens, wo mau besonders von englischer Seite mit einer scharfen Stellungnahme rechne. Der Negus hofft aus Gens Der Negns übergab der gesamten in Jerusalem ver tretenen Presse eine Erklärung, in der er sich mit aller Schärfe gegen Italien wendet. Er bringt weiter darin zum Ausdruck, das; er sich tiestraurigeu Herzens entschlossen habe, den ungleichen Krieg nicht weiter sorizusetzen und das; er es vorziche, die Sache seines Landes in Gens zu verteidigen. Eine, den Völterbundsgrundsätzcn treu er- gebcne Nation, die alles Vertrauen in die Wirksamleit dieser Grundsätze gesetzt gäbe, könne und dürfe nicht durch den Willen einer „vertragsbrüchigen Nation" von der Landkarte verschwinden. Die Erklärung schlicht mit der Forderung nach Gerechtigkeit nnd Schutz der schwachen Na- tioncn gegen die stärkeren. 'Tie vom Kaiser mugevrachteu Schabe wurde» ui einer englischen Bank in Jcrnsalcm unlergcbrnchl. Die Schätze wiegen neu» To»»c». Sie bestehe» ans 158 Kiste», vo» denen 12.8 silberne Maria-Thcrcsia-Talcr und die übrige» Gold enthalten. harrar besetzt Dir Truppen des Generals Graziani sind in Hnrrar cingczvgcu und haben den Plüudercic», dir dort drei Tage lang nndnucrten, rin Ende gemacht. Die Truppen besetzten die öffentliche» Gebäude und sicherte» die Konsulate der fremde» Mächte. Der Einzug erfolgte ohne jede,, Wider stand der Bevölkerung. Die Besetzung der wichtigsten Punkte Abessiniens kann mmmehr als vollzogen gelten. Bor allem handelt cs sich dabei nm dir stratrgischcn Punkte entlang der Eisenbahn Addis Abeba—Dschibuti, darun ter vor allein Dirrdnnn Damit steht die B n h n u n t e r italienischer Kontrolle. Das iiiilitärischc Kapitel ist daiuit abgeschlossen. Nun mehr folgt eine snstcmatische Durchdringung nnd politische Organisierung. Diese kolonisatorische Aufgabe iiu eigent lichen Sinne des Wortes kann unter Umständen ans grö- stcrc Schwierigkeiten stoßen, weil in dem gewaltigen abes sinischen Reich Völkerschaften leben, die die Herrschaft dcs Negus niemals anerkannt haben und auch die Herrschaft eines anderen nicht ohne weiteres hinnehmrn werden. Straffer SriMWiM Grobe Verwüstungen in Addis Abeba lieber die durch die plündernden Banden angerichtc- ten Zerstörungen treffen aus Addis Abeba täglich neue Einzelheiten ein. Auch die meisten Mitglieder der deut schen Kolonie haben schweren Schaden erlitten. Viele von ihnen sind obdachlos. Sie sind in einem Saale des deut schen Gcsandtschastshanscs notdükftig nntcrgcbracht. Auch die im ganzen Lande bekannte d e n t s ch e A p o t h c k c ist bis auf die Grundmauern n i c d e r g c b r a n n t. Die deutsche Gesandtschaft hat alle Vorkehrungen getroffen, um die Not der deutschen Staatsangehörigen nach Mög lichkeit zn lindern. In abgelegenen Bezirken der Stadt ertönen nachts hin- und wieder noch Schüsse. Der von den Italienern eingerichtete Ordnnngödicnst, an dem sich z. T. auch die in Addis Abeba ansässigen Europäer beteiligen, leistet schnelle Arbeit und macht mit Banditen, die mit der Waffe in der Hand angctroffcn werden, kurzen Prozess. Biele Plünderer harren in den Gefängnissen ihrer Aburteilung. Nach immer werden Leichen gcfnnden, die zum Teil gräss lich verstümmelt sind. Begeisterung in Abessinien Asmara. Tic Ansprache Mussolinis nach dem Großen Fa- schistcnrat wurde auch iu Asmara und Addis Abeba sowie in sämtlichen Hauptorten Abessiniens durch Rundfunk verbreitet Sie hat bei der Bevölkerung ungeheuere Begeisterung ausgelöst. Namentlich die Erklärung über die Schaffung des Imperium Romauum und die Mitteilung, das; der ^itel des Kaisers von Abessinien aus "den Ualieuhcheu Köuig übergehe, wurde iu Asmara vou einer unübersehbaren Menge mit tosendem Beifall ausgenommen. Tic.Bevölkerung zog lange nach der llebertra- guüg unter vaterländischen Gesängen durch die Straßen. Der Negus reist nach Europa Der Kaiser von Abessinien wird sich, wie ans seiner Umgebung zuverlässig verlautet, demnächst mit einem klei nen Gefolge auf eine Europa-Reise begeben. Die kaiser liche Familie ist inzwischen in das Lurnsbotel „King Da vid" in Jcrnsalcm übergcsiedelt, wärcnd das Gefolge im Eitadcl-Hotcl Unterkunft aefnuden hat. Die Londoner Tonntagsprcjse zn den Ereignissen in Nom Loudon. Tic Nachricht übcr dic Proklamicrung des Königs von Italic» zum Kaiser von Abcssinicn sowic dic Bcrküudnng dcr ilalicnischcn Obcrhohcit iu Abcssinicn, dic cincr Annckticrnug dcs crobcrtcn Gcbiclcs glcichgcschl wird, crrcgt in London er- hcblichcs Ansschcn, obwohl becde Ereignisse nicht völlig nucrwar- tcl kommcu. Tic Souutagspressc vcrössciitlichl dic Rcdc Mussolinis in grösztcr Anfmachnng, doch schlt cs cinstwcilcu noch an redaktio- uellen Stctluugnahmcn, da dic Nachrichtcn am Sonnabcnd erst in spätcr Stunde ciutrascn. In London wird jcdoch mit Sicher« heil angcnommcn, das; dcr ncnc Tatbestand dic mvrgcn in Gcnf beginnenden Bcsprcchungcn dcs Bölkerbnndsratcs bccinflusscu wird. l Dcr diplomatischc Korrespoudeitt dcs „Observer" crwartct, das; sowohl Grandi in Loudon wic auch Trummond iu Rom um- gchcnd dic Borarbcitcn zur Lösung dcs Problems in Angriff neh men werden, das durch die Aunekticruug Abessiniens geschaffen worden sei. Es handele sich um ciu Problem, dem die britische Regierung jetzt nicht mehr ausweichen könne. Welche Formel in Gens auch immer gefunden werde, um die Erwägung der Sanktionsfrage «zu vertagen, solviel stehe fest, das; das abessinische Problem nunmehr von Italien, Frankreich nuo England als den Unterzeichnern des Dreicrvcrtrages von 1Wl> besprochen werden müsse. Französische Stimmen znr Einverleibung Abessiniens Paris. Znr glatten Einverleibung Abessiniens nnd znr Aus- rnfuiia König Viktor Emanuels zum Kaiscr vou Acssinien mcinl der „T c m p s", seit 21 Stunden könne man sich kcincr Täuschung mehr über die Massnahme Italiens in dcr abessinischen Frage hingebcn. Ter Traum des römischen Kaiserreiches, das 1.8 Jahr hunderte geschlafen habe, beginne Wirklichkeit zn werden. Es gebe jcdoch auch andcrc Tatsachen in dcr Wclt, und bcsou- dcrs in Europa, dcncu sich gezwungenermaßen dic ilalicnischcn Wünschc anpasscu müsücn, nüd denen Italien Nechunng tragen müsse. Bon diesem Gesichtspunkte aus sei es auszerordcutlich zu bedauern, das; das ncnc Italien cs nicht sür noNvendig gchaltcn habc, sciucr afrikanischen Unternehmung die notwendige Mäßi gung angedeihcn zu lassen, sondern dic radikalste Lösung gewählt habc, ohne das Gcficht der Völkergemeinschaft zu wahren. Die Einverleibung Abcstiniens erleichtere in kcincr Weise dic Lösung dcr abessinische» Frage. Wen» der Bölkerbnndsrat am Montag znsammcutretc, dann stehe er durch die italienische Maßnahme vom Sonnabend vor neuen Tatsachen. Gcwaltmaßnahmcn seien von Anfang an in Genf mißglückt. Jetzt, wo die Partie in Afrika ausgespiclt Warden sei, sei der Augenblick noch weniger gekom men, um zu diesen Gcwaltmaßnahmcn zurückzukchrcn. Nur zu leicht köuutc ciuc derartige Maßuahmc den italienisch-abessmi- schcn Krieg in cincn europäischen verwandeln. Pierre Bern ns schreibt im „Journal des Debats", Mussolini habe durch sciuc Ausrufung König Viktor Emanuels zum Kaiscr von Abestinien in gcwisscm Sinnc das Beispiel Tis- raclis nachgeahmt. Daß die Entscheidungen, die man in Nom getroffen habe, in gewissen Ländern dic Idee dcr Sanktionen wie der auskommen ließen, sei anzunchmcn. Eine derartige Maß nahme wäre aber sinnlos, da sic überhaupt keine Wirkung mehr hätte und nur das europäische Spiel noch verworrener machen könnte. Putschversuch in Wien? Christlich-sozialer Arbelterausmarsch in Wien durch Anhänger des früheren Vizekanzlers Fey gestört W i c n. Am Sonntag sand ein Ausmarsch dcr christlich-sozia len Arbeiterorganisation „Frcihcitsbund" statt, in dessen Verlauf cs zu Kundgebungen kam, dic anscheinend von dem ehemaligen Vizekanzler und Wiener Hcimwchrsührcr Feh organisiert wordcn waren. Feh hatte an einer bestimmten Stelle des Ringes Aus- slcllnng genommen nnd leitete dic Knndgcbnngcn. Urtprünglich hatte Bundeskanzler Schuschnigg nicht dic Absicht, mit dem Zuge dcr chrisllich-sozialcn Arbeiter mitzumar- schieren. Nachdem ihm aber von dcr Äcgenkundgcbung Feys Mit- teilnng gcmach! worden war, entschloß er sich, sich tclbst an dic Spitzc dcs Zuges zu stellen. An der Stelle, wo Feh stand, soll cs dann zu lcbhäftcn Kuudgcbuugen sür und gcgcn Feh gekommen scin. Wic wir erfahren, wurden 51) Heimatschützler, dic Anhän ger Fchs sind, fcstgcnommcn. Fch wurdc sväter von dcr Polizci änfgcsordcrt, sich zurückzuziehen, wclchcm Austrag cr auch nach kam. Tas amtliche' Wicncr Korrcspoudcnzbüro gibt von dicscn Vor- sällcn, übcr dic nähcrc Einzclhcitcn noch nicht vorlicgcn, cinc Tarstellung, in dcr cs uutcr anderem heißt, daß nach dcm Vorbei marsch einige hundert sichtlich bestellte „Provokateure aus staats feindlichen Kreisen" versucht hätten, dic Kundgebung zn stören und „durch Tarnung ihrer Provokationen den Anschein eines Gegensatzes zwischen' einzelnen Regicrungstruppen zu erwecken". An der blendenden Disziplin dcr Teilnehmcr der Kundgebung, bei dcr auch dcr Hcimatschutz offiziell vcrtrctcn war, ist, wic cs iu dcm Bericht weiter hcißt, dic Absicht dcr Provokatcurc sofort zu- nichte gcwordcu. Putschversuch Feys im Keime erstickt? Wic». Wicn ist am Sountag ganz knapp an einer starke» Entladung dcr inuerpolüischcn Spannung vorbeigcgangen. Man erfährt jetzt, daß die Anhänger dcs ehemaligen Vizekanzlers nnd Heimatschutz-LaudcsfiihrerS Wicn, Feh, tatsächlich cinc nmfang- rcichc Kundgebung gcgcn den Aufmarsch dcs Freihcitsbundcs ge plant halten, dic sich sichcrlich gcgcn die Regierung selbst hätte richten sollen. Dadurch, das; Bnudcskauzlcr Tr. Schuschuigg rechtzeitig vo» den Plänen der Anhänger Fehs erfuhr, sich selbst an dic Lpitzc dcs Zugcs dcs Frcihcitsbundcs stellte nnd glcichzcitig Fch durch dic Polizci auffvrdern licß, seiucn Platz, den er in der Ringstraße eingenommen hatte, zu räumen, konnten die Kundgebungen im i großen und ganzen verhindert werden. Als nämlich die Anhän ger Fehs Dr.' Schuschniggs ansichtig wurden, wagten sic nicht, ihre > Pläne durchznfiihren. So kam cs, daß dic Kundgcbungcn nur ! an einzelnen Punkten der Ringstraße nusflammten und rasch vor- j übergingen. - Hingegen kam cs, wic man jetzt erfährt, zwischen abzichenden : Truppen des Frcihcj.tsbnndcs und Heimwchrlcnten in späterer i Stunde in den äußenn Bezirken Wiens zu Schlägereien, die von s Alarmabteilungcn dcr Polizci nntcrdrückt wurden. Zwei .Kinder sollen hierbei durch Stcinwürsc verletzt wordcn scin. Wie man hört, soll Fch selbst jetzt allerdings erklären, cs sci cin rcincr Zufall gewesen, daß cr sich zur Zeit des Frcihcitsbnnd- aufmarschcü auf dcr Riugstraßc befunden habc. Immerhin könnte der Vorfall für Fch noch Folgern habcn. Wic wir von zuverlässiger Scitc crsahrcn, bcsindct sich unter den Verhafteten dcr chcmaliac Hcimatschutzhauptmann Fitzner, dcr jctzt dcr militärischcn Lcitnug dcs Milizkorps zngctcilt ist. Um Mitternacht erschien eine Vcrlautbarmtg der Hcimwch- rcn, iu dencn mitgctcilt wird, daß tatsächlich Kundgcbnngsver- suchc von ciuzclncn Hcimwchrlcutcn gcgcn den Aufmarsch dcs Frcihcitsbundcs stattgcfundcn habcn. Bizckanzlcr Starhembcrg habc, so heißt cs in dcr Erklärung weiter, sich znr Polizeidircktion begcbcn und für dic 50 Vcrhaftctcn inlervcnicrt, nnd, da sich hcrausgcslcllt habc, daß cs sich nur um „Nusdemonstranten" han delte, so seien diese wieder auf freien Fnß gesetzt wordcn. Die Hintergründe der Wiener Kundgebung Wien. Zum Verständnis dcr Kundgebungen einzelner Heim- wchrgrnppcn gcgcn dcn Aufmarsch dcs Freiheitsbundes ist noch folgendes zn sagen: Dcr friiherc Vizekanzler und Heimalschutzführcr Fch war bei den Wiener Heimwehrleuten sehr beliebt. Als Fey im vergange nen Herbst zum Ausscheiden aus dem Kabinett gezwungen wurde, war die Meiuuug in dcr Wiener Hcimwehr allgemein, daß nun die Sclbstschtttzformatioucn in der ursprünglichen Form nicht mehr lange antrecht erhalten werden würden. Die dadurch cnt- standcn Beunruhigung in Heimwehrkrciscn sand neue Nahrung durch die Entmilitarisierung dcr Ostmärkischen Stnrmscharen, die Bundeskanzler Dr. Schuschnigg vor kurzem ungeordnet hat. Diese Entmilitarisierung dcr ostmarkischen Stnrmscharen wurde von dcn Hcimwchrlcutcn als Signal dcr baldigen Entwafmnng auch des Heimatschutzcs aufgefaßt. Auch dic Rcdc, dic Vizekanzler Starhemberg kürzlich hielt, kountc dic Bedeukcn mancher Heim- wehrkrcise nicht zerstreuen. Ja, man sand in dcn Worten Star- Hembergs geradezu eine Bestätigung der Befürchtungen, da aus chueu zu entnehmen war, daß der Heimatschutz in das neue Miliz korps eingcreiht werden solle. , Zwischen dcm Hcimatschutz und dcm Frciheitsbnnd besteht schon seit Jahren ei» starker Gegensatz. Dcr Frcihcitsbund, der dem Staatsrat Kunschak nahesteht, und zum kleineren Teil Wehr- organisation, zum größeren Teil Organisation der christlich- sozialen Arhciter ist, gilt den, Hcimatschühlern als Vorläuferin sür dic! Demokratie. Diese alte Gegnerschaft konnte von dcn An hängern Fchs lcicht zu Kuudgcbungcn benutzt werden, weil sich der Anschein erwecken ließ, als ob hinter ihnen auch noch in Staatsstellnng befindliche Hcimatschützlcr ständen. Es scheint den» anch, daß zu den Anhängern Fchs sich auch andcrc Heimat- schutzleutc gescllt haben, die die Gegnerschaft zum Frcihcitsbund unter dic Kundgeber trieb.
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