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Allgemeiner Anzeiger : 15.11.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190211151
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19021115
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19021115
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-11
- Tag 1902-11-15
-
Monat
1902-11
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.11.1902
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Politische RundschtM. Deutschland. * Kaiser Wilhelm 1raf am Sonntag auf seinem Wege zur Kirche mit Chamberlain zusammen. König Evuard reichte seinem Minister begrüßend die Hand und lief, ihn dann mit Kaiser Wilhelm allein stehen. Der Kaiser unter hielt sich etwa eine Viertelstunde aufs lebhafteste und liebenswürdigste mit dem Kolonialminister. Hiernach kam König Eduard wieder auf sie zu und betrat dann mit seinem Neffen die Kirche. * Der Kaiser wird am 15. d. abends zum Besuche des Earls of Lonsdale auf dessen SLloß Lowther Castle eintreffm. Dienstag früh begab er sich mit seinen Verwandten auf die R'bhubnjrgd, eine größere Jagdpartie ist auch für Mittwoch in Ausficht genommen. Das Wetter hat sich inzwischen sehr verschlechtert, seit Dienstag nachmittag herrscht Regen und Wind. «Ueber die Beweggründe der Kaiser, reise schreiben die .Daily News', daß es sich um die Abfindung Deutschlands für dessen Zustimmung zur Erwerbung der Delagoabai durch England handle. Der Gewährsmann der .Daily N'ws' behauptet, Deutschland verlange von G oßbritannien als Entgelt völlig freie Hand in Schang hai und dem Jangtsethale. Das Biatt bemerkt dazu, mit Entrüstung werde man nach und nach erfahren, wie der Wunsch Chamber lains, die Delagoabai England zu sichern, zu dem ersten augenscheinlich erfolgreichen Versuch geführt habe, England aus Schanghai und dem Jangtsethale zu verdrängen. * Zu Ehren des (als KorpSkommandeur) fcheidendenErb großh rrzogs von Baden hatte die Provinz Rheinland am Montag nach mittag in der städtischen Festhallr zu Koblenz ein Festmahl zu 380 Gedecken veranstaltet, an welchem u. a. der Oberpäfident N .sse, Landes- hauvtmann Klein, die Generalität und der Bischof Korum von Trier teilnahmen. Der TrbgroßherzogbrachtedaSKaiser- hoch aus. «Der deutscheBotschafter in Wien, Fürst Eulenburg, ist nunmehr in den zeitweiligen Ruhestand versetzt worden. Seinen Wunsch, dauernd aus dem Staatsdienst zu treten, habe der Kaiser in schmeichelhaften Worten abgelehnt. «Die Bildung eines Reichsschiff, fahrt-amts mit dem Sitz in Berlin ist nach der ,Voss. Zig.' geplant, um eine Zentra lisation der Interessen des gesamten deutschen Seewesens herbeizuführen, soweit sich diese nicht auf die besonderen Zwecke der Kriegsmarine erstreckt. «Zur Reise des Verkehrsministers Budde an die süddemschen Höfe schreibt eine ZenirumS-Korrespondenz: »Daß diedeu 1 sche Eisenbahngemeinschaft das Ziel ist, auf dar mau es in Berlin abgesehen hat, ist Wohl nicht zu leugnen. Man hat aber gar nicht nötig, die andern Staaten darum schroff zu behandeln und Zwang anzuwenden, wie seiner Zeit bei der Hineinziehung der Nachbarn in den Zollverein. Nan darf auf die „Ent- Wickelung* vertrauen, die die Gemeinschaft schon von selbst bringen wird, wenn man nur Geduld hat. In Württemberg ist ja bereits eine starke Strömung für den Anschluß." «In der preußischen Bergwerks- Verwaltung ist der Betrieb jetzt so ge regelt. daß Arbeiter. Entlassungen und Lohn- Herabsetzungen in absehbarer Zeit nicht zu er warten find. * Dm Regierungspräsidenten zu Danzig und Marienwerder find je 40 000 Mk. aus dem ReichSinvalidenfondS überwiesen wordm zur Ge währung von Veteranenbeihilfen an solche KriegSteiknehmer, di« für die Veteranenbeihilfe vor» gemerkt find. * Einem Gerücht zufolge soll der Minister von Schwarzburg-Rudolstadt, von Starck, mit Rückficht auf die Landtagswahlen beabsichtigen, von seinem Amte zurückzutrrten. « Nach dem nunmehr vollständig vorliegenden Resultat der hessischen Landtags wahlen verloren die Nationalliberalen fünf Mandate, nämlich drei an die Deutsch-Frei- finnigen und je eins an die Antisemiten und den Bund der Landwirte. Das Zentrum und die Sozialdemokraten behaupteten ihren Besitz stand. Oesterreich-Ungar». «In Oesterreich stocken die Ver handlungen im Abgeordnetenhause. Mehr als 50 Dringlichkeitsanträge verrammeln bereits die Tagesordnung und noch immer stellen die Tschechen neue Anträge. Nach der ,Voss. Zig.' erklärte Minister - Präsident Körber am Freitag beim Verlaffen des Parlaments: „Mit diesem Haus kann ich nicht arbeiten." «In Szegedin fand unter Beteiligung mehrerer oppositionellen Abgeordneten eine große Volksversammlung statt, in der beschlossen wurde, an das Abgeordnetenhaus eine Petition wegen Errichtung eines selbständigen ungarischen Zollgebietes zu richten. England. «Die englischen Verstärkungen für Somali land werden auf einem subventio- nierten deutschen Reichspostdampfer befördert werden. Schweiz. * In der Schweiz find die S t i ch w ah l en zum Nationalrat nunmehr beendet. Nach dem Ergebnis derselben haben im Nationalrat die Radikalen von den 167 Sitzen ungefähr 100, die Konservativen etwas über 50, die Sozialdemokraten Ml. Die übrigen sind un- abhängige Sozialpolitiker und Wilde. Italien. «Mehrere italienische Blätter verwechselten den verstorbenen deutschen Abgeord neten Rickert mit Engen Richter und widmeten versehentlich letzterem ihre Nekrologe. Belgien. «In Wien kursieren sensationelle Gerüchte über das belgische Königshaus. KönigLeo- pold soll von einer bedenklichen geistigen Irritation be'allen s in, die zu ganz be fände'en Erschließungen führen könnte. De" Grat von Flandern sei telegraphisch nach Brüssel berufen worden. (Es handelt sich hier wohl um kaum mehr als Gerüchte.) Spanten. «In Spanien ist nun die Minister krisis ausgebrochen. Am Montag hat Minister präsident Sagasta dem Könige das Entlassungs gesuch des gesamten Kabinetts überreicht. Die CorteS stellen ihre Sitzungen bis zur Lösung der Krisis ein. Die Hauptschwierigkeit bildet die Vorlage betr. das Rekrutenkontin ge n t, die die Kammern vor dem 31. Dezember d. genehmigen müssen. Rnstland. «Einer der einflußreichsten Männer Ruß lands, der Oberprokurator des heiligen Synod, Pobedonoszew, will zurücktreten. Er hat, wie der ,Köln. Ztg.' aus Petersburg gemeldet wird, mit Rücksicht auf sein hohes Alter und seinen Wunsch, seine letzten Lebens- ahre in Ruhe zu verleben, um Enthebung von einer Stellung gebeten. Kaiser Nikolaus habe das Gesuch bewilligt. Man erwartet zu Neu ahr die amtliche Bekanntgabe. Als sein Nach- olger wird das Mitglied des Reichsrats Graf Sergius Scheremetjew genannt. Balkanstaaten. «Der italienisch-türkischeStreit- fall wegen der Seeräuber im Roten Meer ist am Montag durch ein Abkommen zwischen den beiderseitigen Regierungen bei gelegt worden, nach dessen Durchführung der italienische Kommandant Arnone mit seinen Schiffen und den den Seeräubern abgenommenen Schaluppen nach Massauah zurücktehren wird. «Die Anklageakte gegen die ehemali gen bulgarischen Minister Radoslawow, Jvantschow, Tontschew und Tenew ist fertig» gestellt. Die Anklage wegen Schädigung des Staatsinteresses hat man aufrecht erhalten, da gegen die wegen Hochverrats fallen lassen. «Daß in der Bevölkerung Bulgariens starke Sympathien für die fehlgeschlagenen Be mühungen, in Macedonien einen Auf stand zu entzünden, vorhanden sind, war j längst anzunehmen. Bestätigt wird das durch > eine Meldung aus Sofia, wonach dort am Montag vor dem Hause des Generals Zont - schew von einer großen Volksmenge — etwa 3000 Personen — eine Kundgebung ver anstaltet ward. Es wurde beschlossen, Zontschew eine Adresse zu überreichen und ihm nach seiner Genesung ein Bankett zu geben. Amerika. «Der Präsident von Venezuela, Castro, will jetzt die Aufständischen nicht nur geschlagen, sondern ihnen sogar dadurch, daß er seine Truppen nach allen Seiten verschickte, den Rückzug abgeschnitten haben. Er hat eine außerordentlich pomphafte Proklamation erlassen. Asten. * InChina ist im Südwesten der Provinz Tschili ein neuer Aufstand ausgebrochen: die Ansrührer lehnen sich auf gegen die Zahlung der Entschädigung an die Mächte. ------------- Ans dem Reichstage. Der Reichstag setzte am Montag die zweite Be ratung der Zolltarifvorlage fort mit den nament lichen Abstimmungen über die zu K 5 des Tarif- gefetzes (Zollfreiheit für gewisse Gegenstände) ge stellten sozialdemokratischen Anträge. Der erste wurde mit 165 gegen 54 Stimmen abgelehnt, der zweite mit 160 gegen 64, der dritte mit 160 gegen 56, der vierte mit 157 gegen 57 Stimmen. Bei der fünften Abstimmung stellte sich die Beschlustunfähig keit des Hauses heraus. Es waren nur 191 Mit glieder anwesend. Am 11. d. wird die Beratung des ZoIltarif - gesetzeS bei § 5 Absatz 12 fortgesetzt, welcher von der Zollbefreiung für SchiffSbaumaterialien handelt. Zunächst wird der sozialdemokratische Antrag, der nicht nur die zu LuxuSzweckrn erbauten Fluß schiffe, sondern auch die Seeschiffe von der Zoll befreiung ausschließen will, mit 193 gegen 50 Stim men ab gelehnt. In einfacher Abstimmung wird der Antrag Gothein («r. Vgg.) abgelehnt, welcher das Ka- jütls- und Küchengut zollfrei lassen will. Der Antrag des Abg. Müller-Meiningen (sr. Vp.), der di« Materialien zur Ausübung des Ftschercigewerbes zollfrei lassen will, wird mit 181 gegen 70 Stimmen abgelehnt. Ein sozialdemokratischer Antrag will eine Ziffer 12 a einsügen, derzuiolge „Garne, welche zur Her stellung von Fischnetzen zum eigenen Gebrauch von Fischern oder deren Angehörigen verfertigt werden", zollfrei fein sollen. Der Antrag wird mit 184 gegen 72 Stimmen abgelehnt. H erauf wird 8 5 in der Kommissionsfassung angenommen. 8 6 der Regierungsvorlage bestimmt im Absatz 1, daß die im Taris nicht besonders genannten Waren den ihnen am nächsten stehenden Positionen zu- geteilt werden sollen, in Absatz 2, daß Abfälle und zerbrochene Gegenstände wie Rohstoffe behandelt werden sollen. — Die Kommission hat den Absatz 1 gestrichen, Absatz 2 unverändert angenommen. Abg. Frh. v. Wangenheim (kons.) be antragt, den Absatz 1 der Regierungsvorlage wieder- herzustellen. Abg. Pachnicke (frs. Bp.) beantragt, daß die im Tarif genannten Waren zollfrei fein sollen, eventuell, baß der Bundesrat unter Zustimmung des Reichstages hierüber Verfügung treffen soll. Aog. Rösicke (B. d. Lw.) begründet den Antrag v. Wangenheim. Es entspreche der heutigen Technik nicht, daß tm Tarif nicht genannte Warm zollsrei eingeführt werden sollen. Abg. Pachnicke (frs. Vgg.) führt in der Be gründung seines Antrages aus, daß durch die Streichung des Absatz 1 die wünschenswerte Klar heit noch nicht geschaffen sei; vor allem müsse dar Prinzip der Zollsreiheit für die im Tarif nicht ge nannten Waren festgelegr werden. Weshalb solle denn für einen neu ersunvenen Gegenstand gleich die Zollpflicht eingesührt werden? BundeSrat und Reichs tag hätten ja dazu noch immer die Macht. Wegen der Wichtigkeit dieser Frage beantrage er die nament liche Abstimmung über seinen Antrag. Schatzsekretär Frh. v. Thielmann: Der Antrag v. Wangenheim sei zwar nicht gerade nötig, aber er habe gegen seine Annahme auch nichts ein zuwenden. Auch die KommissionSfassung biete bei § 6 eine Unterlage für VertragSverhandlungen, nicht aber der Antrag des Abg. Pachnicke, da sich die Verhandlungen mit anderen Staaten stets um be stimmte Positionen drehten. Der Hauptantrag Pachnicke wird nach kurzer Debatte mit 179 gegen 76 Stimmen abgelehnt, ebenso werden der Eventualantrag und der Antrag v. Wangenheim abgelehnt und 8 6 in der Kom- mijsionSjassung angenommen. O Hruggotd. 1») Rom« von Anna Seyffert-Klinger. «»Nsttzunzg Mitleid freilich kannte der Baron nicht, weder mit der einstigen Jugendgeliebten, noch mit deren Familie. Daß er also nun den unseligen Be trug unbarmherzig ausdeckie und der Oeffent» lichkeit preisgab, galt ihm nicht nur als selbst verständlich, sondern er hielt diese Rache sogar für sein gutes Recht. Die Professorin rang die Hände, beschwor thn und weinte ihre bittersten Thräuen, er hörte die Dame kaum noch. „Ihrem Fräulein Tochter bleibt es natürlich unbenommen, ganz nach eigenem Willen und Ermessen zu handeln," lautete die kalte Ent gegnung; wenn ich eines bedauere, so ist es meine Diskretion, die in diesem Falle schlecht .angebracht war. Ich hätte den Gottes längst das Original-Manuskript zustellen und sie von dem dreisten, raffinierten Betrüge verständigen sollen." Zn diesem Moment, als die Verzweiflung der unglücklichen Frau aufs höchste gestiegen war, kam Lisa herein; ihre ganz unerwartet kommende Erklärung überraschte dermaßen, daß es der Professorin war, als stehe ihr der Aiem still, während der Baron, von der reinen Jung- fräulichkeit, der sanften taufrischen Schönheit Lisas hingerissen, die Szene wie einen Traum empfand, der bet der leisesten Bewegung in ein Nichts zerrinnen muß. Freilich hotte er daS junge Mädchen auch schon am gestrigen Abend beobachtet, doch nur aus einer gewissen Entfernung, im unbest mmten Schein der Gartenbeleuchtung. Jetzt stand sie dich: vor ihm, umflossen von dem Hellen Licht der Gaskrone. Der Gleichmut des BaronS war in einem einzigen Moment verflogen, sein kunstgeüb'er Blick sog sich förmlich fest an dem berückmd lieblichen Nnlitz des jungen Mädchens. Wie hatte er dieses holde, entzückende Ge schöpf so ohne weiteres aufgeben können? Er begriff sich selbst nicht mehr. Er erhob sich schnell und verneigte sich tief und ehrerbietig, dann küßte er ihre Hand und sah mit verzückten Augen in ihr weißes, lilien- haft zartes Gesicht. „Sie machen mich unendlich glücklich, Lisa! Jetzt kann ich nur sagen, daß S e es nie be reuen werden, sich meinem Schutze anvertraut zu haben — ich werde Ihrer Nachgiebigkeit zu danken wissen, mein Wort darauf. Alles nach Ihrem Wunsche, Temel Ist es Ihnen ange nehm, wenn ich jetzt noch bleibe, damit die notwendigen Besprechungen erledigt werden, oder sehen Sie es lieber, wenn ich Sie mit Ihrer verehrten Mutter allein lasse?" „Das vergelte dir Gott, mein Liebling," flüsterte die Professorin, „daß du noch zur rechten Zeit zur Besinnung gekommen bist l Ich hätte die Schmach, daS Andenken unseres Toten entehrt zu wissen, nicht überlebt. Nun aber soll alles gut sein." In ihrer Freude und stets zum Berzeihen geneigt, reichte sie dem Baron versöhnlich die Rechte hin. „So, wie ich deinen Verlobten kenne, wird er immer be müht sein, dir daS Elternhaus zu ersetzen." „Mein heiliges Wort darauf, daß alles ge schehen wird, um meiner teuren angebeteten Gattin jeden Wunsch bereits im voraus zu er füllen. Mein Reichtum ist von dieser Stunde ab nur dazu vorhanden, um Ihnen, mein Lieb ling, zu dienen! Und nun bestimmen Sie, bitte, ob ich bleiben oder gehen soll." „Das überlasse ich meiner Mutter," be merkte das junge Mädchen ruhig, „es sei mir nur gestattet, mich jetzt zurückzu ziehen! Und welche Bestimmungen Sie auch treffen, ich heiße sie alle gut, alle!" „Auch — wo es sich um unsere Vermählung handelt, teure Lisa?" „Es wäre mir lieb, wenn sie bald statt« fände und wir dann eine größere Reise unter nehmen —" „Mich trifft ein unverdientes Glück," sagte Albers mit einem Anflug von Kleinmut, „doch ich will es mir zu verdienen suchen, mich dieser Auszeichnung würdig zeigen. Was die Erde an Schönheiten und Vollkommenheiten darbietet, das sollen Sie genießen, Lisa, und die Ver mählung kann bereits im nächsten Monat statt finden. Dann führe ich mein junges Weib hinaus in die sonnige Weite. Das Meer in seiner Unendlichkeit, die Alpen in ihrer hehren Großartigkeit und der Süden mit seinen uner meßlichen Kunstschätzen, daS alles soll Ihr Auge erfreuen und Sie für den Opfermut entschädigen, mit dem Sie einem alten Mann Ihre Hand zum Bunde reichen." Es lag ein fesselnder Klang in seiner Stimme, dem das junge Mädchen unwillkürlich lauschte. Etwas wie ein Rausch zog durch ihre Seele. § 7 wird debattelos angenommen. 8 7a (von der Kommission neu eingefügt) bestimmt, daß bei der zollamtlichen Abfertigung einer Ware, die je nach ihrem Hnstellungslanoe einer unterschiedlichen ZollSehandlung unürlieg!, Ursprungs-Erklärungen bezw. -Nachweise auf Erfordern beizubringen sind. Ein Antrag Broemel will diesen Paragraph ganz streichm, event. sollen die über die Ursprungs- erklärungen zn erlassenden bvndeSrätlichcn Bestim mungen dem Reichstage vorzulegen, und, sofern dieser ihnen nicht zugestimmt, außer Kraft zu setzen fein. Ein Antrag Albrecht deckt sich mit diesem Eventualantrage. EM Antrag Gothein will die Bestimmung des § 7a fakultariv von dem Ermesse« des Bundesrats abhängig machen. Abg. Gotbein, diesen Antrag empfehlend, hält es dabei allerdings für daS richtigste, den Para graphen gan, zu streichen. Direktor Wermuth vom ReichSamt des Innern erklärt sich sowohl mit der gänzlichen Streichung des Paragraphen, wie ebenfalls auch mit der dem Bundesrat zu erteilenden Vollmacht, also mit de« Anträge Gothein einverstanden. ^Dagegen bitte er, auf jeden Fall den Eventual-Antrag Broemel und den sich damit deckenden Antrag Albrecht abzu lehnen. Nach weiterer Debatte wird zu den Abstimmungen geschritten. Zunächst wird der Eventualantrag Brömel zum Antrag Goihein in einfacher Abstimmung gegen die Stimmen der Freisinnigen und Sozialdemokraten abgelehnt. Ferner wird abgelehnt der Antrag Gothein selbst gegen die Stimmen der Freisinnigen, Sozialdemo kraten und das Gros der Nationalliberalen. Sodann wird namentlich abgestimmt über den sozialdemokratischen Evenlualontrag zum KommtssionS- beschluß. Der Antrag wird mit 189 gegen 71 Stimmen abgelehnt. Der 8 7a wird in namentlicher Abstimmung mit 182 gegen 71 Stimmen angenommen. § 8 enthält die Bestimmungen über die Kampf- zölle. Danach könnm zollpflichtige Waren aus anderen Ländern, in denen deutsche Schiffe oder Waren ungünstiger behandelt werden als diejenigen anderer Länder, nebm dem tarifmäßigen Zollsatz einem Zollzuschlag bis zum doppelten Betrage dieses Satze« oder bis zur Höhe des vollen Wertes unter- worien werden. MehrereAbänderungSanträgeder Abgg. Gothein, Albrecht und Gen., Vachnicke, Brömel und Singer werden abgelehnt. Abg. Barth (fr. Vgg.) beantragt hierauf die Vertagung. Die Abstimmung, während welcher viele Mit glieder, durch die AbstimmungSglockt gerufen, in den Saal treten, bleibt zunächfl zweifelhaft, bei der Gegenprobe ergibt sich schließlich eine Mehrheit für Ablehnung der Vertagung. Abg. Stadthagen bekämpft sodann, zur Sache da« Wort erhaltend, lebhaft die Anträge der Kommission, namentlich den Absatz 2. Der Präsident Graf Ballestrem teilt j-tzt mit, daß ein Antrag Singer auf namentliche Ab stimmung über Absatz 2 eingegangen sei. Außerdem liegt jetzt ein Antrag Spahn auf Vertagung vor. Dieser wird angenommen. Präsident Graf Ballestrem schlägt vor, am Mittwoch mit der Beratung tortzusahren. Abg. Singer erhebt dagegen Widerspruch und beantragt, am Mittwoch einen Schwerinstag ab-uhalten. Nach längerer Geschäft? ordnungSd-baite wird der Antrag Singer abgelehnt. Es bleibt bei dem Vorschläge des Präsidenten. -s-r > -s-S Von Nah und Fern. Bon der deutschen Kaiserin weiß daS eng lische Blatt Modern Society' zu erzählen: Dit Kaiserin ist mit Recht stolz aus ihre schöne Figur. Sie ist schlank und von größter Anmat. Es hat Mühe und Ausdauer genug gekostet, diesen wünschens- werten Zustand zu erreichen, da die Kaiserin vor einigen Jahren zur Korpulenz neigte. Sie hatte jedoch einen entschiedenen Widerwillen dagegen und nahm ihre Kur selbst in die Hand. Mit Hilfe eine« Arztes und mit einem ausdauernden Willen wurde damals die Gegenaktion in Abazzla inS Werk ge setzt, und zwar gerade zur rechten Zeit. Die Kur hatte sogar einen sehr schnellen Erfolg, aber da die Kaiserin die Sache übertrieb, so ergraute ihr Haar und wurde zuletzt wech, waS der Kaiserin jedoch durchaus nicht schlecht steht zu ihrem frischen, jung gebliebenen Gesicht und zu ihrer herrlichen Figur. Tie Kaiserin hält ihre geregelte Diät aufs strengste inne. Sie trinkt fast nichts, was kürzlich wieder bei der Eröffnung des LettchauseS in Berlin be obachtet werden konnte, obwohl sie beim Frühstück daselbst herzhaft zugriff. Trotz ihres gesunden Appetits ist die Kaiserin sehr vorsichtig im Essen; Kartoffeln, Zucker, Brot und dergleichen sind streng verpönt. Sie ist unermüdlich, sich Bewegung zu Wie oft hatte fie sehnsüchtig nach den Kunst« schätzen Italiens verlangt, wie oft sich hinaus gesehnt nach den schaumgekrönten Wellen des bewegten, kühlen Wassers, nach dem Meer, daS in seiner schlichten Erhabenheit ein Bild deS Lebens bot mit all seinen Gegensätzen, dem Auf und Nieder, das der Wechsel der Stunden bringt. Und nun sollte fie all diese Herrlichkeiten im vollsten Maße genießen dürfen, sorglos und ungezwungen, unter dem sichersten, besten Schutz, dem ihres Gatten. Ein warmes Empfinden wallte zu ihrem Herzen, etwas wie Dank durchflutete ihre Brust. Sie sah auf, zum ersten Male ruhte ihr Auge fest auf den eingesunkenen Zügen des Barons. Wie schnell ihr Blick sich senkte; — ein Frösteln durchschauerte ihren Körper. „Ich darf mich jetzt beurlauben?" fragte fie hastig. Die Professorin nickte freundlich: „Ja, jh geh, mein Kind, und Gott segne dich! Ich werde alles in deinem Sinne ordnen, darauf kannst du dich verlassen!" Ehe Lisa sich dessen versah, hatte AlberS ihre kleine Hand ergriffen und an den Ring finger der Linken einen Brillantreif von offenbar sehr hohem Werte gesteckt. „Ein alter Erbring, den die Baroninnen Albers seit Generationen tragen!" erklärte er feierlich. Lisa stammelte einige Worte deS DankeS, um dann hinauszueilen; ihre Kraft war er- chöpft. In ihrem eigenen Stübchen angelangt, chloß fie die Thür, um dann wie gebrochen zu- ammenzufiuken. Ein wildeS Schluchzen rang ich aus ihrer Brust.
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