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Allgemeiner Anzeiger : 17.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190212171
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19021217
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-17
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 17.12.1902
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a so werden die solchen Vorschlag i Sache entsprechen! Aste«. *Die Regierung von Siam hat es be stimmt ab gelehnt, den Forderungen der ausländischen Banken nach Entschädigung im Zusammenhang mit der Durchführung des neuen Währungsplanes ftattzugeben. Deutschland. *Der Kaiser hat nach dem »Reichsanz/ die Reise zur Hofjagd nach Letzlingen aufgegeben. * König Georg von Sachsen ist unter leichten Fiebererscheinungen erkrankt und seit Mittwoch genötigt, daS Bett zu hüten. , *Mit der Annahme deS Antrages flardorff im Reichstage am Donners- ist die Annahme der Zollt arif- t; e g e s i ch e r t. An Zolltarifgesetz haben die oemokraten eine in der Kommission be stellte, dort aber abgelehnte Resolution ngs eingebracht, durch die der Reichs - ' ersucht wird, einen Gesetzentwurf , vorzulegen, durch den untersagt wird, rf-, Versorgung?- und B e - lUNgs-Anstalten, welche aus r Mitteln unterhalten oder unterstützt ßdere gewerblich eArbeiteu . ^MezuMa. .chlagnah^. n venezola- f e find in den G ru nd g e - Von seilen der fremden ,sse isuroen in La Guayra Truppen ge- Mdei, die ohne Widerstand zu finden die von Venezolanern völkerrechtswidrig ge fangen gehaltenen Deutschen k97 an der Zahl) und Engländer aus den Gefängnissen befreiten und auf die Schiffe brachten. Präsi dent Castro hat in einer fanatischen An sprache an die Bevölkerung von Caracas die allgemeine Volksbewaffnung ge fordert. Der Pöbel der Stadt hat das deutsche Konsulatsgebäude ange griffen, dessen Fenster zertrümmert und die deutsche und englische Flaggever brann t. Die nordamerikanische Union wird nun auch Kriegsschiffe nach Caracas entsenden. * Die Einwohner vonPuertoCabello verhafteten den englischen und den deutschen Konsul nebst ihrem Personal und alle anderen Deutschen und Engländer da selbst. Sie ergriffen ein englisches Kauffahrtei schiff im Ha^en und verbarrikadierten die Stadt. Sie weigerten sich, auf die Intervention MamerikanischenKonsuls zu achten. *DievenezolanischenAufständi- schen beabsichtigen bei Deutschland und Groß britannien die Anerkennung als krieg führende Macht nachzusuchen, da sie nach der Wegnahme der venezolanischen Flotte hoffen, dem Präsidenten Castro gegenüber siegreich zu bleiben. * Präsident Castro scheint zu einem ent schiedenen Widerstande gegen Eng land und Deutschland entschlossen. In und bei La Guayra find bereits gegen 5000 Mann Truppen zusammengezogen, die etwa 50 Ge schütze mit sich führen sollen. Im nordameri kanischen Repräsentantenhanse wurde ein Antrag eingebracht, nach dem Präsident Roosevelt ver mittelnd eintreten soll, indem er die Forderungen Englands und Deutschlands sicherstem. *UeLer Mahnungen zurMSßigung -wird der .Post' aus New Park gemeldet: Ein Nomitee aus besonneneren Elementen der Bürger schaft von Caracas hat sich an den Präsidenten Castro mit dem dringenden Ersuchen gewandt, die Forderungen der beiden Mächte zu be zahlen. Präsident Castro hat dies jedoch rund weg abgelehnt. *Ueber Absickten Deutschlands wird der Londoner Morningpost' aus Washing ton gemeldet: In Regierungskreisen fürchtet man, daß Deutschland, wenn eS in Venezuela zu Blutvergießen kommen sollte, eine Ent schädigung an Landgebiet fordern werde. Das .Wölfische Telegraphenbüreau' bemerkt dazu (offenbar im Einverständnis oder im Auftrag des Auswärtigen Amtes in Berlin): Diese sinnlose Ausstreuung dürste weniger von amerikanischer als von venezo lanischer Sette Herkommen. Glück... Ich werde dich vergessen müssen, denn nicht einmal eine Gedankensünde möchie ich gegen meinen Mann begehen, welcher mir so fest vertraut — wir werden uns nicht Wieder sehen, Heinz." Wie ein leichter Schatten löst sich Lisas schlanke Gestalt von dem Baumstamm ab, doch plötzlich läßt ein aus ihrer nächsten Nähe kommendes Geräusch sie erschreckt aushorchen. Sie schaut sich um. Ein erschütternder Aufschrei entringt fich ihrer Brust. Heinz steht vor ihr, doch nicht so, wie fit ihn noch vor wenigen Stunden gesehen, strahlend heiter mit der ihm eigenen stolzen Haltung, sondern wie gebeugt von schwerem Kummer, das Gesicht von Schmerz durchwühlt. Äug' in Auge stehen fich die beiden gegen über. Etwas Unbeschreibliches liegt in Hein richs Blick; so verzweifelt mag der arme Sünder dreinschauen, welcher fehlte, weil die Sünde sein Erbteil war, und der nun, nachdem er er einen Blick in die Herrlichkeit des Paradieses gethan, an der P'orte umkehren muß, um unter tausend Qualen die begangene Schuld zu sühnen. Lisa Züge verfinstern fich langsam. „Das, das durften Sie doch nicht thun, mich hier be lauschen, wo ich — ganz allein zu sein glaubte." Eine Wolke von Purpur fliegt über ihr liebes schönes Gesicht, um dann einer Totenblässe zu weichen. „Das verzeihe Ihnen Gott, ich kann es nicht." Wie tief muß sie in ihrem Mädchenstolz verletz! sein, um so sprechen zu können. Heinz hebt bittend, wie beschwörend beide Arme empor. „Verzeihen Sie mir doch, Fräu- ^ge« „He.nz, ich liebe dich mehr als mein Leben, alles, alles konnte ich deinetwegen vergessen, selbst die Pflcht, die ich meinem Toten schulde l ... Ach, Heinz, wie schwer ist es doch, zu lieben und zu schweigen, zu lieben und un verstanden zu bleiben." Eine Weile ist es still, ganz still, nur aus der Kehle eines kleinen gefiederten Sängers löst fich ein Danklied und fast unhörbar kost der Wind um Gras und Blumen. „Wie glückach hätten wir sein können," fährt Lisa seufzend fort, „ach, wie so glück ach, Heinz." Ein zärtlicher Klang liegt in ihrer melodischen Stimme, eine Welt von Zärtlichkeit und süßer Hingabe. „Weshalb mußtest du doch Anni lieben, die kleine, thörichte Anni, welche mit deinem guten, goldenen Herzen nichts zu be ginnen weiß." Heinrich wagt kaum zu atmen. Wie ge lähmt, wie unter einem Banne stehend, hört er alles mit an. Nicht Anni, sondern Lisa liebt ihn, mehr vermag das schmerzende Hirn nicht zu lassen, Lisa, welche er für hochmütig und berechnend hielt. Sie reicht dem alten Aristo kraten ihre Hand, weil sie hier fort wollte, vor dem eigenen Herzen fliehen mußte — feinet-, Heinrichs wegen, und er, er hatte, ohne es zu ahnen, ihr täglich Folterqualen bereitet — wie ein Blinder war er an seinem Glück vorüber- gegangen, und nun ein Zmall es zu seiner Kenntnis bringt, ist es zu spät, denn heute ist Lisas Hochzeitstag. Lisas Hände lösen fich, schlaff finken sie zu beiden Seilen hernieder. „Lebe wohl, mein Gc- .liabur. mein Heinz — Gon schenke dir alles lein Lisa, sagen Sie mir noch ein gutes Wort. Sehen Sie nicht, wie furchtbar ich leide?" Erst jetzt kommt sein verändertes Aussehen ihr zum Bewußtsein. „Was ist Ihnen ge schehen, Herr Winkler, wie kommen Sie hier her ?" Die Frage wird bereits von einem ver zeihenden Gefühl diktiert. Er ist ihr noch um einen Schritt näher ge treten. „Wie tief ich Sie auch, ohne eS zu wissen, kränkte, die Strafe dafür war zu hart. Ich habe Stunden so folternder Qual durch lebt, wie ich fie meinem ärgsten Feinde nicht gönne. Fräulein Holder hat fich mit KlariuS verlobt „Um Gotteswillen — also doch —" „Sie sahen es voraus, nicht wahr? Alle sahen es, daß ich nichts zu erhoffen hatte, nur ich war mit Blindheit geschlagen. Nun bin ich sehend geworden — zu spät —" „Sie werden es überwinden." Die Worte fallen von ihren Lippen, ohne daß fie es will ; Scham und Empörung ringen in ihr, doch wie kann ein so sanftes, zärtliches Herz, wie Lisa es besitzt, dauernd zürnen. Einer jener Zu fälle, denen man nicht entgeht, trägt daher die Schuld an diesem Vorgang, daS muß Lisa ein sehen. Heinrich bemerkt die Wandlung in dem süßen, lieblichen Antlitz, und er wagt es, einem in ihm aufblitzenden Hoffnungsstrahl Raum zu geben. „Fräulein Lisa, wäre es nicht besser, diese Begegnung als einen Fingerzeig des Himmels zu betrachtest? Noch find Sie fter, di' Be. ziehungen lassen sich lösen —" gegen England Uhrt das leitende russische Blatt, die .Nowoje Wremja': „Es kann sein, daß in Zukunft die beharrlichen Versuche der Engländer, den kommerziellen und poli tischen EinflußRußlands in Persien zu untergraben, die Grenzen des Er träglichen überschreiten und uns zwingen, ernstere Maßnahmen zu treffen, nämlich unsere Inter essen in jenem Lande mitWaffengewalt zu verteidigen. Es ist wohl möglich, daß wir dann, um die Engländer zu einer angemessenen Anficht zu bringen, genötigt sein werden, unsere Truppen nicht nur in Persien, sondern auch in Afghanistan einrücken zu lassen." Man kann auf die englische Antwort gespannt sein. Balkauftaateu. *Der 25. Jahrestag der Einnahme von Plewna wurde am Freitag in Ru mänien mit besonderer Feierlichkeit begangen. Aus Anlaß des Jahrestages hat König Karol allen Stellungsflüchtigen und De serteuren Amnestie gewährt. — Die Kammer beschloß einstimmig, 400 000 Mk. für Errichtung eines Denkmals zur Erinnerung an den Unabhängigkeitskrieg von 1877/78 der Stadt Bukarest zu bewilligen. Afrika. *Der tol'le Mullah soll nach einem Gerücht, das am 4. Dezember in Garrero ein traf, während des Gebets durch einen Lanzen stich in den Unterleib ermordet worden sein. Erwägung ziehen. Gründe, aus welchen die verbündeten Regierungen auf eine Deutscher Reichstag. Am 11. d. wird die zweite Beratung des Zoll tarifs mit der Debatte über den Antrag Kar - dorff (eine Art su Uoe-Unnahme des ganzen Tarifs, nach den KommWonSvor schlügen, unter Herabsetzung einzelner Positionen, die landwirtschaft liche Maschinen betreffen) fortgesetzt. Von den Freisinnigen sind eine Anzahl von An trägen auf Zollermäßigungen gestellt. Nbg. Bassermann (nat.-lib.): Ich beantrage, den Antrag Kardorff anzunehmen und sämtliche Ab- änderungSanträge abzulehnen. ES handelt sich bei dem Antrag Kardorff um «in Kompromiß, dem die große Mehrheit des Hauses zustimmt und daS auch, wie. ich vernehme, die Zustimmung der Regierung finden wird. Durch das Kompromiß werden die er höhten Minimalzvlle der zweiten Lesung für Getreide wieder auf die Sätze der Regierungsvorlage ermäßigt, mi! Ausnahme des Gerstenzolls, der nur für Brau gerste auf 4 Mark erhöht werd-n soll. Die Mini« malsätze für Vieh und Fleisch fallen fort. Ich hoffe, daß die verbündeten Regierungen Lei den Handels verträgen die Landwirtschaft genügend berücksichtigen werden. An dem Zustandekommen des Zolltarifs zweifelt wohl niemand mehr. Nehmen Sie den Antrag Kardorff an, Sie thun damit ein nationales Werk. Reichskanzler Graf v. Bülow: Der Herr Ab geordnete Bassermann hat gebeten, daß ich mich aussprechen möchte über die im Antrag Kardorff borgeschlagene Herabsetzung einer Anzahl von Jndustriezöllen, über die Viehzölle und über die Handhabung der Seuchenpolizei. WaS zunächst die Herabsetzung einer Anzahl von Jndustriezöllen an geht, so möchte ich darauf allgemein Hinweisen, daß eS sich in der Zolltarisvorlage der verbündeten Regierungen um einen autonomen Tarif handelt, der bestimmt ist, bei den HandelSvertragsberhand- lungen als Grundlage zu dienen. Von ent- scheidener Bedeutung kann es deshalb für die ver bündeten Regierungen nicht sein, wenn die Sätze der Positionen in der Kommission im einzelnen nach oben und nach unten eine Abänderung er fahren haben. Die verbündeten Regierungen müssen aber immerhin Wert darauf legen, daß die in ihrem Tarifentwurf enthaltenen Sätze keine zu weitgehende Abschwächung erfahren. Als er wünscht kann ich deshalb die in dem Antrag Kar dorff vorgesehenen Ermäßigungen von autonomen Zollsätzen im Tarif nicht bezeichnen. Wenn aber das hohe HauS die vorgeschlagene Herabsetzung einer Anzahl von Jndustriezöllen beschließen sollte. Truggokd. , Roman von Anna Seyffert-Klinger. sForlsetzmig.) Heinrich starrte lange in stumpfer Ver zweiflung vor fich hin, bis der Schlaf ihn ganz unerwartet gefangen nahm und er willen los auf dem Rasen zusammensank. Es war so still ringsum, die Sterne blitzen und grüßten mit ihren himmlischen Strahlen, es schlief fich wonnig wischen den Rosen, den stark duftenden Lindenblüten. Als Heinrich erwachte, vernahm er zuerst, ^ rß jemand seinen Namen nannte in so leisen, uichew Tönen, wie er fie tausendmal ersehnt Mn^st.'r Gedanke galt Anni. Die letzte, Gliche Stunde stand sofort mit greifbarer nichkeit vor seiner Seele. War vielleicht Mßverständnis an allem schuld und Anni mm n, um ihn aufzullären, gut zu machen, ^fie ihm unverschuldetermaßen gethan? . lauschte, ohne sich zu regen. Es war so wieder zu hoffen, gleichsam von neuem ^ken zu erwachen. >^nz,"^Nang es flüsternd zu ihm herüber, mein Geliebter, könntest du meinen i-än, meine heißen Gedanken, die dich e in ha.ber Erschöpfung sucht Lisa an orrigen Otamm eines allen Apfelbaumes tütze iür ^ich. Ihre Arme find herabge- Lie Hände lose ineinander gefaltet, um hfich-n Mff"d zuckt das Weh eines un- cenen Hsrcns. als solche st^ d«Fig-nen Bedarf, für den Bedarf des Reichks; eines deutschen Staates oder Gemeindeverbandes auszuführen und den Verkauf gewerblicher Erzeugnisse für eigene Rechnung, für Rechnung des Reiches, eines demschen Staates oder Gemeindeverbandes zu niedrigeren als den marktmäßigen Preisen statt« finden zu lassen. *Wie die .Nat.-lib. Korresp/ berichtet, wird die fertig ausgearbeitete Novelle zum Börsengesetz wahrscheinlich nach Neujahr im Reichstage zur Verhandlung kommen. * Das Schuldotationsgesetz wird, den,Hamb. Nachr/ zufolge, denPreußis chen Landtag in seiner nächsten Tagung nicht beschäftigen. Abgesehen von anderen Gründen, spricht namentlich die schlechte Finanzlage in Preußen gegen die Einbringung einer Vorlage, gesetzliche Bindung der Viehzölle nicht eingehen können, sind von mir und meinen Vertretern wieder holt und eingehend dargelegt worden. Die der- bündeten Regierungen sind aber fest entschlossen, beim Abschlusse von Handelsverträgen unserer heimischen Viehzucht einen Zollschutz in der Höhe zu sichern, welche erforderlich ist für ihre gedeihliche Fortent wickelung und eine solche gewährleistet. Die ver bündeten Regierungen werden auch keine Bestimmung in einen Handelsvertrag oder in ein Abkommen mit anderen Staaten aufnehmin, welche sie verhindern wird, alle diejenigen veterinärpolizeilichen Maßnahmen zu treffen, um unsere heimische Viehzucht gegen die Gefahr der Einschleppung von Viehkrankheiten aus dem Auslände wirksam zu schützen. Präsident Gras Ballestrem teilt mit, daß von den Sozialdemokraten zwei AbänderungSanträge auf Zollermäßigungen eingegangen sind, die nicht weniger als 70 mit der Schreibmaschine geschriebene Folioseiien umfassen. Nach Verlesung der Anträge, die mehr als fünf viertel Stunden in Anspruch nimmt, erklärt Graf Ballestrem, daß er mit Rücksicht darauf, daß die ReichStagSdruckerei hierzu 30 Stunden benötigen würde, die Drucklegung der Anträge ablehne. Abg. Bebel (soz.): Von einer sachlichen Be- gründung des Antrages Kardorff war in der Rede des Abg. Bassermann keine Rede. Von vornherein war es ein unerhörtes Beginnen, einen Tarif von 946 Positionen zum Anhängsel eines einzigen Ge- setzeSparagraphen zu machen. Aber Sie wollen die Debatte von vornherein abschneiden. Herr Basser mann hat auf dem Eisenacher Parteitage gesagt, die Mehrheit de» Reichstages sei reaktionär bis auf die Knochen, und heute sehen wir ihn als Wortführer dieser Mehrheit, als Verteidiger eine» Antrages so reaktionär, so unerhört, so gewalttbäig, wie mir in meiner 32 jährigen parlamentarischen THStigkett nichts vorgekommen ist. Es wird behauptet, wenn erst der Zolltarif Gesetz geworden sei, würden durch eine Novelle dazu die Fehler herauSgebracht werden. Ja, meine Herren, sind wir denn hier noch Gesetz geber, oder sind wir Kesselflicker? Die traurigste Nolle spielt bei dem ganzen Handel allerdings die Regierung. Man kann zwar sagen, die Geschäfts ordnung gehe die Regierung nichts an, es gehe sie nichts an, wenn die Mehrheit die Geschäftsordnung niedertrampelt — Vizepräsident Graf Stolberg: Herr Abge ordneter, Sie haben gesagt, die Mehrheit habe die Geschäftsordnung niedergelrampelt, das dürfen Sie nicht sagen. Abg. Bebel schließt mit der Bemerkung, daß die Mehrheit ja den Tarif als Weihnachtsgeschenk mit nach Hause nehmen werde, aber bei den Wahlen werde ein furchtbares Volksgericht über die Mehrheit hercinbrechen. Abg. Müller. Meiningen (fr. Vp.) spricht sich gegen die Zuläisigkeit des Antrags Kardorff aus und tritt für die AbänderungSanträge seiner Partei ein. Ein Gesetz, auf dem das Brandmal der Gesetzwidrig keit ruhe, könne nimmermehr zum Segen des deutschen Volkes gereichen. Abg. Götheln (fr. Vgg.) polemisiert scharf gegen den Abg. Bassermann. Abg. Liebermann von Sonnenberg (Antis.): Nur den Sozialdemokraten und der Frei- sinnigen Vereinigung hat eS die Regierung zu danken, wenn der Zolltarif zu stände komm«. Wir sind Gegner des Antrages v. Kardorff au» Gründen der Geschäftsordnung und weil die Interessen der Gärtner nicht genügend berücksichtigt sind. Nach einigen persönlichen Bemerkungen stellt Abg. Spahn den Antrag auf Uebergang zur Tages ordnung über sämtliche AbänderungSanträee zum Antrag Kardorff. Mit 202 gegen 119 Stimmen bei vier Stimm enthaltungen wird der Antrag Spahn ange- nommen, womit sämtliche AbänderungSanträge zum Antrag Kardorff beseitigt find. Sodann wird namentlich abgestimmt über den Antrag Kardorff selbst, nachdem vorher daS Ver langen des Abg. Barth, daß über einzelne Punkte de» Anträge» eine getrennte Abstimmung borge- nommen werden möge, an dem Widerspruch des Antragstellers v. Kardorff gescheitert war. Der Antrag Kardorff wird darauf mit 184 gegen 136 Stimmen bei 9 Stimmenthaltungen angenommen. Weiter wird der ganze 8 1 in der durch den Antrag Kardorff modisi,Serien Fassung angenommen mir 182 gegen 136 Stimmen bet 9 Stimmenthal tungen. Damit ist die zweite Lesung der Zollvorlagt beendet. Nächste Sitzung am 13. Dezember. Kamen, der amerikanische Gesandte in Venezuela, der den Schutz der dortigen Deutschen übernommen hat. zu deren Durchführung viele Millionen fort dauernder Ausgaben nötig sein werden. *Der mecklenburgische Landtag lehnte die von der Negierung zur Unterhaltung der Landesuniverfiiät geforderten 180 000 Mk. ab, ebenso die georderten 3000 Mk. für Zwecke des Schweriner Anna-Hospitals. Oesterreich-Ungar«. *Jn der Nachifitzung vom Donnerstag des Wiener Gemeinderats kam es zu einer großen Kundgebung für den deutschen Kaiser. Der Gemeinderat Schwer hielt eine heftige Rede gegen die Sozialdemokraten und beschuldigte fie direkt der Arbeiterfeindlichkeit. Die Verleumdung sei das Feld der Sozialdemokraten. In Deutschland hätten dieselben durch Verleumdung einen wirk lichen Arbeiterfreund in den Tod getrieben. Gott sei Dank habe der deutsche Kaiser diesen Mann nach seinem Tode noch geehrt. Diese Erklärung wurde von der christlich-sozialen Mehrheit mit tosendem Beifall und nicht enden wollendem Händeklatschen begleitet. Eirgland. * Seit Donnerstag ist Europa mit Australien durch eine telegraphische Linie direkt verbunden. Das neue Kabel, welches von England aus über Kanada geht, wurde an diesem Tage dem öffentlichen Verkehr übergeben. Die Worttaxe beträgt 3 Mk. *Es ist böse Zeit für die Vertreter Irlands. Am Mittwoch wurde das irische Mitglied des Unterhauses Hilbride wegen „Auf reizung zum Morde" zu 8 Monat Gefängnis verurteilt. Demnächst fitzt die halbe Fraktion hinter Schloß und Riegel! Italien. *Der Papst beabsichtigt, wie verlautet, demnächst eine Kundgebung gegen die Ebescheidungsvorlage zu veröffent lichen. Rußland. * Eine recht drohende Sprache
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