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Allgemeiner Anzeiger : 19.02.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191602191
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19160219
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1916
-
Monat
1916-02
- Tag 1916-02-19
-
Monat
1916-02
-
Jahr
1916
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 19.02.1916
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Am Maräar. Die Franzosen haben nun nach den Mit- teilungen der französischen Presse den Vormarsch über den Wardar-Fluß angetreten. Der fran zösische Vormarsch erfolgt, nachdem es bereits vor mehreren Tagen an anderer Stelle zu kleiney Vorpostenplänkeleien gekommen wär, nordwestlich von Saloniki über Topcin. Hier haben sie den Wardar, der in gradliniger Rich tung von Norden nach Süden westlich von Saloniki ins Meer fließt, in Richtung nach Westen durchquert, und sich in der Gegend von Jenidze Wardar festgesetzt. Jenidze Wardar oder Janitza liegt nördlich des Jenidze-Sees an der Straße, die von Jenidze Wardar und Wodena nach Monastir geht. Schon vor mehreren Wochen hörten wir, daß die Franzosen gleichzeitig mit einem Vor stoß nach Demir Hissar, nordöstlich von Saloniki, auch gegen Jenidze Wardar vorzugehen beab sichtigten. Damals scheint es nur bei der Ab sicht geblieben zu sein, da der eigentliche Vor marsch nach den französischen Blättermeldungen offenbar erst jetzt erfolgt ist. Die ganze Zwischenzeit haben die Franzosen und Eng länder allem Anschein nach dazu benutzt, um sich durch die Anlage von Befestigungswerken aller Art eine Basis für die kommenden Operationen zu schaffen. Topcin, von wo aus jetzt der Vor marsch in nordwestlicher Richtung gegen Jenidze Wardar erfolgt ist, bildete den westlichen Stütz punkt der englisch-französischen Balkanarmee auf der ersten Linie, welche hier nördlich von Saloniki in geringer Entfernung von dieser Stadt errichtet worden ist. Topcin liegt an dem Knie, das die Eisenbahnlinie nach Gjevgheli macht. Den rechten Stützpunkt dieser ersten franzö sischen Linie bildet Langaza, das nordöstlich von Saloniki gelegen ist. Die Befestigungsarbeiten sind von dieser Linie Topcin—Langaza aus gehend, weit nach Norden vorgeschoben worden. Eine zweite stark befestigte Front soll von Kara- suli bis Nigrita errichtet worden sein. Kara- suli liegt gradenwegs nördlich von Topcin und stellt somit den linken Stützpunkt dieser zweiten Linie dar. Nigrita ist nördlich von Saloniki in der Gegend westlich des Tachino- Sees gelegen. Dieser Raum, den nun die französisch-englischen Truppen inne haben, ist dadurch von Bedeutung, daß in ihm von Salo niki aus die beiden sich abzweigenden Bahn linien führen, von denen die eine über Topcin nach Gjevgheli geht, während die andere über Doiran nach dem bulgarischen Hafen Dedea- gatsch die Verbindung herstellt. Gegen diese zum Teil griechische Linie haben sich die englisch-französischen Truppen bekanntlich durch Zerstörung von Eisenbahnbrücken, die für die Verpflegung des griechischen Heeres not wendig sind, manche Gewalttaten zu schulden kommen lassen, die zu scharfen griechischen Pro testen geführt haben. Die französischen Blätter melden gleichzeitig mit der Nachricht, daß der französische Vormarsch über den Wardar be gonnen habe, daß die französischen Truppen auch bei Jenidze Wardar eine 12 Kilometer lange Verteidigungslinie anlegen wollen. Es handelt sich also um die weitere Fortsetzung des Bestrebens, den bisher schon geschaffenen Ver teidigungsraum immer weiter nach Norden, Osten und Westen auszubauen. Schon früher haben wir gehört, daß der Dierverband die eigenartige Absicht hege, hier ein uneinnehmbares „Ipern" des Balkan zu schaffen, an dem alle Angriffe der deutschen und bulgarischen Truppen würden scheitern müssen. Der Vormarsch über den Wardar scheint zum großen Teil der Verwirklichung dieser Absicht zu gelten. Die Franzosen und Engländer haben wohl viel Zeit gehabt, für ihre Verteidigung zu sorgen. Die früher oder später eintretende Ent scheidung wird zeigen, welchen Erfolg sie dabei aufzuweisen haben. Sie haben die bewährtesten „Festungsbrecher" als Gegner vor sich. * Laut der ,Köln. Volksztg.' erklärte Minister präsident Briand dem Vertreter des.Giornale d'Jtalia', daß keine Truppen anderer Nattonen, als französische und englisch» würden am Salo nikiunternehmen teilnehmen. Die Italiener werden von Valona, die Serben von anders wo mithelfen, den Feind zu schwächen. Es sei unmöglich, wie ein Parlamentarier in einem katholischen Trustblätte bekennt, daß im Vier verband eine solche Einheit herrsche, wie im gegnerischen Block. Briands Trinkspruch über die Verschiedenheit unserer beiderseitigen militäri schen Unternehmungen wird dahin aufgefaßt, daß man in Frankreich begriffe, es würde ein schwerer Irrtum sein, starke bewaffnete Kräfte von der italienischen Front auf die anderen Kriegsschauplätze zu übertragen. verschiedene Uriegsnachrichten. (Von der mil. Zensurbehörde zugelaffene Nachrichten.) Der Dampfer „Hedwig v. Witzmann" auf dem Tanganjika-See versenkt. Der Befehlshaber der belgischen Streitkräfte auf dem Tanganjika-See meldet unterm 9. Fe bruar,daß der kleine Dampfer „Hedwig v. Wißmann" in einem Seekampf auf der Höhe von Moa-Albertville versenkt worden ist. Zwei Deutsche wurden getötet. Die übrige Besatzung, bestehend aus zwei Offizieren, zehn deutschen Seesoldaten und neun eingeborenen Matrosen wurden zu Gefangenen gemacht. Die belgische und die englische Flottille erlitten keinen Verlust. * Die Unterbringung der nach Spanisch- Guinea «bergetretenen Deutschen. Der Rotterdamer Maasbode' erfährt aus Madrid: Die Zahl der in Spanisch-Guinea fest- gehaltenen Soldaten ist größer, als man ur sprünglich erwartete. Sie beträgt 2600 Per sonen, oder mit Familien 4000 Personen. Die Deutschen werden nach den Kanarischen Inseln und nach den Balearen gebracht werden. Die Überführung wird wahrscheinlich zwei Monats dauern. * Auf der Jagd nach der „Möwe". ,Politiken' meldet aus Bergen: Norwegische Schiffe trafen in letzter Woche große englische Flottenabteilungen auf der Strecke von der Doggerbank bis nach der norwegischen Küste. Es waren hauptsächlich Geschwader von leiä ten Kreuzern. Auch im Atlantischen Ozean trafen norwegische Schiffe englische Kreuzer. Dies stehe vermutlich in Verbindung mit der Jagd auf die „ Möw e * 2» Kilometer von Balona. Das rumänische Blatt ,Steagul' betrachtet die Bedeutung Valonas und Salonikis für Ru mänien und führt aus, daß der Fall Valonas von größerer Wichtigkeit für Italien werden könne, da er den Sturz Salandras wahrschein lich mache. Der Verlust Salonikis für dem Vierverband könnte eine französische Regie rungskrise verursachen. Für Rumänien hätte die Eroberung Salonikis größere Bedeutung. Hier konzentrieren sich die Hoffnungen aller, die uns in den Krieg zugunsten des Vierverbandes verwickeln wollen. * Essad Paschas Flucht «ach Korf«. Es wird bestätigt, daß Essad Pascha samt seinen Söldnern sich nach Korfu einschiffte, um sich mit dem serbischen Heere zu ver einigen. Vor der Abreise dekorierte Essad Pascha (mit welchen Dekorationen wird nicht gesagt) sämtliche serbischen Offiziere. Essad Paschas zahlreiches Gepäck ist bereits in Korfu angekommen. Der vom Vierverband gefangen gehaltene österreichisch-ungarische Konsul in Korfu ist an Bord einer griechischen Fischerbarke ge flohen. Er nahm viele wichtige Dokumente mit. politifcke kunälckau. Deutschland. * Zahlreiche, immer bestimmter austretende Nachrichten aus den amerikanischen Blättern ließen schon seit einiger Zeit erkennen, daß die seinerzeit ausgesprochene Hoffnung auf ein günstiges Ergebnis der neuen Ver handlungen in der „ Lu si ta ni aA n - gelegenheit ihre Berechtigung hat. Man kann nach der ,Köln. Ztg.' nunmehr mit Sicher heit behaupten, daß eine sachliche Einigung im GaNge ist sind'' daß die wohlbegründete Auf fassung, die von deutscher Seite in dieser Sache vertreten worden ist, in Washington Verständnis und Entgegenkommen gefunden hat. * Auf Einladung der beiden Präsidenten von Schwarzburg - Rudo l st ädt und Schwarzb u r g -Sondershausen fand in Erfurt eine vertrauliche Besprechung von Abgeordneten aller Parteirichtungen über die Anbahnung eines Zusammenschlusses in den schwarzburgischen Fürsten tümern statt. Es wurde von allen An wesenden der Überzeugung Ausdruck verliehen, daß die gegenwärtige Zeit mit ihren großen Aufgaben auch die Vereinigung der schwarz burgischen Lande zu einem Staate fordere. Wie die ,Schwarzburg-Rudolstädtische Landes zeitung' erfährt, wird eine dahingehende Vor lage dem in Rudolstadt tagenden Parlament zugehen. Österreich -Ungarn. * Mit großer Begeisterung wurde in Wien Zar Ferdinand von Bulgarien empfangen, der auS dem österreichisch-ungarischen Hauptquartier eintraf, wo in herzlichen Ge danken- und Redenaustausch überzeugende gegenseitige Sympathiekundgebungen stattge funden hatten. Bei der Ankunft in Wien wurde der Zar am Bahnhof von Erzherzog Karl Franz Josef im Namen des Kaisers begrüßt. Eine große Menschenmenge brachte stürmische Huldi gungen dar. Die ganze Stadt ist reich be flaggt. Frankreich. *Zur vereinbarten PariserKonferenz schreiben die Blätter, die Konferenz habe zwar als Einrichtung dauernden Charakter, die Mit glieder könnten jedoch je nach Bedürfnis ersetzt und ergänzt werden. Die Konferenz werde natürlich mit sämtlichen politischen, wirtschaft lichen und militärischen Fragen betraut werden, welche die Verbündeten gemeinsam interessierten. Den Konferenzarbeiten würden vorbereitende Sitzungen der Vertreter der betreffenden General stäbe vorhergehe». England. * Eine Königliche Verordnung ruft alleUn - verheirateten unter die Fahnen. Die Zeitungen stellen mit großer Genugtuung fest, daß nunmehr die allgemeine Wehrpflicht durchgeführt sei. — Das ist natürlich nicht der Fall, aber es klingt doch englischen Ohren recht beruhigend. Italien. * Der römische ,Corriere d'Jtalia' schreibt zum Ergebnis der Reise Briands nach Rom: Die Einheitlichkeit der Aktion des Vier verbandes scheint ihrer Verwirklichung entgegen zugehen, und wenn der Besuch Briands auch nicht völlig den Erwartungen entsprochen hat, so darf man doch hoffen, daß er nicht unnütz für den Gang des Krieges gewesen sein wird, vor ausgesetzt natürlich, daß die Tatsachen den Er wartungen entsprechen werden. — Man tröstet sich also weiter mit schönen Redensarten. Schweiz. *Jm Großen Stadtrat von Zürich wurde eine Interpellation eingebracht wegen eines Rundschreibens der kantonalen Armendirektion an die Gemeinderäte, in der es heißt: Die russische Regierung wünscht die Namen aller sich in der Schweiz aufhaltenden unter stützungsbedürftigen Russen zu wissen und bittet um Einreichung der betreffenden Listen. Die Interpellanten empfehlen, das Er suchen aufs bestimmteste abzulehnen, so lange nicht feststehe, ob der Wunsch der russischen Regierung nur Humanitären Erwägungen und Absichten entspringt. Balkanstaaten. * Aus Bukarest wird berichtet, daß die vom rumänischen Kriegsgericht eingeleitete Unter suchung feststellte, daß General Ionescu, der rumänische Militärattache in Paris, einem Balkannachbarn Rumäniens wichtige militä risch» Dokument» preisgeg»b»n habe. Dänemark im Kriege. Die hauptsächliste Wirkung des Weltkriegs ist in Dänemark, wie im neutralen Norden überhaupt, der immer stärker werdende Druck der englischen Blockademaßncihmcn, welcher auch durch das vor mehreren Wochen abgeschlossene englisch-dänische Handelstibereinkommen nicht er-' leichtert worden ist. Obwohl der dänische Handelsstand sich durch jene Übereinkunft in einer techt demütigenden Weise, wenigstens in direkt, unter englische Kontrolle gestellt hat, ist die dänischerseits gehegte Hoffnung, daß die Engländer künftig ein größeres Entgegenkommen in bezug auf die Zufuhr von überseeischen Waren zur Deckung des eigenen Bedarfs Dänemarks zeigen würden, keineswegs in Er füllung gegangen. Im Gegenteil: die Beschlag nahmen von dänischen Warenladungen und Schiffen haben sich in den letzten Wochen ge häuft, und die dänische Einfuhr namentlich von Wolle, Baumwolle und Gummi, ist in hohem Grade erschwert worden. Hierzu kommt noch, daß die englische Re gierung eine peinliche Untersuchung der Paket- post der dänischen Amerika-Routendampfer, sowohl auf der Ausfahrt als auf der Heimfahrt derselben angeordnet hat. Nicht genug mit der Beschlagnahme der dänisch-nordamerikauischen Post, haben die Engländer auch Postsäcke auf dänischen Schiffen, die sich auf der Fahrt nach Argentinien befanden, untersucht und einen Teil ihres Inhalts zurückbehalten. Ja, sogar die-. jenigen dänischen und isländischen Schiffe, welche in regelmäßiger Routeufahrt zwischen Dänemark und Island, also zwischen zwei Teilen der dänischen Monarchie selbst, gehen, müsse sich einen unfreiwilligen Aufenthalt in Leith gefallen lassen, wobei Ladung, Post und Passagiere einer eingehenden Untersuchung unterzogen werden, die nicht nur an sich einen schweren Übergriff in völkerrechtlicher Beziehung und eine Verletzung der nationalen Ehre Däne marks bedeutet, sondern auch mit einer Zeilver säumnis von vielen Tagen verbunden ist: der Aufenthalt der Schiffe in Leith ist für die dänisch-isländischen Reedereien jedesmal mit einem Kostenaufwand von etwa '>0 Pfund Sterling für den Tag verknüpft, und es versteht sich von selbst, daß die durch die Zurückhaltung ver ursachte Postverspätuug höchst unangenehme Folgen nach sich zieht. Zweifellos greift wegen dieser unerhörten englischen Rücksichtslosigkeiten auch in Dänemark der Unwille gegen England um sich. In pri vaten Kreisen kann man viele erregte Äußerungen inbezug auf die englischen „Methoden" hören: jedenfalls ist die englandsreundliche Stimmung, wovon früher wohl auch in den: ersten Kriege jahr weite dänische Kreise beherrscht waren, ganz entschieden verblaßt. Bei alledem aber macht sich die dänische Presse, wenn sie diese Dinge erwähnt, die größte Mäßigung zur Pflicht. In keinem anderen neutralen Lande ist man hin sichtlich der öffentlichen Erörterung und Würdi gung der Kriegsereignisse und ihrer politischen und wirtschaftlichen Folgen so vorsichtig wie in Dänemark. --t Das ist eine der wichtigsten Wirkungen der absoluten und in striktester Weise befolgten Neutralitätspolitik des Ministeriums Zahle. Das radikale Ministerium, welches bis heute die Ge schicke Dänemarks während des furchtbaren Wettbrandes mit glücklicher Hand geleitet hat, prägt es der Bevölkerung und der Presse immer und immer wieder »in, daß eine streng neu trale Haltung nicht nur von den eigentlichen Leitem der Großpolitik des Landes eingenommen werden müsse, sondern auch die Meinung^ Äußerungen des Volkes zu umfassen habe: namentlich legt die dänische Regierung ein scharfes Gewicht darauf, daß die Presse in der Beurteilung der Kriegsvorgänge eine ganz und gar objektive Haltung einnehme. i Mit Ausnahme weniger konservativer Haupt stadtblätter, die ohne nennenswerte politische Bedeutung sind, haben die dänischen Preß organe den Wunsch der Regierung durch eine leidenschaftslose Haltung gewürdigt, die, soweit es sich wenigstens um die englischen Rücksichts losigkeiten handelt, von einer fast übermensch lichen Geduld zu zeugen scheint. Auf eigner 6ckolle. Ns Romcm von Guido Kreutzer. <ForNetzung.) „Danach kam daun die Geschichte mit den Hvpolheken: und heute bist du so weit, daß dir sozusagen nicht einmal mehr das Bett gehört, in dem du hier übernachten wilst." Langsam, fast zögernd stand der junge Graf Scharrehn auf und ging bei seinem Freund vor über ans Fenster. Da blieb er stehen; und seine Augen tasteten sich widerwillig über den Gutshof hinweg bis zu einer breiten Lücke zwischen einer Scheune und dem Pferdestall, durch die man weit hiuausschauen konnte auf das flache Land. Das lag schweigend da; regungslos und toleinsam. Da wandte er sich jäh um. Seine Hand krauipfte sich an dem Fenstergriff. „Weshalb ist Trerow eigentlich nicht Majorat," sagte er zwischen den Zähnen. Albrecht Grona warf seine Zigarre durch die eisernen Gitterstäbe des Kamins in das auf sprühende Feuer. „Ja — weshalb eigentlich nicht?" wiederholte er mit kurzem Anflachen. „Darüber habe ich mir in diesen Tagen auch schon öfters den Kopf zerbrochen. Daß auch nicht ein einziger von deinen Vorfahren auf diese naheliegende Idee gekommen ist — dann könnten sie dir jetzt alle kreuzweise mit Hallo den schön geschwungenen Buckel Herunterrutschen; und vor allen Dingen wäre es dabei ganz ausgeschlossen gewesen, daß du je in solchen Schlamassel kamst, wie jetzt." Es war wieder ein Schweigen nn Zimmer. Hans Scharrehn stand noch immer gegen den Fensterrahmen gelehnt. Und dann nahm er sein silbernes Etui hervor und zündete sich eine Zigarette an. Nur, um irgendwie diese Stille zu unterbrechen, die ihm den Atem zu benehmen drohte. „Warum mich mein Vater nur in diese un glückliche Situation hineingehetzt hat," sagte er halblaut. Und in seiner Stimme war eine mut lose Abspannug. „Das Nächstliegende und eigentliche Selbstverständliche wäre ja der Abschied — ich seh's vollkommen ein. Aber der darf doch für mich noch gar nicht im Frage kommen, wo ich so kurz vor dem Oberleutnant stehe. Denn hätte ich für ihn auch tausendmal die triftigsten Gründe, draußen im Reich zucken sie ja doch nur vielsagend die Ächseln, wenn im Wochen blättchen steht: Scharrehn von den Herzogs- walder Ulanen; ein halbes Jahr vor dem Ober leutnant. Und dieses Achselzucken bedeutet eine Verurteilung, gegen die es keine Berufung gibt. Aber anderseits — wenn die Verhältnisse hier derart unglücklich liegen — ich könnte es doch gar nicht verantworten, auch nur noch einen einzigen Tag länger " Er brach ab. Mit einem so apathischen Ausdruck im Gesicht, als sei es schade um jedes Wort, das noch überflüssig gewechselt werde. Und in das ratlose Schweigen hinein sagte Albrecht Grona verbissen: „Ich habe mir in den letzten paar Tagen schon den Kopf zergrübelt, wo wir den handfesten Strick austreiben, an den wir nus aus der Patsche ziehen. Aber mir will absolut nicht ein fallen. Das ist gerade wie verhext. Dabei bin ich mir völlig klar, daß du ans Ehr- und Re putationsrücksichten wenigstens noch ein halbes Jahr beim Regiment bleiben mußt. Aber ohne den erforderlichen Pekuniären Hinterhalt sind die Aussichten dazu doch für die Katz." Nervös trommelte er mit den Fingern einen Sturmmarsch auf der Seitenlehne seines Stuhls. Dann hob er plötzlich halb die Hand. „Das einzige, was wir eventuell noch ver suchen könnten," wog er ab, „wäre eine ganz offene Aussprache mit dem Klaassen." Der Ulan zog die Augenbrauen zusammen. „Mit Deinem Inspektor? I" Jener sah ruhig auf und nickte bestätigend. „Ja, Hans — mit meinem Inspektor I Und wenn du vielleicht der Ansicht bist, daß ich mir respektive dir durch diesen Vorschlag etwas ver gebe, daun hast du eins vergessen in Erwägung zu ziehen; der Manu sitzt jetzt zweiunddreißig Jahre in Roggenthin als Beamter. Hat mehr als ein Vierteljahrhundert mit meinem Alten zu sammengearbeitet und kannte von euch Scharrehns sogar noch deinem Großvater. So manche Zigarre haben die beiden alten Knaben zusammen geraucht, wenn der Herr Geheime Hofrat nach Trerow kam, um ein paar Wochen „fern vom majestätischen Stirnrunzeln" seine Ruhe zu haben." „Und du glaubst wirklich, daß uns von dieser Seite eine Erleuchtung kommen könnte d" Der Roggenthiner schob die Schultern hoch. „Warum mcht, Hans? — Solche Leute, wie mein oller StoppelhopS, die kennen schließlich jedes Mauseloch in der Umgegend und wissen manchmal mehr, wie ihre eigenen Prinzipale: Das ist eine ganz alltägliche Erscheinung." „Wo aber jetzt am späten Abend den Manu herbetommsu?" Albrecht Grona lachte. „Das Rätsel ist leicht gelöst; er sitzt drüben in deinem Jnspektorhaus und wartet auf mich, weil wir zusammen nach Roggenthin zurückfahren wollten." „Na denn — meinetwegen, Albrecht. Trotz dem ich mir, offen gesagt, wenig Erfolg ver spreche." ' , Der andere hatte schon die Türklinke in der Hand. „Abwarten und Tee trinken, mein Junge." Ein paar Minuten später war der Alte zur Stelle. Den jungen Offizier begrüßte er mit einem . kurzen Händedruck. Dann lehnte er sich gegen den Kamin; hielt den Kopf mit dem schütter», grauen, fast schon weißen Haar ein wenig gesenkt und hörte zu, was Albrecht Grona ihm aus einandersetzte. „Also Klaassen," endete^ sein Herr. „Das wäre in großen Zügen der Stand der An gelegenheit. Sie sehen, ich drehnbartle wie ein pensionierter Nachtwächter. Das kommt daher, wett wir beide — weder der Graf noch ich einen vernünftigen Ausweg wissen." „Aber ich," sagte der Inspektor ruhig. Und so etwas wie ein Lackeln zuckte in seinem Gesicht. Albrecht Grona sah zu seinem Freunde hin über'. Der war überrascht aufgezuckt. Peter Klaassen sprach weiter. Immer mn dem leisen Lächeln des hilfsbereiten Alters. k „Daß die Aknen hier in Trerow gegenwärtig sozusagen unter Tageskurs standen, wicht' i4
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