Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 15.08.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190308158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19030815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19030815
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-08
- Tag 1903-08-15
-
Monat
1903-08
-
Jahr
1903
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.08.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
itten, m. zum l j> en. jetzt chien, /die l'szu/ daß Iglüa Ver- eine doch ugen chten des laut iasse, gend lung sagt, Ge- 'l" äußersten Falle, wenn es sich uni Die Hochzeit eines Niesen. Der zurzeit .größter lebender Mensch der Welt geltende ^le Ehmke ist dieser Tage mit seiner Buch- Mn aus dem Standesamte zu Groß-Flint- in» Wch verbunden worden. Der glückliche in E' seinerzeit als der größte Soldat der ->n /Wen Armee den Kaiser aus mehreren Aus- begleitete, mißt 2,28 Meter; er reist "treM ^en Jahren als „Sehenswürdigkeit" ma ' macht damit zweifellos bessere Geschäfte, k>iE während seiner früheren Stellung als Bier- einer Kieler Brauerei. eiten^bechs Kinder verbrannt. Zu dem be- gemeldeten Unglück in dem Orte Remten- Appe^bei Adorf werden noch folgende Einzelheiten In dem Wohnhause des Landwirts wich^l schliefen sechs Kinder von zehn bis drei nn M, drei Knaben und drei Mädchen, auf der dr Gersten Boden, die Eltern und das jüngste ezwvD untersten Stock. In der Nacht ver- nre E Herr Neudel Geschrei von oben und n M °r hinauf stürzte, schlugen ihm bereits hm F Nammen entgegen! Er selbst ist bei PfW vergeblichen Bemühen, die Kinder zu i erh^ schwer verbrannt. Das Anwesen brannte bg nieder. Am Morgen fand man die —der Kleinen — verkohlte Überreste! Sie sich age sechs in einer Ecke zusammen- als wollte eins bei dem andern Schutz W, und sind unfehlbar erstickt. Wie das mehr «er Msgekommen, jst noch ein Rätsel. In i WMfender Weise gibt sich das Mitgefühl der hn Mhnenden Bevölkerung kund. Hunderte und iurzsE äderte wanoern nach «Remtengrün und ntwiE^mst der fast aller ihrer gesunden, prächtigen , M beraubten armen Mutter. V-r/Eisersucht erschoß auf der Berliner - ^,Mee bei Freienwalde a. O. ber Maschinen- -ciner Ziegelei seine Geliebte und dann Zahl H IM.. d junger Straus; ist im Zoologischen ung ^n zu Halle einem Ei entschlüpft, nachdem auf "iRnnliche Strauß 40 Tage lang geduldig rI gebrütet hat. Dieser Erfolg ist recht t Z'hM^Mert, da seit Bodinus' Zeiten es nicht >as ist, in europäischen zoologischen Gärten vor zu züchten. Gegenwärtig brütet das gr^M noch weiter auf zwei Eiern, die n bE gelegt wurden und infolgedessen erst in Wie acht Tagen ein Küken liefern können. >erk einen Hund vom Tode des Er- el gerettet wurde, dem ,Oberschl. Anz.' ls «EM, sigx achtjährige Anton Klopfer, Sohn joE? Besitzers aus Niedane. Der Knabe wollte e N»och hochgehenden Oder baden, wurde etroffe^ M Wellen fortgerissen und schien ver- >en eiVi Ein größerer Hofhund, der mit dem a eiE^n au hon Strom gegangen war, stürzte 18 PfjWach, faßte den schon Ertrinkenden und verkefi schle ihn bis an eine weniger tiefe Stelle tritt Agen, wo dann das Kind gerettet wurde. erkE». Ehrend eines schweren Gewitters heiBvÄ der Blitz in eine Wirtschaft in Kleinott- esM,i bxj Agjstrslautern, in welcher aus Anlaß en d^Mchtvoihe Tanzmusik stattfand. Vier umlleV^n wurden sofort getötet, eine Person seit del »nd mehrere leicht verletzt. Familiendrama. Die beiden in h dBjk/ stablierten Söhne des Fabrikanten Herns- iebcil^»ih/a Straßburg i. E. waren in Uneinig- 'lnfd'l'U geraten und zur Beilegung des Zwistes rde ^ül j^ltaßburg gefahren. Dort kam es aber heftigen Auftritten in Gegenwart des wi'art^V daß letzterer Schutzleute herbeiholen n die den älteren Sohn aus der Woh- ite iüEMrnen sollten. Als der Vater mit den Plos^R» erschien, um den Unruhestifter ge- t del hinauszubringen, geriet dieser in solche ' "aß ex einen Revolver hervorzog und -atzch V jüngeren Bruder durch einen Schuß »> Dann bedwhte er die Schutzleute mit äi Ü»» Md ergriff die Flucht. Später sand >a 1^ Leiche des Brudermörders, der sich bei en !»/, unter einen herankommenden Eisen- de- KiU geworfen hatte. Der auf so schreck- z NIÜ seiner beiden Söhne beraubte alle MB dem Wahnsinn nahe. kesser» Kinder des Astronomen. So oft ochB Monat beginnt, wird Herr Zaubert, fftW HAestor des Parise: Observatoriums, von >^lhen Reportern bestürmt und nach dem k tz? letzen Augenblick ungünstige Umstände hMrheit zu Tage förderten, für beide Ver- ktzj » die Freisprechung erwarten, aber die E'?Mal, das Bewußtsein, den geliebten Ml H "in Wort befreien zu können und l Al Zu dürfen, wenn sie den Liebsten nicht lHtba chtigkeit überantworten wollte, zehrte V cm ihrem Herzen. Dieser Zwiespalt Seele machte sie halb wahnsinnig. h c ein Gespenst schritt das Gewissen neben .six Md flüsterte ihr die grausamsten Vor- Wenn sie die kummervolle Gestalt .. chwägerin erblickte, dann erfaßte es sie j/.Mvr kaum zu widerstehenden Gier, Raserei ihrer Verzweiflung selbst- Ri'u ihr niederzuwerfen und ihr alles »ur um ein Ende zu machen, den cst' suchen unerlläglichen Zustand zu ändern. M gönnte die Vernunft ihrem rin- lsi,. Httzen. Lerft^r/verzehre, sondern geheime Schuld ihre im< glaste. kV A unsäglich unter der Sorge um die je, H ilM K gleich nahestehenden Männer, die beide te, dß U,' ichwer um der Schuld des einen wegen t uB M. «nußten, den sie vor ihrem Herzen ft vB N nur halb belastet fand, weil er doch Njn? gerechter Erregung gehandelt hatte. ' "b/ kV ^tte er sich nicht diese blutige Ge- gleB s/Ig verschaffen dürfen, aber es war nun - As st geschehen — und sie liebte ihn nach : eint st;/» Gang der Gerichtsverhandlungen, die da» N Me der Zeugenverhöre ließen, wenn nicht fröh« " " " -- - - Doch „Wetter der kommenden dreißig Tage" gefront. Herr Zaubert kennt das Wetter der kommei^m dreißig Tage ebensowenig wie die Hersch Berichterstatter, aber er sagt es in liebens würdigster Werse voraus, so gut oder so schlecht es geht. Am 1. August aber sanden ihn die Journalisten nicht wie sonst bereit, ihnen die Wetteraussichten für den laufenden Monat zu prophezeien. „Sie müssen mich diesmal ent schuldigen, meine Herren," sagte er, „meine Frau hat mich nämlich heute mit Zwillingen beschenkt!" Die Zwillinge haben die Namen Kastor und Pollux bekommen. Auch die anderen Kinder des Herrn Zaubert sind nach Sternen benannt: drei Söhne heißen Uranus, Jupiter und Saturn, und ein Töchterchen, das jetzt etwa 5 Jahre alt ist, nennt sich Venus. Im Berner Bärenzwinger trug sich dieser Tage, wie der Münchener Illg. Ztg/ aus der Schweiz geschrieben wird, ein komischer dessen Einweihung am 9. d. stattfand, ist in der Anstalt für kunstgewerbliche Arbeiten von Xaver Abt in Mindelheim (Bayern) hergestellt worden. Das Standbild ist in Kupfer getrieben, 2,4 Meter hoch und nach dem Modell des Bildhauers Georg Atbertshofer in München verfertigt. Die Bewohner von Wörishofen erfüllen mit der Errichtung dieses Denkmals eine DankeSpflicht, da der einst unbekannte Ort durch diesen verstorbenen Priester, der sich all gemeiner Beliebtheit erfreute, sich zu einem weitbe kannten Kurorte aufgeschwungen hat. SebastianKneipp hat sich bekanntlich durch seine Wasserkuren einen Namen gemacht. Er ließ Reiche zahlen, um Arme unentgeltlich behandeln zu können. Sein gerades Wesen war allgemein bekannt. Vorfall zu. Eine fremde Dame unterhielt sich damit, einen Bären mit Rüben zu füttern, und Plötzlich fiel ihr das Portemonnaie in den Zwinger hinab. Der Bär faßte es und ritz es auseinander: die Goldstücke und Banknoten, sowie ein Eissnbahnbillett warf er verächtlich beiseite, das lederne Portemonnaie aber verzehrte er mit gutem Appetit. Der amerikanische Millionär Gould und seine Gemahlin find bei einer Automobil fahrt lebensgefährlich verletzt worden. Der Versuch mit seinem neuen Luft schiff ist Prof. Langley mißglückt. Der be kannte amerikanische Forscher hatte früher schon mit einem Lustschiff nach eigenem Plan etwas Erfolg, so daß ihm der Kongreß der Ber. Staaten eine Beihilfe zum Bau einer neuen noch verbesserten Flugmaschine gewährte. Dieses neue Luftschiff („Aerodrom") ist am 8. August auf dem Potomatfluß ausgelassen worden. Das Leben und Tod des Unschuldigen handeln sollte, wollte sie die Wahrheit bekennen, sonst war sie entschlossen, mit allen Mitteln, die ihr zu Ge bote standen, mit Aufopferung ihres bessern Selbst, das unter diesen Kämpfen, wie sie trauernd empfand, zugrunde ging, den Ge liebten zu retten. Ihretwegen war die Tat ge schehen. Vor ihrem liebenden Herzen war die Schuld kein Mord, nur eine Handlung des Jähzorns, den der Ermordete herausgefordert hatte. * . * Der Tag der Hauptverhandlung war heran gerückt. Frühzeitig schon waren die beiden Frauen in einem kleinen Einspänner nach der Kreisstadt gefahren. Die andern Zeugen waren gemeinschaftlich in einer Britschka dorthin gelangt. Rosa und die Müllerin begaben sich zuerst zum Kastellan des Gerichtsgebäudes, den sie um Vermittelung einer Unterredung mit den Gefangenen baten. Der Mann zeigte sich wenig geneigt, etwas für die Frauen zu tun. Als ihm aber die Müllerin ein blitzendes Silberstück in die Hand drückte und ihm verhieß, sich noch erkenntlicher zu zeigen, wenn es ihm gelänge, die gewünschte Unterredung möglich zu machen, da zeigte er ein freundlicheres Gesicht und ent fernte sich mit dem Versprechen, das Gesuch bei dem Richter zu unterstützen. Er kehrte aber bald mit abschlägigem Bescheide zurück. Die Müllerin stöhnte schmerzlich auf, als ihr der Mann niedergeschlagen die Kunde brachte. Die geschwundene Aussicht auf ein ansehnliches Ding flog zwar 100 Meter weit, dann stürzte es kopfüber in den Fluß und wurde vollständig zertrümmert. Wie der Gehilfe des Professors bemerkte, habe der Versuch trotzdem bewiesen, daß erstens das Gleichgewicht völlig hergestellt, zweitens die Tragkraft hinreichend war und drittens die Luftsegel sich bewährt hätten. Während eines Ballspiels brach zu Philadelphia eine in dem Baseball-Park er richtete Tribüne, die mit einer großen Zu schauermenge besetzt war, zusammen, wodurch vier Personen gelötet und 150 verletzt wurden. An dem Aufkommen von 13 der Verletzten wird gezweifelt. GericktskaUe. W Berlin. Der Ferienstrassenat des Kammer gerichts hat nunmehr über Streikpostenstehcn eine wichtige Entscheidung gefällt. Hier waren die Rohr leger in den Ausstand getreten und hatten Streik posten ausgestellt. Mehrere Streikposten waren von einem Poilzeiwachmeister aufgefordert worden, sich aus der in Betracht kommenden Straße zu ent fernen. Die Streikposten entgegneten aber, indem sie sich vom Bürgersteige auf den Straßen damm begaben, das Streikpostenstchen sei zulässig. Wegen Nichtbefolgung der polizeilichen Anordnung wurden die Steikposten unter Anklage im Hinblick auf eine Polizeiverordnung gestellt, die mit Strafe bedroht, wer den zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung, Rühe und Sicherheit aus der Straße er gangenen Anordnungen der Aufsichtsbeamten keine Folge leistet. Die Strafkammer erkannte aber auf Freisprechung der Angeschuldigten, weil eine Störung des Verkehrs auf der Straße nicht stattgcfunden habe. Diese Entscheidung griff die Staatsanwalt schaft durch Revision beim Kammergericht an und hob hervor, die Angcschuldigten hätten sich auf die polizeiliche Anordnung schon daim entsernen müssen, wenn auch nur die Gefahr einer Ver kehrsstörung vorgelegen hätte; eine solche Gefahr müsse aber um so mehr angenommen werden, als an vorhergehenden Tagen bereits Reibereien stattgefunden hatten. Das Kammergericht hob auch die Vorentscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung an die Strafkammer zurück, weil die Angeschuldigten auch schon dann der polizei lichen Aufforderung hätten Nachkommen müssen, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und den Verkehr aus der Straße anzunehmen gewesen Wäre. Paris. Der Humbertprozeß hält nicht, was er zu versprechen schien; die von der großen Therese verheißenen Sensationen bleiben aus. Die Schwind lerin behauptet steif und fest ihre Unschuld; die Crawfords existieren und die große Erbschaft existiert oder hat wenigstens existiert l Dabei bleibt sie. Am Dienstag begannen die Zeugenvernehmungen. Über Szenen aus dem Konklave ist eigentlich schon ausreichend berichtet worden. Wir können uns aber nicht versagen, eine fesselnde Schilderung wiederzugeben, die Luigi Barzini im ,Corriere della Sera' entwirft. Der bekannte Publizist schreibt-: „Ach, das ist kein heiteres Dasein im Konklave! Alles war ver schlossen, verstopft, versiegelt; von der Außen welt sah man nur ein Stückchen Himmel am Morgen und am Pachmittag. In den Stunden, in denen die Proklamation des Papstes erwartet wurde, drang der Lärm der Menge auf dem Platze bis zu den in der Sixtinischen Kapelle versammelten Kardinälen wie das Tosen eines fernen Unwetters. Das war das einzige Ge räusch, das von außen hereindrang. Aufge standen wurde morgens um 5 Uhr. Schon eine halbe Sunde später trafen sich aus den weiten hallenden Korridoren und in den Hellen Gängen die kleinen Gefolgschaften der Kardinäle. Die diesen attachierten Nobelgardisten waren den Eingeschlossenen sehr nützlich, denn nur mit ihrer Hilfe gelang es, den Weg durch das ungeheure Labyrinth von Sälen, Korridoren, Treppen und Durchgängen zu finden. Alle Kardinäle gingen früh nach der Paulinischen Kapelle hinab, um die Messe zu lesen. Um neun Uhr, nachdem das Frühstück eingenommen war, vereinigten sich die Kardinäle in ihrer Sixtinischen Kapelle; nachdem die Töne des „Komm, heiliger Geist", eines Gebetes, das vier Tage lang unerhört blieb, verklungen waren, begann die Abstimmung. Keiner der Kardinäle außer Oreglia hatte je an einem Konklave teilgenommen. Die Groß artigkeit der Szene überraschte sie und viele Trinkgeld wirkte sichtlich auf das Gemüt des rotnasigen Menschen. „Du sollst wenigstens Ignatz sprechen, ich werde den Herrn Richter selbst darum bitten." Mit diesen Worten richtete sich Rosa auf, die bleich und stumm an dem großen Türflügel des Eingangs gelehnt und die verzweifelten Gebärden und die erstickten Klagetöne der Schwägerin mit starren Augen verfolgt hatte. „Ich will es er zwingen und wenn's mein Leben kostet, du sollst deinen Wunsch erfüllt sehen," sagte sie tonlos, und die gebeugte Gestalt verschwand mit müdem, schleppenden Gang hinter der Tür, aus welcher der Kastellan herausgetreten war. Mit neubelebter Hoffnung blickte die Müllerin hinter ihr her. „Gott gebe ihr Erfolg," flüsterte sie; „ich muß ihn sehen, noch einmal sehen, ehe das Gericht über ihn entscheidet." Wenn er verurteilt würde! — Der Gedanke packte sie plötzlich mit so grausamer Lebhaftig keit, daß sie einen Aufschrei, der bei dieser Vor stellung in ihr empordrängte, kaum unterdrücken konnte. Wenn er verurteilt würde — dann sähe sie ihn nicht mehr. Sie ging von der naiven Voraussetzung aus, daß dem Urteilsspruch un mittelbar die Ausführung des Urteils folge, und da sie bei den bisher stattgefundenen Ver nehmungen noch nie mit dem Gatten konfrontiert worden war, so glaubte sie, auch der heutige Gerichtsakt werde verlaufen, ohne daß sie ihren Mann zu Gesicht bekam. In qualvolles Grübeln versenkt, hockte sie, von Schreck übermannt, an der Mauer auf den Steinfliesen. „Ihr müßt hier fort," mahnte der Kastellan vertieften sich mit Inbrunst ins Gebet. Die Umgebung konnte nicht imponierender und ernster sein. In einigen Kardinälen steigerte sich das Gefühl der Verantwortlichkeit zu einer wahren Angst. Der Kardinal Cretoni zitterte am ganzen Leibe und hörte nicht auf, Gebete zu stammeln. Die feierliche Vereinigung verlief im Stillschweigen. Auf dem Pult, das jeder Kardinal vor sich hatte, brannten zwei Kerzen. Zur Ausfüllung der Stimmzettel benutzten die Kardinäle Gänsefedern, dann wurden die Zettel in die Urne gelegt; die Kardinäle erneuerten noch vorher am Altar den Schwur, die Stimmen nach bestem Gewissen gemäß den höchsten Inter essen der Kirche abzugeben. Nachdem die Urne geschüttelt war, schritt man zur Auszählung. Die Stimmen wurden in einem eigenen Register angemerkt. Das war der Augenblick der höchsten Spannung. Die Namen, die von den Zetteln mit lauter Stimme abgelesen wurden, mit langen, langen Pausen, hallten im stillen Saale wieder. DieKardinäle blieben feierlich und unbeweglich auf ihren kleinen Thronen. Jeder, der genannt wurde, hatte die Blicke aller anderen auszu halten. Manchmal wurde die Verlesung einer Summe durch etwas Undefinierbares gleichsam unterstrichen. Die französischen Kardinäle ver heimlichten ihre Zustimmung nicht, besonders nicht am ersten Tage, sobald der Name ihres Kandi daten genannt wurde. Der Kardinal Langenieux sagte jedesmal ein leise vernehmliches „gut", sobald der Stimmzähler ein „Eminenz Nampolla" ausricf. Aber während der letzten Wahlhand lungen ist der Kardinal still und in sich ver sunken geblieben. Eine physiognomische Studie über die Kandidaten wäre interessant gewesen, um festzustellen, wieviel von der inneren Er regung auf ihren Gesichtern zum Ausdruck kam. Es ist nur beobachtet worden, daß Rampolla eisig unbewegt blieb, während Oreglia, der am ersten Tage zwei Stimmen bekam, verschiedene Male mit dem Kopf schüttelte. Der Nest des Tages zwischen den beiden Abstimmungen verlief ruhig, mit Beratungen und Besuchen. Der Kampf war heftig, aber unter Schmeicheleien verhüllt, es war ein Krieg zwischen wohlerfahrenen Diplomaten. Das Leben im Konklave schien ein Familienleben zu sein, so still und ruhig verlief es. Ein größerer Schein von Harmonie hätte nicht herrschen können. Die Gespräche, die zwischen den Purpurträgern geführt wurden, sind und werden immer ein Geheimnis bleiben. Sie waren die Scharmützel. Die Abstimmung war die Schlacht; das Mahl stellte den Waffen stillstand dar. An der gemeinsamen Tafel, in halblauter und höflicher Unterhaltung, bei der jede Streitfrage vergessen schien, wurde manches geistreiche Wort gewechselt. Nach Tisch nahm man die Arbeit der Gruppenbildung und der Überredung wieder auf. Daß die Arbeit eifrig betrieben wurde, das ersehen wir daraus, daß die Eminenzen sich nie vor 10V- oder 11 Uhr zum Schlafe niederlegten. Man könnte sagen, daß jeder die Stunde des Zubettegehens, d. h. die Stunde des Alleinseins möglichst hinaus schieben wollte. Wieviel aufgeregte, schlaflose, und qualvolle Nächte, da oben, in dem engen, verschlossenen Kämmerchen, wieviel Träume bei offenen Augen, wieviel flehende Gebete stiegen in diesen warmen Nächten empor! . . ." buntes Allerlei. Eine englische kirchliche Wochenschrift» das ,Wallasey Magazine' scheint von vielen ihrer Leser mit dem Abonnementsgelde im Stiche gelassen worden zu sein. In der letzten Nummer findet sich nämlich folgende zarte Erinnerung in Gestalt eines Dialogs an der Himmelspforte: Petrus: „Wer bist du?" — Applikant: „Ein Einwohner von Wallasey." — Petrus: „Warst du ein Abonnent des ,Walla sey Magazine?" — Applikat: „Ja." — Petrus: „Hast du auch dein Abonnementsgeld bezahlt?" — Applikant: „Das habe ich vergessen." — Petrus:,,^. !!!" Auch eine Wirkung. Frau: „Sie sind wohl Mitglied der Dienstboten bewegung?" — Dienstmädchen: „Ja wohl, gnädige Frau." — Frau: „Des dacht' ich mir, weil Sie so ost Ihre Plätze wechseln." „die Herren Richter werden gleich eintreten, Ihr dürft hier nicht sitzen. Aber wenn Ihr Euch ruhig verhalten wollt, dann geht dorthin rechts in den Korridor, setzt Euch dort auf die Bank und wartet geduldig, bis die Kleine Bescheid bringt." Damit verschwand er hinter der Tür, die in seine Wohnung führte. Die Müllerin erhob sich und schleppte sich in der angedeuteten Richtung fort. Mit müden, wankenden Schritten ging sie auf die Bank zu, sie empfand eine so tödliche Schwäche, als müsse sie jeden Augenblick zusammenbrechen. Endlich war sie am Ziel und ließ sich seufzend nieder. Wie lange sie dort gesessen hatte — sie wußte es selber nicht. Sre wußte nur, daß sie tausendmal und öfter denselben entsetzenbrin genden Gedankengang verfolgt hatte, der sie von der Gefängniszelle zu einem schrecklichen Etwas führte, sie vermochte nicht zu sagen, was es war. Ihre Phantasie, die ohne die Unter stützung vorher gewonnener Eindrücke arbeitete, malte ihr in plumpen Zügen ein furchterregendes Gestell — war es ein Galgen — oder ein Schafott? Aber nein — nein — so kann es nicht enden, o, so Grausames kann Gott nicht wollen — er ist ja unschuldig und die heilige Mutter Gottes wird ihn schützen. So mahnte sie sich immer wieder selbst zur Wirklichkeit zurück, wenn sie vor dem letzten Bilde ihrer Bettachtungen angelangt war und die bleichen, entstellten Züge des geliebten Maunes rm Geiste sah. V i (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)