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Gchmuggterwege durch die Lüste. 300000 Mark siir drei Flngnächle mit Nanschgistcn. —Fliegende Polizei in den Staaten und Frankreich. — Uebcrlistung von Tianmntcngräbcrn mit Flugzeugen. Po» Herbert Langenscheidt. Dem bekannlen amerikanischen Flieger Dick Grace wurden li"ic;lich 300 000 Mark siir die Besordernng von Schmuggel waren angebolen. Gr lebt in Los Angeles, sollte von einem Schmngglerschisf mit einem Flugboot erhebliche Mengen Opinm abholcn und auf einem von den Schmugglern eigens , hcrgerichleten Landungsplatz in der Nähe der Stadl absetzen, , >vo Autvmobiltranspvrte die verbotene Last weiter ins Land hineinschleptzeu würden. Grace lehnte ab, wurde ansgelacht ob seiner „Dummheit" und davon verständigt, das; der Auf trag von einem seiner Kameraden in ausgezeichneter Art durchgeführt worden sei. Inzwischen hat die Unterwelt Amerikas das Flugwesen erheblich weiter entwickelt. Alle Küsten und Grenzen werden jetzt mit eigenen Piloten im Dienste des NanschgifteverlriebeS überslvgcn; dabei läßt man sich ans die Bereithallung von Laudnngsftellcu überhaupt nicht mehr ein, sondern holt die Ware an bestimmten Plätzen ab, an der sie mit Fallschirmen gelandet worden ist. Amerika Hal sich deshalb schon eine fliegende Polizei zugelegl, die natürlich sehr wenig nnsrichten kann, wenn sie nicht ein ganz überlegenes Personal an Piloten zugeleilt bekomm!. Die Einrichtung einer fliegenden Polizei ist ans gleichen Gründen auch schon in Frankrei ch beschlossen, wo eben falls schwere Schmuggeleien durch Flugzeuge ausgedeckl wurden. In Englä n d läßt die Polizei eine nmsasscnde Werbearbeit sür den gleichen Plan veranstalten, da es offenbar wird, daß Zigarren, Spielkarten, Uhren und ebenso verbotene Nauschmitlel in erheblichen Mengen durch Flugzeuge ins Land gebracht werden. In Deutschland wurde einmal ein Schmuggel mit Flugzeugen über die holländische nnd belgische Grenze behauptet. Bisher gelang aber der Nachweis dieser von Zollbehörden, die zuweilen Gespenster sehen, ausgestellten Behauptung nicht in einem einzigen Fall. Bern^smäßige Schmuggelei durch deul s ch e Flieger kommt überhaupt nicht in Frage, weil bei uns die Erleüuug von Fiugzeuguisseu stark l auch au persönliche Qualitäten gebunden wird, während solche i im Auslände keine Nolle spielen. Ten ersten Polizeislng richtete im übrigen nicht Amerika, ' sondern Südafrika ein. Dabei gelang die UeberUstung von Diamanlcngräberu, die sich ans verbotenem Gelände be tätigten, in so vollkommener Weise, daß diese Art der Um gehung der Diamaulengesetze so gut wie völlig ausgerollet werden konnte. Die Polizei verschaffte sich durch Flugzeuge Einblick in jene Landstriche, wo Diamaulenbuddler das Material für den ungesetzlichen Handel zusammen suchten. Die Flieger alarmierten daun durch Funk die nächstgclegene Polizeistatiou und hetzten den im Schweiße ihres Angesichtes schuftenden Gräbern dann ganze Nudel von Polizisten in Automobilen nnd Motorräder» auf den Hals. In zahlreichen Fällen glückte dabei die Aufbringung von erheblichen Dianiaulenbeständen im Besitz der Gesetzesüberschreiter. Einige § der Pvlizeimänner gewannen dabei so hohe Prämien, daß ! sie ihren Beruf aufgebcn und sich zur Nutze setzcu konnten, j In Deutschland ist nicht damit zu rechnen, daß wir in ; absehbarer Zeit eine fliegende Kriminalpolizei bekommen. Allerdings tritt zuweilen auch bei uns der Fall ein, daß die j Kriminalpolizei oder ein Privatdetektiv ein Flugzeug mietet und die Möglichkeit gewinnt, in irgend einer entfernten Stadt l einen Berbrccher vom Bahnhof abzuhvlen, wenn der Mann ' noch so unmodern gewesen ist, im Schnellzug zu sahren. Während der Schmuggel m i t dem Flugzeug bei uns ! heule noch nicht vvrkvmmt, ist der Schmuggel i ni Flugzeug auch bei uns keine unbekannte Sache. Er gehört jedoch ver- ' amtlich zu deu schwersten Formen der schmugglerilchen Praxis. Das Gewerbe lohnt sich erst, wenn man es häusig aussührcu ' kann. Flngceijendc verkehren aber heute über die Greuzcn noch in so geringer Zahl, daß selbst der listigste Verbrecher den Zollbeamten ans den Flugplätzen schon nach sehr kurzer Zeit bekannt sein nnd deshalb auffallen würde. Die Durch- ! suchungen des Gepäcks der Flugreisenden erfolgt schon des- ! wegen mit großer Gründlichkeit, weil es nicht so verwirrend j viel ist wie auf den Bahnhöfen und weil wegen der niedrigen j Zahl der Neisenden sür jeden von ihnen mehr Zeit als im Bahnbetrieb versügbar bleibt. Weit eher kann es lohnend t sein, Hehlergut mil dem Flugzeug in Sicherheit zu bringen. Dabei handelt es sich aber saft stets um so wertvolle Dinge, j daß sich eine Flugreise auch tatsächlich lohnt, und in diesem Falle weiß die Polizei meist rechtzeitig genug, was verloren gegangen ist. Schiiller als der Flug bleibt eben immer noch die elektrische Welle. Selbst die schnellsten Flngmaschincn der j Zukunft, die mit einer Geschwindigkeit von wenigen Stunden in der Stratosphäre über den W mlik rasen sollen, werden an Flinkheit weit hinter dein Fmu urüclbleibcu. Trotz aller Schwierigkeiten, die für die Schmngglerwege durch die Lüste bestehen, wird in den Reihen der inter nationalen Polizeisührnug damit gerechnet, daß die Zeiten des Flugzeuges sür die Ausuülüiug durch den Schmuggel erst daun kommen werden, wenn oie Knust des Fliegens all gemeiner geworden ist. Heule kennt man wenigstens bei uns zn Lande jedermann, der im Besitze eines Flugzeuges und eines Flugzeugnisses ist, sehr genau. Die Zuteilung der Flugberechtiguug häng' sogar von einer Prüfung der persön lichen Eignung auch siir Private ab. Egrenrührig vor bestrafte gelten selbstverständlich als ungeeignet. Und die Auserwählteu müssen nach eineinhalb Fahren ohnehin wieder nm Erneuerung der Zeugnisse vor" z werden, sich einer neuen Prüfung untern.'hen und also in jeder Beziehung anss Deutschlands neuestes ^lugzeug. Das neue Flugzeug der Dornier-Werke ..Da. K." wurde im Flughafen Berlin-Tempelhoj den Behörden in An wesenheit des Neichsverkehrsminislers Treviranus vorae- führt. Unser Bild zeigt ..Do K." neue beweisen, das; sic in sachlicher und menschlicher Hinsicht eines Flugbcrechtiguugsanswciscs würdig sind. Deshalb wird bei uns der Schmugglcrwcg durch die Lüste so bald „och nicht alltäglich werden. Volkswirtschaft Keine Liquidation der Danatbanl Entgegen einer unrichtigen Zeitungsmcldung teilt der Lleg- ntßcr Regierungspräsident im 'Auftrage der preußischen Staats- reglcnmg und im Einvernehmen mit der Ncichsrcgierung folgen- >s mit: „Zu den Pressemeldungen über eine angeblich bevorstehende Auslösung der DamN-Jank wird amtlich milgclelll, das; eine Liqui dation der Dannl-Vank nicht beabsichtigt ist. Im Zusammenhang mit der allgemeinen Ordnung des Nankive ens wird auch die An gelegenheit der vanal-üank in einer Ivel e geregelt werden, die alle Beteiligten voll befriedigen wird. Ls sei Insbesondere darauf hingewicscn, daß die Garantie des Reiches für alle gegenwärtigen Verbindlichkeiten der vamü-vank nach wie vor besteht und be- slehenblciben wird, so das; irgendwelche Gefahren für die Ein leger nicht beheben." Berliner Produktenbörse. An der Berliner Produktenbörse vom Donnerstag lagen die Erässnungsnotierungen für beide Brolgclrcidearten um je 1 Mark fester. Die Kurse für Weizen zogen im Verlaufe der Börse noch weiter m, so daß die Schlußnotierungen nm 2—I Mark höher lagen. Roggen konnte keine v itercn Gewinne erziele». Auch in prompter Ware stie-—- eise für Wellen nnd Roggen um 2 Mark. Das Mehkgeschäft war ruhig. Hafer fester, Gerste un verändert. Notierungen vom 21. Januar: Weizen, märk. Roggen, märk Braugerste Fultcrgersle Hafer, märk. Weizenmehl Roggenmehl Weizenklcle Noggenkl. fr. Bln. Biktorlaerbscn FMlererbsen Lupinen, blaue 229—231 199—201 158—168 153—158 138—116 27,75—31,59 27,15—29,10 9,60-19,00 9,60—10,00 21,00-27,50 15,00—17,00 10,00-12,00 Lupinen, gelbe Serradella Ackcrbohnen Wicken Erdnußkuchen Erdnußkuchenmchl Leinkuchen Trackcnschnißel Sojabahncnschrot ab Hamburg ab Stettin Kartoffelstöcken 1-1,00—15,50 23,00—29.00 1-1,00—16,00 16,00—19,00 12,10—12,50 12,20 11,70—11,80 6,50—6,60 10,60-10,80 11,80 12,30—12,10 Kleiner Welt-Spiegel Dänemark hat ein nllgcmeiUcs Bcrbot sür ausländische Mu- bker erlassen. Ab 1. Februar werden ausländische Musiker in Dänemark keine Aufenthalts- nnd Arbeitscrlaubnis mehr erhalten, «eil 25 o. H. der dänischen Musiker arbeitslos sind. Die auf den Färöern abgehaltencn Wahlen zum Largthing haben den Sieg für die Dänemark treue Sambands-Partei und eine Niederlage für die Los-von-Dänemark-Partei gebracht. Der polnische Sejm hat mit großer Mehrheit den von den Oppositionsgruppcn gegen die Regierung eingcvrachtcn Mißtrau- .msantrag abgelchnt. Im sinnischen Reichstag begannen die Verhandlungen über das neue Alkoholgeseß. Die Anhänger des Alkoholverbotes ver langen strengere Maßnahmen, während von der Gegenseite ange- lührt wird, daß noch immer zu viele Beschränkungen vorgesehen seien. Mlnegkir-kkcn755c»U7r omrcnvciruiü os^e nciLick.vt/kkvKr <14. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Sekundenlang Händen alle wie versteinert, auch die Damen am Fenster Äber nur sekundenlang. Denn der ruckartigs Stoß, der eben alles erbeben ließ, wiederholte sich Das gab den Anlaß zu der wahnsinnigsten Bestürzung. Jeder der Diener und der Chinesen warf an Arbeitszeug weg, was er gerade in der Hand hatte, und stürzte der schmalen Holztreppe zu, um herabzukommcn Einer krallt« sich zitternd an den andern Nur herauskommen aus dem Hause, ins Freie, heraus aus den Steinmassen der Häuser! Auch die Frauen, die Kutscher aus ihrer Hofwohnung ge sellten sich zu den Fliehenden. Laut gellte ihr „Misericordiasl Jesus. Maria Joseph!" durch den beginnenden Lärm. Auch Julia vermochte sich im ersten Augenblick vor Ent setzen kaum zu regen Die wahnsinnige Angst der Diener schaft. dieser unerklärliche Troß und unterirdische Ruck be deuteten das Erdbeben! Ihr erster Gedanke galt ihrem Knaben Hätte sie ihn noch auf dem Arm gehabt, dann wäre sie, ohne wertvolle Zeit zu verlieren, die große breite Steintreppe hinabgelaufen, um durch die Toreinfahrt auf die Straße zu kommen. Dort jen seits des Hofes lief ja Majan die Wärterin des Kleinen! Julia schrie ihr zu. wo denn der Knabe sei. Aber die Malapin hörte und iah nichts sondern raste wie besessen die kleine Hintertreppe hinab Ohne Zweifel lag das Kind in feinem Bettchen, und Majan hatte sich zum Frühstück in die hinten gelegene Kücl;e be geben wollen Als Julia üch zuruckwanütc, iah sie Frau Trini bereits die Haupttreppe tzinuntereilen, ohne sich um irgend jemanden zu kümmern. Julia hatte in wenigen Sekunden den langen Speisesaal fast durcheilt, auf den eine Reihe von Zimmern mündeten, als der dritte, noch furchtbarere Stoß erfolgte. Es mar, als ob eine Gigantenfaust das ganze große Haus emporhöbe Die Türen sprangen auf, die Wände begannen zu zmern. Ein großes Bild stürzte von der Wand, sein Glasratzmen zersplitterte am Boden llnmittelbar vor Julia löste sich ein großes Stück Kalk von der Zimmerdecke und wirbelte in Staubmassen zu Boden Hätte sie ihr Kind in Sicherheit gewußt, dann würde sie unter dem hohen Billard Schutz gesucht haben Denn das hohe mächtige Büfett begann zu schwanken und unter diesen Schwankungen sich zu neigen, j Es verlor den Halt und schlug vornüber, die Gläser und - Speiseservice splitterten krachend zu einem riesigen Scherben- ' Hauken nieder Dann gab es sm Sekunder medei Ruhe Mein Gori, wie mochte es um die Sicherheit des Kindes stehen? Aber es war eine nur 'cheinbare Ruhe Julia stürzte weiter und er reichte das Kinderzimmer. Die Angst sagte ihr Tränen 0 die Augen. Das Kind lag in seinem Bettchen. Obgleich es von de Niesengefahr nichts ahnen konnte, war es doch durch den un geheuren Lärm und das Krachen des niederberstende! Büfetts erschrocken und streckte ihr unter kindlichem Gs j stammel angstvoll die Arme entaeaen. Mit einem Aufschrei riß sie es "zu sich empor. Es lebte war unversehrt. Sie war bei ihm. Was in Menschenkrafi stand, wollte sie vollbringen, um das Kind und sich zu retten. Aber es wurde jetzt ringsum furchtbar Ein kurzes unter irdisches Rollen und Donnern kam. als rängen Urelement« der Erde mit fürchterlichster Wut und Kraft um einen Aus weg zur Oberschicht Es war, als ob das jüngste Gericht hereinbräche Die Erde schien keine Sekunde mehr stille zu stehen. Die Luft war durchhallt von einem wahren Höllen lärm Die Bretter und Balken ringsum bogen sich, knackten und brachen auseinander. Die Jalousien wurden wie von einer unsichtbaren Hand hin und her geschüttelt. Die Fenster scheiben, die der Hitze wegen nicht aus Glas, sondern aus geschliffenen, in kleine viereckige Holzrahmen gefaßten Muschelschalen bestanden, brachen nach innen. Die glühende Sonnenhelle des Tages drang ins Zimmer. Durch die leeren Fensteröffnungen bot sich ein Blick aus das gegenüberliegende Haus Es war bereits vollkommen zerstört Leere Dachsparren ragten in die Luft Nur der außerordentlich soliden Bauart dieses riesigen Eckhauses mit 'einem gewölbeartigen Zwischengeschoß und Erdgeschoß war es zu danken, wenn sie in diesen Mauern bis jetzt bewahrt geblieben war. Da — eine plötzliche Stille! Es war, als ob die entfesselten Elemente Atem und neue Kräfte schöpfen müßten Julie raffle sich sogleich aus, um aus dem Hause zu eilen Aber saß versagten ihr die Füße den Dienst Wie schnell sie, den Knaben auf dem Arm, durch den langen Speisesaal bis aus den Vorplatz zum großen Treppenhaus gekommen, sie wußte es nicht Doch nun war der Weiterweg gehemmi Die Sleintreppc mar völlig verschüttet Die gewaltigen Kalkmasscn die auch 'n dem Hatzen Raume von den Wänden und dec Decke ab gebröckelt waren, hatten sich zu riesigen Schutthaufen und zu einer ständig unter den Füßen weiterbröckelnden Masse ge bildet. Sie konnte nur Schritt um Schritt varwärtstasten. Ein einziger schwankender Fußtritt brachte sie mit dem Kinde m um so größere Gefahr als iie auch am Geländer keinen Halt mehr fand. Nun abermals ein Schwanken, ein Sichheben ringsum! Ein Aufschrei entfuhr ihr. Es mar ein impulsiver Schrei nach Retiung Kam ihr niemand zu Hilfe? Es begann ihr zu grauen, üch lo allein inmitten dieses schauerlichen Chaos in dem großen Hause zu missen Aber nun hörte sie gleich darauf ihren Namen rufen. Es klang von unten herauf Das war die Stimme von Herrn Haltermann Sic horchte aus Von unten aus der Einfahn her klangen Schritte, ein Knirschen und Krachen von zusammenrutschen- dem Geröll „Julia! Fräulein Julia!" Welche Angst lag m seiner Stimme! Ach, war diele Teil nahme nicht wohltuend in ihrer Lage? Jetzt kam Haltermann um die Biegung, wo die Treppe in die Toreinfahrt stieß Sie hob ihm das Kind entgegen. „Netten Sie uns! Ich komme nicht weiter über diele Schutt haufen!" Mit einigen großen Sprüngen sich auf dem immer miede, .zusammenrutschenden Schutthaufen behauptend, klomm Haltermann vorwärts. „Gott sei Dank, daß Sie beide unversehrt sind! Sie haben zuerst an den Knaben gedacht! Ich war hinten im Drogcn- lager und komme erst jetzt nach vorne. Sie Tapfere! Gott § möge Ihren Mut um das Kind lohnen!" ! Bie Kraft verlagte chr von neuem Nun sie das Kind ge rettet sah. erlosch ihre Spannkraft :)etzl stand er neben ihr. Er hätte ihr in keinem Impuls des Dankes nnd der Besorgnis am liebsten über das Haar gestrichen Aber schon bei einem flüchtigen Bl'ck der Umschau erkannt« er die große Gefahr, in der sie alle dre' schwebten. Die Rück wand des großen Hauses zeigte emen gewaltigen Riß vo« oben bis unten Trotzdem tzina noch das riesige in Holz ge schnitzte Maüonnenbüd an der Wand Der nächste Stoß jedoch konnte es herabstürzen Plötzlich begann von neuem ein Wanken, als ob die Ur kräfte in der Erde sich zu Stößen gesammelt hätten „Herunter!" schrie Alex Haltermann „Herunter. Fräu lein Iulia!" Und er kletterte, den Knaben auf dem Arm, mühsam über die rollenden Schutthaufen abwärts Bald verfehlte er eine der verschütteten Stufen, bald lank er aus einem zusammengetürmten Kalkhaufen ein. Er durfte sich nicht mehr nach ihr umsehen. Sie rief ihm nach: „Reiten Sie vor allen Dingen das Kind! Ich komme Ihnen nach!" Da — ein Kruchen, ein Knacken! Sie wandte den Blick, den sie auf den verhältnismäßig noch kurzen Weg vor sich geheftet. Das Holzbild in dem großen schweren Rahmen begann sich vorwärts zu neigen Es mußte sie treffen. Es gab keinen Ausweg für sie, da das Bild in seiner Größe die ganze Breite der Treppe einnahm Haltermann hatte gerade den festen Boden der Torein fahrt gewonnen, die dank ihrer dickmassigen Mauern kaum verschüttet war, als er hinter sich einen furchtbaren Krach hörte. Der Schreck machte ihn für Sekunden regungslos Er eilte einige Schritte zurück Die vorhin schon ganz geborstene Wand des Treppenhauses hatte sich gelöst und war mitsamt dem riesigen Mnttergottesbild hcrabgestürzl Im nächsten Moment kam ihm der alte Majordomus zur Hilfe, der von der Straße aus seinen Herrn in der Hauscin- fahrt erblickt hatte Auf der Straße hatte sich in diesen Momenten, da unter der höchsten Gefahr alle Rangklassen, alle Nassenunterschiede aufhörten, alles zu einem zitternden, bangenden, schluchzenden, betenden Menschenhaufen zu- lammengefunden Der alte Diener luchte nach seinem Herrn und eilte deshalb ins Haus zurück. Haltermann übergab ihm schnell den Knaben Er war nor Schrecken bis in die Lippen erblaßt. Die furchtbare Ruhe hinter ihm >m Treppenhaus ließ ihn Entsetzliches ahnen. Er kehrte um und suchte wieder den untersten Teil der Steintreppe zu erklimmen Da lag das große Muttergottes bild auf dem untersten Treppenabsatz Es hatte im Fallen Iulia gestreift Sie lag bewußtlos auf dem Schutthaufen der Stufen. Drunten in Haltermanns Privalkontor, das mit seinen dicken, fast mittelalterlich massigen Mauern verhältnismäßig geringe Spuren des Erdbebens aufwies, und in das man Iulia getragen, war Haltermann gerade einige Momente mit der Bewußtlosen allein, als sie endlich die Augen aufschlug — nur für wenige Sekunden Aber trotz der Kürze sah man, wie verloschen ihr Blick war, wie verwirrt, wie leer Er offenbarte eine völlige seelische und geistige Bewußtlosigkeit. Aber sie lebte, sie atmete doch! Vielleicht würde ihre Iugendkraft nach dieser Katastrophe sich dennoch wieder sieg reich hindurchrinaen können (Fortsetzung folgt)