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Allgemeiner Anzeiger : 29.04.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190304295
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19030429
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19030429
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-04
- Tag 1903-04-29
-
Monat
1903-04
-
Jahr
1903
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 29.04.1903
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politische Aunälckau. Deutschland. * Das Programm für den Besuch Kaiser Wilhelms in Rom ist nach den dort vor liegenden Nachrichten jetzt wie folgt festgesetzt: 2. Mai nachmittags Ankunft, 3. Mai Truppen schau, 5. Mai Abfahrt früh 9 Uhr nach Monte- casfino, Rückkehr gegen 5 Uhr, 6. Mai Abreise. Zum Ehrendienst für den Kaiser sind außer dem Generalleutnant Rogier, Generalinspekteur der Artillerie, noch der Konteradmiral Delibero, Flügeladjutant König Viktor Emanuels, Oberst leutnant Gastaldello, Militärattachö in Berlin, und Oberstleutnant Merciani, Flügeladjutant des Königs, bestimmt. * Der deutsche Kronprinz wird fort gesetzt von den Zeitungen verlobt. Kaum ist dem Gerüchte widersprochen worden, daß die Prinzessin Cumberland die Aus erwählte sei, so bringt die .Berl. Morgenpost' von „bestunterrichteter Seite" die Meldung, daß die Prinzessin Margarete, Tochter des Herzogs von Connaught, als künftige Gattin des deutschen Kronprinzen ausersehen sei. Auch sei die Bekanntgabe einer zweiten Verlobung zu erwarten: die des Prinzen Friedrich Heinrich von Preußen (Sohn des Prinz-Regenten von Braunschweig) mit der Prinzessin Alice, Tochter des ver storbenen Herzogs von Albany. * Zu den Handelsverträgen wußte die ,Franks. Ztgff zu melden, daß die Verhand lungen yrit Rußland schon ziemlich weit ge diehen seien. Ein Vertreter der russischen Re gierung weile seit einer Woche in Berlin und arbeite mit den deutschen Regierungsvertretern. Man glaube, daß der Handelsvertrag mit Ruß land in vier Wochen fertig sei. Auch die Ver handlungen mit Ost erreich und der Schweiz seien bereits ziemlich weit gediehen. Diese Nachricht eilt den Tatsachen erheblich voraus. Bis jetzt ist weder mit Rußland noch mit Österreich und der Schweiz über neue Handels verträge verhandelt worden. Wann die Ver handlungen beginnen werden, darüber ist noch keine Bestimmung getroffen worden. * In das Jnvalidengesetz sind schon jetzt diejenigen Privatbeamten zwangs weise einbegriffen, die kein größeres Einkommen als 2000 Mk. haben. Diejenigen, die über 2000 Mk. Einkommen haben, können sich jeder zeit freiwillig versichern. Darüber, inwieweit es möglich sein dürfte, auch den Hilfsbeamten der Rechtsanwälte, Gerichtsvollzieher usw. den Bei tritt zur Reichsinvalidenverficherung zu eröffnen, schweben der,Berl. Börsenztg.' zufolge zurzeit Verhandlungen mit den bei dieser Frage be teiligten einzelstaatlichen Justizverwaltungen. *Die erste Reichseümabmequelle, über die ein amtlicher Abschluß für das Etatsjahr 1902 vorliegt, ist die W e ch s e l st e m v e l st e u e r. Sie hat 12 072 638 Mk. ergeben und ist damit hinter der des voraufgegangenen Jahres um 347 690 Mk. zurückgeblieben. Der ELatsanschlag für 1902 sieht eine Einnahme aus der Wechselstempelsteuer von 12 844 000 Mk. vor, so daß die tatsächliche Einnahme hinter der im Etat ausgeworfenen um 771872 Mk. oder 6 Prozent zurückgeblieben ist. Von den einzelnen Oberpostdirektionen haben den größten Ausfall gegen über dem Jahre 1901 gehabt-Dresden mit 49 795, Düsseldorf nlit 39 696 und Karlsruhe mit 39 558 Mark, während die Steigerung am beträchtlichsten war im Bezirk Bremen mit 27 833 Mk. Im Ober- postdirektio^bezirk Berlin sind 1718126 Mk. oder 9194 Mk. WKliger als im Jahre 1901 eingekommen. * 14 tägige Reservenbungen sollen der ,Schles. Ztg/ zufolge in Schlesien vom 19. Juni bis 2. Juli bezw. 23. Juni bis 6. Juli und für die Landwehrleute vom 19. Juni bis 2. Juli und 24. Juni bis 7. Juli verfügt worden sein. (Die betreffenden Mannschaften würden danach für die S ti ch w ah l e n ihres Wahlrechtes verlustig gehen.) .* Nach der neuesten offiziellen Zusammen stellung im Preuß. Abgeordneten- h aus e hat sich die Stärke der Fraktionen wie folgt gestaltet: Konfervalive 143, Zentrum 98, Nationalliberale 75, Freikonservative 58, Frei sinnige Volkspartei 24, Polen 13, Freisinnige Vereinigung 10, bei keiner Partei 7, erledigt sind 5 Mandate. * In Trier ist der Kaplan Reitz, bisher im Nebenamte katholischerReligions- lehrer an der Realschule in Kreuznach, zum Religionslehrer an der st a atli ch enh ö h eren Mädchenschule und dem Lehrerinnen seminar berufen worden. Frankreich. * Ministerpräsident Combes hat denBischos Turinaz von Nancy benachrichtigt, daß sein Gehalt gesperrt sei. England. *Die englische Regierung hat, wie Balfour im Ünterhaute erklärte, beschlossen, an dem Bagdadbahnplan nicht teilzu nehmen. Italien. *KönigEduard wurde am Donnerstag in Neapel vom Herzog der Abruzzen, vom deutschen Kronprinzen und vom Prinzel Eitel Friedrich begrüßt. Im Namen deS Königs Viktor Emanuel hieß eine militärische Abord nung unter Führung des Generals Pedolli den König Eduard willkommen. Ruhland. * Bobrikow, der Generalgouverneur von Finnland, beginnt bereits auf Grund der ihm übertragenen außerordentlichen Vollmachten, mit Au s w e isu n g s m aßr e g e ln gegen unbequeme Elemente vorzugehen. Wie aus Helfingfors gemeldet wird, haben Bankdirektor Graf C. Mannerheim und der Großindustrielle R. Wolff den Befehl erhalten, binnen 7 Tagen Finnland zu verlassen. Balkanstaaten. *Der militärische Überwachungs dienst der Eisenbahn-Linien in Macedonien ist jetzt durchgeführt. Bei allen Kunstbauten stehen größere Posten, ferner auf der ganzen Strecke acht Mann pro Kilo meter. Die Frage der Entsendung der fremden Militärattaches nach Macedonien ist offiziell nicht verhandelt worden. Eine neue Filiale der Ottomanbank ist in Usküb eröffnet worden. *Die Nachricht, daß der Mörder des russischen Konsuls Schtscherbina, der Albanese Ibrahim, bereits zum Tode ver urteilt sei, ist nach der ,N. Fr. Prff falsch. Ibrahim wird mit seinem Mitschuldigen, einem albanefischen Gemüsehändler aus Mitrowitza, erst dieser Tage nach Usküb gebracht und hier erst vor Gericht gestellt werden. Die Anklage lautet, der Gemüsehändler habe in Mitrowitza öffent lich erklärt, der russische Konsul hätte schon längst getötet werden sollen, aber „wir sind nicht mehr die alten Albanesen, wir haben keinen Mut mehr." Ibrahim antwortete: „Ich habe Mut dazu und werde es tun" und verübte hierauf das Attentat. Amerika. *Der Streit zwischen Brasilien und Bolivien um das Acregebiet ist plötz lich wieder brennend geworden. Wie aus Washington gemeldet wird, soll täglich ein Zu sammenstoß zwischen den Truppen des Generals der bolivianischen Aufständischen, Placido Castro, und den Regierungstruppen der Republik Bolivia erwartet werden, welche unter dem Kommando des Präsidenten Pando selbst im Anzuge find. Die brasilianischeRegierung hat den aufständischen General Placido in ihren Sold genommen, und in Washington ihren Ent schluß mitgeteilt, das ganze Acregebiet zu be setzen. Das frühere Abkommen mit Bolivia gilt als zerrissen. Afrika. * In ihrem Feldzug gegen den tollen Mullah haben die Engländer eine schwere Niederlage erlitten. Eine Ab teilung der Expedition ist vollständig aufgerieben worden. Nach einer Reutermeldung aus Aden sind in einem Gefecht bei Nayiloda, 40 Meilen von Silado, 200 Mann .gefallen, darunter 10 Offiziere. Das in Aden von Berbera ein getroffene Transportschiff „Hardinge" bestätigt das Gerücht, daß im Somaliland von einer im ganzen 220 Mann starken englischen Streitmacht 10 Offiziere und 180 Mann gefallen sind. * Der Sultan von Marokko soll seit mehreren Tagen erkrankt sein; die Empfänge Die Vorberei- j von Enropäern sind eingestellt. K Vas liebe 6eLä. 15j Roman von Fritz v. Wickede. GorlietzM'gU „In bunter Reihe schwirrten mir diese Vor stellungen durch den fieberglühenden Kopf; ich fühlte mich so hilflos, so verlassen, daß ich nicht einmal Worte fand, um meiner Empörung Ausdruck zu leihen. Ernsthausen bemerkte meine Verschüchterung, mein Zaudern, mein Schwanken. Mit schmeichlerischer Rede begann er nun auf mich einzudringen und, immer kühner gemacht, von seiner Liebe zu mir zu reden. In halber Betäubung hörte ich ihn an. Als er sich aber, kühn gemacht, mir nähern, seinen Arm um mich schlingen wollte, da wich die Erstarrung, die meine Sinne umfangen gehalten. Ich sprang von meinem Sitz empor und stieß ihn mit Macht von mir, dann eilte ich zur Tür und dieselbe weit aufreißend, hinaus. Wohin ich wollte, das wußte ich nicht, nur fort, fort aus der Nähe des entsetzlichen Mannes. Unwillkürlich, mir selbst unbewußt, schlug ich den Weg ein, den ich hierher gekommen war. Eine entsetzliche Angst hatte mich gepackt. Ich floh, als wenn eine Schar höllischer Geister hinter mir her wäre. .Den schmalen Gebirgs pfad hinab stürmte ich, ohne an Gefahren zu denken, und wenn es mein Leben gekostet hätte, ich mußte vorwärts, fort, gleichviel wohin. Und wirklich sollte mich ein Unfall treffen. Bei der Wendung des Weges, gerade da, wo sich der Pfad an einem Abhang hinwand, verfehlte mein Fuß das richtige Ziel. Ich wankte, verlor den Halt, es wurde mir schwarz vor den Augen, noch hatte ich die Kraft, einen Schrei auszustoßen — im Fallen haschte ich nach den buschigen Zweigen einer Pflanze, die meine Hand streifte, aber die dünnen Aste gaben nach — ich stürzte und verlor das Be wußtsein." Die Erzählerin machte eine Pause; beide Hände gegen die Brust drückend, starrte sie eine Zeitlang schweigsam ins Leere, dann fuhr sie in ihrer Erzählung fort: „Als ich die Augen wieder aufschlug, be fand ich mich in meinem Zimmer; anfänglich schien es mir, als sei alles ein wilder, wüster Traum gewesen und ich aus langem, schweren Schlaf erwacht. Aber bald kehrte ich zur Wirk lichkeit zurück. Nasse Tücher und Kompressen umhüllten meinen Kopf, meine Glieder ivaren wie gelähmt und kaum konnte ich die Hand rühren. Ich war krank, schwer krank gewesen und auch jetzt noch nicht außer aller Gefahr. Erst nach und nach erfuhr ich, daß Landleute mich abgestürzt gefunden und meine Rettung bewerkstelligt hatten. Ich war auf einen Felsenvorsprung gefallen, das hatte mich vor dem sicheren Verderben errettet. Dennoch hatte ich mir eine Gehirn erschütterung zugezogen und Wochen, ja Monate gingen vorüber, bis ich meine völlige Gesund heit erlangte. Erst als ich wieder vollkommen in den Besitz meiner Kräfte gelangt war, sprach mein Vater über meine Flucht zu mir. Sein Tadel war weniger hart und bitter, als ich erwartet hatte, ja er ging sogar so weit, mir für die künftige Wahl eines Lebensgefährten völlig freie Hand zu lassen. tungen zu einer ExpeditiongegenTazza werden fortgesetzt. Der Aufständischen-Führer El Roghi (nach Meinung der Riffkabylen ein Abkömmling von Mulai El Dris, dem Be gründer der ersten mohammedanischen Dynastie in Marokko) ist auf einem Marsch nach Tazza begriffen. * Die Viehausfuhr von Holland und neuerdings von Frankreich nach Südafrika geht gut von statten. Holland lieferte bis jetzt Zuchttiere, um das Rindvieh der Kaffem und von Madagaskar zu verbessern. Anscheinend ge deiht das holländische Vieh gut. Gelegentlich des Besuches der drei Generale in Paris war diesen ein Geschenk von 103 erstklassigen Schafen angeboten worden. Diese Tiere sind nun in Kapstadt angekommen und einem be kannten Viehzüchter übergeben worden. ÄLM Keiebstage. Der Reichstag erledigte am Donnerstag in dritter Lesung debattelos die Novelle zum Reichsbeamten gesetz und begann hierauf die zweite Lesung der Krankenkassen - Novelle. Die Sozialdemokraten be antragten gleich zu 8 1, Gesinde, Arbeiter derLand- und Forstwirtschaft, sowie Hausindustrielle dem Ver- sicherungszwange zu unterwerfen. Die Rechte, die Nationalliberalen und das Zentrum ließen erklären, daß sie die Kommissionsbeschlüsse annehmen und sich an einer Diskussion über die sozialdemokratischen Anträge nicht beteiligen würden. Annahme fand zu 8 1 ein Antrag Raab (Antis.) betr. Einbeziehung sämtlicher Handlungsgehilfen in das Gesetz. Eine lange Erörterung knüpfte sich zu 8 6a an Anträge betr. Streichung der Bestimmung, wonach bei Trimk- fälligkeit die Gemeindekrankenkassen Versagung der Leistungen beschließen können. Es blieb schließlich bei dem Kommissionsbeschlusse. Am 24. d. steht auf der Tagesordnung die Interpellation Gröber-Stötzel (Zentr.) über die Tötung des Fußartilleristeu Hartmann durch den Seekadetten Hüssener in Essen, womit die Aufforderung an den Reichskanzler verbunden wird, durch Abänderung der bestehenden Vorschriften über das Waffentragen beurlaubter Mannschaften und Kadetten der Begehung solcher und ähnlicher Ver brechen mehr als bisher vorzubeugen. Staatssekretär Frh. v. Tirpitz erklärt sich bereit, die Interpellation sofort zu beantworten. Abg. Stötzel (Zentr.) begründet die Inter pellation, indem er den Vorgang eingehend darlegt, die Aufregung in der Bevölkerung schildert und daraus den Schluß zieht, daß die beurlaubten Sol daten und Kadetten kein Seitengewehr zu tragen brauchen. Staatssekretär Frh. v. Tirpitz: Es sind mir zwei Meldungen zugegangen, wonach Hartmann wegen Gehorsamsverweigerung getötet ist. Heute ist mir noch eine telegraphische Meldung zugegangen, in der es heißt, Hüssener habe den Hartmann wegen auffälliger Trunkenheit verhaften wollen. Hart mann sei dem Hüssener zwanzig Schritte gefolgt und dann entflohen, worauf Hüssener den Dolch zog und ihm den Hartmann mehrmals in den Rücken stieß. Hüssener hat angegeben, sich in gutem Glauben be funden zu haben, er bestreitet die Tötungsabsicht. Nach der Instruktion darf die Waffe nur angewandt werden, um tätliche Angriffe abzuwehren oder Befehle durchzuführen, und zwar in den Fällen äußerster Not und dringender Gefahr. Dagegen hat Hüssener direkt verstoßen. Hüssener ist Fähnrich im dritten Jahr, nicht Seekabett, das verschärft die Angelegen heit. Es ist dies ein exzeptioneller Fall, den man nicht generalisieren darf. Es ist nicht möglich, das Waffentraqen im Urlaub zu verbieten, sonst müßte man es in der Armee ganz verbieten. In der Marine wird das Vorgehen Hüsseners auf das aller schärfste verurteilt. Das dürfte der beste Schutz gegen eine Wiederholung sein. Auf Antrag des Abg. Schädler (Zentr.) er folgt die Besprechung der Interpellation. Abg. Lenzmann (frs. Vp.) betont die Not wendigkeit, dieses Vorkommnis zur Sprache zu bringen, ehe die Gerichte gesprochen haben, da die Session ihrem Ende zuneige, zumal dieser Fall symptomatische Bedeutung habe. Brüsewitz habe seine Untat durch seinen Tod gesühnt, Hüssener habe sich durch Unwahrheiten zu schützen versucht. Das sei unehrenhaft und feige. Daß der Hüfsener den Hartmann, seinen Schulkameraden, nicht erkannt habe, sei ausgeschlossen. Die Feststellung der Person sei also garnicht nötig gewesen. Hüssener habe aus drücklich zugegeben, er habe nicht auf Grund der Instruktion, sondern zur Wahrung seiner Offiziers ehre zur Waffe gegriffen. Durch eine solche Tat werde die Offiziersehre aber nicht gewahrt; das sei eine Ausrede, die dem Gegenteil von Mut ent sprungen sei. Wer es und dem Vaterlande gut meine, dürfe die Tat nicht beschönigen. Der Reichs Von Ernsthausen hörte ich nichts mehr, nur seine Angaben über Graf Bergen bestätigte mein Vater vollinhaltlich. Ich war in der Tat für ihn nur die reiche Erbin gewesen, deren Mitgift seinen zerrütteten Besitzverhältnissen aufhelfen sollte — geliebt hatte er mich niemals! Es dauerte lange, ehe ich mich gänzlich er holte; den Winter verbrachte ich im Süden und nach und nach erst vernarbten die Wunden, die das Schicksal meinem Herzen geschlagen. Im Laufe der Jahre trat eine Aenderung in dem Verhältnis zu meinem Vater ein. Er wurde milder, gütiger gegen mich und wir traten einander näher; seine zunehmende Kränklichkeit zwang ihn, seine Geschäfte aufzugeben und ich schätzte mich glücklich, bei ihm sein, ihn pflegen zu dürfen. Als er starb, war sein Tod ein schwerer Schlag sür mich, denn nun stand ich ganz allein da. Die bitteren Erfahrungen meiner Jugend hatten mich klug und vorsichtig gemacht — ich hütete mein Herz, und erst als ich Eduard kennen lernte, hatte ich nicht die Kraft, seiner Neigung zu widerstehen, die meine ganze Seele ausfüllte. Ich hätte es nicht tun sollen — einsam .zu leben war einmal mein Los. Aber ich dürstete so sehr nach nach Glück, ich dachte, auch mir müsse es gegönnt sein, von der Seligkeit zu kosten, die dem ärmsten Weibe beschieden wird; und ich bin auch glücklich, unendlich glücklich gewesen." „Und jetzt?" ftagte Overkamp gespannt. „Ich bin es nicht mehr, mein Freund, ich fühle, oaß ich nicht hierher gehöre, und Sie, tag müsse dafür sorgen, daß derartige alberne Jungen« streiche nicht wieder Vorkommen. Abg. Bebel (soz.) spricht die Befürchtung aus, daß die Interpellation keinen Erfolg haben werde. Es sei nicht die Tat eines einzelnen, sondern der Auswuchs eines Systems. Die Essener Bevölkerung , hätte den Übeltäter gelyncht, wenn es ihr möglich gewesen wäre. Hoffentlich werde Hüssener wegen Totschlag angeklagt und streng bestraft. Das Ver sprechen des Staatssekretärs, die Vorschriften den Leuten einzuschärfen, werde m den Fällen erfolglos bleiben, wo die Vorgesetzten ihre Ehre verletzt glaub- ' ten und zur Waffe griffen. Es sei durchaus er- , forderlich, das Waffentragen außer Dienst gänzlich ! zu verbieten. Dafür sprächen auch zahlreiche Präge- j leien, die in Garnisonen zwischen den Soldaten selbst . vorkämen. In den jüngeren Leuten entstehe manch mal ein Grötzenwahnsinn. Der Unteroffizier glaube, I der Stellvertreter Gottes auf Erden zu sein. Wer dieses System schütze, dürfe sich über seine Folgen § nicht beklagen. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Paasche j (nat.-lib.), Gröber (Zentr.), v. Normann Cons.), I Dreesbach (soz.), Bachem (Zentr.) und Unterstaats- l sekretär v. Tirpitz schließt die Besprechung. Es folgt die erste Beratung des Nachttagsetats für den Grundstückserwerb zum Neubau des < Marineamts-Gebäudes. Abg. v. Waldow-Reitzenstein (kous.) er klärt, seine Freunde hätten nach wie vor 'schwere Bedenken auch noch gegen diese neue Vorlage. Er beantrage daher Verweisung an die Budget kommission. Abg. Singer (soz.) schließt sich sowohl hin- ; sichtlich dieses Antrages wie der ihm zu Grunde liegenden Bedenken dem Vorredner an. Das Terrain in der Bellevuesttaße sei sicherlich noch billiger zu i haben; und außerdem sei es überhaupt ein ganz I falscher Weg. die beiden Dinge, Kauf in der Bellevue- ! straße und Verkauf des Hauses am Leipziger Platz miteinander zu verkoppeln. Abg. Bindewald (Antis.) bekämpft die Vor- ! läge. Man brauche sich für den Neubau doch nicht ; gerade die teuersten Straßen Berlins auszusuchen, i lind habe das Reich wirklich so furchtbar viel Geld, fo sollte es doch wenigstens von „deutschen ; Staatsbürgern" kaufen und nicht von jüdischen i Spekulanten. Staatssekretär v. Tirpitz bestreitet, daß es - sich bei der Bellevuesttaße um die teuerste Gegend . Berlins handle, und bittet um Bewilligung des i Geforderten. Abg. Graf Oriola (nat.-lib.) tritt namens seiner Freunde für die Vorlage ein. Staatssekretär v. Thielmann bittet gleich falls um Annahme, das Gebot der Untergrund bahn für das hisherige Amtsgebäude sei ein sehr günstiges. Abg. Müller-Fulda (Zentr.) führt aus, die Marine-Verwaltung scheine bei ihren Ausgaben gar keine Schranken zu kennen, sie müsse die Millionen allein haben, alle anderen Ausgaben müßten zurück- . treten. Er glaube, die Mehrheit dieses Hauses habe - da doch andere Anschauungen. Das schönste sei dabei noch, daß zu diesem Zweck noch 1200 000 Mk. ' auf Anleihe, also auf Pump genommen werden sollen. Abg. v. Tiedemann (freikons.) empfiehlt wohlwollende Beratung der Vorlage in der Kom- i Mission. Notwendig sei ein Neubau, und später würde man unter noch ungünstigeren Bedingungen - bauen müssen. Abg. Singer (soz.) bekämpft nochmals die ' Vorlage. Nach weiterer Debatte wird die Vorlage an die Budgetkommission verwiesen. Darauf vertagt sich das Haus. 1 si ü b d g N L si ft w ui dt zi R ar pe br S an D Al fm cri eir M wi we Ko dei Sc M die Hai da biil kiff Sc san 60t De auf wei Ba we; Er) geg gun 188 plic woi lebt Kör Prc Rm als vreuffifchrr zondtag. Im Abgeordnetenhause wurde am Donnerstag zunächst der Gesetzentwurf über die Befähigung zuin höheren Verwaltungsdienst in der Hauptsache nach den Beschlüssen der Kommission in zweiter Beratung angenommen. Die Sekundärbahnvorlage wurde in dritter Beratung bei unerheblicher Debatte erledigt Das Abgeordnetenhaus erledigte am Freitag eine große Anzahl kleinerer Gesetzentwürfe fast ohne Diskussion. Ausführlicher wurde nur die Deuß schrift über den Stand der Gewerbeförderung in Preußen besprochen, an der der Abg. Crüger tst Vp.) einiges monierte. In seiner Erwiderung be tonte der Handelsminister Möller, es werde sein Bestreben sein, das preußische Gewerbewesen nach allen Richtungen hin an die Spitze zu bringen- Durch Kenntnisnahme erledigt wurde die Rechnung über die Verwendung des Zwischenkredits M Rentengüter. Von unä fern. Die Königsberger Börsengartenaffärk ist der dortigen .Hart. Zig/ zufolge nach sechs' verl Die der men gen, dem Pey der < Kna New KW S lager am l in if Genn Angr hafte! Forst Kräh! S!»S -- almei K ei« irst noch d^ "'mm § gi und er —" Sie unterbrach ihn rasch: „Ich weiß, wa« Sie sagen wollen. Später werde ich sollen mir helfen von hier zu scheiden, Utz' Eduard seine Freiheit zurückzugeben." „Wie soll ich das verstehen?" rief Ove? kamp bestürzt; „Sie wollen sich von Eduard trennen?" Helene neigte bejahend das Haupt. „Aber, mein Himmel, Sie lieben ihn ja d<m I Preis glaub Miu Werd Brief Emst war l Diam mit Ihnen darüber sprechen. Vorei,. , . eine: Als Ernsthausen hierher kam, war es . - erstes, mich an die Vergangenheit zu mahn^ R Er sagte mir, er habe alle Briefe, die ich , seinen Freund geschrieben, sorgfältig aufbewahw " . und ich wußte nun, daß ich alles von ihm j z, ,' fürchten hatte. O, Sie wissen nicht, weE K Qualen ich litt, wie ich in beständiger schwebte, er könne eines Tages meinem GaEx alles sagen. Ich hatte Eduard gegenüber ' keinem Worte der Vergangenheit erwähnt, mochte nicht daran rühren; Bergen war ja und daß Ernsthausen jemals meinen W; A kreuzen könnte, daran dachte ich nicht. T- sgh kennen Eduard so gut wie ich ihn kenne; wissen demnach, daß, sobald er die ganze heit erfährt, eme Begegnung mit Ernsthaw' , unvermeidlich ist. Mußte ich nicht täglich, .- z stündlich für das Leben meines Gatten zitto^ sggw Oft glaubte ich, ich könne es nicht mehr ff, tragen, und dennoch mußte es sein, dcn"),, „x mußte ich schweigen und mit Ernsthauftn Sj kehren, obgleich ich dem Elenden am lieb!' innig die Tür gewiesen hätte. ..... Als es hieß, er habe die Gegend vcrlwö
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