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Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die Enthält die amtlichen Bekanntmachungen sür dcn Stadlrat, das Nmtsgerichl, das Hauptzollaml Ltzid Tchandan und das Finanzamt Sebnitz. — Bankkonto: Stadtbank Bad Schandau Nr. 12. — Postscheckkonto: Dresden :;:i:;27. Fernspr.: Bad Schandau Nr. 22. — Drahtanschrisi: Elbzcitung Bad Schandau. Erscheint tätlich nachmittagsllhr mit Nusnahmc der Sonn, nud Feiertage. Bezugspreis <in NM.) hallnnonatlich ins .Hans gebracht 1 NM., sür Selbst abholcr W Psg. - Einzelnummer 10 bzw. 15 Psg. — Bei Produktions Verteuerungen^ Erhöhungen der Löhne und Matcrialicnprcise behalten wir uns das Recht der Nachsordernng vor. Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinden Nltendors, Kleingießhübel, Klcinhenners- dors, »rippen, Lichteuhain, Niittelndors, Ostrau, Pvrschoorf, Postcllvitz, Prossen, Nalhmaunsdorf, Rciubardtsdvrf, Schmilka, Schöna, Wallersdorf, 2tzendischsahre, sowie sür das GesanUgebict der Sächsischen Schweiz. Truck und Verlag: Sächsische Elbzeitung Nima Hieke, Inh. Walter Hieke. Verantwortlich: Walter Hieke. Anzeigenpreis «in NM.): Die "gespaltene :i'> nun breite Petitzcile 20 Psg., sür anötvärligc Nustraggcbcr 2', Psg., 85, mm breite Ncklamezcile 80 Psg. Tabel larischer Sah nach besonderem Taris. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für in- und ausländische Zeitungen. Göandiae Wochenbeilaaen: "ttiüerhattlma und Missen", „Oaü Untechaltungöblatt", Leben im Bilb" — ^x)ie Hrau und ihre Mclt", Illustrierte Sonntagsbeilage: Leven NN Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung berechtigt nicht zur Bczugsprciskürzung oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung. Nr. 92 Bad Schandau, Dienstag, den 21. April 1S31 IS. Lahrgang Zollunion und Exportinleressen Die Franzosenspionage in Ostpreußen Französische Generalstäbler filmten die Anwendung eines neuen Zielinstruments AgrmWitut in Paris? Genfer Tagung der Studienkommission. Genf, 21. April. Der Unterausschuß der Studienkommission für die euro päische Einigung, der sich init den bisherigen Ergebnissen stellen. Es muh gelingen, in Deutschland zwischen der In- oustris und der Landwirtschaft wenigstens in den großen wirtschaftspolitischen Fragen, oie mit der Zollunion einge- rtiitet sind, eine Einheitsfront zustande zu bringen. Weder Landwirtschaft allein noch Industrie allein darf jetzt in Deutschland die Losung sein. Professor Dr. Karl Duisberg. Eiliger Ausbruch. Königsberg. Tic französischen Ossiziere trafen über rascheud und entgegen ihren ursprünglichen Dispositionen nicht um 22.10 Uhr, sondern bereits um l!> Uhr in .Königsberg ein. Sie brachen überstürzt von ihrem Hotel aus, nm den nm 20.18 Uhr abgehenden Zng in Richtung Berlin zu erreichen. Wie verlautet, werden die Offiziere Deutschland über die Pol nische Grenze verlassen nud nicht über Berlin fahren. Berlin, 2. April. Zu dem Zwischenfall in Königsberg, wo, wie gemeldel, französische Offiziere Ausnahmen im üasernengelände ge macht halten, wird berichtet, daß es sich bei den drei Ossi- zieren um französische Generalstäbler handele, die der zwei ten Abteilung des Kriegsminisleriums, also der Spionagc- Meilung, angchörlen, und daß die Bildaufnahmcn, die sie bei einer Hebung der Reichswehrartillerie gemacht haben, sicherlich einet, ganz besli mten Zweck dienen sollten. Die Vorgänge, die die französischen Offiziere im Ka sernenhof verfolgten, und die sie durch ein Gitter, das die Kaserne von der Außenwelt abschließt, filmten, stellten eine Uebung über die Anwendung eines neuen Ziel- instruments dar, das auf den Geschützen aufgesetzt wird und eine bessere Zielmöglichkeit schaffen soll. Die Aufnah men haben, wie weiter berichtet wird, offenbar den Zweck gehabt, Art und Verwendung dieses Zielinstrumentes kennenzulernen. Die Untersuchung gegen die französischen Offiziere und Beamten ist noch im Gange. Sie wird angesichts der Wich tigkeit, die die Angelegenheit anzunehmen scheint, mit aller Sorgfalt weitergeführt. An den maßgebenden deutschen Stellen kann man sich kaum vorstellen, daß die Offiziere auf derartig plumpe Weise spioniert haben sollten. Sollte sich aber aus den Photographien ergeben, daß der Verdacht gerechtfertigt ist, so würden von deutscher Seite die nöligen Konsequenzen gezogen werden, d. h. die fran zösische Regierung würde ersucht werden, den Königsberger Konsul und den ebenfalls in die Angelegenheit verwickelten Hilfsallache an der französischen Botschaft abzuberufen. DiezfranzoMchen Offiziere haben Festungs aniagen photographiert! Königsberg. Die den französischen Offizieren in Kü nigsbcrg abgeno m m e n e n A n s n a h m e n find nunmehr entwickelt worden. Die Bilder zeigen Fcstnngsan lagen und ferner T r n P P e n a b t e i l n n g c n , die mit einem Gerät üben, dessen Geheimhaltung ande ren Staaten gegenüber im Interesse der Landesverteidigung unbedingt erforderlich ist. Die Ausnahmen sind teil weise durch einen Zaun hindurch gemacht wordeu, zeigen also Uebuugeu aus dem Kasernen Hof und nicht etwa aus einem dein Publikum zugänglichen freien Platz. Es kann kein Frankreichs Eegenplan keine neue Idee. Paris, 21. April. Der Plan der französischen Regierung, der die Antwort auf die deutsch-österrcichifche Zollangleichung bilden soll, umfaßt nach den bisherigen Rkitteilungen in der Haupt sache die Schaffung einer Landwirlschaflsbank und eine Vor zugsbehandlung Oesterreichs. Vorgesehen sein soll die Grün dung einer internationalen Landwirtschaflskredilbank mit einem Kapital von 50 Millionen Pollar, das Frankreich zu 10 Prozent zu zeichnen bereit sein soll. Auch in dieser Meldung findet sich also nur ein Hin weis aus r e i n l a u d w i r t s ch a f t l i ch e M a ß n a h m e n des französischen Regieruugsplans, die zudem teilweise auch mit den innerhalb des Europastudieuausschusses längst be schlossenen Maßnahme» zusammenfallen würden, nämlich insofern als die Gründung einer internationalen Agrarkre ditbank vorgesehen ist. Es findet sich in der Meldung aber keine Andeutung über allgemein wirtschaftliche Maßnahmen der Vorarbeiten sür die Errichtung eines Internationalen Agrarkreditinstituts beschäftigt, ist unter dem Vorsitz des französischen Staatssekretär Poncet zusammenyetrete». Der Vorsitzende erklärte, daß die französische Regierung alles, was in ihren Kräften stehe, tun wiro, um das Projekt zur Ausführung zu bringen. Die Länder Osteuropas, denen durch das geplante Agrarkreditiustitut westliches Kapital zu strömen soll, hätten insgesamt eine Bevölkerungszahl von 100 Millionen Einwohnern, deren Lebenshaltungsnivcan noch sehr niedrig sei. Als Sih des Internationalen Agrarkredilinstiluls wurde von den Sachverständigen Paris vorgeschlagen. Zur Begründung für die Wahl dieses Ortes wird angegeben, daß es für das geplante Institut van Wichtigkeit sei, in stän diger Verbindung mit einem Geldmarkt erster Ordnung und in vertrauensvollen Beziehungen zu einem Mittelpunkt inter nationaler Kapitalinvestition zu stehen. Der Genfer Agrarlreditausschnb Genf, 21. April. In der Nachmittagssitzung des Agrarkreditausschusses oer Europa-Kommission gab der Vertreter Polens im Namen der acht Staaten, die an der Warschauer Konferenz teilgenom men haben, die Erklärung ab, daß die Regierungen dieser Länder grundsätzlich dem Plan eines internationalen Kredit institutes ihre Zustimmung gaben, mit dem Wunsche, daß es möglichst bald geschaffen werde. Die Vertreter Frankreichs und der Schweiz erklärten sich grundsätzlich sür den Plan. Die übrigen Delegierten brachten zum Ausdruck, daß sie noch nicht in der Lage feien, die endgültige Stellungnahme ihrer Re gierungen bekanntzugeben. Sie ständen aber oem Gedanken der Schaffung eines internationalen Aqrarkreditsystems sym pathisch gegenüber. Der deutsche Vertreter, Reichsminister a. D. Dr. Her mes, sprach seine Zustimmung aus zu den Veslimmunaen, auf dem Wege von Agrarkrediten den südosteuropäischen Län dern zu helfen. Zu dem Projekt des Agrarkreditinstitutes könne er eine endgültige Stellungnahme noch nicht ein nehmen. Die europäische Oeffentlichkeit wird zurzeit durch den in Aussicht genommenen Vertrag einer Zollunion zwischen Deutschland und Oesterreich in Atem gehalten. Der ganzen Angelegenheit wird besonders von feiten Frankreichs eine eminent politische Bedeutung beigelegt, die ihr nach der- erklärten Absicht der Vertragspartner nicht zukommt. Der Vertrag ist allein und ausschließlich von wirtschaftlichen Gesichtspunkten diktiert. Schon seit 1027 beschäftigt sich der Völkerbund sehr eingehend mit den unhaltbaren europäi schen Wirtschaftsverhältnissen. Er hat zwar unzählige Ent schließungen gefaßt und Entwürfe ausgearbeitet, aber all seine Versuche konnten keinerlei praktische Verwirklichung finden Mii dem Scheitern des Genfer Zollsriedensabkom- mcns haben die Bemühungen des Völkerbundes endgültig versagt. Ungefähr vor Jahresfrist trat dann Briand mit seinem Vorschlag eines paneuropäischcn Zusammenschlusses hervor und versandte Fragebogen an die einzelnen Staaten Europas Bei den diesbezüglichen Verhandlungen in Genf fand Schober mit seiner Formulierung, dieser wirtschaftliche Zusammenschluß Europas müsse durch regionale Zu sammenschlüsse vorbereitet werden, allseitige Z u st i m m u n g. Es berührt daher sehr eigenartig, daß der erste Versuch eines derartigen regionalen wirtschaftlichen Zusammen schlusses. der »ach der Ansicht beider Vertragspartner dazu beitrage» soll, die wirtschaftliche Organisierung Europas in die Wege zu leiten von demselben Briand aufs schärfste und heftigste verurteilt wird. Der Vorvertrag für den Abschluß der Zollunion zwischen Deutschland und Oesterreich nimmt sinngemäß Bezug auf die Briandschc» Anstrengungen zur Organisierung Europas. Es stehi allen übrigen europäischen Staaten frei, sich der Zollunion anzuschließen, und die völ lige Unabhängigkeit Oesterreichs und Deutschlands bleibt gewahrt. Es ist also der c rst e praktische Versuch, zwei aneinandergrenzende Wirtschaftsgebiete zusannncnzufassen und eine Bresche zu schlagen in die unsinnigen Zollmauern der Welt. Die deutsch-österreichische Zollunion kann die Basis sein, um in Mittel- und Südosieuropa überhaupt zu vernünftigen handelspolitischen Verhältnissen zu komme». Für die deutsche und österreichische Wirtschaft ergibt sich die unbedingte Notwendigkeit, von den beteiligte» Negierungen zu verlangen, daß sie in jedem Falle, was auch kommen mag, fest bleiben und den klaren Standpunkt des Rechts, das unbedingt zu unseren Gunsten spricht, nicht verlasse». Es ist das erstemal, daß Deutschland und Oester reich nach dem Kriege eine wirtschaftliche Aktion größeren Ausmaßes gemeinsam durchführe». Es handelt sich jetzt darum, starke Nerven zu behalten und trotz aller Wider stände und Anfeindungen durchzudringen. Was bedeutet die Zollunion für die deutsche Wirtschaft Sie bedeutet: 1. Erweiterung des Binnenmarktes, 2. eine Brücke nach dem Südosten imv 3. Verstärkung der Position bei Handelsvertragsver handlungen Der deutsche Binnenmarkt erweitert sich nach Abschluß oer Zollunion um ein Zehntel. Zweifellos ergibt sich daraus schon eine gewisse Chance für erhöhte» industriellen Export. Gesund fundierten und konkurrenzfähigen Industrien auf beiden Seiten wird es sehr gut möglich sein, aus dem Wegfall der handelspolitischen Hemmuiigen Nutzen zu ziehen. Für die deutsche Landwirtschaft zeige» Och die Vorteile der Zollunion insbesondere auf dem Gebiete des Vieh- und Zuckerexports, während umgekehrt Oesterreich einen erhöhien Absatz an hochwertigem Zuchtvieh findet. Wie überhaupt Oesterreich seinen Binnenmarkt um ungefähr das Zehnfache vergrößert. Für die deutsche Exportindustrie kommt als weiteres wichtiges Argument hinzu, daß die deutsch-österreichische Zollunion den Anfang der wirtschast- lischcn Erschließung des slldosteuropäischen Raumes be deutet. Bedenkt man daun noch, daß nach Abschluß der Zoll union die vereinigten Partner Deutschland und Oesterreich bei Handelsvertragsoerhandlungen ein weit größeres Ge wicht in die Wagschale zu werfen haben als bei ihrer der zeitige» Trennung, so sieht man, daß die Vorteile der deutsch- österreichischen Zollunion die Schwierigkeiten, die in der Ncbergangszeit zweifellos in einzelnen Wirtschaftszweigen sowohl hüben wie drüben auftreten werden, übertreffen. Letzten Endes darf diese Frage ja nicht nur materiell-wirt schaftlich, sondern sie muß auch ideell gesehen werden. Ich bin überzeugt, daß die deutsch-österreichische Zollunion ein historischer Wendepunkt im Nachkriegsschicksa! Deutschlands und Oesterreichs sei» wird. Die Ereignisse im S ü d o st e n werden die deutsche Wirtschaft in den kommende» Monate» u»d Jah ren noch vor sclnvere Aufaaben und ernste Nervenproben Zweifel darüber bestehen, das; jede Zivilperson, die bei Hand- lungen aiigctrvfsen würde, wie sic die französischen Ossizicre in Königsberg sich haben zuschulden kommen lassen, wegen Spio nageverdachts scstgenvmmcn und der Polizei bzw. dem Gericht übergeben werden würde. In diesem Zusammenhang »ins; noch einmal daraus hingewicscn werden, das; die betreffenden Offiziere zur Nachrichtenabteilung des sranzösi- sch e n G e n c r a l st a b e s gehören. Entgegen anderslautenden Meldungen haben die Franzo scn Ostpreußen noch nicht verlassen, sondern ihre „Schlachtfelder leise" fortgesetzt. Nm Sonntaa waren sic in Gumbinnen, und ai schließend sichren sic an dcr deutsch polnischen Grcnz'c entlang, um Nllcnstcin uns das Tauueubcrgdcnkmal zu besu- chen. Ilelßpionageosfiziere Wen Deutschland sofort zu verlassen. Eine Nnwcisung aus Paris. Königsberg. Wie dcr Vertreter der Tll. erfahrt, hat die französische Botschaft in Berlin dcn drei französischen O s fizicrcn, die unter S P i v n a g e v c r d a ch t in Königs berg festg e n v in m c n und wieder freigclnsscn wm dcn, die Nnwcisung erteilt, Ostpreußen und Deutschland unverzüglich zu verlassen. Ein entsprechendes Tclc gramm dürfte an das Königsberger Hotel der Offiziere gerichtet sein. Berlin. Nn zuständiger Stelle wird bestätigt, das; von Paris aus an die der Spionage beschuldigten sranzösischen Os fiziere in Königsberg die Nnweisung ergangen ist, Deutsch land sofmt zu verlassen. Die Tal, die den Offizieren zur Last zu legen ist, wird in Deutschland mit Zuchthaus bedroht. Tue Neichsregicrung scheint jedoch trotz der Schwere des De liktes sich mit dem Verschwinden der Schuldigen aus Deutsch laud begnügen zu wollen, obwohl in einem umgekehrten Falle deutsche Offiziere oder Personen, die sich in gleicher Weise schul dig gemacht hätten, in Frankreich sofort festgesetzt, vor ein Kriegsgericht gestellt und zweifellos aufs schwerste bestrast worden wären.