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Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die Enthält die amtlichen Bekanntmachungen siir den Slarnral, das ?lmlsgernyt, das Hmiptzollamt Bad Schandaii und das Finanzamt Sebnitz, — Bankkonto" Stadtbank Bad Schandau Nr, 12. — Postscheckkonto: Dresden 33 327. Fernspr.: Bad Schandau Nr. 22. — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandait. Erscheint läßlich nachmittags iihr >nit Nnsnahmc der Sonn- und Feiertage. Bezugspreis: srei Haus monatlich 1,8ä NNk. keinschl. Trägcrgcldt, siir Selbst «bholcr monatlich 1,65 NM., durch die Post 2,Ob NM. zuzügl. Bestellgeld. Einzelnummer 10, mit Illustrierter 15 Pfg, — Bei Produktionövcrtcuernngen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreisc behalten wir uns das iliecht der Nachforderung vor Sächsische Schweiz Tageszeitung sür die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel, KletnyeuNcrs- dorf, Krippen, Lichtenhain, Miltelndors, Ostrau, Porschdorf, Postclwih, Prossen, 'Naihmannsdors, Ncinhardisdors, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wcudischsähre, sowie für das Gesamlgebiet der Sächsischen Schweiz. Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung Alma Hieke, Inh. Walter Hieke. Verantwortlich: Walter Hieke. Anzeigenpreis (in NM.): Die 7gcspaUcne 3ö mm breite Pelitzeilc 20 Pfg., für auswärtige Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Ncklamczcile 80 Pfg. Tabel larischer Sah nach besonderem Taris. Bei Wiederholungen wird entsprechender Nabau gewährt. Anzeigenannahme für in- und ausländische Zeitungen. Ständige Wochenbeilagen: und Wi^ „Das Leben im Bild" — ,O«e Frau und ihre Wett", Illustrierte Soontagöbettaoc: !T piichlerschcinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung berechtigt nicht zur Bezugspreiskürzung oder zum Anspruch aus Lieferung der Zeitung Ar. 221 Bad Schandau, Dienstag, den 20. September 1832 76. Jahrgang Der britische MM Die englische Regierung hat den leszten deutschen Schritt in der Sicherheit-)- und Gleichberechtigungsfrage mit einein Memorandum beantwortet, das in Berlin enttäuscht, in Paris begeistert und sonst in der Welt überrascht hat. Noch am Sonnabend konnte man in der englischen Presse auf der ganzen Linie eine Meinung vertreten finden, daß Deutschlands Forderungen berechtigt seien und daß England die Verpflichtung habe, sich aus Gründen der Vertragstreue für die Durchsetzung der deutschen Gleich berechtigung einzusctzen. Die am Sonntag in Berlin über reichte englische Nate verleugnet diese These. Sie verleugnet vor allem die Nichtigkeit der deutschen Auslegung der Ver sailler Bestimmungen über die Abrüstung. Sie erkennt eine Verpflichtung zur allgemeinen Abrüstung nicht an, sondern liest aus diesen Bestimmungen nur ein Ziel, aus den Ent waffnungsbestimmungen für Deutschland aber keine Vor leistung auf die allgemeine Abrüstung heraus. In London hat man plötzlich in der Abrüstungssragc sich wieder stark der französischen Auffassung angenähert, vor allem der, daß der Versailler Vertrag unter allen Umständen eine Bin dung für Deutschland, aber keine Verpflich tuna für die anderen darstellt. Solche Schritte wie in der Frage der deutschen Wehr- sreiheit werden regelmäßig sorgfältig diplomatisch vorberei tet. Es kann nicht vorkommen, daß eine Regierung sich über raschend einer diplomatischen Aktion eines anderen Landes, gegenübersieht. Auch in der deutschen Gleichberechtigungs- sorderung ist das geschehen. Schon unter Brüning wurde eine solche Aktion eingeleitct. Papen hat sie mährend seines Genfer Aufenthalts vertieft, und in zahlreichen Botschafter besuchen in den einzelnen beteiligten Hauptstädten hat man sich über die Grundzüge eines solchen deutschen Schrittes verständigt. Dabei konnte sestgestellt werden, daß man zwar in Paris nicht zu einem solchen Schritt ermuntert wurde, daß man aber in London dafür Verständnis zeigte. Nicht nur in der englischen Oesfentlichkeit. auch in zuständigen amtlichen Kreisen hat man Auffassungen über die deutschen militärischen Forderungen geäußert, die von Deutschland nur so aufgefaßt werden konnten, daß man auch in London eine befriedigende Lösung der Gleichberechtigungsfrage im Inter esse der Förderung der allgemeinen Abrüstung für zweck- mäßia hielt. Jetzt, nachdem der deutsche Schritt erfolgt ist, äußert man sich offiziös in einer Weise, daß man sich mit Recht in Deutschland fragt, was hier wohl den fast sensationellen Meinungsumschwung veranlaßt haben könnte. Aus dem englischen Memorandum könnte man zu der Auffassung kommen, in England sei man beunruhigt darüber, daß man sich in Deutschland ernsthast mit Aufrüstungsgedanken be schäftigt. Dabei ist nicht nur in der fraglichen deutschen Note jeder Hinweis auf eine solche Absicht ferngehalten worden, es ist außerdem von verantwortlicher deutscher Seite aus drücklich erklärt worden, daß wir nicht aufzurüsten beabsich tigen, sondern einen Umbau unserer Wehrmittel vorbereiten müßten, falls uns nicht durch die allgemeine Abrüstung das gleiche Maß von Sicherheit geboten würde, das alle anderen Staaten für sich als selbstverständlich in Anspruch nehmen. Herriot hat kürzlich bei der Behandlung des deutschen Schrittes angedeutet, daß er sich im Besitz von „Doku menten" befände, die eine weitergehende Rüstung Deutschlands beweisen sollen, als Deutschland zu unterhal ten berechtigt sei. Für einen Teil der französischen Presse find diese vagen Andeutungen ausreichender Grund gewe sen, um Deutschland des Vertragsbruches zu beschuldigen und mit weitgehenden Vergeltungsmaßnahmen zu drohen. Diese Einstellung findet durch das englische Memorandum weitgehenden Rückhalt. Gewiß erkennt England die deutsche Gleichberechtigungsforderung als berechtigt an. Nur der Zeitpunkt soll nicht richtig gewählt und der deutsch« Schritt deshalb unklug sein. Wann glaubt England wohl, daß sich ein geeigneterer Zeitpunkt für die Ausrollung der deutschen Wehrgleichheit ergeben könnte? Es sind jetzt 13 Jahre verflossen, seitdem man in Genf durch Annahme des Völkerbundsstatuts sich verpflichtete, „auf Gerechtigkeit und Ehre gegründete internationale Beziehungen zu unterhal ten" und „zur Aufrechterhaltung des Friedens eine Herab setzung der nationalen Rüstungen" vorzunehmen. Di« Grundidee des Völkerbundes rankt sich eigentlich um diesen Artikel 8 von der allgemeinen Abrüstung, da diese allein die Voraussetzung schaffen kann für eine vertrauensvolle „Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewähr leistung des internationalen Friedens und der internationa len Sicherheit." Diese Zusammenarbeit kann nur auf der Grundlage der Gleichberechtigung erfolgen. Wenn daher Deutschland heute mit aller Entschiedenheit diese Gleichberechtigung fordert, dann fordert^cs sie nicht nur als ! Voraussetzung für leine nationale Sicherheit lonoern auch im Interesse jener Ideen, die für die Gründung des Völkerbundes maßgebend gewesen sein sollen. Wenn es in der Welt noch einen Funken van Gcrechlig- ! keitscmpfinden unter den Völkern gibt, dann sollte man sich j angesichts der jetzigen Streitfrage folgendes vor Augen bal- i ten: Der französische Kriegsminister kündigt fort- > an, oaß in Zukunft die französischen Manöver nach vollständig neuen Grundsätzen unter Fernhaltung aller fremdländischen Mili- iärmissionen zur Durchführung kommen sollen. Auf der an- veren Seite hält die deutsche Reichswehr in dem ihr gezoge nen kleinen Nahmen Manöverübungen ab, bei welchen sämtliche schweren Angriffswaffen sowie auch zahlreiche mo derne Verteidigungswaffen, die ihr laut Vertrag verboten sind, durch Attrappen dargestellt werden. Es gehört ein reichliches Mak von Naivität dazu, wenn man in Frankreich angesichts des jetzigen deutschen Schrittes in der Frage der Wehrgleichheit den Eindruck zu erwecken sucht, als bedeute die militärische Organisation und Ausrüstung Deutschlands irgendeine Gefahr für Frankreichs oder gar für die inter nationale Sicherheit. Wenn es aber eine Negierung Mac- Donald heute fertig bringt, die französische Haltung in der Gloichberechtigungsfrage mindestens indirekt zu unterstützen, während man aus dem Munde Lloyd Georges, also eines der Schöpfer des Versailler Diktats, vernimmt, welche Ab sichten und Ziele mit der militärischen Entwaffnung in Deutschland in Wahrheit beabsichtigt waren, dann wird man erneut auf jeue unfaire Maklerrollc Englands hingewiesen, die es im Lause der Jahre nun schon wiederholt gespielt hat. Gerechtigkeit und Wahrheit sind dabei nicht immer auf ihre Rechnung gekommen — wohl aber England in seinen wirtsclzaftlichen und politischen Zielen. Deutschlands Standpunkt unerschüttert Englands untauglicher Versuch, Deutschland auf die Abrüstungskonferenz zurückzubringen, erschwert die gesamte Lage außerordentlich ' Berlin, 20. September. In Berliner Regicrnngskreisen sieht man In der eng- tischen Denkschrift zur Abrüstungssrage gegenüber den Acußernngen der englischen Oefsenllichkeit in den letzten Ta gen eine gewisse Schwenkung. Man hätte eigentlich ans die sen Aeußerungen einen sehr vermittelnden Ton erwarte«! können und eine Haltung, die mehr positiv dem deutschen Standpunkt zuncigen würde. Es dürfte schwer sein zu sagen, ob diese Schwenkung Englands auf die angeblichen Geheimdokumente Herriots zuruckzuführen ist. Bei diesen angeblickzen Geheimdokumen ten handelt es sich um alte Ladenhüter Tardieu s, denen mir mit aller Ruhe entgegenschen können. Das poli tische Ziel der englischen Denkschrift ist, die. Abrüstungskon ferenz unter allen Umstünden zu retten und dadurch positiv zu gestalten, daß man Deutschland zum Wiedereintritt in die Verhandlungen zu bewegen hofft. Im ersten Teil kommt die Denkschrift dem französischen Standpunkt wei- t e st entgegen, während sie im zweiten Teil die Notwen digkeit der Gleichberechtigung anerkennt unter der Voraussetzung, daß keine Aufrüstung erfolge. Leider läßt die Denkschrift aber die Angaben vermissen, in welcher Weise diesem Standpunkt Rechnung getragen wer den soll. Deutschland hat seinerzeit in seiner Denkschrift zur Glcichberechtigungsfrage hervargehoben, daß eine Lösung nur in Frage kommen kann, in der keinerlei Sonderbestim mungen mehr Geltung haben. Angesichts der Tatsache, daß der deutsche Standpunkt in dem kürzlich erfolgten Schreiben an den Präsidenten der Abrüstungskonferenz Henderson niedergelegk worden ist, an dem sich auch durch die englische Denkschrift nichts än dert, wird die denksche Regierung hierauf keine Ant wort erteilen. Deutschland wird, wie es angckündigt hat. die Verhandlungen des Büros der Abrüstungskonferenz mit Aufmerksamkeit verfolgen und von dem weiteren Gang die ser Verhandlungen seine Entschlüsse abhängig machen. Der Sekretär der Abrüstungskonferenz Aghnides hat in Graf dem deutschen Generalkonsul Immele die Antwort des Präsidenten Henderson auf den Brief des Neichsnußcnmi- nisters bezüglich der Nichtteilnahme Deutschlands an der be vorstehenden Tagung des Büros der Abrüstungskonferenz überreicht. Es kann im übrigen nur immer wieder betont wer den, daß Deutschland seinen Standpunkt in der Abrüstungs konferenz schon seit Jahren klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, und daß es jetzt notwendig ist, diese Frage endlich zur Entscheidung zu bringen. Wenn Eng land versucht, unter Bezugnahme auf Teil 5 des Versailler Vertrages einen Unterschied zwischen Zweck und Ziel einer vertraglichen Abmachung zu konstruieren, so kann dies nur als eine spitzfindige Auslegung der Präambel des Teiles 5 des Versailler Vertrages bezeichnet werden. Nie Meinung der Presse In der Berliner politischen Presse wird zu der englische« Abrttftungsdenkschrift ausführlich Stellung genommen. Der „A ngriff" meint, so bedauerlich siir Deutschland diese schroffe Absage der englischen Negierung sei, so gebe es nur eine logische Forderung, wenn verlangt werde, daß di« Regierung daraus die unweigerlichen Konsequenzen ziehe und einer wirklichen nationalen Volksregierung Platz mache. Die „Deutsche Tageszeitung" nennt die deutsche Gleichberechtigungsaktion, soweit sie eine Zustim mung Frankreichs und Englands zu den deutschen Absich ten herbciführcn wollte, zunächst tzescheitert. Es muge aus geschlossen sein, daß wir uns durch eine Note, die Fairneß und Logik vermissen lasse, in unserem historischen Kampf für Gleichberechtigung hindern lassen. Die „B ö r s e n z e i t u n g" fordert, dafür zu sorgen, daß die ausländischen Spekulationen auf die deutsche Zwietracht sich nicht erfüllen! Der „Lokal-Anzeiger" spricht von „aberwitzigen, juristischen Tüfteleien und einer Nabulistik, eines Poincarös würdig, die doch etwas überraschend sei in einem amtlichen englischen Aktenstück. Die „DAZ." bezeichnet den schulmeisterlichen und iro- nierenden Ton der Note als unerträglich. Die britische Note sei von einem Geiste getragen, der in vollstem Wi derspruch zu den Kundgebungen der öffentlichen Meinung Englands und zu den Versprechungen führender britischer Staatsmänner stehe. Die „G ermani a" führt aus: Wenn die englische Ne gierung glaubt, uns mit dieser Methode an den Genfer Konferenztisch zurückzwingcn zu könneü, so täuscht sie sich über die Ernsthaftigkeit des deutschen Gleichbercchtigungs- ! willens und der Distan^erklärung, der soeben die Tat gefolgt ist. Der Kompromißvorschlag, den man von englischer Seite erwartete, stellt sich in Wahrheit als eine volle Unterstützung des französischen Standpunktes dar. Das „Berliner Tageblatt" unterstreicht seinen Standpunkt, daß es hinter der Neichsregierung steht, wenn sie die Anerkennung einer Gleichberechtigung und eine wirk lich effektive allgemeine Abrüstung verlangt. Mit dem tak tischen Vorgehen des Neichskabinetts Papen habe das Blatt sich nicht zu befreunden vermocht. Es warnt dann vor der Hoffnung auf englisch-französische Gegensätze. Die „Vossische Zeitung" betont, daß die akade mische Anerkennung des deutschen Anspruches auf Nüstungs- gleichheit wenig bedeute, noch dazu, wenn sie in so verklau sulierter Form zugestandeu werde. Der „A b e n d" macht der Neichsregierung den Vor wurf, daß sic sich in eine Isolierung gebrachi habe. Die englische Note übersehe aus politischen Gründen absichtlich, daß der französische Militarismus an den neuerwachten An sprüchen seines deutschen Bruders schuld trage. Die englische Erklärung — Ein psychologischer Mißgriff! Kritil in Londoner Kreisen. London. In Londoner Kreisen beginnt die Erkenntnis zu dämmern, das; die Erklärung der englischen Negierung ein psychologischer 'Mißgriff war, soweit die deutsche öffentliche Meinung in Frage kommt. Durch die Verlautbarung sollte diese für eine Wicdertcilnahme Deutschlands au den Abrü- stuugsverhaitdlungcn gefügiger gemacht werden, während die starke Kritik an dem deutschen Vorgehen natürlich das gerade Gegenteil 'bewirkt. Es wird ferner in London kritisch bemerkt, das; die englische Negierung sich entgegen ihrer sonstigen Ge pflogenheit durch ihre rechtlichen Eröricrnngen über den Teil V des Versailler Vertrages unnötigerweise festgelcgt habe, während die deutsche Denkschrift derartige juristische Beweis führungen gar nicht nölig mache. Um so mehr suchen die englischen Stellen nunmehr auf die deutsche Oesfentlichkeit in dem Sinne einzuwirken, das; die praktischen Vorschläge im letzten Teil der englischen Erklärung einer genauen Beachtung wert seien, da sie unzweifelhaft der deutschen Politik den Wie- deranschlns; an die Mrüstuugsverhandlnngen ermöglichten. Es wird daraus hiugewieseu, das; der deutsche Anspruch auf theoretische Gleichberechtigung eigentlich völlig anerkannt sei,