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Allgemeiner Anzeiger : 04.03.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191603049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19160304
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19160304
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-03
- Tag 1916-03-04
-
Monat
1916-03
-
Jahr
1916
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 04.03.1916
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Vas Eingreifen -er Kriegsflotten. In einem längeren Leitartikel fährt der ,Basler Anzeiger' u. a. folgendes aus : Ms seinerzeit bei Kriegsausbruch die er warteten großen Seeschlachten, die man gleich für die ersten Tage des Krieges vorausgesehen hatte, ausblieben, hörte man als Erklärung dafür vielfach anführen, daß die Flotten mit Absicht zurückgehalteu würden, um im End entscheid als letzter starker Trumpf ausgespielt zu werden. Das scheint zwar eine Erklärung, ist aber bei näheren: Betrachten gar keine; denn nichts würde hindern, den Entscheid, den ein Kamps der Flotten herbeiführen würde, schon bei Beginn des Krieges und nicht erst am Ende desselben zu suchen, ja der stärkere Teil müßte geradezu ein Interesse daran haben, den schwächeren Gegner gleich zu Beginn zu vernichten. Tat er das nicht, dann mußte er damit rechnen, daß dieser schwächere Gegner im Verlaus des Krieges unangenehm stark werden könnte rind ihm eines schönen Tages wenig erfreuliche Überraschungen zu be- . reisen vermöchte. Er mußte den schwächeren Gegner aber auch schon deshalb vernichten, weil er damit nicht nur für den Seekrieg, sondern sogar auch für den Landkrieg einen viel wirk sameren Einfluß sich verschaffen konnte, als wenn er das nicht tat — ganz gleichgültig, wie diese Landoperationen schließlich ausgefallen wären. Diese Auffassung ist so naheliegend und war auch so allgemein, ganz besonders aber in Eng land, daß nur unter ihrem Einfluß Aussprüche von Engländern, und dazu nicht einmal von Durchschnittsenglündern, sondern sogar von eng lischen Ministern möglich waren, die in ziemlich drastischer Weise die'Vernichtung der deutschen Flotte gewissermaßen auf einen Streich ver kündeten. Wir brauchen die bezüglichen Äuße rungen hier nicht zu wiederholen. Wenn es trotzdem zu einem Angriff der viel stärkeren englischen Flotte, verstärkt noch durch die fran zösische, die allein fast ebenso stark ist wie die deutsche, und die russische, die weniger bedeutend, immer noch stärker ist als die österreichische, und endlich gar noch durch die italienische, von der dasselbe gilt, bis heute noch nicht gekommen ist, dann müssen ganz besondere Gründe vorliegen, daß diese gewaltige Übermacht nicht ausgenützt worden ist. Sucht man nach dem wirklichen Grund für dieses Verhalten, dann mag der erste Grund darin gelegen haben, daß man in allen Verband ländern mit einem relativ leichten und raschen Sieg, der ja auch nach dem Zahlenverhältnis und dem daraus gefolgerten Stärkeverhältnis der kriegführenden Parteien mathematisch absolut sicher schien, rechnete, und England deshalb ruhig glaubte, auf den Erfolg der Landoperationen bauen zu können. War der sicher, dann hatte es keinen Zweck, so viele schöne Schiffe zu opfern, mit deren Verlust bei einem Angriff auf die deutschen Kriegshäfen und die Flotte sicher zu rechnen war. Man wünschte das wohl um so weniger, weil Eng land das größte Interesse daran hat, auch nach dem Krieg, ja dann erst recht, über die absolut stärkste Flotte zu verfügen. Ans diesem Grunde hat man wohl auch einen überraschenden An griff der englischen Kriegsflotte auf deutsche Kriegshäfen, der gleich in den ersten Kriegs lagen ausgeführt, immerhin bedeutenden Erfolg versprochen hätte, unterlassen. Man war seiner Sache sicher, so sicher, daß die Auslieferung der deutschen Kriegsflotte an England bei Friedens schluß eine der meistgenannten Bedingungen war, die man Deutschland auferlegen wollte. Als sich dann im weiteren Verlauf des Krieges zeigte, daß die Dinge doch einen anderen Gang zu nehmen begannen, als mau ursprünglich annahm, war es für diesen über raschenden Angriff zu spät. Das Unterseeboot hatte inzwischen seine große Gefährlichkeit er wiesen, und zudem waren die ohnehin un günstigen Fahrwasser der deutschen Nordseeküste durch alle nur denkbaren Abwehrmittel derart gesichert, daß ein Angriff nur unter schwersten Opfern noch denkbar war, ja, während man in früheren Jahren noch ganz ernsthaft mit einer englischen Berennung des deutschen Kriegs- Hafens Kiel in der Ostsee rechnen zu müssen glaubte, drang außer gelegentlichen Untersee bootraids überhaupt kein englisches Schiff in die Ostsee ein, trotzdem gerade die Ostseeküste, wo die Küstenstädte unmittelbar an der See liegen, viel leichter verletzbar ist als die Nordseeküste. Wenn also heute diese Zurückhaltung der Flotten der Verbandmächte noch andauert, dann geschieht dies sicher nicht, weil inan einen An griff auf die deutsche Küste nicht unternehmen möchte, sondern weil er so gefährlich geworden ist, daß er nahezu unmöglich erscheint. Daran kann auch nichts ändern, daß die französische Flotte jetzt, nachdem Italien an der Seite des Verbandes in den Krieg getreten ist, im Mittel meer eigentlich frei geworden und für die Nord see verfügbar sein sollte. Dio Bedrohung des Suezkanals, der Balkankriegsschauplatz, die Unterseebootgefahr usw. erfordern die Belastung vieler Flotteneinheiten im Mittelmeer, da es absolut ungenügend erscheint, die Deckung des Mittelmeeres etwa der italienischen Flotte allein zu überlassen, die bis jetzt der schwächeren österreichischen Flotte gegenüber ziemlich un glücklich abgeschnitten hat. Eine wesentliche sehr interessante und echt englische Begründung für die Zurückhaltung der englischen Flotte war die, daß die deutsche Flotte sich schließlich infolge der dürch die Blockade verursachten Not in einem ver zweiflungsvollen Anstürme auf die cnglifche werfen müsse, nm Dcntschland den Seeweg wieder zu öffnen, so daß man sie ohne den Schutz der gefährlichen deutschen Küstengewässer und -Befestigungen vor das Nohr bekäme, wo bei man an einem günstigen Ausgang für die englischen Waffen nicht glaubte zweifeln zu müssen. Statt dessen kamen nur deutsche Unter seeboote heraus, die es unmöglich gemacht haben, noch an einen Angriff zu denken, für den es, so schließt das Blatt, jetzt sicher schon zu spät ist. verschiedene kriegsnachnchten. (Von der mit. Zensurbehörde zugelassene Nachrichten) Tic Kämpfe in Oberelsaff. Der Sonderberichterstatter der Kölnischen Zeitung' meldet: Die erhöhte Kampstattg- keit im Oberelsaß hält an. Starker Ge schützdonner ist allenthalben in den südlichen Vogesen und Sundgan zu hören: besonders lebhaft ist das Feuer im Tal von Metzeral, in der Umgebung von Altkirch, wo letzthin der Vorstoß bei Heidweiler stattgefunden hat, und drittens in der südlichsten Gegend der deutschen Front an der schweizerischen Grenze. Auch hier hat in den letzten Tagen bei Ober sept durch wohlvorbereilete Wegnahme einer französischen Stellung eine wesentliche Verbesse rung der deutschen Frontlinie stattgefunden. — Einer Zürcher Depesche der,Kölnischen Zeitung' zufolge wird aus Genf gemeldet, daß die ganze französische Grenze wieder für jeden Verkehr gesperrt ist. * Das gröffte dramatische Ereignis! Die englische Wochenschrift ,Nation' schreibt: Bei dem großen Angriff, den die Deutschen jetzt auf der Westfront von Ipern bis Verdun unternehmen, ist bereits an zahl reichen wichtigen Punkten die französische Front eingedrückt. Die Deutschen sind den Verbündeten, welche das von den Deutschen besetzte Gebiet befreien wollten, zuvorgekommen. Solange wir nicht die gesamten strategischen Pläne des deutschen Angriffs übersehen können, müssen wir uns mit Vorsicht über den Ausgang des Gesamtaktes im. Westen äußern. Der Angriff gegen Verdun ist das größte dra matische Ereignis. Wenn wir uns schon zu den Friedensbedingungen des Asquith, Sasonow und Briand bekennen, wenn wir die Macht des Vieroerbands, jene Bedingungen durchzusctzen, nicht anzweifeln, müssen wir unser leidenschaftliches Friedensempfinden noch kurze Zeit unterdrücken. Wenn wir aber der Ansicht sind', daß jene Absichten vom Vierverband nicht er zwungen werden können, müssen wir auf die sofortige Einstellung des Krieges mit seinen Greueln dringen. Aber sogar darüber steht die Entscheidung nicht bei uns. Die Eroberung Durazzos. In einer Besprechung der Eroberung Durazzos sagt die,Wiener Allgemeine Zeitung': Man erwartete von Italien selbstverständlich nichts anderes, als daß es jetzt die Räu mung Durazzos als im Plan der 'italienischen Kriegführung gelegen erklärt. Keinem unbefangenen Kritiker wird die Lösung der Frage gelingen, warum die Italiener hingegangen sind, wen» es in ihrem Plane lag, wieder wegzugehen. Wir können nicht an nehmen, daß sie aus Liebe zu Osterreich-Ungarn uns eine Stellung überlassen haben, die eine gewaltige Stärkung unserer Stellung au der Adria bedeutet. Nein, die Dinge liegen in Wirklichkeit so, daß der Verlust Durazzos, genau in dem gleichen Maße, in dem er für uns einen Machtznwachs bedeutet, dem italie nischen Ehrgeiz einen schweren Schlag zusügt. Vie forts von Verärm. Aus der Mitteilung unserer obersten Heeres leitung konnten wir erfahren, daß die Panzer- feste Donaumont den nordöstlichen Eckpfeiler der permanenten Hanptbefestignngslinie von Verdun bildet. Es ist nun von Interesse, welche weiteren Werke diesen ganzen Gürtel Verduns 'bilden. Auf dem rechten Ufer der Maas be finden sich ungefähr in halbkreisförmiger Art nur Verdun herum 7 starke Forts außer dem bereits genannten Douaumout und dem nach Südosten sich anschließenden Fort Vaux. Diese Forts sind Delleville, das am weitesten gegen den Lauf der Maas vorgelagert ist und sich mit einigen Batterien an die Maas anschließt, ferner Fort St. Michel, östlich von Belleville. Nordöstlich davon befindet sich das Fort Sou- Ville, das zwischen Fort St. Michel und Fort Vaux gelegen ist. Weiter südöstlich dazu liegt wiederum das Fort Tavannes. Von hier ans geht der Kreisbogen wiederum nach Südwesten und setzt sich im Fort Belrupt fort, das bereits südlich der Straße Verdun-Etain-Metz gelegen ist, während das vorher genannte Fort Tavannes diese Straße schützt. Das nächste Fort ist nun abermals gegen Südosten vorgeschoben. Es handelt sich um das Fort Rozellier an der Straße nach Fresnes. Endlich ist noch südlich von Verdun, an der Maas das Fort Haudeinville zu erwähnen. Die Zwischenräume sind durch Balteriestellungen gedeckt. Diesem Halbkreis sind mehrere Werke vorgelagert. Am linken Ufer der Maas liegen auf dem äußersten Gürtel gleichfalls ungefähr in der Form des Halbkreises die Forts Duguy, zum Schutz der Eisenbahn nach Toul, gegen Westen schließt sich das Fort Landrecourt an. Es folgt nun nach Norden, westlich von Verdun in der äußersten Linie das Fort Bois-Bourrus und endlich nordwestlich von Verdun in der äußersten Linie das Fort Marre. Diese beiden decken mit mehreren Werken die Straßen nach Paris und Reims. Die beiden Hauptstützen der inneren Linie, westlich von Verdun, bilden die zwei Forts Charme und Regreß von denen Charme gerade nördlich über Reglet gelegen ist. Es sind hier nur die größten Forts genannt, soweit sie die Pfeiler der permanenten Befestigungslinie bilden. Die Anlage dieser Werke geht auf das Jahr 1874 zurück. Sie siud aber stets iu modernster Weise erneuert worden, da Verdun als linker .Flügelstützpnnkt der Linie Verdun—Toul von den Franzosen stets mit größter Vorsicht be handelt worden ist. Schon diese starken Forts geben eine Vorstellung von der Stärke der Festung. Es kommt nun dazu, daß die Zwischen räume auch durch Werke und Balteriestellungen vorzüglich gedeckt sind, so daß eine völlig zu sammenhängende Mauer um Verdun geschaffen worden ist. Die Stärke der eben genannten Festungs werke gab gerade in den letzten Tagen noch den französischen Zeitungen Gelegenheit, zuver sichtlich in die Zukunft zu blicken, zumal in den 19 Kriegsmonaten noch mancherlei zur Ver stärkung dieser Werks getan worden sein soll. Welchen Umfang diese neuen Befestigungs arbeiten haben, die sich wohl hauptsächlich auf Geländeverstärküugen bezogen haben dürften, wissen wir nicht. Die Erstürmung von Douau- mont in so kurzer Zeit wird aber wohl de» französischen Militärschriftstellern gezeigt haben, daß ihre Hoffnungsfreudigkeit vielleicht ein wenig verfrüht ist. Der starke Fortgürtel ist ein ge waltiger Schub, muß aber auch vor der Über legenheit der Soldaten weichen. . »M« Polltifcde Aunälckau. Deutschland. * Wie verlautet, hat die deutsche Regierung eine sehr scharf gehaltene Protest note nach Lissabon gerichtet, in der der Er» Wallung Ausdruck gegeben wird, daß' Portugal die entgegen den Bestimmungen unseres Handels vertrages verfügte Beschlagnahme der deutschen Dampfer rückgängig machen werde. * Dem Landtage des Fürstentums Lippe sind die Kriegssteuervorlagen zu gegangen. Die Hauptvorlage über die Er hebung einer Kriegssteuer bringt Steuerzuschläge für staatliche Zwecke, sowohl bei der Einkommen steuer wie auch bei der Ergänzungssteuer. Bei der Einkommensteuer beginnen die Zuschläge bei mehr als 900 Mark Einkommen um 5 °/°, sie enden bei einem Einkommen von 80100 Mark und darüber mit 50 °/o. Eine Nebenvor lage bringt in Gemäßheit eines vor wenigen Jahren vom Landtage angenommenen Antrages die Iu n g g e s e ll e n st e u er mit einein ver anschlagten Ertrage von rund 30 000 Mark. Der lippische Landtag wird am 9. März- im Landtagsgebäude in Detmold zu seiner Früh jahrstagung zusammentreteu. Die Ledigen- steuer soll sich auf unverheiratete Frauen und Männer, die eine bestimmte Altersgrenze über schritten haben, auf kinderlose Eheleute, auf ver witwete und geschiedene Personen erstrecken und schon bei einem Einkommen von 900 Mark ein setzen. England. * Das führende Londoner Fachblatt des Getreidehandels vom 15. Februar 1916 erörtert das angebliche Eingreifen der englischen Regie rung in die Fragen der Brotgetreide versorgung mit wenig zuversichtlichen Worten. Man dürfe nicht vergessen, daß die Negierung nur die Auffüllung der nationalen Weizen-Reserve (welche bekanntlich sehr stark zurückgegangen ist) beabsichtige, und nicht den regelmäßigen Bedarf des Landes im lausenden Erntejahr zu befriedigen gedenke. Dem privaten Handel bleiben die Last und Verantwortlichkeit, die normalen Ansprüche des Erntejahres durch Einfuhr zu befriedigen. Das Blatt kommt zu dem Schluß: „Die Weizeureserve in unseren Häfen ist niedrig geblieben, und diejenigen, die mit der Aufrechterhaltung unserer Vorräte ver traut sind, werden jetzt wirklich nervös. Die Lage ist kritisch, und die Pläne der Ne gierung scheinen nicht imstande zu sein, mit dieser Lage in befriedigender Weise fertig zu werden." Portugal. * Im Kammerausschuß soll Ministerpräsident Costa erklärt haben, es seien auf mehreren der beschlagnahmten deutschen und österreichischen Schiffe Zerstörungen vorgenommen morden. Den Dampfer „Bülow" habe man in die Luft sprengen wollen, was gerade noch rechtzeitig entdeckt und verhindert worden sei. „Meiner Meinung nach sollte Portugal den Vertrag mit Deutschland kündigen, so daß er am 5. Juni 1917 zu Ende ginge, und zwar," sagte Costa, „in Übereinstimmung mit Portugals Interessen und sowohl aus Anstands- wie aus Nützlichkeitsgründen. Wir sind bereit, jeder Möglichkeit ins Auge zu sehen, die sich aus der Wahrnehmung unserer Rechte ergibt." — So meldet das Londoner Bureau Reuter I Nuffland. * Einem Amsterdamer Blatt zufolge hat in derDuma der Sozialdemokrat CH edze in einer Rede verneint, daß alle Kriegführenden für die Verteidigung ihres Landes und ihrer Freiheit kämpften. Er stelle sich auf die Seite der Deutschenfreunde, die einen Frieden ohne Gebietserwerbung und ohne Kriegsent schädigung wünschten. Auf eigner 8 cd olle. 10s Roman von Guido Kreutzer. (Fortsetzung.) „Das ist doch selbstverständlich, daß ich Sie davon ausnehme. Sie sind doch sein bester — richtiger gesagt — sein einzigster Freund und kennen ihn, wie nur irgendeiner. Da wäre es ja schlimm, wenn sein Tun und Lassen sogar bei Ihnen niedrigen Verdächtigungen begegnete." „Ich bin ihm ja auch viel zu sehr zu Dank verpflichtet, gnädiges Fräulein," erwiderte er. Und in seiner Stimme lag ungewollt ein ganz leiser bitterer Unterton. Sie zuckte in ihrer kurzen, abgerissenen Manier wieder die Achseln. „Das weiß ich nicht, denn er hat darüber nie ein Wort verloren. Die paarmal, wo er zu mir überhaupt über Sie sprach, tat er es in einer so herzlichen und fürsorglichen Weise, daß ich Sie direkt liebgewounen habe — wegen seiner aufrichtigen Freundschaft zu Ihnen." Schweigen. — In das Gesicht des Ulanen war eine jähe Röte geschossen. Lie echte Brigitte Stemrott' I Unvermittelt, impulsiv, ausrichtig; aber dabei ganz Dame. Immer — drei Schritt vom Leibe. Und jetzt gab sie gar ihren: Hunter den Kopf frei und fegte den Feldweg hinunter, daß er — der Hans Scharrehn — Mühe hatte, seinen „Ajax" neben ihr zu halten. Kopf an Kopf gingen die beiden Pferde. Schnaubend arbeiten ihre Nüstern; schwer ging der Atem der beiden jungen Menschen; der Sand spritzte unter den Hufen. Keine sechshundert Schritt vor ihnen drängte sich die grüne Laubmaffe des Langenbrucher Guisparkes in die flache Landschaft hinein. Über den Baumwipfeln reckte sich die Kuppel des alten Herrenhauses in die blaue Luft. Wie flüssiges Gold lagen die Sonnenstrahlen auf ihr . . . Das junge Mädchen wandte den Kopf zu dsni Offizier. Ihre Augen flammten. Pracht voll spielten die Muskeln und Sehnen ihres schlanken Körpns. Keuchend ging der Atem. „Los, Graf Scharrehn — wir wollen ein Match ansjechten — wer zuerst am Parktor ist — ohne Vorgabe — mit fliegendem Start." Und ohne eine Antwort abzuwarten, gab sie ihrem Gaul ein paar leichte Jagdhiebe. Ehe der Ulan noch recht zur Besinnung kam, lag er schon fünf, sechs Pferdelängen zurück. Da regte sich das alte Neiterblut in ihm. Und die Ritterlichkeit gehörte in den Ballsaal oder in das Boudoir. — Tiefer zog er die Mütze in die Stirn. Un geduldig riß der „Ajax" an den Zügeln. Da gab er sie ihm frei, drückte ihm als Zugabe noch die Sporen in die Weichen. Und schon holte er aus. Langsam kam er heran, schob sich neben seine Rivalin. Zwanzig Längen kämpften die Pferde Kopf an Kops. Tann fiel der Hunter zurück, und der „Ajax" zog davon . . . „Revanche, Gnädigste?" fragte der Sieger, der schon ein paar Minuten am Parktor hielt, als Brigitte Steinrott endlich langsam im Schritt heran kam. Sie wehrte lächelnd ab. „Ein anderes Rial. Für Henie bekenne ich «sich «ach allen Regeln der Kunst geschlagen." Und die feine Falte auf der sonst so klaren Stirn bewies doch, daß sie ihre Niederlage nicht so gleichgültig hinnahm.. Auf dem Hofe sprang er zuerst ab, um ihr behilflich zu sein. Und als er sie in seinen Armen hielt, überkam ihm ein unsinniges Ver langen, sie nicht wieder freizugeben; sie an sich zu pressen und ins Hans Zu tragen. Aber er biß die Zähne zusammen und setzte sie fein säuberlich nieder. Trotzdem mochte sie mit dem feinen Gefühl der Frau seinen Wunsch wohl erraten haben. Denn eine leise Verwirrung war in ihrem Ge sicht, während sie den: Stallknecht uachblstkte, der die dampfenden Pferde in den Stall führte. Aber als sie sich jetzt zu ihrem Begleiter zurückwandte, hatte sie sich vollständig wieder in der Beherrschung. „So, Herr Champion, und nun gehen Sie auf die Terrasse und erwarten Sie mich dort. In zehn Minuten ist der Kaffee da. Sie haben ihn sich ehrlich verdient." Und damit raffle sie ihren langen Neitrock straff um den jungen Körper und lief quer über den Wirtschaftshof. „Ein prächtiges Mädel!"dachtcHans ScharM und sah noch, wie sie vor dem Jnspektorhause mit einem Arbeiter, der die Mütze in der Hand hielt, irgend etwas eifrig verhandelte. Dann loste er sich gleichfalls von seinem Platze. Auf der Terrassö war es wunderbar kühl und erfrischend. Nur vereinzelt fielen Sonnen strahlen durch das schräge Blätterdach einer Linde, die hart neben der Rampe stand und ihre Zweige Lis dicht an das Haus heraustreckte. Anfatmend ließ er sich in einen Weißen Korb sessel fallen, legte die Mütze beiseite und streifst die Handschuhe ab. Dann lehnte er den Kop gegen dis Rückwand und schloß die Augen. Ein warmer, leiser Wind spielte über sei« Gesicht, und er ließ die Gedanken wanderm Wn er sie auf dem Felde neben der klappernder Maschine hatte halten sehen; und dann trabte» sie noch einmal gemeinsam den schmalen Feld weg zurück und ritten ihr Match aus kleine Steinchen, die sich zu einem Mosaik formten, aus das seine Sehnsucht blühende Farben des Lebens malte . . . „Träumen Sie nicht, Signore; jetzt warte« Ihrer realere Genüsse." Er schreckte auf. Vor ihm stand die junge Herrin von Langenbruch, hielt ein großes, voll gepacktes Tablett in der Hand, das sie auf einem kleinen Hocker niedersetzte. „Sind denn die zehn Minuten schon nm?" erkundigte er sich, während er sich gewohnheits mäßig das Haar zurechtstrich. „Es ist sogar eine Viertlelstunde daraus geworden," lächelte sie. „Das ganze Haus- personal, von der Wirtschafterin angefangen, arbeitet auf dem Felde. Und ehe ich sie erst ins Haus zurückrusen lasse, habe ich mich selbst lieber an die Kaffeemaschine gestellt. Daher die Verzögerung." — Sie wehrte ab. — „Ich weiß, was Sie sagen wollen: Er wird Ihnen, von lo zarter Hand bereitet, desto besser schmecken. Sie sehen, ich nehme die üblichen Komplimente schon vorher alle als genossen an." Labei ordnete sie mit wenigen geschickte»
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