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Anteryattung und Wissen MW Morgen KMS LM Trockenlegung des Arischen hasfs. Von Diplom-Ingenieur Hous Pomme reuig. Dos Hoff wor ursprünglich eine Meeresbucht und murde durch Bildung der Nehrung im Laufe der Jahrtau sende zu einem flachen Strandsee, in den die Nogat, der Elbiiigstuß und der Pregel nebst einer gröberen Anzahl von Flüssen und Bächen münden. Die mitgeführten Schlammengen erhöhten den Baden des Haffes so, das; eine durchschnittliche Tiefe von nur noch drei Metern vorhanden ist. Der Haffgrund besteht zu 88 v. H. aus einem sehr fruchtbaren Schlick, zu 10 v. H. aus blauem Ton und nur zu 2 v. H. aus Sand (nicht Seesand) und Geröll. Der heutige Nutze», des Frischen Haffes besteht in de» Erträg nissen der Fischerei, ferner dient es als Schisfahrtsweg zwi- ' scheu Pillau, Königsberg, Elbing, Danzig und den kleinen s Häfen der eigenen Küste: es ist das Enlmässerungsbecken von Tiegs, Elbingfluß, Passarge, Pregel und den unmittel- ! bar anliegenden Gebieten. Von seinem westlichen Zipfel ! gehören rund 6000 Hektar zum Gebiet der Freien Stadt j Danzig. Nimmt man diesen Teil des Haffes von einer ' Eindeichung vorläufig aus. so kommt man zu folgender Li- , .nlenführung des Dammes: Mein Plan sieht nach eingehenden Untersuchungen be- ginnend bei Schottland auf der Nehrung etwa 8 Kilometer von Kahlberg einen Damm vor parallel der Deutsch-Dan ziger Grenze guer durch das Haff über de» Leuchtturm im Elbinger und Danziger Fahrwasser (Weißer Turm) bis zum Eadincr Hafen und folgt hier nach einem scharfen , Knick in nordöstlicher Richtung ungefähr der heutigen Haff- küste bis zum Kahlholzer Haken. Die Dammachse fällt auf ' dem Abschnitt Cadinen—Kahlholz ungefähr mit der heuti- ! gen 2-Meter-Tiefe»linie zusammen und läßt am Südufer des Haffes einen 200 bis 1000 Meter breiten Streifen frei. In diesem Wasserstreifen wird die künftige Wasserstraße ousgebaggert, cs entsteht hier auch der Abfluß für sämt liche Zuflüsse, die westlich der Linie Kahlholz—Pillau ein- münden. Von Kahlholz erstreckt sich der Damm in schnur gerader Linie quer durch das Haff bis zur Ostspitzs der Nehrung gegenüber von Pillau. Ferner wird zur Unter teilung im Interesse des Arbeitsforlschrittes ein weiterer ! Damm von Pfahlbude an der Passarge-Mündung bis nach ! Narmeln geschüttet. Es entstehen so zwei Polder von : 17 500 und 18 500 Hektar Größe, bei einer Dammlänge von rund 75 Kilometer, die einmalig leer zu pumpen und spä ter durch Pumpwerke trocken zu halten wären. Insge samt würden also 360 Quadratkilometer, das sind 36 000 Hektar fruchtbarsten Niederungsbodens gewonnen werden. Der Ertrag würde auch bei einer rein kaufmännisclM Be trachtung unter Berücksichtigung von Verzinsung, Abschrsi- bung uno Unterhaltung den heutigen bei weitem überschrei ten, es könnten nach Ansiedlung der Fischerfamilien noch Tausende tüchtiger Landwirtsfamilien ihr Brot finden, und wo heute die grauen Wagen des Haffes rollen, könnte in einem Jahrzehnt ein blühendes Land entstanden sein. Aber nicht hoch genug sind andere Vorteile zu veranschlagen: der Wertzuwachs, den unsere östlichste Provinz erfahren würde, j nicht zu vergessen die gewaltige Linderung der Arbeitslosig- ! keit in allen Zweigen der Bauwirtschaft und der von ihr ab hängigen Zweige der Industrie und des Handels. Die Baukosten seßen sich aus folgenden Posten zu sammen: 1. Baggern einer Fahrrinne und Einbauen des Bodens in den Damm (rund 3,5 Mill. Kubikmeter Boden); 2. Auspumpen der Polder (rund eine Milliarde Kubikmeter Wasser): 3. Kultur-Straßenbauten, 4. Kunstbauten. Die gesamten Kosten einschließlich Bodenerwerb für Seitenent nahme, Bauplätze usw., Abfindungen, werden auf rund 25 Millionen Mark errechnet; bet der Ausführung nur eines Polders würden sie etwa die Hälfte betragen. Unter Zugrundelegung einer Bauzeit von fünf Jahren für das ganze Projekt ließe sich ein großer Teil der Mittel aus der produktiven Erwerbslosenfürsorge bestreiten, bietet doch ein Tiefbau Beschäftigungsmöglichkeit besonders für ungelernte Arbeiter. Technische Schwierigkeiten und Hin dernisse unvorhergesehener Art sind nicht zu erwarten und lassen sich nach Erledigung der Vorarbeiten auch leicht um gehen. Die Fertigstellungszeit wird von der Kapitalbeschaf fung entschieden, da mit dem Dammbau an beliebig vielen Stellen begonnen werden könnte, doch ließe sich die Ein dämmung des ersten Polders bequem in ein bis zwei Jah ren vollenden. Hierauf würde sofort mit dem Auspumpen begonnen, während die Erdarbeiten für den zweiten Polder in Angriff genommen werden. Das Auspnmpen eines Pol ders würde rund 300 Tage in Anspruch nehmen, wenn man allzu große und teure Maschinensätze vermeiden und außerdem vorwiegend mit billigem Nachtstrom pumpen will. Nach etwa drei Jahren könnte der erste Polder in land- ! wirtschaftliche oder gärtnerische Benutzung genommen wer- - den, so daß von diesem Zeitpunkte ab bereits Einnahmen i zu erzielen mären. Verkehrstechnisch würden die Nehrungsbewohner und die Seebäder bedeutend gewinnen, ließe sich doch Kahiberg von Königsberg im Auto in etwa eineinhalb Stunden, von Elbing in der halben Zeit erreichen. Bei Ausbau der Haff- ! uferbahn von Cadinen über Kahlberg und zurück nach Frauenburg ließe sich die Reisezeit ohne Umsteigen ebenfalls bedeutend verkürzen. Man kommt bei diesem Projekt zu Vergleick)«» mit den Arbeiten an der Zuidersee, doch muß von vornherein gesagt werden, daß die Schwierigkeiten bei der teilweisen Trok- > kenlegung der Zuidersee ungleich größer waren. Dort eine offene Meeresbucht im Tide-Gebiet mit großen Strek- - ken salzhaltigen, sandige» Meerbodens, mit großen Tiefen und reißender Strömung; hier beim Frischen Haff ein ab geschlossener Strandsee mit wenig wechselndem Spiegel. erstklassigem Boden, der nicht erst jahrelang ausgelaugt wer- i den muß. sondern gleich nach dem 'Austrocknen unter den Pflug genommen werden kann. Abschließend seien Gründe und Gegengrllnde kurz zu- i sammengefaßt: Für das Projekt sprechen u. a.: 1. Die Bau- ,! ausführung bringt eine einmalige fühlbare Entlastung des > ostprenßischen ArbAtsmarktes mährend der Bauzeit, das gewonnene Land eine bleibende Entlastung durch Ansied lung von 10 000 bis 15 000 Vollsiedlerfamilien auf ertrag- reicl-em Boden. 2. Unserer Volksernährung wird eine Mehr menge an Lebensmitteln zugeführt, die nicht mehr einzu führen märe. 3. Die Provinz Ostpreußen erfahrt eine wirk same Förderung in ihrem Kampf um ihre Erhaltung. 4. ' Verbesserung der Fabrrinne nach Elbing, Offenhaltung der i Winterschiffahrt, Verbesserung der Verkehrsbeziehungen der ! Nehrung. Auf der Gegenseite steht wohl die Existenzfrage der Fischer. Soweit diese nicht völlig auf die Ostseefischerei um- i gestellt werden können, müßten Abfindungen in Geld oder j Land stattfinde». Die Lage der Fischer ist ja ohnehin sehr ! schlecht, und der Ertrag der zu gewinnenden Haffläche au« landwirtschaftliche» Produkten ist wesentlich größer, als bei - heutige Nutzen aus der Fischerei. Setzt man de» Ertragswert eines Hektars Land dieser , Bodenklasse mit 500 Mark an, so ergibt sich bereits eine ! Iahreseinnahme von rund 18 Millionen Mark, während die j Fischerei nur etwa zwei Millionen Mark einbringt. Lest die Hetmatzettungk Im Lande der Königin non Salm Neue Erfolge der Südarabienexpedilion von Hans HelfrUp Bo» dem jungen Arabienforscher Hans Helfritz. der mit außerordentlicher Kühnheit wenig bekannte und zum Teil von Europäern noch nie besuchte Gebiete in dem füd- arabifclM Lande Hadramaut durchreist und dabei aufsehen erregende Entdeckungen gemacht hat, sind neue Nachrichten eingetroffen. Danach ist es Helsritz gelungen, mit Erlaub nis des Imam, des Oberherrn des arabischen Fürstentums Jenzen, dessen Hanptstadt Sanaa zu besuche» »»d dor: seine Forschungen fortzusetzen. Der Jemen ist ein Teil des alten Königreick)es Saba, von dem griechische Schriftsteller aus dem 2. und 3. Iahrhnndert v Ehr. bereits berichte». Nördlich vo» Sanaa sollen sich die Ruinen von Saba be finden, die Helfritz aufsuchcn wollte Der Imam läßt jedoch keine» Fremden in die Nähe der sagenhaften Stätte. Im Jahre 1909 ist übrigens der Forschungsreisende Herman» Burchardt auf einer ähnlichen Expedition von fanatischen Beduinen ermordet worden. Auf der Suche nach alten Inschriften aus der sabäischen Zeit, die sich auf Steinen, Mauerwerk und Bronzetafeln vorfinden, stellte Helfritz fest, daß der König eine große Zahl dieser wertvollen historischen Dokumente in einem be sonderen Haus bewahrt, zu dem er den Schlüssel ständig bei sich trägt und in welches er niemand Eintritt gewährt. An diesen sogenannten „bymnaritischen" Inschriften ist die Wissenschaft außerordentlich stark interessiert, da allein sie Ausschluß über die Geschichte Südarabiens geben. Unter Lebensgefahr konnte der junge Forscher eine Anzahl seltener Aufnahmen machen, u. a. auch vom Na- maoamfest in der großen Moschee von Sanaa. Trotzdem der Imam ihm das Photographieren ausdrücklich verboten hatte und Helfritz von Soldaten ständig bewacht wurde, gelang es ihm doch, sich mit den Gläubigen unerkannt in die Moschee einzuschleichen. Mit Hilfe eines arabischen Arztes konnte Helfritz in das verschlossene Gebiet der Is- maelitcn eindringen, die zurückgezogen im Hochgebirge des südlichen Jemen leben. Ueber diese Ismaeliten wußte man bisher nur wenig Sie sind eine Sekte, die neben politischen Zielen versucht, griechische philosophische und ethische Ge danken im Islam durchzusetzen. Helfritz gelang es, die Grabmoschee des Gründers zu finden, die dort vorhandenen Inschriften zu photographie ren, die nach ihrer Entzifferung wahrscheinlich Auskunft über die Entstehung dieses merkwürdigen Geheimbundes geben werden. Er stellte fest, daß die Ismaeliten, die mit dem Imam verfeindet sind, in zahlreichen wohlbefestigten Städten hock) im Gebirge in 3000 Meter Höhe Hausen. Bis her ist es noch keinem Europäer außer Helfritz geglückt, direkt an die Quelle des ismaelitischen Kultes zu kommen. Uneingeschränkt wird in wissenschaftlichen Kreisen an erkannt, daß der junge Forscher ein äußerst seltenes und wertvolles Anschauungsmaterial über Südarabien zusam mengetragen hat. Vor allem geben seine zahlreichen Bilder von Volkstypen, sowie seine Aufzeichnungen Aufschluß über die Rassenzusammensetzung der Bevölkerung, die noch fast völlig ungeklärt ist. Auch weiß man wenig über dis Le bensgewohnheiten der südarabischen Beduinenstämme, über Sitten und Gebräuche, die sich aus früheren Zeiten erhal ten haben. So hat u. a. der bekannt« Orientalist Prof. Mordtmann aus einer einzigen Photographie Dinge heraus lesen können, die er sich bei der Entzifferung von hymnariti- schen Inschriften bisher nicht erklären konnte. Ein endgültiges Urteil über die Größe und den Wert der Helfritzscye» Leistungen wird man sich erst bilden kön ne», wenn das überaus zahlreiche Material, von dem bis her nur ein kleiner Teil bearbeitet werden konnte, voll und ganz ausgewertet sein wird Nie Spur ins Jenseits. Skizze vvu Georg Paul Lucke. Er hatte die Skier in den verharschten GiPfelschnce ge rammt und stand nun, die Hände in den Taschen, mit ge spreizteil Beinen in der schon wärmeren Februarsonne. Lässig hing ihm die Pfeife im Mundwinkel, der zuweilen kleine Rauchwolken entwirbelteu, nm sich im leichten Höhen wind anfzulöscn. Das Jlidianerrvt des Gletscherbrandes hob das Weiße »in seine Pupillen. Die dmikle Färbung des Gesichts betonte das leuchtende Blond des über der Stirn hochgckämmten Haares. > Stiller schon lag die Nachmittagssvnne über den Bergen. Eine Heerschar silbergepanzerter Gestalten, ragten die Hoch gipfel im Kreise und warfen den schimmernden Aufprall der Sonne in das Blan der Wandschatten, glichen die Kontraste ans, wo die Zeit ihre Runen in das Antlitz der Erde gezeichnet. — Am Ende des kurzen Grates saß Lilian Grey-Anderson. In kurzer Abdachung brach dort der Gipfel in die Tiefe zum Gletscher. Sie stützte den Kopf in die Hände, so daß sie ihm oas fein geschnittene Profil zuwandte. Saß dort wie ein Knabe und träumte in die weite, Weiße Welt. In alle» diesen Tage», da er die Wunder der Hvchwelt mit ihr gesucht, war ihm diese Frau ein Rätsel geblieben. Bon Minute zn Minute oft konnte ihre Stimmuiig wechseln. Lachte sie wie ein Kind, das keine Ermüdmig kennt, wenn sie auf irgendeiner Hütte nach halb durchwachter Nacht zum Aufbruch rüstete», so legte das bejahende Sonnenlicht einen Schatten über ihre Züge, wie eine Frage, ans die es keine j Antwort gibt. Sie war ihm Kamerad geworden in den Bergen. Stieg er einmal, wenn sie sich ausruhcn wollte, allein hinauf, fühlte er drückende Einsamkeit, die ihn loslöste vom Leben, und wo er Befreiung gesucht vom Druck der Tiefe, zog ihn quälende Sehnsucht zn Tal. Wohl mochte auch sie das Gefühl der Gemeinsamkeit in Todesnähe, den höheren Wert eines Beisammenseins iin Lichte solcher Sonnentage empfinden, »lehr noch vielleicht im lobenden Wettersturz, der sie zwang, sich dem erprobten Fahrtgenossen zu fügen, fanden doch die Regungen, die ihn, den Mann, zum Weibe zogen, in ihr keinen Widerhall. Ließ ein Impuls seine Rede einmal wärmer werden, dann stand die Mauer der Konvention zwischen ihnen. Sie wurde ihn» zur steinernen, rätselhaften Sphinr. ihre Sprache wurde oft yarl uno avweqend unv hemmte feine auswallende Leidenschaft. Gab cs so ein peinliches Verstummen zwischen ihnen, dann unterbrach sie mit einem nichtssagenden Wort das Schweigen. Er, der gewohnt war, in den Mienen der Men schen zn lesen, Seelenrätscln auf den Grund zu gehen, sand hier bei dieser Frau keine Lösung. Nun hatte sie ihm das Gesicht zugewendet. Ein Lächeln lag um ihren Mund, die beinahe zn roten Lippen. Sic dehnte die Arme, streckte den knabenhaften Leib und sprang auf. „Schon'?" fragte er. „Morgen ist unsere Kameradschaft zu Ende." „Und wenn...?" Er trat zu ihr: „Und wenn...?" gab er die Frage zurück. Ein vorsichtiges Tasten war es, voll Spannung auf ihre Antwort. Sie aber hatte nur ihr hartes, sranenfremdes Lachen. „Lilian!" Sein Ruf, der ihre schlummernden Instinkte wecken wollte, klang wärmer, dringlicher. „Miß Grey! — Oder Anderson — oder sagen Sie meinetwegen auch Miß Greh-Andcrson, bLie!" Es war ein Befehl, und wieder stand da die Mauer. Er uahm das Seil von der Schulter, rollte es auf, j knüpfte den Knoten über ihrer Hüfte. Als er ihr auch die Bindung anlegen wollte, wies sie ihn zurück und tat es selbst. Mit kurz gerissenen Schwüngen fuhren sie zu Tal, daß der Pulverschnee am Schattenhang flirrende Lichter stäubte. Am kleinen Lae dn Tacul, der unter schneeüberwehter : Eisdecke schlummerte, machten sie halt. Schon legten Charmoz und Blaitiäre wuchtige Silhouetten über den Gletscher. Jen seits brachen im Lichte der nun sinkenden Sonne die gewal- tigen Abstürze der Aiguille dn Mvine zur Tiefe, zur Rechten flankiert durch den Bruch der Säracs du Taläfre. Die stille Stunde wob ihre Gedanken ineinander. Sein Blick ruhte auf ihr, das Bild sich einzuprägen, wie sie da neben ihm saß, Kamerad auf Zeit nur und dann ferne Er- mnermig einmal au etwas Schönes, das man nicht begriffen hatte. Da sah er e:»e» feuchteii Schimmer in ihren Äugen. „Lilian?" Er suchte ihre Hand, die sie ihm willig ließ, fühlte ein leises Bebe». „Lilian!" Da neigte sie den Kopf und — wemte. j Zeitig am nächsten Morgen betrat er den Frühstückssaal. Lachend nnd lärmend schon rüsteten die Gäste zum Aufbruch . zu oen Uebungsplätzen, zum Bormitlagsbummel. , j Er griff nach der Post, die auf dem Tisch für ihn bereit ! laa. — Ein Eilbrief aus Berlin? „Herrn vr. Olaf ten Ström, Detektiv, z. Zt. Cha- monnix, Hotel Montblanc", lautete die Aufschrift. Er öffnete und las. Man erbäte seine sofortige Abreise nach London — in Sachen Breevorl, da sich neuerdings Tatsachen ergeben hätte», die eine Wiederaufnahme des Prozesses ermöglichten. Er entsann sich des Falles. Giftmord an vr. John David Breevort, den mntmaßlich die Gattin verübt haben sollte, die jedoch mangels Beweises freigesprochen worden war. Er selbst, als Autorität ans dem Gebiete der krimina listischen Toxikologie, hatte das Gutachten gefertigt, Persön lich aber war er als Zeuge nicht aufgetreten. Da war ein zweites Schreiben. Mit englischer Marke? Er öffnete, suchte sie Unterschrift, stutzte. Greh-Anderson? — Er bat um seinen persönlichen Be such. Auf Grund neuerer Ergebnisse wäre die Unschuld seiner Tochter so gut wie sicher. Er keime deren Aufenthalt nicht, vermute jedoch, daß sie sich unter ihrem Mädchen namen irgendwo verborgen halte. Als die Dame zufällig die Adresse auf dem Brief gelesen habe, so berichtete der Oberkellner auf ten Ströms Frage, habe sie beinahe fluchtartig de» Saal verlassen. Er hatte fest gestellt, daß sie nicht mehr im Hause war. Weitere Erknn- digmigen im Ort ergaben eine Spur. Sie führte nach Montanvert hinauf. Zweifel waren in ihm. War diese Flucht ein Schuld bekennlms? Es konnte, mußte anders sei». Sie hatte die Aufschrift auf dem Brief gelcseii, wußte also, wer er war. Vermutete sie i» vernichtender Kenntnis, daß der Mcmn ein Häscher war, mit ihren Gefühlen nur ein berechnetes Spiel getrieben, eine Maske getragen, wo sie Vertrauen gehabt — der Mann, den sie — liebte? — Er hatte die Spur. In hastigen Windungen zog sie steil bergan, dem Gipfel zu, auf dem sie gestern Abschied ge nommen von den Bergen. Nebelwolken zogen in dichten Schwaden von Westen her, hüllten die Gipfel ein. Sein Blick juchte den Gischt zu durchdringen. Er glaubte Schatten zn sehen, und es waren doch Trugbilder, Felsen, von denen der Schnee sich im werdenden Frühling löste. Als er noch wenige hundert Meter unterhalb des Gipfels war, lichtete sich ans Augenblicke das Gewölk. Da sah er ihre Gestalt, gegen den Himmel gezeichnet, auf dem Grat. — „Lilian!" Doch dichter schoben sich die 'Nebel ineinander, verwischt«» das Bild, lösten es auf. Und als er, atemlos vom eilenden Aufstieg, den Gipfel erreichte, sah er — unr die Spur, die sich in gerader M- fahrtslinie jenseits über den Hang zog uno am Rande dss Abbruchs zum Gletscher im 'Nichts verschwmcü.