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Allgemeiner Anzeiger : 22.04.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190304222
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19030422
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-04
- Tag 1903-04-22
-
Monat
1903-04
-
Jahr
1903
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 22.04.1903
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politische Kunälcbau. Deutschland. * Zu dem Kaiserbesuche am 21. April find auf der Wartburg die Vorbereitungen getroffen. Wagen und Pferde aus dem groß herzoglichen Marstall aus Weimar sind in den jüngsten Tagen dort angekommen. Der Groß- Herzog selbst ist eingetroffen und hat sich als bald auf die Wartburg begeben. Hiermit darf die Kaiserwoche als eröffnet angesehen werden. Ob der Kaiser von der Wartburg aus sich auf die Auerhahnjagd begibt, ist noch zweifelhaft, da er auch in den Vorjahren darauf ver zichtet hat. * Der Schlägerei inPeking zwischen deutschen und österreichischen Sol daten mißt man in Berlin und Wien wenig Bedeutung bei; man ist insofern davon über rascht, als nach allen früheren Nachrichten die deutschen und österreichischen Soldaten sehr harmonierten. Sehr bedauerlich bleibt es, daß in Gegenwart zahlreicher Chinesen sich solche unerquicklichen Vorgänge abspielten. * An Reichsmünzen wurden aus geprägt im Monat März für 10542680 Mk. Doppelkronen, 1284 050 Mk. Kronen, 3 062190 Mark Fünfmarkstücke, 988 362 Mk. Zweimark stücke, 2 292 526 Mk. Einmarkstücke, 192 093,50 Mark Fünfzigpfennigstücke, 83 753,50 Mk. Zehn pfennigstücke, 1671,15 Mk. Einpfennigstücke. * Infolge der wiederholt im Reichstag vor gebrachten Klagen über Mißstände, die im Zu sammenhang mit dem A usverkaufswesen zutage getreten sind, wird neuerdings versucht, dem unlauteren Wettbewerb auf diesem Gebiete durch eine Verschärfung der Über wachung der Ausverkäufe bis zu einem ge wissen Grade zu steuern. Wenn mehrfach empfohlen worden ist, den österreichischen Weg zu gehen und behördliche Prüfung eintreten zu lassen, ob wirklich'ein reeller Ausverkauf beab sichtigt ist, so erscheint es vorderhand noch nicht geraten, hierzu überzugehen. (In Österreich sind die Ansichten über die Nützlichkeit dieses Ver fahrens sehr geteilt.) * An die preußischen Landräte soll ein allgemeines Verbot des Ministeriums ergangen sein, eine Wahlkandidatur an zunehmen. *Die Strömung in der deutschen Ärzteschaft geht gegenwärtig dahin, mit dem Inkrafttreten der Novelle zum Kranken- verficherungsgesetz alle Verträge mit den Krankenkassen, soweit sie von ihr berührt werden, für erloschen zu erklären. * Die Geschäftstätigkeit des kaiserlichen Patentamts in Gebrauchsmuster- fachen ist auch im Jahre 1902 wieder erheb lich gestiegen. Es wurden 27 483 Gebrauchs muster angemeldet gegen 24 082 i. I. 1901 und 21432 i. I. 1900. Eingetragen sind 24 102 (1901: 20 700,1900:18 220) Gebranchs- muster, 3071 (2670 und 2241) Anmeldungen find ohne Eintragung erledigt, 6192 (5882 und 5170) sind am Jahresschlüsse unerledigt ge blieben. Verlängert sind 2855 Gebrauchs muster, 265 sind auf Grund von Verzicht oder Urteil und 18 970 wegen Zeitablauf gelöscht. Insgesamt sind vom 1. Oktober 1891 bis Ende 1902 190 602 Gebrauchsmuster eingetragen und 120771 gelöscht worden, so daß am Jahres schlüsse 69 831 Gebrauchsmuster bestanden, darunter 8808 oder 12,6 Prozent länger als drei Jahre. Frankreich. *Jn Algier empfing der den Präsidenten Loubet begleitende Marineminister Pelletan die Kommandanten der fremden Ge schwader an Bord des „Saint Louis" und gab in einer Ansprache dem Wunsche Ausdruck, daß die Flotten der gegenwärtig im dortigen Hafen liegenden Geschwader sich stets nur brüderlich begegnen möchten. *Der nationalistische Stadtverordnete Tour- nade, der zugleich Abgeordneter ist, hat auf seinen Stadtratsitz in Paris zugunsten des Kammersitzes verzichtet. Damit verliert der Nationalismus die Mehrheit im Pariser Stadtrat. Italien. * Wie die römischen Blätter übereinstimmend mitteilen, läßt der Zustand des Papstes zu wünschen übrig. Der Papst empfängt zwar noch Pilger, antwortet aber nicht mehr auf irgend eine Adresse. Es ist nicht zu leugnen, daß der Schwächezustand des Papstes zunimmt, veranlaßt durch permanentes Husten und Appetitlosigkeit. Eine unmittelbare Gefahr besteht indessen noch nicht. Nichtsdestoweniger haben aber die vatikanischen Beamten, welche eine Funktion im Falle des Ablebens des Papstes auszuüben haben, Befehl erhalten, Rom nicht zu verlassen. * König Eduard hat Donnerstag mittag seinen Einzug in Malta gehalten. Der frühere deutsche Offizier Hellmut Wessel, welcher dieser Tage in einem Restaurant zu San Remo auf Ersuchen der Polizei Nizzas verhaftet wurde, hat sich des Betruges, des Verkaufs deutscher Festuugspläne an eine andere europäische Macht und der Spionage verdächtig gemacht. Schweden-Norwegen. *Der norwegische Staatsrat hat sich mit dem Ersuchen des Storthings betr. Abschluß von Schiedsgerichtsverträgen und Neutrali sierung Norwegens beschäftigt und bei den übrigen Regierungen über deren Stellung zu der Frage anzufragen beschlossen. Rußland. * Rußland will jetzt endlich an eine gründ liche Regulierung des Weichsel stromes auf seinem Gebiete gehe». Nachdem im vorigen Jahre in Warschau eine inter nationale Konferenz der drei beteiligten Mächte stattgefunden hat, ist nunmehr in Kürze eine Inangriffnahme der Arbeiten zur Verbesserung der Stromverkehrsverhältnisse auf der russischen Weichsel zu erwarten. * In Finnland geht es mit der Russifi - zieruNL unaufhaltsam vorwärts. Am Donners tag verönentlichtcu die dortigen Blätter eine Ver ordnung über „Verhaltungsmaßregeln zur Wahrung der staatlichen Ordnung urid der öffentlichen Ruhe in Finnland". In der Verordnung heißt es u. a.: Dem Generalgouverneur wird die Befugnis erteilt, für eine bestimmte Zeit die Schließung von Gasthänsern, Buchhandlungen und anderen Geschäften, sowie industriellen Etablissements zu verordnen, auch private Sitzungen jeder Art zu ver bieten, private Vereine aufzulösen und Personen, die der Gcneralgouverneur für die staat liche Ordnung und öffentliche Ruhe gefährlich be trachtet, den Aufenthalt in Finnland zu verbieten. Diese letztere Maßregel kann jedoch vom General- gouverncur nur mit allerhöchster Zustimmung ge troffen werden, ausgenommen in Fällen, die keinen Aufschub zulassen. Den hiervon betroffenen Per sonen kann sodann der Aufenthalt an gewissen Orten innerhalb des Kaiserreichs angewiesen werden. Die Verordnung hat für drei Jahre Gültigkeit. Balkanstaatcn. * König Alexander von Serbien feierte Mittwoch den zehnten Jahrestag seines Regierungsantritts. In einem Trinkspruche sagte er, die jetzige Lage auf dem Balkan sei sehr ernst. Für alle Baikauvölker nahten ver hängnisvolle Zeiten. Mit dieser Eventualität müsse Serbien rechnen. Fürst Ferdinand vonBulgarien scheint sorg ¬ loser zu sein. Sr ist von Sofia nach Nentone abgereist. *Jn Belgrad wurde wegen der Ver bindungen, welche die Opposition mit dem Aus lande unterhält, ein sogen. „Schwarzes Kabinett" errichtet, welches alle in Belgrad einlaufenden Briefe und Postsendungen kartiert. Die Kaufmannschaft erhält deshalb ihre Post unregelmäßig und beschädigt. Der Polizei präfekt von Belgrad hat wegen der herrschenden Unsicherheit angeordnet, daß Gendarmerie- und Militär-Patrouillen auch bei Tage die Stadt durchziehen. * In der Angelegenheit der griechischen Heeresorganisation, die zu ernsten Konflikten zwischen dem Oberkommandanten, Kronprinzen Konstantin, und dem Kriegsminister Lymbritis und schließlich zur Entlassung des letzteren geführt hat, soll jetzt ein voll ständiges Einvernehmen in dem Sinne erzielt worden sein, daß die Regierung die vom Oberkommando des Heeres aus gearbeiteten Militärvorlagen der Kammer unter breiten wird. Afrika. * Plötzlich hört man wieder von einem britischen Siege über den Mullah. Zwei in der Richtung auf Walwal, das Haupt quartier des Mullah, unternommene Auf klärungsmärsche führten zu heftigen Zusammen stößen mit dem Feinde, der einen Verlust von etwa 40 Toten hatte und 2100 Kamele und 11000 Schafe einbüßte. Vom 3. April stammte die Depesche, nach der der Mullah sich gänzlich aus dem Staube gemacht haben und dadurch „unschädlich" geworden sein sollte. Man wird künftig gut tun, bei den englischen Meldungen aus Somaliland sinnend an die mit Riesen ziffern beschwerten Vieheroberungsdepeschen aus dem Burenkriege zu denken! *Der Sultan von Marokko hat sich entschlossen, die Leitung der gegen Tazza und die Riffkabylen ausgesanoten Truppenselbst zu übernehmen. Alle in seiner Umgebung be findlichen Europäer sollen Fes gleichzeitig mit dem Sultan verlassen, nm sich für die Dauer der Expedition an die Küste zu begeben. Man glaubt, diese Maßregel werde eine günstige Wirkung ausüben, da eine der Hauptursachen der gegenwärtigen Unruhen das Vorherrschen des europäischen Elements in der Umgebung des Sultans rst. Lage -es deutschen Arbeitrmarkter. -4.. 0. Wer aus kleinen Anzeichen Rück schlüsse auf die Veränderungen im wirtschaft lichen Leben zu machen weiß, der wird gegen wärtig den Nachrichten aus dem Bekleidungs gewerbe eine gewisse Bedeutung beilegen. Es kann kein Zufall sein, daß in den Berichten der deutschen Arbeitsnachweise, wie sie allmonatlich an die Berliner Zeitschrift ,Der Arbeitsmarkt' gerichtet werden, über den Monat März gleich zeitig Von einer Reihe rheinischer Arbeitsnach weise (Köln, Mainz, Heidelberg, Konstanz, Frei burg, Pforzheim) aber auch anderer, nord- und süddeutscher (Kiel, Nürnberg), mitgeteilt wird, daß nach Schneidergesellen die Nachfrage sich in einem Umfange bewegt, der nicht mehr be friedigt werden kann. Diese Wirkung hatte im Vorjahre der herannahende Frühling nicht geübt. Das läßt darauf schließen, daß in der großen Masse der Bevölkerung die während der Krise geminderte Konsumtionsfähigkeit zurück zukehren beginnt. Der Arbeitsmarkt im Be kleidungsgewerbe gestattet in dieser Beziehung einen Rückschluß auf die Lage der Familien haushalte im allgemeinen. Die Annahme stimmt mit den ziffermäßigen Ergebnissen über ein, die über den März an die genannte Zeit schrift gemeldet wurden. Aus 100 offene Stellen kamen an den Arbeitsnachweisen des Deutschen Reiches 124,6 Arbeitsuchende, während es im entsprechenden Monat des Vorjahres 148,6 ge wesen waren. Inwiefern dies an den Mit gliederziffern der Krankenkassen zum Ausdruck kommt, läßt sich bis jetzt mit Sicherheit nicht beurteilen, da die nunmehr amtlich gewordene Slatistik ihren Erscheinungstag erst auf den 21. jeden Monats festgesetzt hat. Immerhin lassen die wenn auch nur vereinzelt vorliegenden'"» st Nachrichten aus verschiedenen Städten eine nichst"em unerhebliche Zunahme der Beschäftigten erkennen?^ Ki die in einigen süddeutschen Städten wie Franst" "gwi furt a. M., Stuttgart und namentlich Mamff"- heim erheblich über das Vorjahr hinausging Jr Die Lage auf dem Arbeitsmarkt deckt sich ziemest d» lich genau mit den Berichten aus unseresadiisü Jndustriebezirken, sowie mit der KursbewegunMoche an der Börse, die allerdings schon wieder vornaherc einem Optimismus beseelt war, der sich in aller-stu-sch, letzter Zeit einer Korrektur unterziehen mußtest de Die Steigerung der Montanwerke stimmte nich'"""ge. zu der Absatzstockung im Bergbau und ebenso-"^ i wenig zu der noch keineswegs befriedigendeMglüq Lage im Eisengewerbe. Gerade in den wich-Mndl tigsten Eisen verarbeitenden Branchen, so in dcMorda Maschincufabrikation, in der Kleineisenindustri^üel und auch in einem großen Teil des Elektrizität^" M gewerbes fehlt es immer noch an Aufträgen.^ »ni die eine dauernde normale Beschäftigung ermög^juin lichen. Eine durchgreifende Besserung hat sti,,.^ bis jetzt erst im Textil- und im Baugewerb^OO gezeigt, wo der März eine erhebliche Zunahiw""") d der Neueinstellungen gebracht hat. Im Textil" tzj gewerbe wird in manchen Branchen und BeArechr zirken (z. B. in der Stickerei-Industrie PlauenHeuen ein direkter Arbeitermangel konstatiert, währe»M"de1 im Baugewerbe an einzelnen Orten, wie »welche Berlin, zwar ein Überangebot von Lehrlingeisängni berichtet, dies aber mehr auf eine augenblickMäten bestehende Abneigung der Meister zurückgeführwals wird, und im allgemeinen die Zahl der Neu^chwi einstellungen von Arbeitern nicht nur dethm , Jahreszeit entsprechend war, sondern über doiportcn gewöhnliche Maß mcht unerheblich hinauszugehcidiLher schien. Im großen und ganzen lassen sich lMüffre Nachrichten vom Arbeitsmarkt dahin zusammeEgcn fassen, daß die Lage zwar noch nicht normalMen aber die Besserung doch wieder ein gut Stübr x vorwärts gerückt ist. Moß - - —— ' 'Teltop Von unä fern. Die Rettungstat eines MarineoffizicrKni sej ist jetzt durch den Kaiser belohnt worden. De'mau Kaiser verlieh nach dem .Berl. Tagebl/ deMiud'e Oberleutnant z. S. Schultz vom Kreuzet G „Geier", der auf dem Jangtsestrom den MaOsjer- trosen Rothermund aus Hamburg aus TodeLhedeckt gefahr errettete, die Rettungsmedaille am Bandewner Der „Geier" war am 8. September 1902 oMosim Nanking mit Scheibenschießen beschäftigt, aftCch,^ das von zwei Mann besetzte kleine Boot anw-an j Fallreep kenterte. Rothermund stürzte i»edie p Wasser, erreichte auch als tüchtiger Schwimmeiverstä das kieloben treibende Fahrzeug. Da stieß et plötzlich gegen die Scheibe, und der etwas Er'om § schöpfte verlor den Halt und sank in die FlutMbnrg zurück. Der Strom erfaßte ihn und riß ilMarten fort. Inzwischen hatte Oberleutnant Schult ei» den Sprung vom Kreuzer in den Jangtse geoiame, wagt. Er schwamm auf den Versinkenden z^eiftä und ergriff ihn, als die Kräfte gänzlich zu veo niz gj sagen drohten. Mit fester Hand hielt der Osfi'Herrm zier den fast Leblosen über Wasser, bis eni'die ; Jolle des „Geier" nahte und beide anfnahm. Dorst -tt. Kaiscr-Ostervioline. Dem Kaiser zunOwn § Geburtstag gratuliert hatten in diesem JaP^M« der Tischlersohn Scwzeck zu Alt-Jucha und d» !VeIr Schmiedesohn Rutschko zu Lisken in OstprcußA und bei dieser Gelegenheit den Kaiser um Speie düng einer Geige gebeten. Da die behördliche^"^ Ermittelungen in bezug auf Fleiß und WürdiikWoff leit der Bittsteller sehr günstig lauteten, so litslMe der Monarch am Ostersonntag den beiden gehenden Violin-Birtuosen durch den Schulrekto^ud, je eine wertvolle Geige überreichen. d' -tt Das Ostergeschenk des Schlostherr» t Eine hübsche Osterfreude hat, wie Nachträge erwähnt sei, der Schloßherr von Primkenal^, Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstes den etwa hundert Kindern seiner Gutsarbeist bereitet. Im Auftrage des Herzogs und seiff'^" Gemahlin, Herzogin Dorothea, wurden -ff ' 2. Osterfeiertage von Bedienten in dem weil-^ Parke an 600 buntgefärbte Eier, sowie Scholl laden- und Marzipaneier, versteckt. Um 3 M " nachmittags öffneten sich die Schloßparkporw' und die hereinstürmende jugendliche SA " machte sich unter Beteiligung des Herzogspaatt - kaum A Oas liebe Gelä. 13) Romau von Fritz v. Wickede. KcrUetzmig.) Dora hatte ja keinen dunklen Punkt in khrer Vergangenheit, Eduard kannte dieselbe genau, hatte er sie doch sozusagen mit ihr verlebt, und er brauchte nicht zn fürchten, daß eines Tages jemand kam, um ihm mit bos haftem Lächeln zu sagen: „Als Sie Ihre Gattin wählten, da hatte diese schon einen Liebes roman durchgemacht, wie er anziehender und spannender kaum gedacht werden kann." O, Helene hatte immer gefürchtet, daß Emst hausen eines Tages so sprechen würde, und noch war ja immer die Möglichkeit vorhanden, denn wie sie Ernsthausen kennen gelernt hatte, gab er eine einmal unternommene Sache so leicht nicht auf. Ein kühler Luftzug strich vom Park heraus und schüttelte einige Blütenkätzchen von den Bäumen. Fröstelnd hüllte sich Helene dichter in den weißen Mantel aus weichem Wollenstoff, den ihr die Kammerjungfer sorglich um die Schulten! gelegt hatte. Eine Wolke zog am heiteren Frühlings himmel hin und verdunkelte das leuchtende Ge stirn des Tages. Es dauerte nur einige Augenblicke, dann brachen die glänzenden Strahlen wieder siegreich durch das sich zer teilende Gewölk; aber Helene fühlte sich bis ins innerste Mark erkältet. Müde wendete sie das Haupt, als sie jetzt einen leisen Schritt hörte. Es war das Mädchen, das die Meldung brachte, daß Herr Dr. Overkamp soeben ange kommen sei und der Fran des Hauses seine Auf wartung zu machen wünsche. Helene fuhr auf und öffnete weit die halb geschlossenen Lider. So bald schon — jetzt stand sie vor der Entscheidung! Ach, wie ihr armes Herz pochte, als sie mit anscheinend ruhiger Stimme der Dienerin den Befehl gab, den Gast sofort zu ihr zu führen. Und doch traf es sich günstig für ihr Vorhaben, daß Eduard nicht zu Hause war und vor Abend nicht erwartet wurde. So blieb ihr genügend Zeit, Overkamp alles zu sagen, und sie hatte sich auch ihre Worte unzähligem»! zurecht gelegt, denn sie mußte klar und deutlich sein. Und doch — es packte sie mit einem Male eine namenlose Angst; kaum vermochte sie Atem zn holen, so schwer lag ihr's ans der Brust, anderseits aber konnte sie es kaum er warten, bis Overkamp vor ihr stand — einmal mußte ja doch alles gesagt werden! Die Begrüßung zwischen Frau von Reinbold und Dr. Ernst Overkamp war so herzlich wie immer. Die Augen des Juristen hafteten forschend auf dem edlen Antlitz der jungen Frau, es schien, als finde er einen fremden Zug darin, und er mochte wohl nicht unrecht haben. Nach einem warmen Druck gab er die kleine bebende Hand, die sekundenlang in seiner Rechten geruht hatte, frei. „Wie freut es mich, Sie wieder hier be grüßen zu können," sagte er. „Wißen Sie, daß Sie Eduard schwere Sorgen bereitet haben ?" Sic lächelte gezwungen. „Nun ist dies auch vorbei," versetzte sie, die dunklen Augen senkend; „ich bin wieder ge sund, und die Dinge können nun ihren Lauf nehmen." Es lag etwas in ihrer Stimme, das ihm auf fiel. - „Wie meinen Sie das?" fragte er rasch. Sie blickte eineWeileschweigend vor sich nieder, ehe sie ihm eine Antwort gab. Endlich hob sie den Blick. „Wie ich das meine? Daß das Ende kommen wird, oder vielmehr schon sehr nahe ist. Setzen Sie sich her zu mir, ganz nahe, denn das, was ich Ihnen anvertrauen will, soll und darf kein anderes Ohr vernehmen, selbst das meines Gatten nicht." „Gnädige Frau!" „Nicht wahr, das wundert Sie? Eduard und ich, wir waren doch sonst ein Herz und eine Seele. Doch das alles hat sich geändert — wir beide find einander das nicht mehr, was wir einst waren und" — ihre Stimme sank zu einem heiseren Flüstern herab — „werden ein ander das auch nie mehr werden." Bestürzt starrte Overkamp die junge Frau an. Er hatte, ihrem Wunsche Folge leistend, seinen Stuhl dicht neben den ihren geschoben, so nahe, daß seine Hand die ihre streifte, die kalt und beinahe leblos auf der Lehne lag. „Mein Gott, was soll das heißen?" rang es sich unwillkürlich von seinen Lippen. Ein schwerer Seufzer hob Helenes Brust. „Doktor Overkamp, hören Sie mich an," sagte sie fest. „Sie sind so lange Jahre Eduards Freund gewesen, und ich glaube, daß Sie bis her auch der meinige waren. Wir haben vie' - fröhliche Stunden miteinander verlebt ' ^"nen Stunden voll Eintracht und Harmonie, wie § "" si« wohl nie wiederkehren werden. Das ist dlst! w Wechsel des Lebens! Ich bin zu glücklich gl ff wesen, und jedes Zuviel rächt sich hier -ff ""ch i Erden — so ist es auch mit mir." Si Er hatte sie nicht zu unterbrechen gewA A" und auch jetzt noch, da sie schwieg, blieb' 'M"g> stumm, mit erwartungsvollen Blicken an ih^ , M Lippen hängend. Sie wußte ihm Dank für sein Schweigt """ " Eine jede Frage hätte ihr wehe getan, d Wunde noch heftiger bluten gemacht. , Ast Als sie sich gesammelt hatte, fuhr sie ff' leiser, eintöniger Stimme fort: „Ich muß weit in die Vergangenheit zurU greifen, um Ihnen alles zu erzählen; ich Hst einst gedacht, das alles müßte tot und st , graben für mich bleiben — es ist anders r kommen! . . g,F' Sie wissen, daß ich das einzige Kind eist reichen Mannes war, aber weder Sie, ist Eduard selbst wissen, daß ich im Grunde ö nommen ein recht armes, vernachlässigtes st st^ chöpf gewesen bin. Mein Vater lebte mir N H^ge eine geschäftlichen Angelegenheiten, für »"" Emsg ein Kind, blieb ihm keine Zeit übrig. beider Ich wuchs allerdings im Wohlleben st B Überfluß auf, — ich hatte Lehrer und Goust ich zx nanten, — was Geldsachen anbelangt, U L, mein Vater schrankenlos freigebig gegen »^ Stur, aber eines fehlte meinem jungen Leben: '"i eine j Liebe! M Meine Mutter hatte ich verloren, als 1
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