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Nacht! (Fortsetzung folgt.) -Jawohl, viel war es nicht: ein paar Briese, die Uhr, Brust- X und eine Tabakspfeife von der Kronprinzenarmee, dann ^euz mit dem Band. Die Erkennungsmarke brauchte ich e" c» n ra^. nicht — die lag im Blut, es wußten doch gleich all meine Leute, daß Rembarcz gefallen war. Dann kam der Sturm. Ich habe ihn nie so herbeigesehnt wie heute. Später hat man den treuen Burschen begraben; ich konnte nicht dabei sein." „Man soll die Sachen gleich seiner Frau schicken," fährt der Hauptmann fort, „er war doch verheiratet, wenn ich nicht irre? — Geben Sie mal das Soldbuch!" — Beim Schein der Zigarre blättert der Führer das Büchlein durch, er gibt es dem Leutnant Herr Hauptmann!" Und wieder schweigen die vier Männer, bis der Hauptmann nach einem Augenblick Überlegens kurz und fast unwirsch hervorstößt: „Ich begreife sehr wohl, meine Herren, wie man in solchen Augenblicken empfindet, aber wir dürfen keiner Stimmung nachgeben, wir am wenigsten; wir müssen darüber weg und vergessen!" Einen Augenblick hat er vor sich hingeblickt, dann erhebt er sich rasch, wie um eigene trübe Ge danken abzuschütteln. Eine schlanke Gestalt kommt quer über die Lichtung, aus die Gruppe zugeschritten Ein leiser Rus „Zwölfte Kompagnie?" — „hier," schallt es zurück. — „Ah, der Herr Adjutant!" — Der Kompagnieführer hat den jungen Leut nant erkannt, der sich durch das Unterholz im Dunkel mühsam seinen Weg bahnt, und geht ihm lebhaft entgegen. „Und was bringen Sie, Kamerad? Wir erwarten mit Spannung die Be fehle der hohen Herren vom Regiment!" Der Adjutant zieht den Hauptmann beiseite, flüsternd gibt er die Befehle bekannt; es mutz etwas Besonderes sein; der Hauptmann wird ernst, macht seine Notizen, weist mit der Hand zu seiner todmüden, in tiefem Schlaf liegenden Truppe hinüber. Die drei anderen merken es wohl: es wird einen schweren Tag geben, morgen. Leutnant Röder neigt sich vor und fahrt leise fort? „Hören Sie. Es ist ja Unsinn, natürlich, aber es ist dock sonderbar, was ich heute erlebte. Sie wissen ja, Rembarcz hatte gestern Gefangene gemacht, schließlich hatte er an die sechzig Wann zusammen; er war so glücklich darüber, daß ich sie ihn selbst zurückbringen ließ. Als er wiederkam, erzählte er mir, die Gefangenen hätten noch im Walde zu murren begonnen — er verstand einiges davon, er sprach polnisch. Da glaubte er schließlich, die Kerls wollten über ihn herfallen, und hat fünf- oder sechsmal in den Haufen Men schen hineingeschossen, dann parierten sie. Und jetzt, als er wie derkam, hatte er Gewissensbisse. Er sagte mir heute früh:,, Der Himmel wird mich wohl dafür strafen, ick bin bald dran." Es ist ja gewiß Unsinn, was einem d^abei durch den Kopf geht, aber seltsam ist es dock, — solche Ahnungen . . ." Der Hauptmann kommt zurück, er hat die letzten Worte gehört. „Ach was, Unfug, seien Sie mir ruhig von Ahnungen," ruft er unwillig, seinen Leutnant mit Bestürzung anblickend, und nach einer Pause: „Wir haben Befehle für morgen! Wir kommen in vorderste Linie, lösen Regiment ... ab und haben den Rest des Waldes zu säubern. Der Feind ist in starker vorbereiteter Stellung nordöstlich gemeldet. Um 4 Uhr 45 steht die Kompagnie marschbereit. Ich will die Leute aber noch bei Tagesanbruch essen lassen, die Küche muß 'ran, damit die Leute etwas bekommen, viel sind wir ohnehin nicht mehr, und es wird ein Heitzer Tag. „Der Feind wird geworfen, wo er sich zeigt," heißt es im Befehl. Wir müssen endlich raus aus den unseligen Wäldern! — Wer da?" Der Hauptmann wendet sich nach links. Ein Unteroffizier tritt heran: „Unteroffizier Hansen. Ich war aufgestanden, um mich ein wenig zu bewegen, Herr Hauptmann. Ich habe etwas Fieber, aber morgen ist es wieder gut." — „Sie sollen doch in Deckung bleiben, zum Kuckuck! Hier, nehmen Sie den Rest Grog, kalt ist er, aber vielleicht hilft es doch, und dann die Decke hier, wickeln Sie sich warm ein, verstanden?" — „Die Decke brauchen Herr Hauptmann selbst!" entgegnete der Unteroffizier kurz. „Mit nehmen, einwickeln!" Der junge Mensch geht wieder zur Ruhe. — „Ein ordentlicher Mensch," sagt der Hauptmann zu seinen Zugführern „als Freiwilliger eingetreten, will Offizier werden! Habe ihn nach den ersten Gefechten zum Unteroffizier gemacht; ich glaube, er kann bald weiter befördert werden, wollen sehen! Und nun, gute Nacht, meine Herren. Benutzen Sie die wenigen Stunden zum Schlaf, Sie werden es nötig haben, und, Röder, erzählen Sie uns nichts mehr von Ahnungen oder solchem Unfug. Sie sind überreizt heute! Ich sage mir: Wen's trifft, den trifft's, wer fällt, der fällt . . . nicht wahr, meine Herren? Also, gute -« hier' te" 5 zurück. „Armer Kerl, Frau und drei Kinder. Ich werde der Frau schreiben — oder besser: tun Sie das, Röder." — „Gern, gr^> ilte" 139 gut eingebaut, fast nichts zu sehen! Zwei Stunden haben ./dort unter lebhaftem Feuer gelegen, dann kam der Befehl nuk^rm. V^m Sturm selbst kam wenig Feuer mehr, fast r hochgänger. Die Stellung wurde geräumt, als wir hinein- men; aus der zweiten, dritten ging der Feind vordem Bajonett ich war dicht am vierten Graben, dann kam Regi- li x ' E, wir mutzten sammeln." Der Hauptmann nickt, »no bej Ihnen, Röder?" Der Leutnant, der bis jetzt stumm hmgestarrt hat, richtet sich auf. „Als Herr Hauptmann „ vorn gingen, zum dritten Zuge, wurde ich nach links an- Anschluß an das zweite Bataillon zu sichern. Später Sturm gab's wenig Hindernisse." . "Verluste?" fragt der Hauptmann. „Verluste — wenig," da langsam der Leutnant, und wie abwesend blickt er in k..? dunkel der Nacht hinein, dann, die Worte rasch hervor- hM "Vlein Bursche — Rembarcz — ist gefallen," und Tai? - fährt er fort: „Noch nichts hat mich so ergriffen wie der ^dieses Mannes." Man schwieg, jeder mochte an ähHiche ^vnisse denken. Nur ungern sprach man von ihnen, wollle d v doch nicht noch häufiger, als es der Feldzug ohnehin for- h", ' an schmerzliche Verluste erinnert sein. Am wenigsten war Kon Monn Dittmer für Berichte, die den Soldaten weich stimmen Von ihm hatte man nie dergleichen gehört. Meist , Mt er dem Erzähler kurz die Rede ab, aber heute ließ er Leutnant gewähren, verstand er doch sehr gut, wie ein ^vsch, der monatelang in Gefahr und Not um uns ist, uns ans ö Dachsen kann wie ein Bruder. Le», lagen nebeneinander hinter einem Baum," fährt der Dnant halblaut fort, „der treue Kerl und ich! Zehn Monate kr neben mir gewesen, in jedem Gefeckt, in jedem Graben, besten und Osten. Wie oft hat er mich durch seine Budde- z^bschützt. Heute auch! Er hatte gleich den Spaten zur Hand, v das Erdreich unter mir fort, grub, daß ihm der Schweiß Elchen Tropfen von der Stirn rann. Wortlos hatte er wohl halbe Stunde gearbeitet, nicht der Geschosse achtend, die um d? kinschlugen. Oft mußte ich ihn herunterziehen in die Deckung, der Russe hatte bald unsern Platz bemerkt und feuerte in ; herüber. Rembarcz mar unermüdlich! Schließlich war h Loch tief genug. Es reichte für uns beide. Eine harte Arbeit los/ gewesen, bei dem Waldboden, dem Unterholz, den zahl- Wurzeln! Er rastete einen Augenblick und sah mit Befrie- daß jch einigermaßen gedeckt wür. Aber unsere Deckung auffallen, sie war weitaus die höchste und bestand aus Sandboden, den man so ost hier in den Wäldern trifft, tz? lenkte das Feuer noch heftiger auf uns. Wenn einer den über die Brustwehr steckte, hagelte es. Rembarcz wurde s^Wg, wie ich den braven Polen nie gesehen hatte. Gr mutzte tz^en, und doch gab's so wenig zu treffen da vorn; zu gut der Russe in seiner Stellung eingegraben. Rembarcz ent- ^ne Schießscharte drüben, hinter Laub versteckt. Ein leiser -ft Freude, dann richtet der Mann sich auf, deutet hinüber X, ^leßt, ein-, zwei-, drei mal. Ich beobachte. Die Schüsse gut, aber ein dichter Hagel von Geschossen kommt von »hkin Salven! Ich drücke den Mann in das Loch nieder: Leutnant," sagt er, „ich hab ihn gleich, den Scharfschützen, Halblinks." — „Bleiben Sie unten, Mann," antworte ich. ächtet er sich in dem rasenden Feuer auf; „Sie werden vfi, Mensch, wenn Sie nicht Deckung nehmen." — „Herr >h ?ant, der Kerl da mutz fort, er hat es auf uns abgesehen, — nicht anders, und wenn ich bestraft werde." Wie ein dringt es aus der Brust des Offizieres: „Za, und dann, ShfDprang er zwei Schritte zurück, wie von einem Schlage liii^llcn, fiel starr nach hinten über: Herzschuß . . . ! Durch ^"Oberarm und Brust. Ausschuß unter rechter Schulter! noch einmal die Augen auf und sah mich an; starr und D Erde sein Blick, ein Röcheln, ich sehe das Blut unter Xs» hervorströmen, er liegt still, leblos die Augen auf mich X ... wie in einem Vorwurf . . . ! Ich habe viel erlebt Grauenhaftes gesehen in diesem Kriege — wie Rembarcz "'Neben mir — für mich, das werde ich nie vergessen!" "Haben Sie ihm seine Sachen abgenommen?" Der Haupt- ^gt vs rasch, wie um auf ein dienstliches Thema zu Lar»"