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Sächsische Elbzeitung 26. Zavrgong Bit» Schandau, Freitag, den '12. Februar ^S32 Rr. 36 Sächsische Schweiz TagcSzcnnng für die Landgeinctudc» Allendorf, Klctngtcschubrt, .utctnhcimcrs- dors, Krippe», Lichtcnhain, Miltclndorf, Ostrau, Porschdorf, Postcltvitz, Prosscn, Rathmnnnsdors, Rciuhardtödors, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wendischsährc, sowie für das Gcsamtgcbicl der Sächsischen Schweiz. Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung Alma Hieke, Inh. Waller Hieke. Verantwortlich: Walter Hieke. Anzeigenpreis (in RM.N Die 7gespaltcne 35 mm breite Pelit,eile Al Pfg., für auswärtige Auftraggeber 25 Pfg., N mm breite Rcllamczcilc AI Pfg. Tabel larischer Sah nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme siir in- und ausländische Zeitungen. Tageblatt für die Uulhäll die amllichcn Bekanntmachungen siir den Stadlrat, das NmlSgcrtchl, daS Hauplzollaml Bad Schandau und das Finanzamt Sebnitz. — Bankkonto: Stadlbank Bad Schandau Nr. 12. — Postscheckkonio: Dresden 33 327. Fcrnspr.: Bad Schandau Nr. 22. — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau. Erscheint täglich nachmittags 14', Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. kezugöprciS: frei Haus mouallich 1.65 RM. leinschl. Trägergcld), siir Selbst abholer mouallich 1,65 RM„ durch die Posl 2,IN NM. cinschl. Bestellgeld. - Einzelnummer 1N, mit Illustricricr 15> Pfg. — Bei Produktionsvcrlcucrungcn, Erhöhungen der Löhne und Malcrialicnprcisc behalten wir »ns das Recht der Nachsordcrung vor. (Siändiae Mockenbeilaaen» Unterhaltung und Misten", "Das Unterhaltung-^ Das Leben im Bish" und ihre Welt", Illustrierte Sonntagsbeilage: — »kichierschcincn einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung berechtigt nicht zur Bczugspreiskürzung oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung. Ergebnis der Woche Schanghaier Kanonendonner in Genf. R. p. Das Verhalten des Völkerbundes im Ostasien- wnflikl wird mehr und mehr zur Groteske. Man gibt sich dort offenbar noch immer der Hoffnung hin, durch gutes Zureden könnten sich die Japaner vielleicht bereit finden, sich weniger kriegerisch gegen China zu benehmen Die Chine sen scheinen sogar den Eindruck zu haben, als glaube man in Genf nicht recht an den von ihnen behaupteten Krieg Japans gegen China. Oder sollte es ein bei den Chinesen kaum vermuteter Humor sein, wenn sie bei der schweizeri schen Postverwaltung beantragt haben, auf Chinas Kosten einen Verstärker in den schweizerischen Sender einzubauen, damit China in der Lage ist. dem in Genf versammelten Lölkerbundsrat den Kanonendonner von Schanghai per Ra dio gewissermassen „auf den Tisch des Hauses niederzulegen". Man weih nicht, ob aus dieser Uebertragung etwas wird. Der Antrag aber allein schon genügt, um den Völkerbund wegen seiner Hilf- und Tatenlosigkeit vor der Welt völlig lächerlich zu machen. Jedenfalls gehl der Krieg, der jetzt auch kaum noch von Japan ernstlich bestritten wird, in China „fröhlich" weiter. Immer grösser wird die militärische Macht, die Japan in China zusammenzieht, immer größer auch die Macht, die die verschiedenen interessierten Staaten in den chinesischen Gewässern versammelt haben. Die Munitionspapicre steigen. Um das Maß dieser politischen Groteske vollzumachen, wird jetzt gemeldet, daß die Kurse französischer Munitions aktien eine Hausse aufweisen, die auf japanische Bestellungen zurückzuführen sei. Der Londoner „Daily Expreß" behauptet denn auch ganz offen. Japans unversöhnlickie Haltung erkläre sich daraus, daß cs von seinem europäischen Alliierten (Frankreich) unterstützt werde. Frankreich würde auch die Munitionsbcstellungen, die Japan bei ihm aufgegeben habe, finanzieren. Es verlautet auch, daß Japan Munitions- bcstellungen in Polen aufgcgeben habe. Daß sich auch Amerika von dem Waffen- und Munitionsgeschäft, wie cs durch den Konflikt in Ostasien wieder stark ausgelebt ist, nicht fernhält, beweist ein Antrag eines amerikanischen Se nators, ein Waffen- und Munitionsausfuhrverbot zu er lassen. Auf Wunsch des Staatssekretärs Stimson ist dieser Antrag mit dem Hinweis auf die „unverwünschte Wirkung auf die Friedensverhandlungen" zurückgestellt worden. Da behaupte noch jemand, die ganze Welt sei auf Frieden ein gestellt! „Daily Herald" sagt vielleicht nicht mit Unrecht, daß die Untätigkeit der Mächte im Ostasienkonflikt einen neuen Weltkrieg herbeizuführen drohe. Um so eigen artiger muß es wirken, wenn angesichts all dieser tatsäch lichen Vorgänge der französische Ministerpräsident in der Kammer auf Grund einer Interpellation erklärte, daß „einst weilen die Beziehungen zwischen Japan und China nicht ab- gebrock-en seien und daß sich die französische Negierung um eine Vermittlung bemühe". Man spricht von Abrüstung. Es ist schon eine eigenartige Welt, in der wir leben. Im Osten donnern die Kanonen, und die beiden Mächte, die sich im Krieg miteinander befinden, sitzen in «Zens am Ver handlungstisch beieinander und reden von Frieden und von Abrüstung. Die Macht aber, die vorgibt „im Interesse des Friedens" zu vermitteln, erklärt aus der Konferenz, die die Abrüstung bringen soll: „Kein französischer Patriot kann eine Nüstungsverminderung in Frankreich zulassen." Das jedenfalls schreibt Hervö in oer „Victoire" zu Brünings Ab rüstungsrede. Die deutsche These, noch mehr aber die italie nische Unterstützung dieser These, hat gewisse Patrioten in Frankreich nervös gemacht Man ist dort sehr enttäuscht darüber, daß, wie es das Pariser „Oeuvre" ausdrückt. Brüning auf den Konferenztisch nicht eine Bombe nieder gelegt habe. Auch darüber kommt man in diesen Kreisen französischer „Friedensfreunde" nicht hinweg, daß nämlich der Kanzler gleiche Rechte für alle gefordert hat. Der Abgeordnete Lautier beantwortet diese Forderung mit der Erklärung: Das System Brünings bedeutet Krieg und Frankreichs Besetzung". Auch Pertinax bezeichnet des Kanzlers Forderungen nach Gleichheit der Rüstungen als unangebracht, und „Journal des Debats" sieht „schrecklichste Folgen voraus, wenn Deutschland ebenso behandelt würde wie alle anderen Mächte" Bedenklicher ist man aber darüber gestimmt, daß die Rede des Kanzlers auf der Konferenz begeisterte Aufnahme fand, noch mehr jedoch, daß der ita lienische Außenminister Grandi mit seinen Ausführungen ein Weltccho gesunden hat, das in Frankreich wie Peit schenhiebe empfunden wird Hat der Kanzler richtig taktiert? In deutichen politischen Kreisen ist verschiedentlich die Auffassung zutage getreten, als sei der Kanzler mit seiner Genfer Rede nicht aktiv genug für die deutsche These ein- getreten Es ist zweifellos eine Frage der Taktik, ob Dr. Brüning richtiger gehandelt hätte, wenn er etwa die Rede Grandis gehalten hätte Der Kanzler hat das Abrüstungs Problem ganz allgemein behandelt, gestutzt auf die Abrü stungsbcstimmungcn des Versailler Diktats. Er hat cs bcr mieden, die deutschen Forderungen im einzelnen herauszu stellen, hat gewissermaßen das Abrüstungsproblcm rein aka demisch, nicht programmatisch behandelt. Dabei Hai er sich offenbar von Erwägungen leiten lassen, die sich aus den Erfahrungen bei der Dawes- und Voung-Konferenz erge ben haben. Wir sind dort stets mit grundsätzlichen Forde rungen hervorgetreten und haben damit der Gegenseite die ! Möglichkeit geboten, sich aufs Handeln zu verlegen. WK j haben dann stets den kürzeren gezogen. In Genf hat der ! Kanzler einen anderen Weg gewählt. Er hat das Grund- j sätzliche des Abrüstungsproblems in den Vordergrund ge- i stellt und hat es den anderen überlassen, sich hierzu zu t äußern. Frankreich hat, offenbar in Erwartung eines deut schen Abrüstungsprogramms, einen französischen Abrü stungsplan vorgelcgt in der bestimmten Erwartung, daß sich aus den Erörterungen ein Kompromiß zwischen der französischen und der deutschen These ergeben werde. Da ein solcher deutscher Plan nicht vorliegt, steht eigentlich zu nächst nur der französische zur Diskussion. Die bisherigen Redner, von dem polnischen abgesehen, haben Frankreichs : Plan mehr oder weniger aus grundsätzlichen Erwägungen j verworfen. Litauen ein gelehriger Schüler. Die Kownoer Negierung hat sich einen neuen Putsch im Memelgebiet geleistet. Sie glaubt«, das offenbar unge ¬ straft tun zu können, nachdem sich größere Staaten ähn liche „Scherze" erlaubt haben, ohne daß der Völkerbund den Mut aufbrachte, hiergegen einzuschreiten. Die litauischen Wehrverbänoe und politischen Organisationen haben alle Vorkehrungen getroffen, um den letzten Rest autonomer Selbstverwaltung im Memclgebiet mit Waffengewalt zu be seitigen. Der zunächst schon für Mittwoch oder Donners tag vorgesehene „Marsch auf Memel" ist inzwischen auf den 16. Februar, den litauischen Unabhäugigkeilstag, ver- schoben worden. Das entschiedene Auftreten des deutschen Staatssekretärs von Bülow in Genf hat es erreicht, daß am Sonnabend eine Sondersitzung des Bölkerbundsrates zur Behandlung des litauisäzen Konventionsbruches im Me- iuelgebiel angesetzt wurde, zu welcher der litauische Außen minister Zaunius erscheine» wird. Die Kownoer Negie rung hatte damit gerechnet, daß eine „Erkrankung" Zau nius' eine Verschleppung der Angelegenheit zur Folge ha ben müßte. Das Verlangen Deutschlands, den Mcmcl- fall dann ohne litauischen Bevollmächtigten zu behandeln, hat den Gesundheitszustand des Herrn Zaunius wesentlich gebessert. Man wird mit Spannung das Ergebnis der Ratssitzung am Sonnabend erwarten. Der Völkerbund muß prüfen, ob Litauen das Vertrauen gerechtfertigt hat, als mau ihm das Memelgebiet anvertraute. Der Versuch einer Verschmelzung deutsch-memelländischer Bollkultur mit der litauischen Halbkultur hat sich als ein Mißgriff erwiesen, der deshalb so schnell wie möglich wiederausgeglichen wer den muß. Stuftland gegen SrankeeSG Litwinow libie in Genf an der Variier Sicherheitüthefe schärfste Kritik und verlangte völlige Beseitigung der Rüstungen Genf, 12. Februar Der belgische Außenminister Hymans entwickelte in s oer Donnerstag-Sitzung der Abrüstungskonferenz m einer ! großen Rede den belgischen Standpunkt in der Abrüstungs- > frage. Entscheidenden Nachdruck legte er auf den Ausbau ! eines allgemeinen Sicherheitssystems. Belgien, so führte er - aus, sei immer wieder der Schauplatz der großen Kriege gewesen. Belgische Ortschaften seien in der Geschichte dadurch i berühmt geworden, daß große historisci)« Siege und Nieder lagen dort stattgefunden hätten. Jahre sei Belgien von feindlichen Truppen besetzt gewesen. Belgien sei daher ge zwungen gewesen, seine Wehrkraft zur Verteidigung seiner Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten. - Belgiens Standpunkt Die belgische Regierung sei jedoch davon überzeugt, daß ein Wettrüsten unvermeidlich zu Krieg, Zusammenbruch und Revolution führen müsse. Vor allem fordere Belgien Ab schaffung der großen Angrifiswafien, ferner Schuh der Zi- , vilbevölkerung und Internationalisierung der zivilen Luft fahrt (bei der Aufzählung der Angriffswaffen nannte Hy mans jedoch nicht die Hauptwaffe Frankreichs, die Tanks). Hymans forderte dann eine internationale Kontrolle der Rüstungen und eine enge Verbindung zwischen der Ab rüstung und der Sicherheits-Frage Ein Verzicht der Völker auf die Rüstungen könne nur erreicht werden, wenn gleich wertige Sicherheiten des Schutzes aus dem Gebiet der poli tischen und rechtlichen Organisation des Friedens geschaffen würden, die auf Artikel 16 des Völkcrbundsvertrages, Haa ger Gerichtshof, Locarno- und Kellogg-Vertrag und den ver schiedenen Sichcrheitsabkommen des Völkerbundes aufge- baut werden müßte. Im Laufe dieses Jahres müßten ent- sä>eidc»de politische Fragen gelöst werden. Eine neue Form des Krieges sei im Entstehen begriffen, der Krieg der Wirt schaft und der Währungen. Ucberall seien neue Zollschran ken entstanden, die den normalen Handelsverkehr lähmten. In der ganzen Welt herrsche Unsicherheit und Unruhe. Dieser Zustand krankhafter Nervosität und materieller Läh mung könne ohne ernste Gefahr nicht weiter andauern. Die Konferenz müsse der ganzen Welt einen festen Willen zur Zusammenarbeit und Zufriedenheit zeigen. MWnds Marse Kritik Der sowjekrussische Aufzenkommissar Litwinow hielt unter größter Aufmerksamkeit und Spannung des bis auf den letzten Platz gefüllten Saales eine einstündige Rede, in I der er die französische Sicherheitsthese einer vernichtenden ! Kritik unterzog. Er forderte die Sicherheit gegen den Krieg und die sofortige vollständige allgemeine Abrüstung nnd Abschaffung aller Rüstungskategorien als Wittel zur Besei tigung künftiger Kriege. Litwinow führte den Nachweis, daß die bisherigen Sicherheitsverbandlungen des Völker bundes nur zu einer Verschärfung der internationalen Lage geführt hätten und den Ausbruch des Krieges im Ferne« Osten nicht hätten verhindern können. Litwinow erklärt, daß die Moskauer Regierung vom ersten Tage an den Krieg als Instrument der nationalen Politik abgelehnt habe, alle territorialen Eroberungen und Reparationsforderungen verworfen habe und das Selbst- bestimmungsrecht der Völker erklärt hätte. Im Rahmen des Völkerbuckdes sei in den letzten Jahren ein ganzes Sy- ! stem von neuen Sicherheitsbürgschaften geschaffen worden, s Die Folge sei, daß die Abrüstungskonferenz unter dem Ka- ncndomier im Fernen Osten beginne. Zwei durch Völkerbunds- und kelloggvertrag gebun dene Staaten führten seit fünf Wonaten einen erbitter ten Kampf. Der Krieg sei zwar nach den Völkerbunds gesehen bisher noch nicht offiziell verzeichnet und nota riell beglaubigt, aber große Provinzen seien beseht, alle Kampfwaffen seien verwandt, nnd Tote und Verwun dete seien nach Tausenden zu zählen. Litwinow sprach sodann die ernste Befürchtung aus, daß der Streit im Fernen Osten nur den Beginn eines neuen Weltkrieges darstelle, der sich auch auf andere Erdteile aus dehnen kann und die Schrecken des Weltkrieges in den Schat- ten stellen werde. Es sei nicht zu leugnen, daß die Gefahr , eines neuen Weltkrieges gerade für Sowjetrußland als Nach- , barstaat der streitenden Länder heute besonders bestehe : Jederzeit könnte heute ein neuer Weltkrieg an einer ande ! ren Stelle ausbrechen. ! Weder die internationalen Organisationen und Pakte ! noch die öffentliche Meinung sowie eine Beschränkung > und Herabsetzung der Rüstungen seien imstande, einem Kriege vorzubeugen. Es gebe heute nur einen einzigen Ausweg: Sicherheit gegen den Krieg durch Abschaffung aller Rüstungen. Litwinow setzte sich dann in langen Ausführungen mit den französischen Vorschlägen auseinander. Er erklärte, die fran- i zösischen Vorschläge seien nichts anderes als das bekannte Genfer Protokoll. Die Schaffung einer internationalen Armee beim Völkerbund bedeute, daß diese Arbeit in den Händen neuer Bündnispartner liege und von diesen gegen schwächere Staate» verwandt werden würde. Das ganze System der Vorkriegsbündnisse würde von neue,» auf leben. Eine Sicherheit, daß die internationale Völkerbunds- armce wirklich im Interesse der Gerechtigkeit und des Frir deiis eingesetzt würde, gebe es nicht. , Litwinow lehnte die französischen Pläne ans das em schiedenste ab, da jede internalwu..^ Organisallon heule von Staaten beherrscht sein würde, die Sowjetrußland feindlich gegcnüberstehen. Er forderte dann mit größter Entschieden heit eine uneingeschränkte, vollständige und rücksichtslose Ab schaffung aller Armeen und Rüstungen jeder Art. Den Ab- s kommenscntwurf des Abrüstungsausschusses lehnte er als s vollständig ungenügend ab. Die Moskauer Regierung ver- i lange völlige Gleichheit des Rechls für alle Staaken?