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Die »leisten Menschen mißtrauen den dunklen, yaß- .lchen Göttern Afrikas, die so abstoßend seltsam und so selt sam anziehend sind. Auch ich konnte mich, obwohl ich meh rere Winter kn der Heimat ihrer düsteren geheimnisvollen Wälder verbracht hatte, eines Gefühls widerwilliger Ehr furcht vor ihnen nicht erwehren. Ich hatte immer das Gefühl gehabt, daß sie unser Ein dringen in ihr uraltes Bereich übelnahmen. Bei einer Ge legenheit im legten Winter aber retteten sic mir das Leben. An der Grenze von Französisch-Gninea, in einer Ecke» in der sich Urwald und Sumpf begegnen, ist das Heiligtum einer geheimen Ncgcrgescllschaft, deren Symbol der Alli gator ist. Dorthin hatte ich mich auf den Weg gemacht, um einen heiligen Schrein aufzusuchen, der eine Anzahl feti schistischer Idole und Masken enthalten sollte. Als ich den legten Posten der Zivilisation verließ, wurde ich vor einer Bande gewarnt, die wegen Menschen fresserei angeklagt, aus dem Gefängnis ausgebrochen war und die. verzweifelt, dem Gesege verfallen, die benachbarten Wälder durch ihre Taten unsicher machte . . . Während mehrerer Tage marschierte ich mit meinem Trupp Träger durch den dampfenden Wald, bis wir schließ lich in das Gebiet des geheiligten Schreines gelangten. Die Gegend schien friedlich und sicher. Ich ließ daher den Haupt- teil meiner Träger in einem kleinen Dorf zurück und machte mich mit drei Mann, die nur das Notwendigste für eine dreitägige Reise bei sich führten, auf den Weg. Am Ende des zweiten Tages hörten wir plötzlich in der Ferne die unheilverkündenden Töne der afrikanischen Trommclsprache. Es war zu spät und zu gefährlich kehrtzumachen: so rannten wir also mit brennenden Augen und klopfenden Herzen dem Feuer entgegen, bis wir schließlich in einem großen schwarzen Sumpfe, der die Flammen aufhielt, rela tive Sicherheit fanden. Ein Mangrovensumpf ist einer der Schrecken der Welt. Aber damals segneten wir ihn; ihn und die hinter uns an wachsenden Flammen, die unsere Verfolger in Schach halten mochten. Eine Viertelstunde lang kämpften wir uns durch den schweren, schwarzen Schlamm des Sumpfes, der manch mal so tief war, daß: wir uns mit den Armen an den in die Luft ragenden Wurzeln der Mangroven-Bäume vor wärts schwangen. Völlig erschöpft gelangten wir schließlich auf festen Baden. Plötzlich stieß Bangoura einen Iubelschrei aus, als er vor uns eine breite Spur erblickte. „Der Schrein des Zauberers", schrie er laut. Im Rücken von uns konnten wir ein Dutzend oder mehr schwarze Gestalten sehen, die sich schnell durch den Sumpf schwangen, aber unsere Herzen waren leichter, als wir die Spur entlang auf ein baufälliges Lehmgebäude zu liefen. Endlich! Endlich würden wir Schutz, freundliche Gesichter und Nahrung finden! Und im nächsten Augenblick standen wir starr mit offenem Munde! Da war kein Dorf, da waren keine Men schen oder Anzeichen von Bewohnern. Nichts als die bau fällige Hütte mit zwei großen schwarzen Holzfigurc», di« grotesk, —entfleMen Menschengesichtern gleich, um beweglich vor sich hinstarrten und eine schauerliche Schild wache darstellten. Mein Herz sank, als ich an die Einsamkeit um uns und an die unheimlichen Verfolger hinter uns dachte. Ban goura erriet meine Gedanken. „Keine Furcht", flüsterte er. „Unsere Verfolger werden es nicht wagen, sich dem Heilig tum zu nähern!" Ich zweifelte. Die schwarzen Schatten hinter uns aber berieten sich und rückten tatsächlich nicht weiter vor. „Sie wagen nicht heranzukommen", sagte Bangoura, „aber sie werden warten, „bis der Hunger uns früher odc> später heraustrcibcn wird." Dieser Gedanke verfolgte mich die ganze Nacht über, und ich zermarterte mir den Kopf, wie ich eine Nachricht an das nächste Dorf gelangen lassen könnte. Merkwürdiger weise wirkte das Innere des dunklen Heiligtums beruhigend auf meine Nerven Die Unbeweglichkeit der Götzenbilder schien den Fatalismus ihrer Gläubigen und die Zwecklosig keit aller menschlichen Furcht und Voraussicht widerzu spiegeln. Seltsam friedlich und getröstet schlief ich gegen Mor gen ein. Der nächste Tag bewies, daß dieses Gefühl der Zu versicht berechtigt gewesen war. Gegen Mittag hörten wir laute Ausrufe und Iubelschreie, und meine dreißig Träger stürzten vom Sumpfe heraus auf uns zu. Simaye, mei» Koch und ergebener Freund, hatte Gerüchte von der mir drohenden Gefahr gehört und darauf bestanden, uns stehen den Fußes zu folgen Auf ihrem Wege hatten sie mehrfach Spuren von Gewaltätigkeiten unserer Verfolger gesunden Nun hockten sie aus der geheiligten Stelle im Kreise und kochten sich eine Reismahlzeit von riesigen Dimensionen Während ich schreibe, steht eine Anzahl der so merk würdig geschnitzten Götter Afrikas um mich herum, derent wegen meine Freunde fragen: „Wie kannst du es nur in der Gegenwart dieser scheußlichen Dinger aushalten?" Aber ich habe mehr als nur ein archäologisches Inter esse für die afrikanischen Götzen, denn ich vergesse nicht daß sie mir schließlich das Leben gerettet haben . . . Das Paradies der Erde Mein Führer Bangoura sagte mir, die Trommeln «rächen von uns. Da er mir aber Einzelheiten nicht an geben konnte, nahm ich an, daß seine Phantasie mit ihm davonlief und beschloß, meinen Marsch fortzusetzen. Die Trommeln folgten nns in Zwischenräumen den ganzen Abend nnd den folgenden Morgen. Auf eine Trommel zur Linken antwortete eine weit hinter uns, und immer hatten wir den Eindruck, daß di? Trommel im Rücken von uns näher und näher kroch. Nach 24 Stunden waren wir fast sicher, daß wir verfolgt wür den, und unser Verdacht wurde durch einen erschreckten Ein geborenen bestätigt, der an uns in eiliger Flucht vor- bcilief. Die feuchte Dunkelheit des sonnenlosen Waldes, die Empfindung, von unsichtbaren Geschöpfen beobachtet zu werden, die über uns in einer geheimnisvollen Sprache re deten, der lastende Druck, daß uns diese von der Welt Aus- gestoßenen unbeirrbar, ohne Eile, folgten, das neroenauf- reizendc Gefühl, daß sich in jedem Moment irgend etwas — die dunklen Götter Afrikas allein mochten wissen, was — ereignen konnte, all das machte die Spannung fast uner träglich. Aber es hatte keinen Zweck, haltzumachen oder umzukehren. Irgendwo vor uns lag der Schrein. Dort würde zweifellos ein Priester sein, möglicherweise andere Menschen, vielleicht ein Dorf. Irgend etwas würde es dort geben, irgend etwas Greifbares . . Den ganzen Tag über kamen die Trommeln näher und näher. Meine Leute mit ihren scharfen Ohren oder mit dem seltsamen Instinkt der Waldbewohner erklärten mir bereits, sie könnten es hören oder fühlen, wie uns Menschen in einer Entfernung von etwa 1000 Metern nachschlichen. Plötzlich erblickten wir vor uns das rote Licht eines Buschbrandes. Bald drangen uns dichte Rauchwolken in die Augen, und das Knistern der züngelnden Flammen klang bedrohlich nahe. Abgeworfene» herumschnuppert. erfreulicher. Aber tragisch nicht stunden, die bereits um 7 Uhr morgens beginnen — während der Hauptbetrieb erst in de» Nachmittagsstundcn ist, und abends dann gewöhnlich die Quadrille» geritten werden, an denen Damen und Herren teilnehmcn. Es ist ei» pracht voller Anblick der 30 gepfleg Daß das Pferd an dem macht die Situation auch ?! ten Pferde, der in einheitliches Schwarz gekleideten Men schen, der exakten reiterlichen Bewegungen, während durch die Musik hindurch Kommandos der Stallmeister dringen. Berlin ist »och immer die Hochburg der Reiterei trotz des uiiaufhaltsame» Vordringens des Autosports. Im Win ter, sobald Frost eintritt, sind die Tattersalls die Stätten, „Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde" — in diesem alten Neiterspruch liegt mehr als das Bewußtsein, eine gute Figur zu machen vor der übrigen zu Fuß wandelnden Menschheit — es bedeutet vielmehr das reiterliche Gefühl der Verbun denheit mit dem Pferde, das Spüren des Rhythmus des Reitens in jedem Nerv. U- den Tiergarten herum, ableus vom brandenden Ver kehr, liegen die Ncitsäle Berlins. In den Boxen stehen reihenweise die edlen Pferde und harren ihrer Besitzer, ihrer täglichen Trainings zuviel auch für den abgehärteten Tattersallgaul — das nimmt er übel — und im Augenblick ist ein Sattel leer. an denen der edle Reitsport gepflegt wird, und sonst sind es das ganze Jahr hindurch der Tiergarten, der Grune wald, die Jagden in Frohnau — und für die Ferien sind überall in den großen Badeplätzen Neitinstitute eingerichtet. Den Höhepunkt der monatelcmgcn Ausbildung, die recht mühevoll für manchen ist und viel Lust und Liebe verlangt, bildet der Tag, an dem es zum ersten Mal hin aus geht mit dem Pferde aus den enge» Wänden des Neit- saales in die freie Natur, in der es sich zeigen soll, wer seinen Willen durchsetzt, das Pferd oder der Mann. An der Tattersalltür sieht vieles noch ganz wunder schön aus — beim Aufsitzen jedoch kann das geübte Auge den Reiter erkennen — und den, der sich nur auf dem Pferde fortbewegt — trotz des einwandfreien Sportdreß. Der Respekt vor dem lebenden Fortbewegungsmittel, das leider seinen eigenen Willen oft ge nug durchsetzen will — nnd dem man jetzt im Freien auf Gnade und Ungnade ausgeliefert ist, die Vorahnung kurz bevorstehenden Unheils, die Seufzer der Erleich terung, nachdem das voluminöse Ich im schauderhaft hohen Sattel untergebracht ist — das ist so im allgemeinen der Anfang vom ersten Ausritt! Eine letzte Mah nung des begleitenden Stall meisters — und das Unheil geht seinen Gang! Solange es im Schritt geht, macht sich alles riesig vornehm und nochanlant — sobald dann aber der Reitlehrer Trab oder Galopp einlegen läßt, und die Pferde nach der Nachtruhe gestärkt munter losgehen, wird es dem bestürzten Novizen schrecklich klar, daß es ein Unter schied ist zwischen dem Reiten in der Bahn und im Freien, und daß er alle Energie wird aufwenden müssen, nur um im Sattel zu bleiben. Hageln dann auch »och die Korrek turen des Lehrers auf den Vollbeschäftigten herunter, so ist für einen Freund der edlen Reitkunst der Augenblick ge kommen, sich schonungsvoll abzuwenden. Treiben mit den Sporen —und zugleich an der Kandare reißen — das ist wird das alles — vom Reitlehrer — nicht weiter genom men — er tröstet den erschreckten Neuling gewöhnlich mU dem Hinweis, daß das auch dem besten Reiter zuftößt. Und vielleicht erzählt er zur weiteren Beruhigung bei dieser Ge legenheit von dem bekannten Rennreiter, der sich 15 mal das Schlüsselbein gebrochen hat . . . Und mancher beleibte Reiter überlegt im stillen, ob es nicht doch angeneh mere Methoden gibt, die zur schlanken Linie füh ren — Aber die weitaus mei ste» reiten meist aus Lust und Liebe zum Sport und zum Pferd. Und wenn erst die Anfänge über standen sind und »ran ge lernt hat, das feine Instrument zu spielen, das so ein edles Tier darstellt und aus dem Stümper ein Beherrscher ge worden ist, wird er das reiterliche Hochgefühl spüren Wer erst Sicherheit erlangte, den duldet es nicht län ger auf den glatten Reitwegen. Er erstrebt höhere reiter liche Leistungen — der Sprunggarten ist sein Ziel. Und wieder beginnt ein unermüdliches zähes Arbeiten. Mit nie drigen Hindernissen, mit kleinen „Bürsten" beginnt es, geht Uber mittlere Hürden, Wälle und Gräben zu Koppelritt und fester Mauer — der letzten Etappe des Sprungreitens zu — der Ausbildung in einer mit Schwierigkeiten gespickte« Sprungschule. Mit Steilhängen. Sandgruben, Klettertrep pen, doppelten Barriören und ähnlichen Sachen — der Teilnehmer bei Turnieren ist fertig. — Wem Talent zum Springen mangelt, für den steht noch ein anderes Gebiet reiterlicher Ausbildung offen: die Dressur. Freilich benötigt man dazu eine ausgesprochen« Begabung, wer es aber ein- , mal so weit gebracht hat, auf einem dressierten Pferd die Wunder der Hohen Schule zu zeigen, der hat X die höchsten Frenden genos- sen, die ein Sport seinen Jüngern gewähren kann. —