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Allgemeiner Anzeiger : 12.07.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191607121
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19160712
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1916
-
Monat
1916-07
- Tag 1916-07-12
-
Monat
1916-07
-
Jahr
1916
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 12.07.1916
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Vas englikke MMonenkeer. Bei allen Niederlagen, welche die Franzosen in der letzten Zeit vor Verdun erlitten, blieb ihnen stets der Trost auf die damals noch recht geheimnisvoll angekündigte Offensive, welche die Engländer mit ihrer „gesammelten Kraft" unter nehmen sollten. Das große englische Heer, das so blutwenig zur Entlastung der Franzosen bei Verdun tat, sollte nun nach der Darstellung der französischen Blätter aus dem Grunde so zurück haltend gewesen sein, um die in vielen Monaten aufgespeicherte Kraft nicht vorzeitig und unnütz zu zersplittern. Diese Darstellung sah soweit . ganz vernünftig aus, zumal alle Anzeichen auch auf die Vorbereitung der großen Offensive hin deuteten. Schon Kitchener hatte von seinem Millionen- Heer gesprochen, das in der Phantasie unserer Feinde immer größer geworden war, wie vor mehr als Jahresfrist das russische Heer. Um so erstaunlicher wird alle Welt von der geringen Offensivkraft des englischen Heeres berührt, so weit sie sich bisher bei dem großen Massen angriff geäußert hat. Bei Beginn des Krieges war der englische Soldat ein sehr beachtens werter Gegner, wenn er auch vielleicht den großen Anforderungen, die dieser Krieg an ein Heer stellt, nicht völlig entsprach. Jetzt hat aber das englische Heer einen Mangel an Offensiv-Wert offenbart," der nicht übersehen werden kann und schon von einer großen Anzahl neutraler und englandfreundlicher Pressestimmen mit Erstaunen festgestellt wird. Alle bisherigen Vorteile, die von den englisch- französischen Bundesgenossen erreicht worden sind, kommen auf Rechnung der französischen Truppen. Nördlich der Somme, wo nach den englischen Generalstabsberichten die eng lischen Truppen zu suchen sind — ins besondere auf dem Abschnitt Gommecourt- La Boisselle — wurde bei dem Massenangriff nach der Mitteilung unserer Heeresleitung gar nichts erreicht. Die geringen Raumgewinne, die durch Zurückbiegung unserer Front erzielt worden sind, kommen auf Rechnung der fran zösischen Angriffe. Die „gesammelte Kraft" der Engländer, mit der die Franzosen ihren letzten Trumpf gegen uns ausspielen wollten, hat sich nur als sehr gering erwiesen. Die Ursachen dieser eigenartigen und über raschenden Erscheinung sind ziemlich gleichgültig. In einem holländischen Blatt wird ausgeführt, daß der Vorstoß von den Engländern geradezu als „Höflichkeitsoffensive" aufgefaßt wird, die sie zu unternehmen gezwungen waren, um den verbündeten Franzosen ihre Hilfsbereitwilligkeit zu zeigen. Ihre Opfersreudigkeit wäre dann allerdings sehr klein gewesen. Vielleicht liegt in dieser Gleichgültigkeit der Engländer gegen das Schicksal Frankreichs ein Teil des Grundes für das Versagen der englischen Truppen. Aber ausschlaggebender dürfte wohl unter allen Um ständen die alte Erfahrung sein, daß viel Sol daten noch nicht ein großes Heer sind. Als England die Zwangsrekrutierung er örterte, um das Heer zu vergrößern, wurde oft genug auf den englischen Irrtum — besonders Kitcheners — hingewiesen, daß die Anschauung falsch sei, man könne aus zusammengetrommelten Leuten in aller Schnelligkeit ein gutes Heer schaffen. Die Ehrfurcht vor der Zahl wurde an hundert Beispielen, auch aus diesem Kriege, als falsch dargetan. Die Engländer glaubten aber an ihre Unfehlbarkeit und sprachen unausgesetzt weiter von der Vernichtung des deutschen Heeres durch die neuen englischen Millionen. Wie die „Vernichtung" unseres Heeres ungefähr aussehen wird, davon können wir uns nach den fran zösisch-englischen „Erfolgen" in den wichtigen ersten Tagen des Durchbruchversuchs ungefähr eine Vorstellung machen. Nachdem sich schon jetzt die Stoßkraft des englischen Heeres als so gering gezeigt hat, ein Urteil, das auch durch voraussichtlich zu erwar tende weitere Massenangriffe keine wesentliche Änderung erfahren dürfte, da der Geist der Soldaten zur Beurteilung steht, fragt es sich nun, was die Franzosen in Zukunft nach diesen Erfahrungen noch für große Hoffnungen auf die Vertreibung unserer Heere über unsere Grenzen haben dürften. Frankreich verblutet immer mehr, und alle bisherigen Opfer konnten nnI die geringste Änderung zugunsten der Fran zosen bringen. Im Gegenteil! Vor Verdun erleiden sie weiter Niederlage auf Niederlage. In manchen neutralen Blättern wird denn auch erklärt, die englisch-französische Offensive an der deutschen Westfront sei ein letzter Ver such des Vierverbandcs, das Schicksal des Krieges zu wenden. In der holländischen Presse meint man, daß nach dem voraussichtlichen Scheitern dieses Versuches die Zeil für die Friedensver mittlung gekommen sei. In Deutschland gibt man sich keinen überschwenglichen Hoffnungen hin; aber wir sind sicher, daß der Friede bald kommen muß, falls es nur davon abhängt, daß unsre feldgraue Mauer unerschütterlich bleibt. verschiedene UnegMachrichten. Die Westoffensivc der letzte Versuch ? Im Laufe einer Unterredung mit mehreren Mitgliedern der Zweiten Kammer und einigen holländischen Diplomaten über die voraussicht liche Kriegsdauer und die Friedens aussichten erklärten die Herren, die allge meine Ansicht in holländischen Diplomatenkreisen ginge dahin, daß die jetzigen Anstrengungen der Franzosen vor Verdun und der Engländer an der Westfront der letzte große Versuch seien, eine Entscheidung herbeizuführen, und daß man bald nach Schluß der Offensive damit rechnen könne, daß Friedensvermittler in Tätigkeit träten. Aus der Unterredung ging auch hervor, daß man bestimmt glaubt, der Fricdensschluß werde - im Haag stattfinden. * Die deutsche» Maschinengewehre. In einem Bericht der englischen Blätter über die Ereignisse an der Westfront heißt es u. a.: „Die Mannschaften an den deutschen Maschinen gewehren starben, allein sie ergaben sich nicht. Gern blieben sie zurück, nachdem ihre letzten Kameraden gefallen waren, um ihren tod bringenden Hagel zu verbreiten. Niemals heben sie die Hände hoch. Welchen Schaden einige Leute von solcher Tüchtigkeit ihren Gegnern zuzufügen vermögen, zeigte sich bei dem Vormarsch der Gordon-Hochländer auf Mametz. Nur 120 Schritt trennten sie von einer deutschen Grabenlinie. Allein in dem Augenblick, wo das englische Sperrfeuer auf hörte, nickten die Deutschen ihre Maschinen gewehre heran und übergossen die Hochländer mit einem fürchterlichen Regen. Es hatte das besondere Unglück gehabt, auf die eine Ma schinengewehrabteilung zu stoßen, die in Mametz bereit war, sobald die englischen Mannschaften sich anschickten, ihre Gräben zu verlassen. Eine deutsche Gegenoffensive in Sicht? Die ,Daily News' meldet aus Paris: Es liegen Anzeichen vor, daß die deutsche Heeres leitung Vorbereitungen zu einer kräftigenGegenoffensive trifft. Trotz dem hat man auf englischer Seite die Überzeu gung, daß der Feind auf keinem einzigen Abschnitt der jetzigen Kampffront die moralischen und physi schen Kräfte der Engländer übertreffen kann. Akan ist deshalb vollkommen bereit, nicht allein allen Ereignissen die Spitze zu bieten, sondern die Soldaten warten sogar mit Ungeduld auf die weitere Entwicklung der Kämpfe. Die franzö sischen und englischen Volkslieder ertönen längs der Laufgraben, jedoch auch die Deutschen sind eifrig mit dem Singen ihrer Soldatenlieder be schäftigt. Man ist davon überzeugt, daß die Kämpfe an der Somme nur die Einleitung zu größeren Dingen bedeuten, die sich binnen kurzem auch über die nördlichen Frontabschnitte hinüber erstrecken werden. * Die englischen Truppen an der russischen Front. Der Kriegsberichterstatter des ,Rußkoje Slowo' berichtet aus dem Hauptquartier des Oberkommandierenden der Süd-Westfront über die Ankunft der englischen Hilfstruppen. Von Moskau kommend, traf dieser Tage im Haupt quartier der Armee Brussilow eine englische Panzerautomobiltruppe ein, die für den Dienst an der russischen Front bestimmt ist. Sie besteht aus insgesamt 2000 Mann, Unteroffizieren und Offizieren. Unter den Mann schaften befinden sich auch Schottländer. Massen fpcilung. In Berlin hat eine von der Zentralstelle für Volkswohlfahrt cinberufene Konferenz getagt, in der kommunale Vertreter das Problem der Maffenspeisnng nach der grundsätzlichen, wie nach der technischen Seite erörterten. Die Verhand lung war äußerst lehrreich, weil nicht Theorien, sondern praktische Erfahrungen ausgetauscht wurden, und weil mehrere der Debatteredner bereits auf Erfolgs Hinweisen konnten, die anderswv noch zu erreichen sind, — und auf die Mittel, mit denen sie erreicht werden können und tatsächlich erreicht wurden. Das Ob ist ja bei der Massenspeisung über haupt kein Problem mehr — nur das Wie. Daß die Massenspeisung bei der gegebenen Er nährungslage eine dringende Notwendigkeit ge worden ist, bestreitet niemand. Je schwieriger die Beschaffung einzelner wichtiger Nahrungs mittel — durch ihre Teuerung sowohl wie durch die Knappheit der verfügbaren Mengen — für den Privathaushalt, vor allem für den wirt schaftlich Schwächeren wird, umso wichtiger ist die Darbietung von Mahlzeiten, die für die er reichbare Mindestgeldsumme die erreichbare Höchstsumme von Nährwerten zur Verfügung stellen. Die Bedeutung der Massenspeisung beschränkt sich, wie dis Dings heute liegen, nicht auf das wirtschaftliche, sie erstreckt sich — und zwar in sehr starkem Maße — auch auf das volks hygienische Gebiet. Schon im Frieden litt ja die Ernährung bei uns vielfach unter unratio neller Auswahl und mangelhafter Zubereitung der Nahrungsmittel, Zeitmangel, Unkenntnis und Bequemlichkeit führten dazu, daß der Nährwert der Mahlzeiten keineswegs dem entsprach, was man bei zweckmäßiger, sachkundiger Verwendung der aufgewandten Geldsumme erhalten konnte. In Zukunft werden wir diese Verluste durch bessere und allgemeinere hauswirt schaftliche Schulung zu verkleinern suchen müssen. Wir konnten sie im Frieden immerhin tragen, weil ja innerhalb der Kaufkraft der einzelnen Haushaltungen wenigstens die Mengen unbeschränkt verfügbar waren. Heute ist das nicht mehr der Fall, heute ist ferner jede Nährwerteinheit außerordentlich im Preise gestiegen, und aus beiden Gründen fällt heute jede Unzweckmäßigkeit in der Wahl der Nah rungsmittel und in der Gestaltung der Mahl zeiten ungleich schwerer ins Gewicht. Das Interesse der Volksgesundheit verlangt darum von den Städten eifrige Pflege und möglichste Ausdehnung der Massenspeisung — der Volks gesundheit, die das wichtigste Kapital der deut schen Zukunft ist. Vorläufig steht die Massenspeisung noch in ihren Anfängen. Wenn in Hamburg 17—20°/o der Bevölkerung an der Versorgung durch Zentral küchen teilnehmen, so ist das an sich ein äußerst stattliches Ergebnis. Aber es läßt immerhin noch weite Entwicklungsmöglichkeiten offen. Unter den 80—83°/o, die der Massenspeisung bisher ferngeblieben sind, finden sich sicherlich noch sehr viele, für die die Teilnahme nicht bloß eine sehr erwünschte wirtschaftliche Erleichterung, sondern auch eine erhebliche Verbesserung ihres physiologischen Ernährungszustandes mit sich brächte. All' diese Kreise gilt es durch syste matische Aufklärung allmählich für die Massen speisung zu gewinnen. Das geht nicht von heute auf morgen, soll es auch gar nicht, weil doch die technische Ausdehnung der Zentral küchen mit ihrer Inanspruchnahme Schritt halten muß. Die Massenspeisung soll gewiß keine Zwangsspeisung sein, aber sie sollte die Tendenz haben, zuguterletzt alle zu umfassen, deren freie, private Ernährung hinter dem, was sie bieten kann, zurückbleiben muß. Politische Kunälckau. Deutschland. * Nach einem Bericht der „Kölnischen Zeitung' hat sich in Berlin unter dem Vorsitz des Fürsten Wedel eine große Zahl von Männern der Wissenschaft, der Industrie, des Handels und der ländlichen Berufe zu einem deutschen Nationalausschuß zusammengefimdcn, der sich zur Aufgabe gestellt hat, unter MN» Haltung von allen Einseitigkeiten ein einheitliches Verständnis des deutschen Volkes für einen ehrenvollen, die gesicherte Zukunft des Reichs verbürgenden Friedensschluß zu wecken. *Das Kriegsernährungsamt hat 700000 ZentnerZucker für Einmachezwecke beschafft, die von den Gemeinden unter Berück sichtigung des Bedarfs der Haushaltungen ver teilt werden können. Um diese erhebliche Menge freizumachen, mußte auf die Vorräte an Roh zucker zurückgegriffen werden, die im Besitz der Bezugsvereinigung für deutsche Landwirte und der Gemeinden für Futterzwecke vorhanden waren. Von Mitte Oktober ab wird bereits Zucker aus der neuen Ernte zur Verfügung stehen. * In dem Prozeß gegen den Reichstags abgeordneten Dr. Liebknecht wegen ver suchten Kriegsverrats haben der Gerichtshen und der Angeklagte Berufung eingelegt. Die Verhandlung in der zweiten Instanz vor dem Oberkriegsgericht wird voraussichtlich An fang August stattfinden. England. * Uber neue Unruhen in Irl»»'' wissen holländische Blätter aus zuverlässig Quelle zu berichten. Danach haben in de» letzten Tagen in Dublin und anderen Stadls große Kundgebungen für Sir Roger CaseiM»- stattgefunden. Es kam in Dublin zu blutige» Zusammenstößen. Eine unbekannte irländiM Gesellschaft, wahrscheinlich die Reste der Sw"' Fein-Leute, ließ überall Aufrufe verteilen, >" denen die Irländer aufgefordert werden, "" dem Tage, an welchem England das Tb-' urteil an Sir Roger Casement vollstrecken MO jeden Engländer auf irländischem Boden »"' barmherzig niederzumachen. Italien. *Der ehemalige Ministerpräsident G'"' litti erklärte in einer Unterredung, land und Italien hätten immer gemeines Interessen gehabt und es sei sonderbar, einige Politiker jetzt die Kriegs erklär»»! an Deutschland verlangten. Dieser -M wäre ein Verbrechen gegen Italien. ;B"st wandte sich der Minister gegen das BeM' Serbiens zum Meer und meinte, die müsse ein italienisches Gewässer werden. Belgien. . * Reuters Agentur wird amtlich crMaM" zu erklären, daß die Behauptung, in belM/f Kreisen bestehe eine Bewegung zugunsten Einverleibung holländischen ff bietes, die von der belgischen Regier»./ unterstützt werde, durchaus unbegründet > Weder die belgische, noch die englische und zösische Negierung habe jemals eine Bewegung o° Pläne begünstigt oder ermutigt, die von Ho»» , Gebietsabtretungen fordem oder Holland oa, zwingen wollen. Balkanstaaten. * Der letzte Teil der Bulgarienreu der deutschen Abgeordneten, Donaufahrt von Nustschuk nach Belgrad, M, eine reizvolle Stromlandschaft, deren GlmiW" das Eiserne Tor und die folgende Strom" war. Wie ein starker Nachklang der vor gegangenen Festlichkeiten berührte die begewM Begrüßung mit Fahnen, Musik, Hurras Blumenspenden in allen Donauorten von vw bis Milanowatz. Beim Abendessen au! LuMdampfer „Sofia" stattete Abgeord»r v. Heydebrand den innigen Dank an Organisator der Reise, Generalkommipar praschikow, ab und bemerkte, er glaubt, Tschapraschikow den schönsten Lohn in du» - , wußtsein finde, seinem Vaterlande geuM'^, haben, indem er durch den so glänzende» - . lauf der Reise die Beziehungen zwischen - garien und Deutschland noch enger 0" habe. Von der Grenze wurden Begrub telegrawme an den Zaren, die Sobravst Radoslawow gesandt. r>exengolä. 14Z Roman von H. Courths-Mahler. G-rll-tzung). „Gnädige Komtesse schicken mich, ob ich irgend wie behilflich sein kann." Frau von Sterueck trat auf sie zu. „Meine Sachen sind noch nicht hier, ich kann mich nicht umkleiden, Johanne. Später können Sie mir beim Auspacken helfen, wenn Komtesse Ihrer nicht bedarf." „Gnädige Komtesse braucht mich sehr wenig, ich habe viel freie Zeit." „Gut, gut. Aber lassen wir das jetzt. Ist in den letzten Tagen noch etwas Besonderes vorgefallen?" „Nein, gnädige Frau." „Wann war Herr von Gerlachhausen das letztemal hier?" „Das ist wohl schon eine Woche her. Aber Komtesse waren gestern in Gerlachhausen." „Gut, Johanne. Geben Sie mir die Hand, ich bin sehr zufrieden mit Ihnen. Sie sollen nicht bereuen, mir so treu und umsichtig gedient zu haben." Johannes Augen füllten sich mit Tränen. „Gnädige Frau verzeihen — aber bei alledem lst mir so ängstlich zumute gewesen, wenn auch gnädige Frau versichert haben, daß kein Unrecht dabei ist." „Das versichere ich nochmals, Johanne, Sie haben nicht nur mir, sondern auch der Komtesse einen großen Dienst geleistet. LasJollen Sie. „Und gnädige Frau entlassen mich nun? Ich kann meine Stellung kündigen?" „Gewiß. Kündigen Sie am nächsten Ersten — unter dem Vorwand, daß Ihr Bräutigam Sie bittet, ihm zu folgen." „Gnädige Frau wissen, daß dies kein Vor wand ist." „Ja, ja — ich weiß es. Und ehe Sie ab reisen, erhalten Sie die versprochene Summe. Möglicherweise wird Komtesse Rabenau diese Summe noch erhöhen." „Komtesse Ravenau?" fragte Johanne er staunt. Frau von Sterneck nickte. „Das braucht Ihnen nicht wunderlich zu er scheinen. Ich sagte Ihnen ja, Sie haben der Komtesse einen ebenso großen Dienst geleistet wie mir." Johanne preßte die Handflächen zusammen. „Wenn das wahr ist, freue ich mich doppelt und werde gnädiger Frau sehr, sehr dankbar sein. Niemals will ich vergessen, was ich gnädiger Frau zu danken habe." „Schon gut, Johanne. Und nun gehen Sie. Man darf hier nicht merken, daß wir Geheim nisse miteinander haben. Nur noch eine Weile Vorsicht und Verschwiegenheit!" „Gnädige Frau dürfen sich auf mich ver lassen. — Gnädige Komtesse erwartet Sie im Salon." Frau von Sterneck nickte und Jo hanne ging. Die neue Gesellschafterin trat darauf zum Spiegel und ordnete leicht ihr Haar. Sie be trachtete prüfend ihr Gesicht und studierte wie eine Schauspielerin ihr Mienenspiel. Dabei zeigte sich, daß sie ihrs Züge sehr gewandt nach Belieben verändern konnte. Befriedigt wandte sie sich ab. Dann nahm sie die kleine braune Handtasche und verschloß sie sorgsam in einen Wandschrank, dessen Schlüssel sie zu sich steckte. Darauf begab sie sich zu Jutta. Entzückt äußerte sie sich im Laufe der Unter haltung über das alte Schloß und die herrliche Umgebung. „Wahrlich, es ist wie ein Märchenschloß, Komtesse Ravenau!" „Nennen Sie mich der Einfachheit halber beim Vornamen, Frau von Sterneck, es klingt gemütlicher," sagte Jutta freundlich. Seit zwei Wochen weilte Dolly von Sterneck in Ravenau und hatte es verstanden, durch Klugheit, Gewandtheit und liebenswürdiges Wesen alle Personen für sich einzunehmen, die mit ihr in Berührung kamen. Nicht nur die unerfahrene Jutta hatte sie bezaubert, auch Götz von Gerlachhausen und seine -Mutter fanden, daß sie eine charmante Dams sei. Die Dienerschaft, Seidelmann an der Spitze, war des Lobes voll über die neue Hausgenossin. Nur Jettchen Wohlgemut bewahrte ihr gegen über instinktiv eine mißtrauische Haltung, ob wohl sie keinen Grund dafür angeben tonnte. Seidelmann behauptete, sie wäre neidisch und mißgünstig. Diese Charakterfehler besaß aber das brave Jettchen mit ihrem ehrlichen Herzen sonst gar nicht. Sie konnte nicht leugnen, daß Frau von Sterneck von bestrickender Liebenswürdigkeit war, daß sie Komtetzchen fast zärtlich umsorgte, sie aufheiterte und stets ihr Wohl im -lugst ' B Trotzdem konnte die alte Frau zu ihr gewinnen, so sehr sie sich auch Vorwürfe machte. . . , - «fit Götz und seine Mutter waren in einige Male in Ravenau gewesen, '"'st,Be fuhr mit Frau von Sterneck oft nach Hausen. gM Selbstverständlich verkehrten ^scc in Gegenwart der Ehrendame etwav als sonst miteinander. Während in ihrer mädchenhaften Zurückhaltung Zwang empfand, quälte eH Götz lM lich. Immer tiefer und heißer wm st, Liebe zu Jutta, imnier sehnlicher wunü^ daß die Zeit des Harrens, der Ungeww' Ende nehmen möchte. Indes Jutta " Gegenwart der Gesellschafterin Me sie' im Verkehr mit Götz wiederfand, > dieser sehr zurück. Unbefangen und Zu" ', rB blieb in dieser Zeit eigentlich nur v Gerlachhausen. ge E Die gemeinsamen Ritte hatten^ wieder ausgenommen. Götz forderte ^»1» dazu auf, weil er fürchtete, Masche» st Alleinsein mit ihr nicht WM b^ e i A können, und Jutta glaubte, Gotz ha der Ernte viel zu tun, um für diese B sB zu erübrigen. Außerdem scheute 1' Alleinsein mit ihm. dieser A Dolly von Sterneck hatte wMi ,, st Schloß Ravenau nach allen ^^rstorB''st durchforscht. Nur die Zimmer deS ve alten Grafen, die seit seinem /. . schloffen, waren, hatte sie iwch
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