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Sächsische Schweiz Tagcszenung siir die Laiivgeincniven Allendorf, lllcingießhübcl, Nlciiiycnncr»- dors, Krippen, Lichlciihain, Millelndors, Ostrau, Porschdorf, Postelwitz, Prosten, Aaihinan-isdors, Rcinhardtsdorj, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wendischsähre, sowie für das Gesamtgcbiet der Sächsischen Schweiz, Truck und Verla»: Sächsische Etbzcilung Alma Hieke, Inh. Waller Hieke. Pcranlwonlich: Waller Hieke. Anzeigenpreis (in RM.): Tie "gespaltene 35 mm breite Pclilzcile 20 Psg., für auswärtige Auftraggeber 25 Psg., 65 mm breite Rcklamezcilc 80 Psg. Tabel- larischcr Say nach bcsondcrcm Taris. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für in- und ausländische Zeitungen. Tageblatt für die Lrhöhungcn der Löhne und Maierialienpreisc behalten wir uns das .liech, der Nachsordcrung vor. .llntei-haltunst und Wissen", „Das Unterhaltunstüblatt", Siändtge Wochenbetlagen. "NieFrau und ihre Welt", Illustrierte Sonnte //^as Lieven lM »Ichlerschclnen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung berechtigt nicht zur BczugspreiSkürzung oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung. Bad Schandau, Mittwoch, den 22. Lum 1932 26. Jahrgang Ar. 144 Krise in Lausanne Nach der am vergangenen Freilag in Lausanne abge- ocbenen Erklärung MacDonalds über die Aussetzung aller Rcparations- und Schuldcnzahlungen während der Dauer der Konferenz überschrieben einige Großsladtzeitungcn ihre Betrachtungen zu dieser Erklärung: „Streichung der Repa rationen!" Wir haben damals schon vor übertriebenem Optimismus gewarnt, weil feststand, das; diese gemeinsame Erklärung der fünf Gläubigerländcr erst nach sehr emgehcn- den. nach sehr zugespisztcn Verhandlungen Zwischen Mac- Donald und Herriot zustande gekommen war. Es ist richtig, kein vernünftiger Mensch in der Welt erwartet, das; die mit dem Hoover-Moratorium eingestellten Tribulzahlungcn ;e- mals wiedcraufgenommcn werden, weil sie aus Mangel an Masse nicht wiederaufgenommen werden können. Und weil man das überall weist, deshalb erwarten die Volker und Länder, dast man sich in Lausanne nicht allzu lange bei der Vorrede aufhalten möge, sondern daß man kurz entschlossen aus den Tatsachen und Erfahrungen die praktische Schluß folgerung und unter dem Schuldenkonto einen deutlichen unverwischbaren Schlußstrich zieht. Denn ohne einen Anfang zur Tat kann der Weg zur Wicdergesundung der Weltwirt schaft nicht gefunden werden. Was nutzt aber alle bessere Erkenntnis, wenn man in Frankreich trotz allem den abgetriebenen Gaul der Tribute weiterreiten will. Man behauptet. Herriot möchte schon mit MacDonald einig werden, er möchte sich zu dessen Wort „Schwamm drüber" bekennen, aber er fürchte seine Kammer. Gegen die Borniertheit und politische Eigenwilligkeit dieses Parlaments rennt man angeblich vergeblich an. Denn in diesem durch die Kammer vertretenen Frankreich hat man sich eine Rechnung zurecht gemacht, die mit einem „deut schen Uebcrschuß" abschließt Diesen Ueberschuß soll Deutsch land nicht behalten dürfen. Es soll ihn zahlen, und zwar an Frankreich, dessen Kassen angeblich diesen deutschen Blut- enlzug nicht vertragen, weil sie durch die französis ch e n U e b e r r ü st u n g e n zu stark angezapft werden. Diese französische Einstellung hat in Amerika stark verschnupft, nicht nur. weil man durch die französische Unnachgiebigkeit in der Abrüstungsfrage zwangsläufig zu höheren Rüstungs ausgaben gezwungen wird, sondern weil mau die Opfer, die Amerika bisher seinen Schuldnern durch Streichung von 50 Prozent aller Kriegsschulden brachte, in Frankreich über haupt nicht mehr bewertet. Es ist also fahch, was in der französischen Rechnung steht, nämlich daß bei einer Strei chung der Reparationen sich für Deutschland ein „Ueber- schuß" ergebe, daß Gegenteil ist richtig, bei einer Streichung sämtlicher Tribut- und Kriegsschulden würden die Alliierten unter Einrechnung der früheren amerikanischen Schulden nachlässe noch ein Geschäft machen. Jetzt hat sich die Lausanner Konferenz durch die Haltung Herriots so fcstgefahren, daß man eigentlich keinen rechten Ausweg mehr sieht. Ist es doch bezeichnend, daß Mac- Donald dem deutschen Kanzler den Rat gegeben haben soll, selbst mit den Franzosen zu verhandeln, weil er keine Mög lichkeit mehr sähe, von sich aus die Franzosen umzustimmen. Frankreich geht mit seiner Forderung auf Auszahlung der „deutschen Ueberschüsse" darauf aus, auf diesem Umwege eiu neues deutsches Anerkenntnis der Tribute bzw. der Wiederaufnahme der T r i b u t z a h l u n g e n zu erreichen. Welche deutsche Regierung, welche deutsche De legation könnte den Franzosen eine solche Zusage geben! Das deutsche Nein, vor Monaten klar und deutlich ausge sprochen, besteht ohne die geringste Abschwächung fort. Deutschland wird und kann nicht Zahlungen leisten, nach dem es an den bisherigen Reparationszahlungen finanziell verblutet ist. Wenn Herriot erklärt, daß er in eine völlige Streichung der Tribute nicht einmilligen könne, so steht eigentlich die Lausanner Konferenz vor ihren? erfolglosen Ende. Welche Folgen das Scheitern der Lausanner Konferenz für die Beziehungen der einzelnen Länder zueinander, für die Befriedung der Welt und für die Frage der Weltwirt- sci)aft haben müßte, ergibt sich aus einer Erklärung, die der amerikanische Hauptdclegicrtc auf der Abrüstungskonferenz, Gibson, dem französischen Ministerpräsidenten Herriot in einer nächtlichen Unterredung am Genfer See abgegeben hat. Amerika verlangt nämlich von Frankreich nicht nur eine qualitative, sondern auch eine quantitative Abrü- st u n g. In diesem Falle erklärte Gibson die Bereitschaft Amerikas, Frankreich in der Schuldcnfrage Entgegenkom men zu beweisen. Diese Erklärung wirkt geradezu' sensatio nell angesichts der Tatsache, daß erst vor wenigen Tagen von Washington aus eine Nachricht dementiert wurde, daß sich Amerika bei emer Streichung der Tribute auch zu einer Neuregelung der Schuldenznhlungcm bereit finden würde. Da Amerika jetzt vor dem Präsidentenwahlkampf steht und der amerikanische Senat sich seinerzeit entschieden angesichts der Haltung der europäischen Länder in der Abrnstungsfrage gegen eine «chuloen>lrclmung ausgeipromen yar, io rönnen beide sich scheinbar widersprechenden Erklärungen doch nur io aufgefastt werden, dast Amerika setzt Frankreich in der Abrnstungsfrage unter Druck letzt Auf jeden Fall ist jetzt die Verbindung zwischen Tribut- und Abrüstungsfrage voll- zooen. Wenn es richtig ist, daß Herriot eine quantitative Abrüstung abgelehnt hat und damit auch das Ergebnis der allgemeinen Abrüstungskonferenz in Frage stellt, dann müs sen sich aus dieser Sachlage Auswirkungen für die Lau sanner Konferenz ergeben, deren Tragweite im Augenblick nicht zu übersehen ist. Es mag sein, daß Herriot um seinen KKinisterpräsidentenposten kämpft: auf alle Fälle steht aber Frankreich heute vor der G e f a h r restloser Isolie rung! MMeEa im Angriff Die Dei-einigien Staaten machen Gchulbenregelung von der Abrüstung abhängig Lausanne, 22. Juni. Der Dienstag war im wesentlichen mit Einzelbesprc- chungen der Delcgationsführer und Sachbearbeiter ausge füllt. So empfing Reichskanzler von Papen den belgischen Minister Francqui. Reichswirtschaftsministcr Dr. Warm- bold suchte den französischen Handelsminister Durand auf, bei dem auch Vertreter der österrcichisclzen Delegation vor- sprachcn. Aufsehen erregte eine Zusammenkunft zwischen Herriot und dem amerikanischen Delegierten in Genf, Gibson, die in den späten Abendstunden in Morges unweit Lausanne staltgcfunden hak. Dabei hat gutem vernehmen nach Gibson Herriot erklärt, wenn Frankreich die amerikanischen Wünsche in bezug auf die quantitative Abrüstung nicht erfülle, so könne es nicht erwarten, daß Amerika die Kriegsschulden streiche, denn die Last dieser Schulden betrage nur einen Bruchteil derjenigen der Rüstungsausgaben. Diese Erklärung ist insofern besonders bemerkenswert, als sie zum ersten Male aus einem berufenen amerikanischen Munde in diesem Zusammenhang eine Bezugnahme auf die Notwendigkeit oder Möglichkeit einer Kriegsschuldensirei- chung enthält. Es verlautet, daß unter Umständen Herriot im Zusammenhang mit diesen Unterhaltungen vorüber- gehend nach Genf fahren wird. Amerika fordert klare Entscheidungen von maßgebender amerikanischer Seile wird beslätigf, daß die amerikanische Delegation fest entschlossen ist, die europäischen Mächte vor klare Entscheidungen in der Ab- rüstungsfragc zu stellen. Ls ist kein Geheimnis, daß die Amerikaner über den schleppenden Gang der Abrüstungskon ferenz schon lange enttäuscht sind. Sie lassen keinen Zwei fel, das; man von ihnen ein Entgegenkommen nicht erwar ten könne, wenn die Abrüstungskonferenz nicht schon bald zu maleriell bedeutsamen Ergebnissen führe. Man weist darauf hin, daß die Lage des französischen Budgets Frankreich keine andere Wahl lasse, als gewisse Abstriche am Heeresbudget vorzunehmen, wehrt sich aber dagegen, daß solche rein zwangsläufigen Abstriche dadurch, daß man sie verallgemeinern möchte, als eine wirksame Ab- rüstungsmaßnahme betrachtet werden. Die Amerikaner sehen die Aufgaben der Abrüstungskon ferenz in einer Gcsamtentlaskung des Druckes, der durch die Rüstungen auf der Welt lagert, und deshalb treten^ sie in den ictüaen Besvreclmnacn für Licrabsekuna der Hec- Für eilige Leser. § Tcr RcichspräsidcM empfing de» Präsidculcu des Tcui scheu Slädiciages Tr. M u l c r >. In ocr Uiiicrrcdmig wurde hauptsächlich das Verhältnis des Reiches ;u den Gemeinden im Znsammcnhana mit der lebten Nowcrordmuig über die Neuordnnna der Arbcilsloscnjiirsorge behandelt. * Tie Vorgänge im Bäurischen Landtag haben nnn eine weitere Verschärfung dadurch erfahre», das; die Milglieder der nalicmalsozialistischcu Fraktion beschlossen haben, gegen den Landtagspräsidemcn Tr. Slang Anzeige beim Staatsanwalt wegen intclleklneller Urkundeusälschnng ;n erheben. § Mitte Jimi wurden in Oesterreich insgesamt Alli I0.> nnierstützte Arbeitslose gezählt. Jin Vergleich ;nr ley len Zähinng ergibt sich eine Abnahme nm rnnd 5000 Personen. * Tcr nene isländische Ministerpräsident, der in Ko penhagcn eintraf, erklärte, daß cs im Verhältnis zu Täucmark für Island zur Zeit keine Probleme gäbe. Die Frage einer Trennung von Dänemark sei völlig in den Hintergrund gc treten und habe kein aktuelles Jnlcrcssc. * Die uene chilenische Regi erring hat ein Mo ralorinm erklärt. Wenn die Schnldenzahlnngen gesichert sind, sollen in den ersten beiden Vierteliahreu je 5 v. H. nnd in dem folgenden Vierteljahr 10 v. >H., andernfalls sollen je Vierteljahr 20 v. H. gezahlt werden. * Das amerikanische Staatsdepartement hat der japani scheu Regierung Miltcilnng von der Unruhe gemacht, die hin sichtlich der Beschlagnahme der Einnahmen der chinesi schen Zölle durch die Mandschurei iu den Vcreiuigteu Staateu herrscht. rcsslärke, Abrüstung der besonders kostspieligen Waffen und Beschränkungen der Ausgaben ein. Varis wil! nicht abrnften Die Besprechungen zwischen der amerikanischen, eng lischen und französischen Delegation sind fortgesetzt worden, lieber den Inhalt wird von den beteiligten nach wie vor nichts gefaxt. Es verlautet, daß man sich bisher u. a. mit dem amerikanischen Vorschlag der Herabsetzung der Effck- tivbestände bei den Land-, Flotten- und Luftstreitkräften, über das Verbot des chemischen und bakteriologischen Krie ges, über die Internationalisierung der Zivilluftfahrt und über die englischen Vorschläge auf dem Gebiete der schweren Angriffswaffen unterhalten habe. Es bestätigt sich erneut, daß die Amerikaner mit ihrem Vorschläge auf ziemlich starken widerstand bei der franzö sischen Delegation stoßen. Andererseits weiß man, daß die Amerikaner sich mit dem Gedanken der Internationalisierung der Zivilluftfahrt keinesfalls befreunden können. Die Be sprechungen scheinen keineswegs vorwärts gekommen zu sein. Eidson bei MacDonold Besprechungen über die Abrüslungssrage. Lausanne, 22. Juni. Die amerikanischen Hauptdclcgiertcn auf der Ab rüstungskonferenz, Botschafter Gibson und Norman Davis, statteten dem englischen Premierminister MacDonald einen Inständigen Besuch ab, in dem nach der Aussage Gibsons das Abrüstungsproblem besprochen wurde. Dieser Besuch soll eine direkte Folge der Zusammenkunft zwischen Herriot und Gibson gewesen sein, und man soll sich bemüht haben, für die nächste Einberufung des Hauptausschusses der Ab rüstungskonferenz eine Formel zu finden. Gibson hak, wie man annimmt, nachdrücklichst auf einen gewissen Grad von quanlikativcr Abrüstung im Sinne des amerikanischen Planes bestanden, der wenigstens die Grund- i läge für eine praktische Lösung des gesamten Fragenkom plexes bilden soll. Gibson soll auch bei dieser Gelegenheit auf den Zusammenhang zwischen Schulden- und Abrüstungs- frage hingewicsen haben, indem er erklärte, daß Europa, wenn es so viel Geld für seine Rüstungen auszugeben in dec Lage sei, auch seine internationalen Schulden begleichen könne. Gibson erklärt, er habe nur über Abrüstung verhandelt. L o u s a >i » e. Tcr amcritniiischc Bvlschastcr Gibsvu crllärtc nach der Uiitcrrerwng mit Mac Donald der intcr iiniiviinlcii Presse, er lege großem Werl aus die Feststellung, dast in der Unlerrednng ausschließlich Abriisumgsfnigem he sprochen worden seien. Tic Rcpnrnlioussrngc sci mit tcincm einzigen Won in der Besprechung erwähnt worden. Es besteht jetzt allgemein kein Zweifel mehr, daß die ame rikanische und die englische Regierung gegenwärtig ans die französische Regierung de» stärkste» Truck ausübeu, damit sie iu der Abriistmigssrage ihre» bisherigen Standpunkt ansgibt nud durch Zngeständuissc eine Einigung ermöglicht. Die sort- gesetzt staUfiudenden AbriisMugsbesprechimgc» in Lausanne und Gens werden hier allgemein als eine starke Belebung der Abrnstungsfrage ansgefaszl, die neue Entscheidungen in der allernächste» Zeil heranreifcn läßt. Jedoch habe» alle diese Besprechungen bisher ohne die dciitsche, italieiiischc nnd sowjet- russische Teilnahme slaltgcsunden. Starker Gegensatz Paris—London I» der Pariser Presse ist ein Stimm u n gsu m- s ch w u u g festzustelle», der um so schärfer hervartritt, als sich die Blätter mit dem bisherigen Verlauf der Auseinander setzungen ganz besonders zufrieden zeigten. Der Optimismus hat nun plötzlich einem großen Pessimismus Platz gemacht, nachdem der französische Ministerpräsident vergeblich versucht hatte, MacDonald für seine Reparationslhese zu gewinne». Eine etwa dreistündige Unterredung hcrriols mit Mac- Donald soll äußerst bewegt gewesen sein. Herriol habe die deutsche Tcibutverpflichlung als unantastbar hingestellt und dabei unterstrichen, daß er vor der französischen Oeffenllich-