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Lin jfannlienblalt 1S16. . Nr. 1» Zllunrietter ilnterbaltungrblan Erscheint jede Woche. Verlag Stadt und Laad Max Wundermann, Berk« W. S0 München^rstrnße 2L. Nachdruck verboten. Fräulein Heinzelmann! . . . Das Still war sturmmann haben, einen Vaterlandsverteidiger! Sie hatte vorige Weihnachten Briefe gewechselt mit einem Soldaten, der ihr für ihr Weiynachtspaket gedankt hatte. Schon das war ein Ereignis in ihrem stillen Leben. Nun aber sollte sie einen haben, für den sie sorgen konnte! Ihr Landsturmmann! Wie das klang! . . . Fräulein Adelgunde träumte. Wie mochte er aussehen?! Eine Siegsriedgestalt? Trotz, schlank, blond! . . . Oder war er eine feine Gelehrtenphysiognomie? Ein Mann mit vergeistigtem Antlitz, nnt schlanken Händen, die gewohnt waren, die Feder oder Tasten zu meistern und nicht das Schwert? . . . Der Schnee fiel stärker. Aber er schien gleich zu tauen. Er stand schmutzig und naß auf den Straßen. Nur auf den Dächern lag er noch weiß und weich. Da klingelte es an der Außentür und gleich darauf noch einmal stärker. Als sie an die Tür kam, stand da ein Etwas, das einem Schneemann recht ähnlich sah, so einem dicken, formlosen, wie ihn die Kinder bauen. Weiß von oben bis unten... ihr Landsturmmann. Seine Trommel hielt er in der Hand. Er selbst mindestens so dick wie sie. Darüber lachten sie ein paar freundliche Augen an. In unserem lieben Städtchen gab's Einquartierung. Land sturm-Bataillon F. war eingerückt und mit sehr viel Liebe von den Einwohnern ausgenommen worden. Wollte man ihnen doch zeigen, wie man allen danken möchte, die zum Schutze des Vaterlandes das graue Ehrenkleid trugen! Auch Fräulein Adel gunde Heinzelmann bekam ihren Landsturmmann. Atte hatte sie sich gefreut! Ihr hübsches Fremdenstübchen sollte er haben. Weiße Mullgardinen am Fenster, weiße Deckchen auf dem Wasch tisch und aus dem jungfräulich weißen Bett* eine Decke mit breiter, gehäkelter Kante. Lin Strauß Tannengrün mit den letzten, weißen Knackbeeren prangte auf dem Tisch, und daneben die Petroleumlampe, gefüllt mit dem köstlichen Naß, das sie ausbewahrt und gehütet hatte wie ihren Augapfel für — ihren Landsturmmann. Die Aufwartefrau, die durch Ströme von Wasser die Woh nung hatte in Stand setzen müssen, meinte allerdings, es sei ein bißchen viel Umstand für die Einquartierung. Aber das sanfte Fräulein Adelgunde wurde ordentlich böse. „Aber Frau Meister, das ist nicht patriotisch! Es kann nicht zu schön sein für die Armen, Lieben, die iri das furchtbare Eis Rußlands hinaus müssen . . ." „2, Fräulein Heinzelmann, vors erste sind se noch janz warm und trocken im Lande! Unpatriotisch bin ich nich, aber wenn ich so bedenke, daß der nu mit seine Kommißstiebeln aus die roten Rosen von den gestickten Teppich petten soll, und seine Sachen auf das Bett mit die gehäkelte Decke schmeißt, und die feinen Handtücher zu's Putzen von sein Gewehr nimmt, denn mein ich doch, man hätt's ein bißchen praktischer einrichten bannen, so mit derben Handtüchern und ohne all den Decken- sirlefanz! Aber Fräulein Heinzelmann müssen das ja wissen, mir Seht's nischt an!" „Da haben Sie recht, Frau Meister, es geht nur mich an. ^nd im übrigen es sind lauter hochgebildete Leute beim Land sturm! Und wenn ich einen bekomme, wie die Frau Baurat Wren Professor der Musik, dann wird er meine Sachen in Ordnung halten und die liebende Hand erkennen, die hier Sewaltet hat. . . O, was für göttliche Stunden der Weihe Nrde ich mit ihm Erleben, wenn er mir oorspielt aus seinen Werken, seine neuen Bücher erklärt, mich Hineinblicken läßt in e heilige Werkstatt seines Genius! Seiner Gedanken!" „Auf Wiedersehn, Frau Meister!" Adelgunde Heinzelmann war allein und wartete Schicksal hatte ihr nicht allzu viele Freuden gegönnt, sie ihren Weg gegangen. Die Männerwelt trat nicht in ihr Leben. Dazu war sie zu schüchtern und nicht hübsch genug. Auch fehlte die Gelegenheit, seit die Eltern tot waren und sie allein in ihrem Häuschen lebte. Aber nun sollte sie einen Land zu sechse nach Haus, und will seinen Kaffee in der Röhre finden. Hier is ja nun allens im Schick. Adjüs auch, Fräulein Adelgunde blickte verzückt gen Himmel, aus dem die ersten, dicken Schneeflocken zur Erde niederwirbelten. „Herrejesses", wunderte sich Frau Meister, „wissen Sie denn schon, wen Sie Kriegen?" „Nein, das nicht! Aber daß ich einen von der Musik bekomme, verriet mir der Quartiermacher, der sich das Zimmer ansah." „Na, es jefiel ihm wohl?" . „O ja," lächelte Fräulein Adelgunde. „Lr meinte: Hier wird's sich schon leben lassen." „Na, denn will ich nun man jehn. Mein Oller kommt Welgunüe WnrelmamiZ LanMiirmer Humoreske von E. von Winterfeld-Warnow.