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Allgemeiner Anzeiger : 22.04.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190304222
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19030422
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19030422
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-04
- Tag 1903-04-22
-
Monat
1903-04
-
Jahr
1903
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 22.04.1903
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AI, sie zuriift ch "jl iid 7 ers S' igendenws Eieyuchen. Den Beschluß der schönen ie nich!-'tenreude bildete um 4 Uhr eine Bewirtuna kennen,^ Kinder mit Kaffee und Kuchen. Auch qe° Frank-Mglen wanne und sommerliche Bekleidungsstücke Mann-'Ur Verteilung. Und es war ein so süßes, trügerisches Gist! Ein Gish nach dem ich gelechzt hatte die ganzen Jahre hindurch. Wie hatte ich mich danach ge sehnt, geliebt zu werden, durch meine Liebe be glücken zu können, und jetzt, jetzt wurde nur diese Seligkeit zu teil. Unter denjenigen, die sich besonders um Werne Gunst bewarben, befand sich ein auf fallend schöner junger Mann, der Graf von Bergen. Der beste Freund desselben war Baron Ernsthausen, man nannte in der Gesellschaft die beiden nur Orestes und Pylades. Beide hatten sich mir huldigend genaht — ich zog den Grafen seinem Freunde vor Leo von Bergen eroberte mein Herz im Sturm. Ich war stolz und glücklich zugleich °me so heftige Leidenschaft in ihn. erweckt zu kaum recht denken konnte, von ihrem Bilde blieb >n vic- !"ss ein schwacher Abdruck in meiner Seele M Wen. Sie soll gut und schön gewesen sein; wie § s>e von meinem Vater geliebt wurde, habe ist dl nie erfahren können. Er hat zu mir nie lick g' W ihr gesprochen, und ich hätte nie gewagt, ier ul "ach ihr zu fragen. So wuchs ich empor in einer kalten, frosti- gewaF ^'n Umgebung, und doch besaß ich ein warm- Aieb l schlagendes, liebebedürftiges Herz. i mck Mit sechzehn Jahren wurde ich in die Ge- stllschast eiugeführt; ich war eine reiche Erbin weich' deshalb viel bewundert, viel gefeiert. Die zahlreichen Feste und Vergnügungen ließen mich 'alt, ich hatte nie danach verlangt; aber die Schmeicheleien, die mir bei solchen Gelegen heiten ins Ohr geflüstert wurden, waren Gift K für meine junge Seele. usgmg. Z» Konitz wurden Donnerstag vormittag, ) ziem-ue die ,Ostd. Tagesztg/ meldet, im Abort der unseMtadnichen Volksschule eine Anzahl menschlicher wegunMochen, darunter ein Schienbein aufgefunden, wr vor'-aheres sei noch nicht bekannt. In der Stadt i aller->"rsche große Erregung, da man den Fund mußteM der Ermordung Winters in Zusammenhang te nichtü'Mge. (Ob dieser neue Fund von Leichenteilen, ebenso-mch wenn sie wirklich von dem Körper des igendeMglücklichen Ernst Winter herrühren sollten, , wich-Mudwelches Licht in das Dunkel der Könitzer in dMordaffäre bringen könnte, erscheint mehr als ndusttiW'ffelhaft. Bisher versagten alle Bemühungen, szitätsW Mord aufzuklären und die Spur des Täters strägeni" finden, und auch die ausgesetzte hohe Be- ermögsohnung von 26 000 Mk. hatte keinen Erfolg, hat suQ Der Rumpf Ernst Winters wurde am 14. März zewerb^OO jm Möncksee entdeckt, später fand man unähnlich den Kopf und einen Arm des Toten.) Textil- Ein seit 14 Jahren gesuchter Ber nd Brecher wurde am zweiten Osterfeiertag in lauensReuendorf bei Potsdam festgenommen. Es mhreiMndelt sich um eineü früheren Kaufmann Gloß, wie Welcher im Jahre 1889 in Berlin eine Ge- nlingMugnisstrafe verbüßte, aber noch mehr Sstaf- blickMaten auf dem Kerbholz hatte und deshalb da- kgefühMals zur Verhandlung vor ein auswärtiges T Neu^chwurgencht transportiert wurde, wobei es ur dcihm gelang, in Halle a. S. seinem Trans fer da^ortcur zu entspringen, ohne daß man seiner wgeheibiLher wieder Habhaft werden konnte. Seine sich di^hesräu war inzwischen nach Neuendorf ge- immeuHWn und lebte daselbst als Witwe, weil sie normalem Mann allerwärts totsagte. Sie wußte t SinH^ ganz genau, daß derselbe noch lebte; denn Gloß hielt sich unter falschem Namen in der --—---Nähe auf, arbeitete u. a. auch beim Bau des Tcltowkanals und besuchte seine Frau häufig, r» Diese Besuche wurden schließlich auffällig, und * als Gloß am zweiten Osterfeiertag wiederum fizier^i seiner in der Großbeerenstraße wohnenden i- DelFeau, welche Armenunterstützung bezog, erschien, .' deMmrde er verhaftet. Kreuzci Ein wendischer Friedhof wurde in n Ma-Ofler-Kleveez in Holstein beim Pflügen auf- Todes-gedeckt. Zwölf gut erhaltene Gerippe wurden Bandcumer Leitung des Kustos Rothmann aus Kiel '02 volbloßgelegt, neben denen kurze starke eiserne zt, aWchwerwr lagen. Schon vor Jahren stieß rot aMnan in derselben Gegend auf ähnliche Gräber, te iwdie jedoch zerstört wurden, ohne daß Sach- vimmc> verständige hinzugezogen worden wären. stieß el Eifersüchtige Zigeunerfrauen verübten >as Nam Sonntag in dem sächsischen Grenzdorfe FlnlEbmath arge Ausschreitungen. In dem benach- lP ih barten Dorfe Eichigt liegt seit lange Schuttem ehemals anaesehener Zigeuner-H v eilst "de L es E mir ff c rii Yo.W 1: - .. .»v- Ja^en Schuff ein ehemals angesehener Zigeuner-Hauptmann Ust ge-namens Herrmann begraben, und in größeren den o"riträumen kann man eine förmliche Wallfahrt zu veams obere südliche Vogtland und zu dem Grabe u Osfi'hei-rmauns beobachten. So auch diesmal um ts eil" die Osterzeit. Zwischen zwei ani Ebmather ahm. Torfteiche lagernden Zigeunertrupps kam es ser zuMn am Sonntag nachmittag zu höchst erregten Jahl^Men, Schimpfereien und schließlich zu einem md dc'Mlrechten Kampfe. Eine der schwarzäugigen preußcl^Dnen bedrohte ihre Rivalin mit dem ge- Spei" Wnen Revolver, und die andere hatte sich mit rdlichc^uicm Beile bewaffnet. Als auch die Stammes- Lürdiü'ßonossen der heißblüligeu Weiber für und wider so Ist! .E ergriffen und eine Fran bereits aus )en ail swcr schweren Kopfwunde blutete, wurde die ulrektolGendarmerie zur Hilfeleistung herbeigerufeu; khe diese eintrafen, zogen es die Zigeuuerhorden b'e nahe böhmische Grenze zu überschreiten, uräast an verschiedenen Punkten geschah. mkena^ Der Raubmörder Detrois, der in )olstei» §"°"sheiin seine Tante ermordet hat, ist in arbeiti Frankfurt a. M. verhaftet worden. Von den d sei,"' ^^ubten 5000 Mk. iourden noch 1300 Mk. bei en Verhafteten vorgefunden. westcl Eigenartige Hundetreue. Vor einigen Schob .klen ist der Jagdpächter Karrer in Emskeim 3 M"" Bezirksamt Donauivörth auf der Jagd kvorlii' von einem noch nicht ermittelten Sfl? " erschossen worden. Erst nach fünf Tagen wurde die Leiche gefunden, bis zur Unkenntlichkeit angefressen von dem eigenen Hunde des Getöteten. Der Hund hat bei der Leiche seines Herrn drei Tage ununterbrochen ausgeharrt; dann ist er wiederholt ins Dorf gekommen und hat sich auffällig benommen, Futter hat er aber von niemand angenommen. Dennoch war er nicht ausgehungert. Als man den Spuren des Hundes folgend die Leiche fand, ging das Tier unverzüglich daran, am freiliegenden Vorderarm zu nagen und zu beißen, und nur mit Gewalt konnte es entfernt werden. Die Alpenräuber beginnen Heuer ihr sauberes Handwerk recht zeitig. Jm oberen Pinzgau wurden, wie das ,Neue Wiener Tag Verengung zu, aber dieser Erklärung steht ent gegen, daß bisher alle derartig veranlagten Menschenkinder innerhalb weniger Wochen starben. Allerdings find einige Fälle berichtet worden, in denen eine Wiederherstellung von Gelbsucht bei Kindern vorgekommen ist. Es Hai zum mindesten den Anschein, daß sich ge legentlich Krankheiten dieser Art vererben. Bauern und Reblauskommission. In dem bei Stradella (Mailand) gelegenen Dorfe San Giulietta kam es vor wenigen Tagen zu einem argen Konflikt zwischen Bauern und den Angestellten der Regierung, die ausgesandt waren, um einen von der Reblaus infizierten Weingarten zu untersuchen. Die Volksmenge wollte dies um keinen Preis erlauben, und mit Vie ^armkeimer feltkalle, die kürzlich eröffnet wurde, ist ein monumentales Gebäude und reiht sich den dort entstandenen zahl reichen Neubauten würdig an. Sie ist die größte Festhalle in Deutschland überhaupt und bietet Raum für 15 000 Personen. Es ist ein durchaus eigenartiges Bauwerk, dessen Portale niit ihrem reichen bild nerischen Schmuck ganz besondere Beachtung ver dienen. Die Baukosten haben gegen 3 Millionen Mark betragen, wozu noch der Bauplatz mit 1 Mill. Mk. kommt. Der Architekt des großartigen Baues ist Professor Bruno Schmitz-Berlin. Jm engsten Zu sammenhänge mit dem Festhallenbau steht die Um gestaltung des Friedrich-Platzes nach den Plänen des selben Architekten, der mit einem Kostenaufwand von nahezu 80 000 Mk. unternommen wurde und mit dem Festhallenbau zusammen ein großes und impo nierendes Werk bildet. blatt' mitteilt, mehrere Alphütten erbrochen und die Kupferkessel gestohlen. Aus Bozen wird berichtet, daß eine Diebsgesellschaft von vier bis sechs Köpfen die Schlernhäuser (2414 Meter) erbrochen und darin in vandalischer Weise einige Tage gehaust habe. Da sich nicht viel zum Stehlen vorfand, zertrümmerten und verwüsteten die Gauner alles, was nicht niet- und nagelfest war, und richteten einen Schaden an, der sich auf 500 bis 600 Kronen beläuft. Auch das dem Touristenklub gehörige Schutzhaus auf dem Rittnerhorn wurde von Alpenräubern heim gesucht, vielleicht denselben, welche die Schlern häuser plünderten. Auch hier war die Ausbeute eine geringe. Ein gutes Geschäft. Ein Bürger von Liverpool verlor vor einiger Zeit bei einem Eisenbahnunglück ein Bein, worauf das Gericht die Bahngesellschaft verurteilte, dem Krüppel eine Entschädigung von 24 000 Mk. zu zahlen. Als der Mann das Geld erhielt, ließ er seinem Anwalt mitteilen, daß er gegen eine gleiche Summe der Gesellschaft auch sein zweites Bein zur Verfügung stelle. 5V Jahre gelbsüchtig. Einen eigentüm lichen Fall teilt Dr. Cocking im Ärzteblatt ,Lancet' mit. Eine 50 Jahre alte Frau, die seit dem Alter von 3 Wochen dauernd gelb süchtig gewesen war, kam zu einem Krankenhause für Altersschwache. Die Haut war orangefarbig und die Bindehaut des Auges sehr auffällig gelb gefärbt. Leber und Galle waren, nach der äußeren Untersuchung zu urteilen, zweifellos nicht gesund. Die Frau war zweimal eigentlich krank gewesen, wobei heftige Schmerzen ein traten und die Gelbsucht sich verstärkte. Der Fall ist für die medizinische Literatur eine Neu heit. Dr. Cocking schreibt ihn einer teilweisen Versperrung des Gallenweges durch angeborene wüstem Geschrei rückten die mit Sicheln, Hacken und Stöcken bewaffneten Bauern gegen die von Carabinieri unterstützten Beamten vor, die, um Blutvergießen zu vermeiden, zurückweicheu mußten. Wahrscheinlich werden die ungebildeten Weinbauern erst dann an Abhilfe gegen die Neblausschäden denken, wenn es zu spät sein wird. Ein furchtbares Verbrechen. Wie aus Cagliari gemeldet wird, wurden in dem Walde bei Sinnai drei Waldwächter ermordet aufge sunden. Die Annahme, daß die Wächter von Wilddieben erschossen worden seien, hat sich be stätigt. Zwei der Wilddiebe haben sich, nachdem sie einen Anwalt in Cagliari um Rat gefragt hatten, freiwillig der Behörde gestellt; die Ver haftung der anderen steht bevor. Ein wertvoller Heiligenschrcin, ein Werk Benvenuto Cellinis, ist aus einer Kirche in Palestrina (Italien) gestohlen worden. Die Diebe sind noch nicht ermittelt. Benvenuto Cellini hatte den Schrein dem Papste Urban VIII. geschenkt. Eine unbekannte Epidemie ist in Barce lona ausgebrochen. Mehrere Tausend Per sonen erkrankten plötzlich an Durchfall und Erbrechen, bisher ist jedoch kein Todesfall zu verzeichnen. Die Ursache der Krankheit wird dem schlechten Trinkwasser und dem Genuß verfälschter Lebensmittel zugeschrieben. In einer Fabrik rauchlosen Pulvers in Chellas bei Lissabon ereignete sich am Donnerstag eine Explosion, bei welcher zwei Arbeiter getötet und mehrere verwundet wurden. Reiche Laster von Radium soll nach der ,Nowoje Wremia' ein russischer Ingenieur in Sibirien entdeckt haben. Die Lager befinden sich allerdings in einer ganz öden Gegend ohne menschliche Ansiedelungen, dennoch glaubt die Zeitung an eine große Bedeutung dieser Ent deckung wegen der enormen Kosten von chemisch hergestelltem Radium. Niesenfeuersbrunst. Nack einem Tele gramm aus Texas find in dem Petroleumgebiet von Spindleton 256 Bohrtürme durch Feuer vernichtet worden. 200 derselben waren im Be triebe. Der Schaden soll sich auf 10 Mill. Dollar belaufen. GericktskaUe. Dresden. Der Rechtsanwalt eines hiesigen Bankiers hatte, ohne dessen Genehmigung einzu holen, einem hiesigen Blatte auf Grund des Preß gesetzes eine Berichtigung zugeschickt. Diese wurde nicht ausgenommen, da die Aufforderung nur von dem Rechtsanwalt, nicht aber von dem Bankier selbst ausging. Das Schöffengericht verurteilte das Blatt zur Aufnahme, das Landgericht entschied jedoch, eine Vertretung sei bei derartigen Berichtigungen nicht zulässig. Der Rechtsanwalt habe bei der artigen Berichtigungen die Zustimmung seines Man danten einzuholen. Wenn dieser im vorliegenden Falle die Berichtigung noch verlange, habe daS Blatt diese jedoch aufzunehmen. Hannover. Das hiesige Kriegsgericht ver handelte gegen den bisherigen ObcrleuMant T. vom Jnf.-Reg. in Celle wegen SittlichkeitsberbrechenS in zwei Fällen und wegen Fahnenflucht. Die Ver handlung wurde unter Ausschluß der Öffent lichkeit geführt, das Urteil aber öffentlich verkündet. Der Angeklagte wurde in beiden Fällen für schuldig befunden. Mildernde Um stände wurden dem Angeklagten versagt, wenn auch anzunehmen sei, daß der Angeklagte durch den häufigen Genuß starker alkoholischer Getränke ge legentlich in eine erregte Stimmung versetzt sei. Das Urteil lautete auf 1 Jahr und 1 Monat Zuchthaus, Entfernung aus dem Heere und 3 Jahr Ehrverlust. T. ist verheiratet und Vater eines Kindes. Pater Jokann von ^ronttaät unä I^eo HoMoi. Ein russisches Blatt veröffentlicht einen sehr bemerkenswerten Brief, den der berühmte Pater ' Johann von Kronstadt an den Rektor der Uni versität Dorpat gerichtet hat. Der Rat dieser Universität hatte vor einigen Monaten eine An zahl Ehrenmitglieder gewählt, darunter auch Leo Tolstoi. Die orthodoxen Mitglieder des Rates, die sich der Kandidatur des großen Idealisten energisch widersetzten, schlugen ihrer seits die Kandidatur mehrerer Geistlicher vor, unter denen sich der Pater Johann von Kron stadt befand. Das Resultat war schließlich, daß Tolstoi und Pater Johann mit derselben Majorität, mit 24 Stimmen gegen 15, gewählt Wurden. Der Pater Johann lehnte jetzt jedoch die ihm zuteil gewordene Ehrung ab, und er setzt seine Gründe in folgendem charakteristischen Schreiben auseinander: „Ich habe Ihren höf lichen Brief sorgfältig geprüft, und ich sehe mich genötigt, die Ehrung, die mir der Rat der Uni versität durch meine Wahl zum Ehrenmitglied erwiesen hat, definitiv zurückzuweisen. Ich möchte iw keiner Form Mitglied einer so ge lehrten und geachteten Gesellschaft werden, die mich durch ein ehrverletzendes Mißverständnis auf gleichen Fuß mit diesem gottlosen Menschen, der Graf Leo Tolstoi ist, gestellt hat, mit dem schlimmsten Ketzer unserer schlimmen Zeiten, der in seinem Hochmut und seiner Anmaßung alle Ketzer überbietet, die es jemals gegeben hat. Ich möchte nicht an der Seite des Antichrist stehen. Überdies bin ich erstaunt über die Milde, die der Rat hinsichtlich eines satanischen Schriftstellers beweist, und über die Art, in der der Nat Weihrauch vor ihm verbrennt. Das ist meine Antwort auf Ihren geschätzten Brief." Kuntes Allerlei. Doppelsinnig. Braut: „. . . ES ist sehr lieb von dir, daß du mich so in dein Herz ge schlossen — obwohl ich doch eigentlich gar nicht schön bin!" — Bräutigam (mit einem Blick auf den Geldschrank des Schwiegerwuers): „Ja, ja — ich lege eben mehr Wert auf Las Innerer* haben, und gab mich arglos dem Vollgenuß meines Glückes hin. Kein Zweifel trübte meine' Seele. Ich liebte und wurde wieder geliebt. Als die Zeit der Bälle, Gesellschaften vorbei war, hielt Graf Bergen bei meinem Vater um meine Hand an. Es erfolgte eine abschlägige Antwort. Ich war wie aus den Wolken gefallen: mein Vater billigte meine Liebe nicht! Er hatte sich nach den Vermögensverhältnisseu des Grafen erkundigt; dieselben standen schlecht und zudem nannte man Bergen einen Lebemann, der eine allzu flotte Jugend hinter sich habe. Das alles sagte mir mein Vater mit dürren, schonungs losen Worten. Er fand es lächerlich, daß ich glauben konnte, um meiner selbst willen geliebt zu werden. Mein Reichtum war es, nach dem der Graf strebte, nichts anderes. Ich war empört, entrüstet, aus allen Himmeln gestürzt, aber ich glaubte meinem Vater nicht. Wenn er mir seine Zweifel an Bergens Auf richtigkeit in anderer Weise klargelegt hätte, so würde ick ihm nicht unbedingt geglaubt haben, doch ich hätte eher geprüft, nicht so bedingungs los die schönen Worte des Grafen für bare Münze genommen. Aber ich war jung, unerfahren, ich liebte, und die schonungslose Härte meines Vaters ver letzte mich tief. Au offenen Widerspruch dachte ich trotzdem nicht. Mein Vater hatte sich stets so wenig mit mir beschäftigt, daß ich ihn fast als einen Fremden zu betrachten gewöhnt war. Schweigend nahm ich sein hartes Urteil ent ¬ gegen, allein in meiner Seele tobte ein heftiger Sturm. Graf Bergen, der sich mir im geheimen zu nähern wußte, hatte leichtes Spiel. Ich willigte in einen Briefwechsel, ab und zu trafen wir uns in Bildergalerien, auf einsameren Pro menaden, und willig lieh ich dann mein Ohr seinen heißen Beteuerungen, daß er niemals von mir lassen wolle. Mein Vater nahm die Sache als abgetan an und verlor nie mehr ein Wort darüber. Dennoch mußte er von den ferneren Annähe rungen des Grafen gehört haben, denn statt mich, wie schon früher in Aussicht genommen war, mit meiner Gesellschaftsdame den Sommer über nach einem vornehmen Seebad zu schicken, wurde ich in eine abgelegene Gebirgsgegend verbannt. Wir waren kaum drei Tage dort, als ich auf einem meiner einsamen Spaziergänge den: Grafen begegnete. Er war mir in die Einsam keit nachgefolgt, und das war wohl der größte Beweis seiner Liebe. So glaubte ich und fühlte mich glücklich darüber. Meine Gesellschafterin war eine Frau, welche die Bequemlichkeit über alles liebte. Mem Vater hatte sie angestellt, ohne zu prüfen, ob sie auch die Fähigkeit besaß, sich mein Ver trauen, meine Anhänglichkeit zu erwerben. Sie ließ mir Freiheit genug, so oft als möglich mit Bergen zusammen zu kommen, denn sie liebte weite Fußwanderungen nicht und zog es vor, in kühlem Zimmer einen Roman zu lesen. Mein Vater weilte im Auslande — so war ich mir eigentlich selbst überlassen. Kein liebevolles Wort warnte mich, keim Freundeshand zog mich von dem Abgrund zurück, an dessen Rand ich stand. Halbe Tage lang brachte ich in der Gesell schaft des Grafen zu. Kein Mensch fragte mich, wohin ich ging, woher ich kam. Ich lebte nur meiner Liebe, ohne weiter an die Zukunft zu denken. Aus diesem Taumel von Glückseligkeit riß mich die unerwartete Ankunft meines Vaters. Er kam nicht allein. Er wurde von einem hageren, ältlichen Manne begleitet, den er mir als seinen besten Freund vorstellte. Mich er faßte jedesmal ein Grauen, sobald ich in dieses gelblich-blasse Antlitz sah, dessen strenge, kalte Linien unmöglich Verstauen erwecken konnten. Meine Zusammenkünfte mit dem Grafen hatten vorläufig ein Ende. Aber ich ent schädigte mich durch lange Briefe, in denen ich die ganze Glut meiner Empfindungen nieder legte. So sehr ich mich nach Leo von Bergen sehnte, so wagte ich es doch nicht, meinen Vater zu täuschen. Es wäre mir auch nicht möglich gewesen, denn ich mußte fast beständig in seiner und seines Freundes Gesellschaft sein. Alles, was ich gelernt hatte, mußte ich vor dem Gaste zeigen. Ich mußte fingen, spielen, meine Zeich nungen auskramen, mit einem Wort, eine strenge Prüfung meiner Kenntnisse bestehen. Das Ergebnis war ein für mich entsetz liches : der Freund meines Vaters hielt um meine Hand an. Er war sehr reich und wollte eine junge Frau, um sein Haus mit ihr zu schmücken. Und ich war dazu ausersehen, den Schmuck dieses Hauses zu bilden." L» is (Fortsetzung folgt.)
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