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Allgemeiner Anzeiger : 01.02.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191302018
- PURL
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1913
-
Monat
1913-02
- Tag 1913-02-01
-
Monat
1913-02
-
Jahr
1913
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 01.02.1913
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Xrieg oder frieden? Noch immer schwanken die Balkandelegierten, ob sie noch länger auf die friedliche Antwort warten, oder wie es angeblich schon beschlossen war, die Verhandlungen in London kurzerhand abbrechen sollen. Londoner Zeitungen berichte« ten zwar, die Balkandelegierten bereiteten ihre Abreise vor, doch sind diese Meldungen wohl verfrüht. Denn die von den Verbündeten vor« bereitete Note, worin den türkischen Vertretern der endgültige Abbruch der infolge des politi schen Szenenwechsels in Konstantinopel als aus sichtslos erscheinenden Friedensverhandlungen anqekündigt werden sollte, ist noch nicht fertig- gestellt und konnte deshalb auch nicht, wie die Bulgaren verlangten, zur Weitergabe an Reschid- Pascha unterzeichnet werden. Daß der Notenentwurf, der nur ein paar Zeilen zu umfassen braucht, bei völliger Ein mütigkeit der Urheber ganz gut hätte bereits vollendet werden können, ist klar. Mit dieser Einmütigkeit hapert es aber einigermaßen, weil die Lage der einzelnen Verbündeten verschieden ist. Den Bulgaren liegt zwar auch nichts an einer Fortsetzung des Krieges, aber sie haben doch in Adrianopel und an der Tschataldschalinie wenigstens noch Kampfobjekte, die Pulver und Blei wert sind. Für Serben und Montenegriner gilt das nicht, sie sind deshalb weniger geneigt, durch zu starken Druck auf die Türkei die Friedens ausfichten zu verschlechtern. Vollends eigen artig ist die Lage der Griechen. Sie haben zwer ebenfalls kein Interesse an der Verlänge rung des Feldzuges und sind durchaus willens, der Türkei eine übermäßige Pression zu er sparen. Anderseits würden sie sich mit einem zu heftigen Bemühen, dem Tatendrang nament lich ihrer bulgarischen Bundesbrüder Zügel an zulegen, dem Vorwurf aussetzen, daß sie nicht einmal den Waffenstillstand unterzeichnet hätten und demgemäß Bulgarien nicht an der Wieder aufnahme der Feindseligkeiten hindern könnten, die Griechenland nicht eingestellt hat. Auch in den Kreisen der Mächte (mit Aus nahme von Rußland und Frankreich) scheint man sich jetzt zu sagen, daß der Friede längst zu erreichen war, wenn man energisch bei beiden Parteien dazu gedrängt hätte. Es ist bezeich nend, daß der Pariser ,Temps', der sich bisher für Rußlands Vorgehen begeisterte und für Auflösung der europäischen Türkei schwärmte, schreibt: „Trotz des Willens der Mächte, die asiatische Frage nicht zu berühren, könnte diese Frage sich vielleicht von selbst stellen. Dann wäre der jetzige Waffenstillstand nur ein Zwischenakt zwischen dem Zusammenbruch der europäischen und dem Zusammenbruch der asiatischen Türkei gewesen. Die Nachrichten, die aus Armenien und Syrien kommen, klingen schlecht. Bis jetzt haben sich die Großmächte entschlossen gezeigt, nichts zu tun, was ihre Harmonie stören könnte. Aber die Lage würde sich sehr entschieden ändern, wenn an andern Punkten des ottomanischen Reiches blutige Kon flikte ausbrächen, die diese oder jene Macht an ihre moralischen Verpflichtungen erinnerten. Unter diesen Umständen sollten die Groß mächte ihre Übereinstimmung benützen und allen Parteien zur Nachgiebigkeit raten. Da die unglückliche Türkei aus der neuen Krisis keine Stärkung zu erwarten hat, so können die Verbündeten sich mit Geduld wappnen. Man würde es schlecht aufnehmen, wenn sie jetzt durch einen plötzlichen Wieder beginn der Feindseligkeiten den europäischen Mächten, die ihnen bis jetzt günstig gesinnt waren, Schwierigkeiten schaffen wollten. Das ist der Rat, den die Botschafterkonferenz den Balkanverbündeten erteilen sollte. Wenn dieser Wunsch sich mit genügender Klarheit und Ein heit ausdrückt, so ist die Hoffnung berechtigt, daß auf ihn gehört wird." Wenn die Mächte sich zu solchem Vorgehen entschließen könnten, so wäre es vielleicht möglich, daß der Frieds auf Grund eines Vergleichs zustande käme, wie ihn jetzt die Türken anbieten. Danach sollen Adrianopel und ein schmaler Streifen Gebiets ringsherum als neutrale Zone zwischen der Türkei und Bulgarien erklärt wer- i den, nach dem Muster der neutralen Zone, die ' bei der Trennung Norwegens und Schwedens geschaffen wurde. Diese Zone darf nicht be festigt und nicht von Truppen besetzt werden und erhält eine selbständige Verwaltung unter einem Gouverneur, der einem der europäischen Klein staaten (etwa der Schweiz?) zu entnehmen ist. Das ist immerhin ein Vorschlag, auf den man sich einigen könnte, wenn — Rußland nicht schon den Balkanstaaten zu weitgehende Ver sprechungen gemacht hat. Das ist die ent scheidende Frage! Politische Kundsckau. Deutschland *Kaiser Wilhelm hat aus Anlaß seines Geburtstages den deutschen Kron prinzen zum Obersten ernannt. * Die Verhandlungen zwischen den zuständi gen Refforts über eine Reform der G e - bührenordnung für Zeugen und Sachverständige haben nunmehr dazu geführt, daß ein Entwurf aufgestellt worden ist, der demnächst dem Bundesrat zur Beratung und dem Reichstage voraussichtlich noch gegen Ende der Session zugehen dürfte. In dem Entwurf werden vor allen Dingen die Gebühren für die Sachverständigen einer wünschenswerten Er höhung unterworfen, so daß den hervorgetrete nen Ansprüchen in dieser Hinsicht Genüge ge schehen dürfte. *Der gemeinschaftliche Landtag der Herzogtümer Koburg und Gotha stimmte dem Anträge seiner Verfaffungskommission zu, die Staatsregierung um Vorlage eines Gesetz entwurfs zu ersuchen, der unter Abänderung des Staatsgrundgesetzes an Stells des jetzigen indirekten Wahlverfahrens die Einführung des direkten Wahlrechts bezweckt. Die Staatsregierung widersetzt sich indessen der Ein führung des Reichstagswahlrechts sirr die Land tage. Der Staatsminister Richter erklärte dem gemäß, daß er eher von seinem Platze weichen wolle, als dem Antrag auf Abänderung des indirekten Wahlrechts Folge zu geben. Osterreich-Ungarn. * Das österreichische Kaiserhaus hat einen herben Verlust erlitten. Nach schwerem Leiden ist Erzherzog Rainer im Alter von 86 Jahren in Wien verschieden. Der Verstorbene hat früher im politischen und militärischen Leben der Donau monarchie eine hervorragende Rolle gespielt. So war er von 1861 bis 1865 Ministerpräsident, und unter feiner Leitung hielt die Verfassung in Österreich ihren Einzug. Der Deutsche Kaiser war ein besonderer Verehrer des greifen Entschlafenen. * Gegen dieungarischeWahlrefocm, wie sie die Regierungsmehrheit vorgeschlagen hat, wollen die Sozialdemokraten mit allen Machtmitteln Sturm laufen. Der Parteikongreß hat beschlossen, daß die Sozialdemokraten sich an den Wahlen nicht beteiligen sollen, falls der Entwurf zur Wahlreform ohne Mitwirkung der Regierungsgegner, die zum großen Teil von den Sitzungen ausgeschloffen sind, zustande käme. Auch wird die Parteileitung ermächtigt, den Generalstreik an einem von ihr zu bestim menden Tage zu verfügen. Mankreich. * Der Kriegsminister Etienne hat setzt in der Pariser Presse bekannt gegeben, welche Reformen er als die wichtigsten zunächst durch zuführen gedenke. Seine besondere Aufmerk samkeit will er der bisher als Stiefkind der Heeresverwaltung behandelten Kolonial armes zuwendsn und die Reform der Militär gerichte durchführen. Dem leit langer Zeit ge führten Streit über die Einführung leichter Haubitzen will der Minister, der unbedingter Anhänger der Notwendigkeit dieser Waffe ist, ein rasches Ende bereiten. Eine Vorlage ist bereits in Angriff genommen, „die den Vor- fvrung der deutschen Armeekorps durch ihre Haubitzenabteilungen beseitigen soll." England. * Der Wahlgesetzentwurf ist wegen der Schwierigkeiten, die der Antrag des Staats sekretärs des Äußeren aufEinführung des Frauen- ! stimmrechts bereitete, von der Negierung zurück- ! "'zogen worden. Die Stimmrechtlerinnen Eng lands haben also zu früh triumphiert. In Lon don sind umfassende Maßnahmen getroffen wor den, da man Ausschreitungen der streitbaren Damen fürchtet, deren Führerin angekündigt hat, die Stimmrechtskämpierinnen würden von jetzt ab dem Publikum das Leben unmöglich machen, bis ganz Endland im Interesse der Ruhe und des Friedens das Frauenwahlrecht fordert. Balkanstaate«. * Die neue türkische Regierung hat unmittelbar nach ihrem Amtsantritt erklärt, daß sie eine Summe von 100 bis 120 Millionen Mark aufbringen werde. Diese Nachricht wird von den türkischen Friedensdelegierten in London als nicht unwahrscheinlich bezeichnet. Man meint, die Regierung habe vielleicht gewiße Erzherzog Rainer von Österreich Der 86 jährige Nestor des HauieS Habsburg, Erzherzog Rainer, ist in Wien gestorben. Der Erz herzog hatte vor kurzem glücklich eine Lungenentzün dung überwunden. An seinem Krankenbett weilte seine 88 jährige Gemahlin, Erzherzogin Marie. Erz herzog Rainer ist am 11. Januar 1827 in Mailand geboren und hat sich am 21. Februar 1852 mit der Erzherzogin Maria von Österreich vermählt. Er ist Chef des Preußischen Niederrheinischen Füsilierregi ments Nr. 39. .Kronjuwelen als Pfand gegeben, so z. B. den massiv goldenen, mit überaus kostbaren Edel steinen geschmückten Thron. Amerikanische Finanzleute hätten diesen bereits vor längerer Zeit kaufen oder beleihen wollen. *Nach den neuesten Meldungen aus Sofia sind die Besprechungen zwischen Bul garien und Rumänien wieder ausge nommen worden und werden in freundschaft licher Weise fortgesetzt. In rumänischen Kreisen wird in Abrede gestellt, daß Rumänien bei der vorgeschlagsnsn Änderung der Dobrndschagrenze daltichik und Silistria beansprucht, doch wird noch immer verschwiegen, welche Forderungen eigentlich erhoben werden. Man weiß nur, daß Rumänien bulgarisches Gebiet beansprucht. Afrika. *Jn Marokko hat in der Gegend von Mogador wieder ein heftiger Kampf zwischen Franzosen und einer Abteilung der auf ständischen Anflus stattgesunden. Die Ma rokkaner wurden nach heftigem Artilleriekampf, dem ein Sturmangriff folgte, zurückgeworfen. Sie halten starke Verluste; auf französischer Seite find mehrere Soldaten gefallen und etwa zwanzig verwundet worden. Asten. * Das Zarenreich hat in Persien einen bedeutsamen Sieg errungen. Die Erteilung der Konzession an Rußland zum Bau einer Eisenbahn von Dschulfa nach Täbris, deren Verlängerung nach Teheran nur eine Frage der Zeit ist, mit einer Nebenlinie nach dem nörd lichen Ufer des Urmasses ist vom Kabinett be willigt worden. Die Dauer der Konzession beträgt 75 Jahre. Die Konzession gibt net dem ,B. T.' Rußland gleichzeitig das Recht, d« Kohlenlager und Petroleumquellen im GeM« von 60 Werst auf jeder Seite der Bahn aus' zubeuten. Der persische Anteil an der Aus' beute beträgt 20 Prozent. Die Bauzeit ist M drei Jahre festgesetzt, bei sofortigem Beginn d« Arbeiten. Die Bahn bietet dem deutM Handel nur geringen, M Rußlands Hand« dagegen enormen Vorteil. Deutscher Keickstag. (Orig.-Bericht.s Berlin, 29. JanB Am Dienstag teilte der Präsident zuniiti dem Hause mit, daß Kaiser Wilhelm für d» übermittelten Glückwünsche bestens danken last Auf der Tagesordnung standen zunächst ve« schiebens „Kleine Anfragen". N nationalliberale Abg. Bassermann st deren drei eingebracht, unter ihnen st wichtigste die, ob es dem Reichskanzler bekan> sei, daß England, Frankreich und Rußland » über die Abgrenzung ihrer Interessensphären c der asiatischen Türkei geeinigt haben. Unteratest loser Spannung des Hauses beantwortete im M trage der Regierung Geh. Rat Lehma"' die Frage dahin, daß zwar derlei Gend dem Reichskanzler zu Ohren gekommen seist daß aber aber amtl/e Berichte darB nicht vorliegen, und daß vertrauenswürdige H kläruugen (wahrscheinlich von seiten der Vertröst jener drei Machte) das Vorhandensein derartig Vereinbarungen als ausgeschlossen erschein lasten. Wie die allgemeine Unruhe kundgst war das Haus mit dieser Erklärung nicht reü einverstanden. Zum Schluß fragte der Abg. Grad nau« (soz.), ob der Reichskanzler Auskunft über st Gerüchte bezügl. neuer umfassender Militärs forderungen, abgesehen vom Ausbau der AB flotte, zu geben bereit sei. Major Hoffma» antwortete darauf, daß die verantwortlich^ Stellen der Reichsregierung sich über die W Wendigkeit erneuter Verstärkungen »« srer Rüstung einig seien, daß aber «> nauere Mitteilungen über das Maß dies« Rüstungen nicht gemacht werden könnten. Nachdem damit der interessanteste Teil ist Sitzung scheinbar erschöpft war und viele N geordnete den Saal verlassen hatten, WM die Debatte über den Etat des Innern — » 11. Tag' — fortgesetzt. Geburtenrückgang, st Not der Weingärtner in Württemoerg, die A sundheitsverhältnisse der polnischen Arbeite, ' Oberschlesien und im Ruhrrevier Warven st bunten Wechsel besprochen. Eine längere Debatte entspann sich st das Thema „Krankenpfleger und Pflegerinne» Dazu teilt der Präsident des Reichsgesundheit', amtes Bumm mit, daß das Reichsgesundheff amt Vorschläge bezüglich einer grundsätzlich Regelung des Tag- und Nachtdienstes, eÄ Mindestruhezeit, sowie des Jahreserholungs Urlaubes gemacht hat. Die Vorschläge N den Einzelstaaten übermittelt worden. Abg. Thoma (nat.-lib.) empfahl sode» die Einrichtung eines milchwirtfchaftlichenJnstitÄ Dr. Blunck (fortschr. Vp.) die Errichtung ei» landwirtschaftlichen Zentralanstalt. Zum SchH teilte Präsident Bumm noch mit, daß entgegst allen Nachrichten der Erreger der Maul- i» Klauenseuche noch nicht gefunden wordens Darauf vertagte sich das Haus. Von und fern. Bier Rettungsmedaillen am Bande § sitzt der Schiffer Wilhelm Blbhm in Altenk« ber Cuxhaven. In Anerkennung hervorragend Rettungen aus Seenot erhielt er vor einit Jahren die deutsche und die englische und d» auch die amerikanische Rettungsmedaille. Z hat ihm der König von Italien noch nacht« sich wegen seiner Verdienste bei den Rettuit arbeiten nach der Erdbebenkatastrophe > Messina die Silberne Rettungsmedaille ! Bande verliehen. Blohm gehörte damals Besatzung des deutschen Schulkreuzers „Vitz' Luise". Sechs seiner Neitungskollegen erhi« dieser Tage die gleiche Auszeichnung. «L Goch erwm den Vater trte selbst Rege mädö Salz jeden ließ steh ei giftw § In gasti- bürg Roll ersch ungl erbt? An mit Pau gestc des den die Werl Nut liche bahi sicht Erpi asst, die Fun die Bon Kati Es Ano «rb Par Erst Löv war wor frük wur getr das sich geo auf nur der bän gekl ans Kas des Tie wol lief M leer dor des mit das im gär Ztr mii gek Ve hie Ra Kv ird D- Siü K Im Strom der Melt. sz Erzählung von Paul Bliß. «S-rttrtz-mg-i Die Kunsthandlung, die Lucies ersten Kleinig keiten gekauft hatte, schien gute Erfolge damit erzielt zu haben; denn fast jeden Tag gab es Nachbestellungen, so daß sie auf Wochen hinaus beschäftigt war. — Einmal, als sie wieder einen Teil ihrer sertiggestellten Arbeit ins Geschäft trug, glaubte sie die Entdeckung zu machen, daß der Chef sie nicht mehr mit so diskreter Zurückhaltung behandelte, als es zuerst ge schehen war, ja, es kam ihr sogar vor, als lächle er sie hier und da ein wenig dreist an. Das erschreckte sie dermaßen, daß sie alle Kraft zusammennehmen mußte, um ihre Würde und Haltung zu bewaren. So wie die Abrechnung beendet war und sie ihr Honorar empfangen hatte, eilte sie davon, mit dem festen Vorsatz, diesen Laden nie wieder zu betreten. Aber kaum war sie draußen, als eine neue Überraschung ihrer harrte. Jener Herr Baron Lauben trat ihr so bestimmt in den Weg, daß sie ihm nicht gleich davonlaufen konnte. „Ah, meine Gnädigste," rief er galant grüßend, „endlich einmal hab' ich wieder den Vorzug! Warum höre ich denn gar nichts von Ihnen? Vergebens habe ich alle Kunsthand lungen nach Ihren Arbeiten abgesucht. Nichts, gar nichts fand ich. Warum denn nicht? Sie haben wohl kein rechtes Vertrauen zu meinen Ratschlägen, wie? Na, seien Sie nur bitte ganz ehrlich, ich nehme es Ihnen gar nicht übel." . i Sie wollte ihn ein wenig kurz ab seitigen, aber sie konnte es nicht. Unwillkür lich mußte sie über ihn lächeln und dann er widerte sie höflich: „Sie sind im Irrtum, Herr Baron, ich habe nichts ausgestellt, weil ich nichts habe. Die vielen Nachbestellungen von diesem Geschäft hier nahmen alle meine Zeit in Anspruch." Er tat ganz harmlos. — „O, also machen Sie gute Fortschritte. Das zu hören, freut mich außerordentlich." Heiter antwortete sie: „Ja, ich wundere mich eigentlich selber darüber, daß meine kleinen Sacken so viele Liebhaber finden." Plötzlich, sah er sie an, so fest und so prüfend, als wollte er in ihrer Seele lesen. Als er aber ihr gutmütig harmloses Lächeln sah, änderte sich sein Aussehen sofort, und er sagte galant: „Sie schätzen eben Ihre Arbeiten nicht hoch genug ein, meine Gnädigste!" Sie lächelte, schwieg und ging weiter. Er Meb ganz dreist an ihrer Seite. „Ich habe heute einen neuen Vorschlag für Sie, mein gnädiges Fräulein, kommen Sie mii zu Schulte, da ist seit gestern eine Böcklin-Ausstellung er öffnet. So etwas sehen Sie sobald nicht wieder." „Sehr liebenswürdig, aber leider kann ich nicht." Unwillkürlich ging sie schneller. Er aber auch. „Mein Gott, das dauert keine halbe Stunde. Als Künstlerin muß Sie doch sowas interessieren." „Gewiß, ich liebe Böcklin sogar sehr, leider aber habe ich heute keine Zeit." „Für Meister Böcklin sollte eine Künstlerin immer Zeit haben!" Lächelnd entgegnete sie: „Meine Mama ängstigt sich, wenn ich nicht zur Zett da bin." „So werde ich Sie entschuldigen." „Sehr gütig, doch ich muß bestens danken." Ein wenig verärgert, biß er die Lippen zu sammen. — „Lasten Sie doch mit sich reden! Es soll Ihnen doch nur eine Freude damit ge macht werden!" Sie nickte ihm dankend zu. — „Heute muß ich leider bedauern." „Wir nehmen ein Auto: Ich bringe Sie bis vor die Tür Ihres Hauses l" „Besten Dank. Ich nehme die Elektrische." Sie nickte ihm nochmals zu und stieg dann schnell in die erste ankommende Straßenbahn. Ein wenig verblüfft, sah er ihr noch. Dann ging er weiter. Und er dachte: Nur Geduld, du entkommst mir doch nicht mehr! 3. Der Herbst kam ins Land und färbte Wald und Feld. Draußen auf den Wiesen vor der Braunschen Wohnung ließen Berliner Rangen ihre Papierdrachen fliegen und die kleinen Mäd chen, mit herbstlichem Laub geschmückt, tanzten wilde Reigen. Es war ein buntes Leben und Treiben. Mit stiller Wehmut sah Frau Luise Braun von ihrem Balkon aus in den Trubel hinunter. Sie seufzte heimlich. Wieviel schöner, stiller poesievoller war doch bei ihr daheim in ihrem lauschig friedlichen Gärtchen alles das gewesen! Ach, sie durfte gar nicht daran denken. Und j dennoch, dennoch konnte sie das VerganS SU, noch immer nicht vergessen. ja Ihr Haar war in diesen Monaten der ht lichen Sorgen und des versteckten Kam« fast weiß geworden. Sie wußte es recht! As aber sie lächelte nur dazu. Sie erwaue» nichts mehr vom Leben. Nur die Zukunft f h-, Kinder lag ihr noch am Herzen und am me> an bangte sie sich um ihren Kurt. Zwar ha^ eir sich ja schon gcknz gut eingearbeitet und nach und nach hineingesunden in seinen i» lei Beruf. Wenn er daheim war, klagte ek^ §d mals mit einem Wort über das Ungew^ de und Drückende der neuen Stellung. Deik aber merkte das sorgende Auge der M nur zu genau, daß ihr Liebling einen heimü Kummer hatte, daß er nicht glücklich und lle seinem Beruf nicht zufrieden war, und das es, was ihr das meiste Kopfzerbrechen verur'd str Er tat ihr ja so leid. Der arme liebe A go Und wo sie nur konnte, sprach sie ihm Tro^ üf Hoffnung zu, und gab ihm ein viel reichst« ja Taschengeld, als die Verhältnisse es id' al statteten. Nur, damit er nicht ganz unielf sF in dieser Misere des Alltags. , T Er war ein zärlicher Sohn. Er liebte! dr Mama. Er wußte, was er an ihr hatte, - L< wenn ihm das Herz manchmal zu E G wurde oder wenn er gar kein Geld hatte/ ar schüttete er bei Mamachen all sein Leid- und dann gab die alte Frau, was sie nut in kehren konnte, um ihrem Liebling die S» - in alten von der Stirn zu bringen. Bon ad 2/ erfuhr Lucie nie etwas. . M Aber sie merkte recht gut, was hinter
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