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das Absinken in ein Chaos zu vermeiden. stützt die Deutsche Zentrumspariei auch heule die Reichsregie« rung und spricht insbesondere dem Herrn Reichskanzler und den der Partei angehörigen Mitgliedern des Kabinetts für ihre Hingabe und opfervolle Arbeit ihren Dank aus. Die Deutsche Zentrumsparlei weis;, bah die Regierung unter Abwägung aller Möglichkeiten den Weg für eine durchgreifende Erleichterung untragbarer Neparationslaslen vorbereitet und betreten hat. Die Ientr»mspartei stärkt die Regierung in diesem Bemühen, weil nur bei einer baldigen Lösung der Reparationsfrage die wirtschaftliche und poli tische Beruhigung einlrelen kann, die Deutschland wie auch andere Staaten und Völker Europas vor revolutionären Er schütterungen und vor namenloser Verelendung bewahren kann. Wir rufen deshalb alle Gutgesinnten und Einsichtigen in der Welt aus, die notwendigen Lnzicheidungen zu treffen, bevor es zu spat ist. Doch gröszere Opfer kann das deutsche Volk nicht tragen. Wir haben ein Recht auf Leben und Freiheit in einem geordneten und befriedeten Enrona. In dieser ernsten Zeit sind zaghafle parteipolitische Ueberlegnngen nicht am Platze. Die Einberufung des Reichs tages gefährdet die nationale Arbeit der Reichsregierung. Die Deutsche Zentrumspartci Lämpft mit allen Gutgesinnten in der deutschen Nation für die Erhaltung und für die Be freiung des Vaterlandes. Wir. rufen Führer und Gefolg schaft der Partei auf, in dieser Stunde stärksten Mut zu be» iveisen. Der Parteien Hass und Leidenschaft müssen schwei gen. Die Not der Nation muss die Gegensätze endlich über brücken. Deutschland muss in der Stunde der Gefahr ein starkes und einiges Geschlecht finden. Wir sind zu gemein samem Handeln bereit BarteiWrerbesprechlmg beim Kanzler Gegen Relchslagseinberusung und Abänderung der Not verordnung. Berlin, 14. Juni. Reichskanzler Dr. Brüning kehrte Sonnabendvormittag aus Neudeck zurück, wo er dem Reichspräsidenten über die politische Lage berichtet hatte. Er nahm dann im Laufe des Vormittags die Besprechungen mit den Parteivcrtretern wieder auf. Die Besprechung mit den Sozialdemokraten, an der auch Dr. Stegerwald und der Führer der Zentrumspar- tei, Dr. Kaas, teilnahmen, führten noch zu keinem Abschluß. Den Vertretern der Staatspartei erklärte der Kanzler, daß er grundsätzlich keine Bedenken gegen eine Aenderung dei Notverordnung in einzelnen Punkten habe, aber keine Mög lichkeit sähe, wie man die in entgegengesetzter Richtung lau fenden Avänderungswünsche der verschiedenen Parteien mit einander in Uebereinstimmung bringen könne. Aus den Unterredungen gewann man den Eindruck, daß der Kanzler seine Uebereinstimmung mit der Auffassung de- Reichspräsidenlcn dahin bekannlgab, daß sowohl eine vor zeitige Einberufung des Reichstages wie auch eine Abände rung der Notverordnung unzweckmäßig sei. Nr. NieMch zur Neparationüsmge. Die Ausgabe bcr Notverordnung, Uebertingen. 15. Ium. Auf dem Landcspartcitag der Staatspartei Badens sprach Nctchsfinanzminister Dietrich über die politische Lage und die neue Notverordnung. Er führte u. a. aus: Die Krise sei diesmal ausgcbrochen, obwohl mir noch den ganzen Sommer Zeit zu Vorbereitungen hätten, um ohne Gefahr durch den Winter hindurchzukommcn. Das Bedenklichste an der gegenwärtigen Lage sei, daß wieder einmal der .Kamps aller gegen alle zu entbrennen drohe, daß man vergesse, daß wir in einem historischen Moment stehen, in dem die Frage, ob die Regierung sich behaupten könne, gleichbedeutend sei mit dem Kampfe darum, ob sie in der bevorstehenden Auseinandersetzung um die Reparationsfrage sich zu einem endgültigen Erfolg durchkämpfen werde. Wenn der Streit um die Verkeilung der Lasten nach innen so scharf würde, daß er die gegenwärlige Regierung zu Full bringt, so würden die Folgen nicht nur eine ungeheure Gefährdung vor allen Dingen der deutschen Wirtschaft und eine erneute Verschärfung der Arbeitslosigkeit, sondern auch die Erschwe rung unserer außenpolitischen Lage sein. Dann verbreitete sich der Minister ausführlich über die Notverordnung, die den Zweck habe, die Neichsfinanzen in Ordnung zu bringen. Er widerlegte im einzelnen die gegen die Notverordnung geltend gemachten Bedenken, hauptsäch lich, soweit sic sich auf die angebliche Suboentionspolitik der Reichsregierung, die er entschieden bestritt, und auf die un soziale Verteilung der Lasten beziehen Angesichts der allgemeinen Lage müsse man aber die Frage äufmerfen, ob nicht unsere Bedürfnisse nach dem ver lorenen Kriege allgemein und zu rasch gestiegen seien. Man mache einfach die Regierung verantwortlich, wenn einem ir gendwo der Schuh drückt und lvt so als ob man schon in einem sozialistischen Staatswesen wäre, während wir doch immer noch auf dem Boden der privaten Wirtschaft stehen, für die der Staat die Verantwortung ablehiien inüsse. Rian müsse allen denen, die klagen, zurüsen, daß es kein Land der Welt gibt, in dem für die Notleidenden so umfangreich gesorgt werde, wie in Deulschland. kein Halbwegs vcrnünf- tiger Mensch wird behaupten können, daß, wenn man an die ser sozialen Fürsorge sesihält und wenn man entschlossen ist, auch eine weitere Million Arbeitsloser im nächsten Winter zu versorgen, daß man die Mittel dafür nichl ohne Opfer der Bevölkerung hervorzaubcrn kann. Minister Dietrich ging dann auf die Reparation s- frage ein. Daß die Regierung entschlossen sei, der Frage oes Reparalionsproblems nicht ans dem Wege zu gehen, habe sie durch ihr Manifest gezeigt. Die Weltmeinung sei offen- bar einer Ausrollung nicht ungünstig, da man allmählich begriffen habe, wie gefährlich der Störungsfakkor der Repa rationen sei. Zum Schluß ging der Minister noch auf die Dikta tur g e r ü ch t e ein und sagte, ein Diktatur würde die Lage nicht bessern, sondern lediglich insofern verändern, als dem Unzufriedenen der Mund verbunden würde. Der Minister verwies auf die Ergebnisse anderer Diktaturen und erklärte: Im übrigen ist die Negierung nicht gesonnen, die Verant wortung für ihre Maßnahmen cmf irgendjemand abzuschie- bcn, wie es neuerdings dargestellt wird. ZMAn'ter'redungWeschökanKr-NmgM Köln, lieber die Unterredung, die der Führer der DVP. Neichstagöabgeordneter Dingeldev nm Tonnnbend mit Reichskanzler Dr. Brüning ans der Fahrt nach Hannover über die politische Lage gehabt hat, erfährt die „Kölnische Zei- lbung" ans maßgebenden voltsparteitichcn Kreisen, daß im MiUeipunkl der Erörterungen die von der Deutschen Volks- parlei aufgeworfenen drei Hauptfragen standen: Einmal in welcher Weise die Frage der Tribnlrevision so schnell und so nachdrücklich wie irgend möglich vorwärts gebracht werden l kann, besonders nachdem die seit Ehcgucrs cingclrelcne ver änderliche Dcviscnlagc die Situation sür Deutschland erneut verschärft hat, sodann die Frage der Sicherung des Zieles der Notverordnung durch organische Reformen und einen cinhcit Uchen Finanz- und Wirtschastsplan, endlich die Frage der Gewinnung der besten Männer zur erfolgreichen Durchführung dieser Ausgaben, besonders auch solcher Persönlichkeiten, die parteipolitisch nichl gebunden sind. Nur so kanu das Ver trauen des Volkes trotz etwaiger neuer Opfer wieder gewon nen werden. lieber die entscheidende Bedeutung dieser Fragen für un sere ganze Zukunft herrschte keinerlei Meinungsverschiedenheit. Es ist nicht ausgeschlossen, daß bei den nm Montag fortzu führenden Verhandlungen eine Annäherung der Auffassung erzielt und damit eine nlntc Krise verhindert wird. Die Be deutung der Aussprache liegt vor allem darin, daß die fach lichcn Gesichtspunkte wieder in den Vordergrund gestellt wor den sind, die durch allerlei tcudeuziösc Machenschaften der leb ten Tage hinter personelle» Fragen zuriiclgcdrängt worden waren. Ist man sich Uber Ziel und Weg einig, dann wird die Lösung der Pcrsvncnfragc sich voraussichtlich ohne Schwierig- leiten ergeben." Der Sturm gegen die Notverordnung Dresden, 15. Juni. Der geschäftsführcnde Vorstand des Verbandes der Sächsischen Schutzpolizei befaßte sich mit de» neuen Notverordnung. Es wurde einstimmig eine Protest- entschließung angenommen, in der die Notverordnung al» eine Rcchtlosmachung der Beamtcnschafl gekennzeichnet wird, die den Grundsatz von Treu nd Glauben und das Vertrauen zur Reichsregierung weiter tief erschüttere. Bon der Säch sischen Negierung erwartet der Verband daß sie alles tue, um die Reichsregierung zur Aenderung der Notverordnung zu bewegen. Nur durch Beseitigung der Tribulzahlungen könne dem Volke und damit auch der Beamtenschaft in ihrer verzweifelten Lage geholfen werden. Die Dresdner Kaufmannschaft faßte einstim mig eine Entschließung, in der die letzte Notverordnung der Reichsregierung mit Protest abgelchnt wird. Der Landtag wird dringend gebeten, mit allen Mitteln dahin zu wirken, Saß die Notverordnung nicht Gesetz werde. Die Regierung iolle durch eine K l a g e a n d e n S t a a t s g e r i ch l s h o s appellieren. Die Entschließung der Dresdner Kaufmann- chaft, die vom Reichstag die Wicdcraufhebung der Notver ordnung erwartet, soll den Landtagsnbgeordnetcn sofor« ibermittclt werden. Leipzig, 15. Juni. In der Vorstandssitzung des R e i ch s v e r b a n d e s für das Kraftdroschken gcwcrbe wurde einstim mig eine Entschließung gefaßt, in der gegen die uutcrträg- iiche Belastung des Gewerbes durch die in der Notverordnung vorgesehene Erhöhung der Mineralzöllc protestiert und unter Hinweis auf die Noilagc des zusammcnbrechende» Gewer- vcs dringende und schleunigste Abhilfe gefordert wird. In )er Entschließung heißt cs: „Die Belastung des deutschen Kraftdroschkengcwerbes )urch die Krastfahrzeugsteucr und durch die hohen Mineral zölle war schon bisher' unerträglich. Sie hat zur Folge ge habt, daß das Gewerbe völlig zusammengebrochen ist. Zur Ankurbelung der deutschen Wirtschaft kann es durch Ertei lung von Aufträgen (Jahrcsbedarf von rund 10 000 Kraft wagen) dadurch nicht beitragen. Die durch die dritte Not verordnung beträchtlich erhöhten Zölle treffen das Kraft- droschkengewerbe besonders hart. Da der Iahrcsbcdars einer Kraftdroschke 10 000 Liter Brennstoff übersteigt, bedeuten Vie neuen Zollcrhöhungen eine neue Belastung je Krafl- vroschke van rund 700 NM. Das ist eine Mehrbelastung dec Gewerbes in Höhe von 25.2 Millionen Reichsmark. Das Kraftdroschkcngewerbc umsaßt rund 50 000 Kraftdroschken Ts gibt Tausenden von Menschen täglichen Broterwerb und vielen Zweigen der deutschen Wirtschaft laufend Arbeit und Lerdienst. Die dringliche Beachtung der Notlage des zu- mmmenbrcchendcn Gewerbes kann ohne ernstliche Folgen vuch im „Interesse der Allgemeinheit nicht mehr länger aus- zeschoben werden." Das Handwerk gegen die Notverordnung. Altona, 15. Juni. Auf dem 11. Nordwestdeutfchen Hand werkstag wurde eine Entschließung angenommen, in der. es u. a. heißt: Die Notverordnung hat unsere berechtigten Hoffnungen auf eine fühlbare steuerliche Entlastung, auf eine Lösung der jede Initiative der Handwerkswirtschaft hem menden Fesseln, ans das tiefste enttäuscht. Das Handwerl ist am Ende seiner Kraft und kann die neuen Lasten der Notverordnung nicht mehr tragen. Nur die rücksichtslos! Lereinfachung der gesamten öffentlichen Verwaltung, nur die wirkliche Befreiung der Wirtschaft von den staatssozialist'- scheu Bindungen aller Art können uns vor der endgültiger Katastrophe behüten. Neues „Stahlhelms-Verbot Berlin, 15. Juni. Der Berliner Polizeipräsident hat, wie die Pressestelle vcs Stahlhelms milleilt, die Zeitschrift „Der Stahlhelm", das offizielle Organ des Stahlhelms, Bund der Frontsoldaten, auf Grund der Notverordnung vom 28. März 1SZ1 bis ein schließlich 28. Juni verboten. Als Begründung für dieses neue Verbot wird angeführt, daß in Nr. 23 des „Skahlhelm" der Reichskanzler und der Neichsfinanzminister durch eine Karrikatur böswillig ver ächtlich gemacht wurden. Die Zeichnung stellt den deutschen Michel da, wie er. eingeklemmt in die Steuerpresse, Geld und Blut in ein Gefäß mit der Aufschrift „Reparationen" spuckt. Die Ste-ierpresse werde, erklärt die Pressestelle des Stahlhelms, von Finanzbeamten bedient, von denen der eine zum anderen sagt: „Sehen Sie, Herr Kollege, jetzt spuckt er nicht nur Geld, jetzt spuckt er auch schon Blut." Der Ber liner Polizeipräsident behauptet, daß in der Karrikatur der Reichskanzler „höhnisch lächelnd" und der Neichsfinanzmini ster „mit zynischer Miene" dargestellt seien. Gegen diese Auslegung der Zeichnung und das mit ihr begründete Ver bot haben der Verlag und die Schriftleitüng Beschwerde eingelegt. Aufmarsch der Skcnncs-SA. Brandenburg (Havel), 15. Juni. Die unter Haupt mann Stennes vereinigten Berliner SA. der Stennes- und Strasser-Gruppen traten zu ihrem ersten Aufmarsch nach der Loslösung von der Hitler-Partei an. In drei Dampfern war die Berliner SA. in Brandenburg eingetroffen. Am Landungssteg wurde sic von Abordnungen Brandenburger Stürme und Gruppen aus Pommern, Anhalt, Dessau, Sach- len und Schlesien erwartet. Die Stürme und Standarten narschierten vor dem Hauptmann Stennes und Dr. Otto Strasser vorbei, die mehrfach Ansprachen an sie richteten. Eise scharle Drohung Bayerns »Gegen verfafjungsrevolutlonäre Reichsreformwünsche.'' Regensburg, 14. Juni. In einem Artikel „Zeit zur Reichsreform?" nimmt der vem bayrischen Ministerpräsidenten Dr. Held nahestehende „Regensburger Anzeiger" in seiner Sonntaanummcr zu Sen Bestrebungen gewisser unitaristischer Kreise Stellung, Sie die Reichsregierung in diesem Augenblick auf das Glatt- iis der Reichsrcform locken möchten. Dann heißt es wört lich: Eine Reicbsrcform, die gegen den Willen Bayerns und der übrigen süddeutschen Staaten das Grundgefüge des Reiches !m Sinne eines entschiedenen Fortschrittes zum Ein- hcitsstaat umstürzen wollte, wäre eine Verfassungsrevolu tion, auch wenn ein solcher Staatsstreich durch eine Reichs tagsmehrheit gebilligt würde. Eine derartige Krise würde Bayern nicht nur in eine Kampfstellung auf Leben und Tod hineindrängen, sondern ihm auch die Freiheit gegenüber der Reichsgestaltung zurückgeben. wer den Mut hat, seine Reichsreformwünsche auf die Spitze zu treiben, der muß auch damit rechnen, daß er Bayern in eine Lage hineindrängt, wo sich das natürliche und durch keine positive Reichssahung zerstörbare Lcbens- recht Bayerns zu einer Forderung erbeben muß, die Be dingungen neu zu bestimmen, unter denen Bayern seine Pflichten als Glied des Deutschen Reiches weiterhin er füllen kann. Wer Bayern als Staat zerstören will, der macht es tot sür das Reich. Streichung -er Reimrationen Ein kanadischer Vorschlag. Ottawa, 14. Juni. Das liberale Mitglied des kanadischen Unterhauses E. I. Poung hat den Vorschlag gemacht, Kanada sollte der übrigen Welt mit der Streichung der Reparationen vnr- angchen. Reparationen und Hochzölle, erklärte Uoung, feien das größte Hindernis für eine Erholung der Wirtschaft. Kanada sollte daher Deutschland eine Quittung über die ihm zesck'uldeten Reparationszahlungen schicken. Wir fürchten, laß dieser durchaus vernünftige und auch weltwirtschaftlich logische Vorschlag eben nur ein Vorschlag bleiben wird. Mne sranzWsche Schadenfreude. Paris. Aus ein deutlich erkennbares Kommaudo wird i» allen Leitartikeln der großen Pariser Blätter behauptet, daß die Reichsregierung die „Folgen ihrer Offensive gegen ihre »a- lionalcn Verpflichtungen nnd gegen die Fricdcnsvcrträgc" nun zn spüren bekomme. Pertinar wendet sich offen gegen den Rat des Gonvcrnenrs der Bank von England, Deulschland in seiner Not zu helfen. „Wenn die Berliner Regierung", schreibt er, „wirtlich friedliche Absichlcn gezeigt hätte, hätten sich auch die kurzfristigen Kredite von selbst in langfristige verwandelt". Dcnlschland in seinem gegenwärtigen Instand zn nnlcrstiitzcn, würde bedeuten, die alldeutsche Bewegung künstlich zu »ähren und Frankreich alten Erpressungen auszusetzcn. Kabinett Laval bleibt. Ministerpräsident Laval Hal dem Präsidenten der Re publik, Doumcr, das Rücklrillsgesuch des Kabinetts über reicht. Präsident Doumcr lehnte jedoch eine Demission des Kabinetts av, so daß dieses in seiner bisherigen Zusammen setzung weiterhin die Geschäfte führen wird. Aer Wechsel im Elyiee Am Sonnabend fand die feierliche Uebergabe der Prä- goentschaft an Doumcr statt. In einer Ansprache an den neuen Präsidenten hob der bisherige Präsident Doumergue hervor, daß Frankreich die bevorzugte Stellung zu wahren wisse, „die es dank seiner Opfer und seiner Selbstlosigkeit glorreich, wenn auch unter Opfern, erobert habe! ! Für die Erfüllung dieser Aufgabe werde der neue Präsident im Parlament eine wertvolle Stütze finden. In seiner Daisk- erwiderung sagte Doumer u. ä., er rechne darauf daß die Unterstützung von Kammer und Senat ihm zur Aufrecht erhaltung der republikanischen Legalität, die die Bedingung jur dcu murren uud äußeren Frieden sei, nichl fehlen werde. --Mesem Frieden bleibe das Land nach den glorreichen und schmerzlichen, aber heroisch ertragenen Verlusten mehr denn je zugetan. MM-BiMWr nertritt KMrM Zn der Haager deutsch-österreichischen Iollpaklenschcidung. Paris, 14. Juni. Die französische Negierung hat für die Verhandlungen über die Nechtsgültigkeit des Zollpakts vor dem Haager Schiedsgericht den Rechtsberater des Quai d'Or'say, Pro- essor Basdcoant, und den Rechtsanwalt und sozialistischen Abg. Paul-Boncour als Vertreter ernannt. Letzterer hat sich, r>ie auch der Sozialist Herriot sehr entschieden gegen den Zollpakt ausgesprochen. Immerhin ist es merkwürdig, daß Paul-Boncour diese hochpolitische Vertretung übernimmt, wo doch seine Partei sich keineswegs gegen den Zollpakt festgelegt hat. WWiM zu GuMeu MUands Oeutsche Chemikerin in Bukarest zu Zwangsarbeit verurteilt. Bukarest, 14. Juni. Die Spionin Lilly Ausländer, die zusammen mit 27 anderen Personen überführt worden ist. Spionage für Rußland getrieben zu haben, ist zu sechs Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden. Major Barzaru, der als der Hauptschuldige gilt, erhielt eine Strafe von 20 Jahren. Die übrigen Urteile gehen von 1 bis 15 Jahren. Die Spionage-Organisation war im Oktober des letzten Jahres aufgedeckt worden, nachdem sie von den rumänischen Behörden ein Jahr lang scharf beobachtet wor den war. Damals wurden hundert Verhaftungen vorge nommen. Die Organisation hatte so große Geldsummen zur Verfügung, daß sie in Bukarest eine eigene Radio-Sende- Station einrichten konnte. In Bukarest bestanden drei Unterabteilungen der Organisation, die aber voneinander getrennt arbeiteten, so daß die Mitglieder der einen Ab teilung von der Existenz und der Tätigkeit der beiden an deren nichts wußten. Unter den Angeklagten befand sich auch der Lhef der politischen Polizei, Popescu. Fräulein Ausländer ist eine deutsche Chemikerin, sie wurde damals festgenommcn, als sie gerade Bukarest verlassen wollte. An dem Spionage- Komplott waren auch ein Ingenieur der Flugzeugf^brik in Kronstadt sowie mehrere Angestellte des Militär-Geo- graphischen Instituts in Bukarest beteiligt.