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so die Schränke in den kleinen Arbeitszimmern der kom- munistischen Abgeordneten. Ncichstagspräsidcnt Göring erklärte, das; er von dem Vorgang nicht unterrichtet wordou sei. Regicrungsrat von Werder habe die Aktion ans eigene Verantwortung vorge- nommcn. Nach der Darstellung Werders hätte der dringende Ver dacht bestanden, das; das Rcichslagsgebäudc in Sie Lust gesprengt würde. Die Durchsuchung Halle dein Prä sidenten vorher nicht angekündigt werden können, Sa er nicht zu erreichen gewesen sei. Präsident Göring legte gegen das Vorgehen der Polizei schärfste Verwahrung ein. Gegen die Stimmen der Dcutschnationalen und bei Stimmenthaltung des Zentrums wurde ein kommunistischer Antrag angenommen, in dem der Ausschuss feststem, das; die in der Nacht vom t2. zum 13. September in den Büros der kommunistischen Rcichstagsfraktion von der Kriminal polizei dnrchgcführtc .Haussuchung ein eklatanter Bruch der Abgeordneleuimmunität sei. Der Ausschuss verlange die so fortige Bestrafung der für die Durchführung Verantwort lichen. Der Ausschuss vertagte sich dann, um die Entscheidung der Negierung abzuwarten. Lie Regierung erscheint nicht Von amtlicher Seile wird zu dein Bcschlus; des Aus schusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung, deu Reichskanzler und den Re!chs!nncnminisler hcrbeizuzilicrcn, erklärt, das; entsprechend der Slellungnahmc, die Ministe rialdirektor Golthcmer im Verlaufe der Ausschußsilzung ein genommen hat, weder der Reichskanzler »och der Rcichsin- nenminislcr zu den Silzuugcn des Ausschusses erscheine» werden, bevor nicht der Bries des Reichslagspräiidentcn Göring an den Reichskanzler, der die Montag-Abstimmung als zu Recht bestehend ansieht, zurückgezogen wird. Nach Wiedereröffnung der Sij;ung nahm der Ausschuss nach längerer Aussprache gegen die Stimmen der Dcutsch nationalen und im lehten Salz gegen die kommunislüchen Stimmen folgende Entschliessung der Sozialdemokraten an: Bersasslingsbrmv der Regierung ? Der Ausschuss zur Wahrung der Rechte der Volksvertre tung hat gemäs; Artikel 33 der Reichsversassung die An wesenheit des Herrn Reichskanzlers und des Herrn Reichs ministers des Innern zu seiner heutigen Sitzung verlangt. Der Herr Reichskanzler und der Herr Reichsnunistcr des Innern haben ihr Erscheinen von Bedingungen abhängig gemacht. Das ist nach dem klaren Wortlaut des Artikels 33 der Reichsversassung nicht zulässig. Die Reichsrcgierung hat diese Rechtsauffassung auch anerkannt durch ihr Verhalten im Juni vor dem damaligen Ucberwachungsausfchuß. Der Ausschus; stellt fest, das; sich der Herr Reichskanzler und der Herr Reichsminister des Inner» durch ihre Hand- lnngsweise eines offenen Bruches der Reichsversassung schul dig Zemacht haben. Er erwartet, das; der Herr Reichspräsi dent als der berufene Hüter der Verfassung den Herrn Reichskanzler und den Herrn Reichsminister des Innern zur Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Pflichten unverzüglich nnhält. Dieser Antrag wurde nicht nur der Reichsrcgierung son dern auch dem Reichspräsidenten übermittelt. Weiter bcfasztc sich der Ucberwachungsausfchuß mit der Frage, ob die Auflösung des Reichstags zu Recht erfolgt sei xmd ob die Abstimmungen im Plenum den Ver- fassungsbestimmungen entsprechen. Im letzteren Falle nahm der Ausschus; einen Antrag des Abgeordneten Frank (Na tionalsozialist) an. der die Abstimmungen über die Aufhe bung der Notverordnung und über das Mißtrauensvotum für verfassungsmäßig erklärt. In der Frage der Reichs tagsauflösung kam ein Zentrumsantrag zur Annahme, der besagt, das; die Auflösung des Reichstages gegen Artikel 25 Absaß 1 der Reichsverfassung verstoße, „weil sie das wich tige verfassungsmäßige Recht des Reichstages, die Aufhe bung von Notverordnungen zu verlangen, verletzt." Weiter wurde ein Antrag angenommen, wonach die Reichsrcgierung ersucht wird, den Wahltermin für die Neu wahlen unverzüglich bckanutzugcben. Amy Auswärtiger AusWH tagt Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags trat unter Vorsitz des nationalsozialistischen Abgeordneten Dr. Fri ck zusammen. Botschafter Nadoln», der deutsche Vertreter aus der Abrüstungskonferenz, mar vorübergehend anmefeno, verließ aber die Sitzung nach Rücksprache mit dem AusEr- tigen Amt. Bald nach Eröffnung der Sitzung entspann sich eine Aussprache über die Forderung auf Herbeirufung von Mitgliedern der Reichsregiennrg. Im Verlaufe dieser Aus- einanderseßung verließen die Dcutschnationalen die Sitzung. Es wurde beschlossen, den Reichskanzler, den Reichsaußen minister und den Neichswehrminister herbeizurufen, damit sie ihren verfafsungmäßioen Pflichten Nachkommen. Briefwechsel zwischen Göring und Hindenburg Der Neichopräsideni weist die Beschuldigungen gegen den Aeich:-lcui,per zurück. Berlin. Zwischen dem Neichstagspräfidenlcn Göring und dem Reichspräsidenten v. Hinde ndnrg Hal am Diens tag ein Briefwechsel staltgcfnndcn. Ncichstagspräsidcnt Gö ring hat folgendes Schreiben an den Reichspräsidenten ge richtet: „Der Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksver tretung hat gemäß Artikel 33 der Reichsversassung die An wesenheit des Herrn Reichskanzlers und des Herrn Reichs ministers des Innern zu seiner heutigen Sitzung verlangt. Der Herr Reichskanzler und der Herr Reichsminister des In nern haben ihr Erscheinen von Bedingungen abhängig ge macht. Das ist nach dem klaren Wortlaut des Artikels 33 der Reichsversassung nicht zulässig, wie die Reichsrcgierung durch ihr Verhalten in den Sitzungen des Ausschusses vom 22. und 25. Juli 1932 auerkamu hat. Der Ausschuß stellt fest, daß sich der Herr Rcichskau;ler und der Herr Reichsminister des Innern durch ihre Handlungsweise eines offenen Bruches der Reichsversassuug schuldig gemacht haben. Er erwartet, daß der Herr Reichspräsident als der bc- rnsene Hüter der Verfassung den Herrn Reichskanzler und den Herrn Reichsminister des Innern zur Erfüllung ihrer ver sassnngsmäßigcu Pslichlcn unverzüglich anhaltcn wird. Ich darf mir erlauben, hin;u;nsügcn, daß der Ausschuß gegenwärtig noch lagt. (gcz.) Göring." Der Reichspräsident Hal hierauf wie folgt gc a u twortet : „Tcu in Ihrem Schreiben vom heutigen Tage gegen den Herrn Reichskanzler und den Herrn Reichsminister des In ncrn erhobene» Vorwurf des Vcrsassungsbruches weise ich mit Entschiedenheit zurück. Die Fragcu, mit denen sich Henle der Ausschuß zur Wahrung der Rech le der Volksvcrtrclnng bc saßi hat, wären nie enlstpndcn, wenn Tie, wie cs dic Reichs Verfassung Vorschreibl, dem Herrn Reichskanzler das Wort zur Verlesung meiner Anslösnngsvcrordnnng erteilt oder zum mindesten sogleich nach Zustellung dieser Verordnung dic Sitzung dcs Rcichslggcs geschlosscn hällcn. Sobald Sic, Herr Reichstagspräsidcnt, und dcr Ausschuß dicsc uuausccht bare Rechtslage ausdrücklich anerkennen, wird, wie dic Rcichs rcgicrnng bcrcits erklärt Hai, einem Erscheinen des Herrn Reichskanzlers und dcs Herrn Reichsministers des Innern vor dem Ausschuß nichts mehr im Wege stehen, (gcz.) von Hindcnbnrg." In Rcgiernngskreiscn ist cs stark ansgcsallcu, daß dcr Bries des Rcichslagsprüsidcntcn Göring an dc» Reichspräsi deuten von Hindenburg ohne Anrede und ohne Schlußformel nbgcfaßt worden ist. Man weist daraus hin, daß dies ein erstmaliger bis jetzt noch nicht dagcwcsencr Vorgang sei. Dcr Rcichspräsidcut habe daraufhin auch in dcr gleichem Art gc antwortet. Gin zweite«- Brief Görings an den Reichspräsidenten. Berlin. Rcichstagspräsidcni Göring Hal am Dienstag an den Reichspräsidenten v. Hindenburg einen zwei len Bries gerichtet. Der erste Brief, der dic Stellung »ghnic dcs AuSschusjcs znr Wahrung dcr Rcchlc dcr Volts vcrlrctuug bctrifst, Ivar, wie von nalionalsoziglistischcr Seite vcrlantct, nicht von ihm persönlich, sondern im Ausschuß ab gesagt wordc». Dieser zweite von Göring persönlich abgc sagte Bries gibt in einer zusammcusasscudcu Darstellung der Vorgänge im Reichstag seinen amtlichcn Standpunkt als Rcichütagspräsideut wieder, in dem cs dann wörtlich hcißt: Fest stchc danach: I. daß der Abstimmnngsakt vor dcr Auslösung dcs Rcichs lagcS staUgcfuudcu habe, 2. daß das Ergebnis dieser Abstimmung zu Recht bestehe, 3. daß nach dcr Rcichövcrfassnng dic bctrcsscndcn Notvcr ordnnngcn außcr Kraft zu setzen seien, I. daß dic Regierung Papen mit einer vernichtenden Mehrheit vom deutschen Volle durch seine erwählte Ver Irctung gcsliirzi worden sei. Göring vertritt daun weiter den Standpunkt, daß formal dcr Reichstag im Augenblick nach der Abstimmung aufgelöst wordcii sei. Gegen die Begründung dcr Attflösnugsorvcr er hebt er jcdoch als Präsident dcr dculschcn Volksvcrtrclnng Verwahrung. Tatsächlich sei dcr ncnc Reichstag gcnan wie sein Vorgänger ans dem gleichen Grunde gnsgclöst worden, nämlich weil dic Rcgicrnng Papen wiederum kein Vertrauen gcsnndcu hätte. Dcr Reichstag habe bei scincm Eintritt in den Reichstag ostentativ und mit einer für den Reichstag ver letzenden Form mit der roten Mappe gegen die Diplomatcn löge hinansgcwinkt. Die Anshcbnug einer Notverordnung ge höre zu den versassuugömäßigcu Rechten des Reichstages. „Gc Wiß sind Tic, Hcrr Reichspräsident, vor vier Monaten gewählt werden. Aber es muß betont werden, daß auch dcr Rcichs lag, und zwar, was hierbei von Bedeutung ist, zu einem spä leien Dalum ebenfalls durch das deutsche Volk als seine Vertretung gewählt worden ist." Tchlicßlich sei ja auch die Wahl dcs Rcichspräsidcntcn durch dic Organisation dcr Partcicn und mit ihrer Hilse bc wcrkstclligt wordcn. Wollc man dic politischem Partcicn rcst los ansschgltcn, bczichungswcisc vernichten, so schalte mau praktisch dem Volkswiücu selbst ans und wende sich damit gc gcn Gcist und Tinu dcr Reichsvcrsassnng. „Ich dars Tie versichern, hochverehrter Hcrr Rcichs Präsident, daß daß deutsche Volk sich zur Zeil >» einem Zn slandc namenloser Unruhe und Empörung befindet, weil dieses Volk empfindet, daß seine in der Verfassung niedcrgc legten Grundrechte in Gefahr sind. Das Volt kann und wird cs nicht verstehen, daß cs wcitcrhin regiert werden soll von einer Anzahl von Männern, dcr soebcn vom Reichstag bc släligt wnrdc, daß sic sich ans kcinerlci Vertrauen dcs Volkes bcruscn könne. To wertvoll dic Anloritäl Euer Exzellenz sein mag, so dars nicht übersehen werden, daß das Vertrauen dcs Reichspräsidenten znr jeweiligen Regierung seine Ergän znng finden muß iu dem Vertrauen dcs dculschcn Volkes." Er, dcr Reichstagspräsidcnt, dürfe daher dcr berechtigte» Hoffnung Ausdruck verleihe», daß der Reichspräsident der Regierung ebenfalls sein Verlranen entziehe. „Mit der Versicherung meiner vorzüglichen Hochachtung habe ich dic Ehre zu sein Euer Exzellenz ergebenster (gcz.) Göring, Rcichslagspräsidcnt." Ein erklärender Brief Korings an den Reichspräsidenten. Berlin. Reichslagspräsidenl Göring Halle dem Reichspräsidenten v. H indcn b n r g von dem Beschluß des Ucberwachnugsausschusscs dcs Reichstages schriftlich Miltei lung gemacht. Dcr Rcichspräsidcut hatte daraus mit einem Schreiben geantwortet, das in sehr knappem Ton gehalten war und die Vorwürfe des Reichstages diesem znrückgab. G öriu g Hal nach Empfang dieses Schreibens sofort fol gende Antwort erteilt: „Sehr geehrter Hcrr Rcichspräsidcut! Mein hcutigcs Schreiben — I. 2352 — euihielt nicht deu Ausdruck ciucr Willenskundgebung von mir, mithin auch keineswegs einen von mir persönlich erhobenen Norwnrf des Versassungsbruchcs durch den Reichskanzler, bczichuugswcise Reichsminister dcs Inncru, sondern — bis auf den letzte», vo» mir angesügum Schlußsatz — deu Wortlaut einer vom Ausschuß zur Wah rung der Rechte dcr Volksvertretung in seiner heutigen Sitzung gefaßten Entschließung, die ich als Präsident des Reichstages ans Beschluß des Ausschusses verpflichte! war, au Sie, Herr Reichspräsident, wcUcrzuleiten. Ich habe daher Ihre Antwort vom heutigen Tage an den Herrn Vorsitzenden dieses Aus schusses übergeben. Im übrigen dars ich aus meiueu heutigen ausführlichen Brief an Euer Exzellenz verweisen. In ausgezeichneter Hochachtung habe ich die Ehre zn sein Ew. Erzcllenz sehr ergebener (gcz.) Hermann Göring." Die Ansicht der Fraktionen. Die Neichslagsfraktionen hielten im Laufe des Diens tag Sitzungen ab, um sich mit der bei Auflösung des Reichs tages entstandenen politischen Lage zu befassen. Der nati o- n a l s oz i a l i st i s ch e n Fraktionssitzung wohnte auch der Parteiführer Adolf Hitler bei. Die Z e n t r u m s f r a k - tion faßte eine Entschließung, in der zum Ausdruck kommt. daß in der Auslösung des Reichstages eine schwere Schädi gung von Bolk und Wirtschaft und eine verhängnisvolle Perschärfimg der inner-politischen Spannung und Gegen sätze erblickt werden müsse. Neichsregierung wartet ab Berlin, 14. September. Im Reichstag war es am Dienstag, obwohl das Parla ment aufgelöst ist, durch die Sitzungen des Ueberwachungs- ausschusses und einzelner Fraktionen recht lebhaft. Allge mein stellt man natürlich die Frage nach der weiteren poli tischen Entwicklung. Sie ist aber noch nicht zu beantworten, da die Neichsregiermig zunächst abwartet und ihre Ent schlüsse erst in den nächsten Tagen treffen wird. In Negie rungskreisen wird lediglich betont, das; streng verfassungs mäßig vorgegangcn wird und daß dic Reichsregierung nicht die Absicht habe, vor de» Wahlen Pcrsassungsändcni»gen herbeizuführen. Vielmehr werde der Enlwurf einer neuen Verfassung, den der Kanzler in seiner Rundfunkrede ankün digte, unabhängig hiervon ausgearbeitöt werden. Für die Festsetzung des Wahltermins har die Regierung vier Wochen Zeit. Sind die Wahlen unter der vom Neichs- inncnministcr gekennzeichneten Voraussetzung der Aufrecht erhaltung von Ruhe und Ordnung möglich, so würde in erster Linie dcr 6. November in Frage kommen. Eine ge wisse Unsicherheit wird in die Lage durch dic angekündigtc Klage beim Staatsgerichtshof hineingetrageu. Bisher Hal der Staatsgcrichtshof eine Klage noch nie von vornheiem abgewicsen, sondern die Dinge immer sehr genau geprüft und erst dann eine etwaige Unzuständigkeit fesigeßellt. Bleibt cs bei dieser Praxis, so könnte schon einige Zeit vergehen, ehe eine Klärung dieser Frage herbcigeführt ist. Aus einer Erklärung des Reichsinnenministers ergeben sich übrigens Zweifel, ob der Staatsgcrichtshof überhaupt für einen Kon flikt Reichstag—Neichsregierung zuständig ist, da er eingesetzt worden sei lediglich zur Klärung von Streitigkeiten Reich- Länder. Glne amtliche Sekläi-ung. „Der RcichSlagsPräsidcut hat in dcr Sitzung dcs Rcichstags vom 12. September unter Nichtachtung dcr Vorschriften der Verfassung und der Geschäftsordnung die Verlesung der von dem Herrn Reichspräsidenten erlassenen Auflösungsverord- nung verhindert. Er Hal heute dem Reichskanzler mitgeteilt, daß nach seiner Auffassung die Auflösung des Reichstages erst nach der Abstimmung wirksam geworden sei. Ebenso hat der Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung die Nechtsgültigkeit der Abstimmung des Reichstages behaup tet. Diese Ausfassung erkennen dcr Hcrr Reichspräsident und dic Neichsregierung nicht an. Darübcr, an welchem Zeitpunkt dic Auslösung des Reichstages erfolgt, entscheidet lediglich der Herr Reichspräsident. Die Auflösung kann entweder durch Verlesung der Verordnung vor deni Reichstage oder durch ihre Zustellung an den Reichstagspräsidcnten erfolgen. Mit dem Augenblick dieser Zustellung wird die Auflösung wirk sam. Sie kann in ihrer Wirksamkeit nicht von dem Belieben des Reichstagspräsidcnten abhängig gemacht werden. Die Neichsregierung hat sich bcreitcrklärt, mit den nach Artikel 35 dcr Verfassung bestellten Ausschüssen zu verhan deln. Sic muß aber, bevor sic in diese Verhandlungen eintritt, völlige Klarheit darüber haben, daß die noch vorhandenen Organe dcs Reichstages der sechsten Wahlperiode, das sind das Ncichstagspräsidium und die beiden nach Artikel 35 der Reichsverfassüng bestellten Ausschüsse, dic von dem Herrn Reichspräsidenten vor den Abstimmungen beschlossene Auf lösung des Reichstages und die darübcr hinaus für die Reichsregierung sich ergebende staatsrechtliche Stellung aner kennen. Ohne diese Anerkennung ist die Einladung an die Reichsrcgierung, vor dem Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung sowie vor dem Auswärtigen Ausschuß zu erscheinen, auch in sich widerspruchsvoll. Wäre der Beschluß des Reichstages rechtswirksam, wel cher der Negierung das Vertrauen entzieht, so wäre diese nur noch zu einer einzigen Amtshandlung vcrsassungsmäßig berechtigt, nämlich zu ihrer Demission. Sache des Herrn Reichspräsidenten wäre es dann, sie mit der Weiterführung der Geschäfte zu betrauen. Solange dies nicht erfolgt wäre, könnte die Reichsregierung keine Amtshandlungen irgend welcher Art vornehmen. Sie könnte also die Politik des Rei ches vor den genannten Ausschüssen nicht vertreten. Sa lange der Neichstagspräsident und die Ausschüsse auf dem Stand- vunkt stellen, daß die Reichsrcgierung rechtmäßig gestürzt sei, könne» sie unmöglich verlange», daß dieselbe Negienmg vor den Auslchußen erlcheinl. Auch aus oielem mrunoe muß die Neichsregierung darauf bestehen, daß der Reichstagsprä sidcnt und die Ausschüsse ausdrücklich zugeben, daß die am 12. September im Reichstag durchgeführten Abstimmungen nichtig sind. Dies Eingeständnis ist die unerläßliche Voraus setzung dafür, daß die Neichsregierung Vertreter in die bei den Ausschüsse entsendet. Wenn der im Ersten Ausschuß angenommene Antrag Wegmann die Auflösung des Reichstages beanstandet, weil es cm einem konkreten Anlaß zur Auflösung fehle, wie er angeblich im Artikel 25 der Reichsverfassung gefordert werde, so ist darauf zu erwidern, daß Artikel 25 Absatz 1, die Auf lösung völlig in das freie Ermessen des Herrn Reichspräsi denten stellt. Das geht unzweifelhaft aus seinem Wortlaut hervor, in dem keinerlei Vorschrift über den Charakter des Anlasses zur Auflösung gegeben wird. Sinngemäß muß es auch dem Herrn Reichspräsidenten unbenommen sein, zur Vorbeugung drohender Gefahr den Reichstag aufzulöscn. Ebenso unbegründet ist die weitere Behauptung im An träge Wegmann, daß die Auflösung gegen Artikel 48, Ab satz 3. Satz 2, verstoße. Es ist selbstverständlich, daß der Reichspräsident befugt ist, den Reichstag an dcr konkreten Ausübung eines ihm im allgemeinen zustehenden Rechtes durch Auflösung zu hindern, wenn diese Ausübung zu einer Gefährdung des Wohles des deutschen Volkes zu führen droht. Die Entscheidung, ob das der Fall ist, steht allein im Ermessen des Reichspräsidenten. Im übrigen kann daran erinnert werden, daß der erste Reichstag der Deutschen Republik am 13. März 1824 durch den Neichsprüsidenten Ebert mit folgender Begründung aus gelöst wurde: „Nachdem die Reichsregierung festgestellt hat, daß ihr Verlangen, die auf Grund der Ermächtigungsgesetze vom 13. Oktober und 8. Dezember 1923 ergangenen iind von ihr als lebenswichtig bezeichneten Verordnungen zur Zeit unverändert fartbestehen zu lassen, nicht die Zustimmung der Mehrheit des Reichstages findet, löse ich auf Grund des 8 25 der Reichsverfassung den Reichstag auf." Der Tatbe stand war genau der gleiche wie am 12. September 1932. Auch damals handelte es sich darum, daß die Gefahr bestand, daß der Reichstag von seinem Recht zur Aufhebung von Ver ordnungen Gebrauch machte. Ebensowenig wie am 12. Sep tember 1932 hatte damals vor der Auflösung eine Abstim mung stattgefunden. Die Auflösung wurde widerspruchslos anerkannt."