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Der GroKe Kurfürst als Kurprinz. sich die Torfkinder, die nichtsnutzigen Rangen, sollen so sein nnd ff Pferde und Kühe — ich wüßte nicht, was ich mir anders l^^unschte!" Sie dehnt die Brust und will die Arme ausbreiten, weil das Entzücken über ihres Daseins Fülle den Sinn berauscht, «ch da Julie fest und breit neben ihr steht, hebt sie nur den einen Arm, den aber, so hoch sie kann; ein Windhauch weht ihr eine rot- oldne Locke über die Nase. „Bajowo!" sagt sie innig und heiter nt so viel Nachdruck, als oh in dem Wort der ganze Inhalt nd Zauber, die ganze Schönheit ihres Lebens und Blühens be- 'hlossen liegt. Plötzlich bricht sie ab und sagt schelmisch und Mokant: „Da kommt der Jüngling mit den Flausen! Ich mutz fach meinen Tieren sehen und Aepfel abnehmen!!" Sie rennt den Sandhaufen hinab, und Julie folgt ihr auf dem ^uße. „Ich muß meine Blumen begießen!" I Die beiden Mädchen fegen an dem jungen Mann vorbei, der Möbel und wenigstens vor läufig auch würdig genug für die Schätze. Als Herr Haug witz den Schlüssel aus dem so unvermittelt zu hoher Be deutung gelangten Schranke abzog, berührte er dm Knoten an seiner Uhrkette. Erschreckt darüber, daß seine väterliche Pflicht ihn so plötzlich mahnte, ging er rasch an die Türe und rief, in den gegenüberliegenden Saal spähend: „Fräulein Gar land, bitte auf ein Wort!" Das Wirtschaftsfräulein hatte ein wunderbar seines Gehör für des Hausherrn Stimme: im dritten Zimmer hörte sie den wenig lauten Ruf. Eilig ließ sie einen Löffel fallen, mit dem sie Marmelade in einem Steintopf glattstrich, nnd segelte erfreut über den Ruf in des Hausherm Privatzim mer. Dieser schloß die Türe. „Gestern hat mich Herr von Wegen gebeten, ihn noch ein weiteres Jahr in der Wirt schaft zu behalten. Ich kann nicht recht einsehen, was er hier noch lemm will, da er aber behauptet, es-wäre für seine Ausbildung nötig, gab ich nach." „Was Sie sagen! Also er bleibt noch!" Fräulein Gar lands Augen glänzten fröhlich nnd erstaunt, natürlich wußte sie schon von der Neuigkeit, aber aus Herrn Haugwitz' Munde tat sie dämm doch ihre Wirkung. „Und es ist für uns so vorteilhaft!" „Vorteilhaft? Meinen Sie, daß es für Bajowo vor teilhaft ist, wenn er sich noch ein Jahr hier herumdrückt? Sollte es wirklich für uns von Nutzen sein?" „Ich meine, die 1200 Mark, die Herr von Wegen zahlt, sind nicht zu verachten; zu wenden, der, wie er wußte, ein großes Licht in der Altertums kunde geworden war; den wollte er mit genießen lassen, von dMl wollte er sich in das Reich der Forschungen einführen lassen. Viktor stand mit gesenktem Kopf da, scheinbar die Urnen be trachtend, aber seine Augen starrten in die Richtung, wo die Mädchen verschwunden waren. Zweimal mußte er angerufen wer den, ehe er es verstand, daß er eine Urne aufheben und nach dem Gehöft transportieren sollte. Diese Versunkenheit fiel Herrn Haug witz aufs neue auf. Ehe er sich mit dem gebrechlichsten Urnen exemplar in den Händen aufmachte, schlang er rasch einen Knoten in seine Uhrkette; er wollte mit Fräulein Garland reden, sie mußte es doch wissen, oh da irgend etwas im Gange war, zwischen Viktor und seinen Töchtern. Vorläufig wurden die Funde in dem obersten Fach von Herm Haugwitz' Wäschschrank untergebracht. Dieser war ein sicheres >eben die Anhöhe erstiegen ^at. Herr Haugwitz sieht jetzt » einen: Knochen auf, den er I ViMnige Minuten lang nachdenk, betrachtet hat. Er sieht die IbocbeMen Kleider verschwinden jungen Mann bleich dunkel auftanchen. „Die Mädchen sind weggelaufen? Eie sollten doch jedp etwas >on den Ausgrabungen mit- Mmen — dumm! Nun, ^Gkielleicht ist es besser, ich ver- Ihnen die Sachen au. Eiewerden jedenfalls vorsich- bger damit umgehen." — Diese letzten Worte richtet an seinen Volontär, der ist; ihm fällt erregte und schmerzliche W ^„sdruck in dessen Gesicht auf. D-AMwmel, denkt er entsetzt, die Pingen Leute haben doch hof- Gütlich nichts mit einander! I Viktor betrachtet die Grab- stelle, ohne recht zu sehen; ihr ist völlig dahin, da die . ^.beiden Rotköpfe auf und da- ' bon si„d. Werden sie ihn: nun wuner aus dem Wege gehen? ^--^Welch eine gräßliche Aussicht Pir die Zukunft. Er wollte bst meiden, aber daß sie es ihm w leicht machen würden, hatte 0° nicht erwartet. „Ob es ein Pferde- oder ist? fmgt Haugwitz. „Ich mutz IM bestehen, daß ich es nicht fest- MW stellen kann." An Selma ^Dstendet er sich nicht mit dieser AM Bemerkung, sondern an Viktor, ID dem er vielleicht diese Kennt- D nis eher zutrauen kann. - Viktor sieht teilnahmslos Daus den mürben airsgebleich- IWstn Knochen und bringt es Nüber sich, zu bemerken: „Sollte Nm dieser frühen Zeitperiode N schon das Pferd existiert haben? »Ich denke, das erste Haustier, Mvon dem man in unserer IM Gegend weiß, ist die Torfkuh." Als sein Prinzipal ihn mit einem raschen lebhaften Blick ansieht, bemüht er sich, noch mehr Interesse zu zeigen. „Ein sehr interessanter Fund! Urnen sind auch da?" „Dort! Am Kaddickbusch! Auch wunderbare Beigaben hirbe ich entdeckt ... In den kleinen Schüsseln." „Ach!" Dieses „Ach" hat für Herm Haugwitz etwas Verletzendes, es klingt kalt, banal. Er klettert aus der Grabstelle und legt das kostbare Rippenstück zu den übrigen Ausgrabungen. Zum ersten mal steigt die Sehnsucht nach Teilnahme und Gedankenaustausch in ihm auf. Dieser junge Mann war ja eiskalt, im Grunde ganz unempfänglich für die feinen Reize der Altertümer. Alle waren sie Banausen, die Mädchen, Fräulein Garland. Einen mitfühlenden Geist, ein für die Wissenschaft geschaffenes Hirn, das war es, was er brauchte, bjr beschloß, sich an einen früheren Schulkameraden außerdem ist er eine tüchtige Kraft in der Wirtschaft, besonders wertvoll," Fräulein Garland räusperte sich, „weil er gewissermaßen dem Glube immer auf den Hacken ist." Herr Haugwitz machte eine gelangweilte Gebärde. In dem Fall Glube würden sie sich nie einigen: er mit seinem bequemen Vertrauen, und sie mit ihrem Argwohn. „Davon, daß er ein angenehmer Hausgenosse ist, will ich schweigen," fuhr das Fräulein sodann fort. „Nun, Sie erwähnen es ja soeben, es ist also ein Hauptpunkt," bemerkte Herr Haugwitz mißtrauisch. „Ja, aber natürlich kommt dieser Vorteil zu allerletzt in Be tracht. Die bare Einnahme, von der sich eine Menge in der Wirt schaft bestreiten läßt, seine Tätigkeit auf dem Felde — jetzt, da die Ausgrabungen Ihre Zeit doch auch mehr in Anspruch nehmen werden —" (Fortsetzung folgt.)