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Politische Rundschau. Deutschland. * Der K ais er hat sich am Dienstag früh um 4 Uhr von der Wildparkstation aus nach dem Manövergelände bei Sonnen- bürg begeben. " Die Reb ellen in Haiti hatten mit ihrem Schiffe „Trete L Pierrot" (Name eines Berges) das deutsche Schiff „Markomannia" an- gehalten und diesem eine Ladung Waffen weg genommen — ein Akt, der von den fremden Konsuln übereinstimmend als Seeraub an erkannt wurde. Die Sühne ist schnell genug erfolgt. Das deutsche Kanonenboot „Panther" brachte das Rebellenschiff auf, forderte seine Uebergabe und bohrte dasselbe, nachdem es von der Mannschaft verlaffen worden war, in den Grund. Der „Panther" hatte anfangs die Absicht, das von seiner Mannschaft verlassene Schiff in Schlepp zu nehmen. Bald jedoch erfolgte — offenbar durch „Pierrot"-Mannschasten absichtlich hervorgcrufen — die Explosion der Hinteren Pulverkammer, die das Achterschiff zerstörte und in Brand setzte. Hier durch wurde die Jnschleppnabme durch „Panther" unmöglich, da weitere Explosionen nicht auSge- geschlofsen waren. Da aber außerdem hierin ein feindlicher Akt erblickt werden mußte und die vorde ren Geschütze noch gebrauchsfähig waren, so ließ der Kommandant des „Panther" auch die vordere Pulverkammer und den Kessel durch Granatfeuer zur Explosion bringen. AIS dies geschehen, brach „Pierrot" auseinander und sank. * Die dem reichsstatistischen Amt angegliederte neu gebildete Abteilung für Arbeiter statistik tritt im Oktober zum ersten Male unter dem Vorfitz des Präsidenten Wilhelmi zu einer Tagung zusammen, deren Arbeitszeit sich etwa auf eine Woche erstrecken wird. Das vor liegende Arbeitsmaterial dürfte alsdann eine nochmalige kurze Tagung noch im Laufe dieses Jahres, vielleicht schon im November, bean spruchen. * Der sächsischen und preußischen Regierung ist, wie die ,Leipz. N. N/ melden, ein Entwurf zur Schaffung eines Elster- und Saale- Großschiffahrtsweges zugegangen. Der seit langem geplante Schiffahrtsweg soll mit zwei großen Hafenanlagen in Leipzig beginnen. Die Kosten find auf 27,5 Mill. Mk. veranschlagt, wovon auf Sachsen 15,3, auf Preußen 12,2 Mil lionen Mark entfallen. Frankreich. * Wegen des neuen französischen Schul gesetzes haben die Mitglieder des Gemeinde- rateS von Guicau dem Präfekten ihre Entlassung eingereicht. Es finden fortgesetzt Kundgebungen gegen das Gesetz statt. *Jn seiner Generalversammlung am Sonn tag faßte laut Frkf. Ztg/ das napoleonische Komitee des zweiten Arrondissements in Paris den Beschluß, den Prinzen Viktor aufzufordern, zu Gunsten des in russischen Diensten stehenden Prinzen LouiS Napoleon den Ansprüchen auf den Thron zu ent sagen. *Jn einer Rede, die der frühere Minister für die Kolonien DecraiS am Sonntag in Bordeaux bei einem Festmahl hielt, legte er gegen die Anschuldigung, daß er den Tod der auf Martinique Verunglückten ver schuldet habe, Verwahrung ein. Er sagte, er habe niemals an den Gouverneur jene Depesche gesandt, welche man ihm zufchreibe. Er sei bereit, die Angelegenheit vor dieVolk 8 - Vertretung zu bringen und die Verläumder zu vernichten. England. * König Eduard hat am Montag seine Kreuzfahrt, die ihm nach seiner Aussage aufs beste bekommen ist, beendet und hat fich von Jnveryordon aus, wo er sich mit seiner Gemahlin an Land begab, nach Balmoral begeben. *Nach einer Londoner Korrespondenz der .Voss. Ztg.' sollen die Burengenerale überrascht ge wesen sein, daß man sie im Kolonialamt nicht amt lich empfing und sie im Vorzimmer zehn Minuten lang auf Herrn Chamberlain warten ließ. Sie find als gewöhnliche Bürger, genauer als „Unier- ihanen" empfangen worden. Herr Chamberlain, dem man die Reden der Freiheitskämpfer Wort für i Wort übersetzen mutzte, trug in seinem Gesicht die sphinxShnltchen Züge zur Schau, denen sein Monocle einen noch grimmigeren Ausdruck verlieh. Die Ver handlungen wurden von zwei Stenographen nieder- geschriebcn. Die Generale sollen von der kühlen FörmlichkeitdeS Empfanges ebenso ent täuscht sein wie von der Ergebnislosigkeit der Besprechungen. Italien. * Der Führer der italienischen repubIi - kanischen ParteiZamon hatSelbst - mord begangen, indem er fich von der Galerie des Turmes der Undine-Kirche in Mailand stürzte. Als Grund gibt er in einem Briefe an, er nehme fich das Leben, weil er die Hoffnung aufgegeben habe, daß Italien jemals eine Republik werde. sandte vor einigen Tagen mehrere Beamte mit Möbeln und Hausgerätschaften sür ein neu zu er öffnendes russisches Konsulat nach Mitr owitza. Unter der Führung des Albanesen- Häuptlings Issa Boljetinaz stehende ungefähr 100 bewaffnete Albanesen, die von deren Eintreffen von Konstantinopel aus verständigt waren, erwarteten die russischen Beamten am Eingänge der Stadt, nahmen dieselben gefangen, konfiszierten die mit gebrachten Effekten und eskortierten die Ruffen, nach dem sie sie volle drei Tage gefangen gehalten hatten, nach Uesküb. Der russische Konsul in UeSküb legte fcharsen Protest «in und forderte, Boljetinaz solle sofort verhaftet und aus Mitrowttza ausgewiesen werden. Die Albanesen erklärten, sie würden unter keiner Bedingung die Eröffnung eines russischen Konsulats in Mttro- witza zulafsen. Hollemd. * Das von Ohm Krüger demnächst zu verausgabende Buch wird, wie der .Expreß' meint, etwa 15 Druckbogen umfassen und die Erinnerungen des greisen Mannes aus den letzten Kriegs- und Friedens tagen im Transvaal enthalten. Spanien. * Don KarloS hat an einen karlistischen Deputierten ein Schreiben gerichtet, in dem er energisch jeden Versuch, eine Erhebung ins Werk zu leiten, von fich weist unb feierlich erklärt, daß er mit allen Agitatoren nichts zu schaffen habe. (Das war doch früher nicht SI) Portugal. "Aus Lissabon schreibt man offiziös, daß die von einem englischen Blatte veröffentlichte Nachricht über die angebliche Verpfändung der portugiesischen Kronjuwelen eine Er find U N g fei. In der portugiefischen Haupt stadt habe man von der Verbreitung dieses Gerüchtes erst durch ausländische Blätter Kennt nis erhallen, und an den maßgebenden Stellen glaube man nicht, ein Phantasie-Erzeugnis dieser Art eines Dementis würdigen zu sollen. (Nun hat die „Bank von Portugal", von der diese Ausstreuungen ausgingen, das Wort!) Rushland. "Bei den bulgarischen Jubiläums- feierlichkeiten wird Kaiser Nikolaus durch den Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch ver treten sein. Auf Befehl des Kaisers werden ferner Kriegsminister Kuropatkin und zahlreiche hohe Offiziere sowie Abordnungen aller Truppen teile, die bei Schipka gekämpft haben, an den Festen teilnehmen. * Ueber den Gesundheitszustand der Z ari n ist am Montag das letzte Bülletin ausgegeben worden; sie befindet fich danach auf dem Wege vollkommener Genesung. (Es ist gut, daß man die Komödie abgekürzt hat.) Balkaustaaten. *Die Albanesen, diese Schreckens kinder unter den Unterthanen des Sultans, haben der Pforte wieder eine böse Suppe ein gebrockt. Der russische Geschäftsträger in Konstantinopel Amerika. * Präsident Roosevelt setzt seine Reisen fort. Seine Verletzungen im Gesicht müssen daher schon geheilt sein. In einer in Wheeler (Westvirginien) gehaltenen Rede sagte er, er könne die Trusts nicht vernichten und könne ihre industrielle Richtung nicht ändern, aber er könne einen Einfluß auf sie ausüben und fie so lenken, daß sie keinenSchaden anrichten. Man müsse fortschreiten auf dem Wege der Entwickelung, nicht der Revolution. — Das Telegramm verzeichnet im Anschluß daran das Gerücht, die Geld-Magnaten hätten Roosevelt gedroht, ihn bei der nächsten Präsidentenwahl nicht wieder als Kan didaten aufzustcllen, wenn er den einge- schlagenen Weg fortsetze. Das alteIodauntter-Ordeusschlaß i« Son«e«durg, in das alle zwei Jahre Prinz Albrecht von Preußen zur Abhaltung des Ritterschlages von Johanniterrittern einkehrt, ist für den Kaiser, welcher im Manöver für die Zeit vom 9. bis zum 12. September in demselben Aufenthalt nimmt, vollständig neu eingerichtet worden. Der Kaiser wird sich von hier aus jeden Tag ins Manövergelände begeben und jedesmal die etwa zwei Meilen lange Wegstrecke Sonnen- burg'Drofsrn hin und zurück zu Wagen passieren. Nachrichten über das Schloß aus älterer Zeit sind nur spärlich vorhanden. Das auf dem König!. Rentamte zu Sonnenburg vorhandene „HauS-Buch des Hochfürstlich Brandenburgischen Ordens-Refioenz-Amts Sonnenburg" von 1665 gibt einige Auskunft. Danach hat das Schloß früher aus zwei Teilen bestanden. Der eine, nach Osten gerichtete, sei vor undenklichen Jahren erbaut worden und dürste wohl der Bau gewesen sein, den zu errichten im Jahre 1341 die Gebrüder Henning und Arnold von Uchtenhagen vom Markgrafen Ludwig von Brandenburg die Erlaubnis erhielten. Den anderen Teil habe der Herrenmeister Thomas Runge anigeführt. Beide Bauten find im Jahre 1639 vcn den Schweden in Brand ge steckt woroen. Als Fürst Johann Moritz von Nassau im Jahre 1652 zum Herrenmeister ge wählt wurde, bei dessen Investitur der Große Kurfürst und seine Gemahlin zugegen waren, entschloß er fich, einen Neubau des Schlosses vorzunehmen, dessen Beginn fich bis zum Jahre 1662 verzögerte. Unter der Oberaufsicht des Rats- und Kammermeisters des Fürsten, Jean de Bonjour, staud der Bau im Jahre 1667 vollendet da. Nach der Aufhebung der Balloy im Jahre 1812 wurde das Schloß von verschiedenen Behörden benutzt und befand fich, als die Ballay 1852 wieder aufgerichtet wurde, in einem trostlosen Zustande. Da befahl König Friedrich Wilhelm IV. den Ankauf unb die Wiederinstandsetzung des Schlosses, sodaß Hinfort der Ritterschlag in Sonnenburg statt finden konnte. Der große Rittersaal sah wüst aus; den Fenstern fehlten die Scheiben und hinter den Bildnissen des Fürsten von Nassau und von 23 Kommendatoren des Ordens, die meist aus den Rahmen herunterhingen, nisteten die Eulen und wurden im Saale geschossen. Zum ersten Male seit der Wiederinbesitznahme des Schlosses durch den Orden wurde der Rittersaal bei der am 29. September 1858 er folgten Einweihung des neu erbauten Kranken hauses benutzt. Den ersten Ritterschlag hielt der Herrenmeister Prinz Karl von Preußen am 25. Juni 1860 ab. Am 26. Juni 1883 sand in Sonnenburg die Installation des Prinzen Albrecht als Herrenmeister statt und am 23. August 1888 gelobte der Kaiser daselbst „dem Orden allezeit ein Schützer und Schirmer zu sein". Im Nittersaale hat das lebensgroße Bildnis des Kaisers seinen Platz gesunden, welches derselbe zur Erinnerung der Feier deS wiederhergestellten Hochschlosses der Marienburg am 5. Juni dieses Jahres der Ballei Branden burg zum Geschenk gemacht hat. Vor dem Schlosse stehen drei mit den Emblemen deS Johanniter-OrdenS versehene alte Geschützt, welche fich bis zum Jahre 1856 im Artillerie- Depot zu Stettin befanden. Aus ihnen wird an jedem Ordensfeste der Salut für den hohen Protektor gefeuert, wenn der Herrenmeister auf denselben das Hoch bei der Tafel ausbringt. ss—i—-SS——sssss-S Don Nah und Fer«. Der Stadt Fehrbellin hat, wie bekannt, der Kaiser ein Denkmal des Großen Kur fürsten geschenkt, das am 18. Oktober d. in Gegenwart des Monarchen enthüllt werden soll. Aus diesem Anlaß wird von Fehrbelliner Bürgern die mehrmalige Aufführung eines Volksschauspiels „Der große Kurfürst" ge plant, das in packenden dramatischen Bildern die wichtigsten Momente auS dem Leben des Helden vor Augen führt. Das große deutsche Bundesschießen im Jahre 1903, das in Hannover stattfinden wird, soll von den daselbst in Frage kommen den Behörden in vorzüglichster Weise gestaltet werden. Das Ausschreiben sür den Bau der großen Festhall« ist bereits erlassen. Zur Ge winnung eines möglichst großen Festplatzes find vom Magistrat der Stadt schon Vor bereitungen getroffen worden. Zahlreiche Gärten, Aecker und Wiesen wurden für das nächste Jahr nicht wieder verpachtet, um für das Schützenfest frei zu bleiben. Die in Han nover unter der Hand eröffnete Geldsammlung für anzuschaffcnde Ehrenpreise hat bis jetzt schon über 30 000 Mk. ergeben. Die Stiftung von Ehrenpreisen ist ferner vielfach zugesagt worden. Ein Pikanter Roman. Der aus der Affäre mit der Prinzessin Louise von Koburg bekannte frühere Oberleutnant Mattasfich" Keglevich läßt demnächst bei Gruebel in Leipzig einen Roman erscheinen, der seine Erlebnisse behandelt. (Ob der wohl Leser finden wird?) Uebetfallen. Im Grabensteiner Walde bei Chemnitz ist Sonntag in der Nähe der Ortschalt Grüna oer Gutsbesitzerssohn Lohse von einem unbekannten Manne angefallen und mit einem Beile bedroht worden. Loyse entriß ihm die Waffe und versetzte ihm damit einen Hieb über den Kopf, worauf er den Vorfall.der Polizei meldete, welche den Unbekannten Montag morgen in der Nähe des Thatorles auffand. Unverstanden. 1Ss Roman von Marie Weber. tFortsetzung.) Jenny nickte hochmütig. Mit der ihr eigenen stolzen Anmut ließ fie fich auf einen Fauteuil nieder und warf einen forschenden Blick um fich. „Sie wohnt eleganter, als ich glaubte," dachte fie bei fich, als fie dar Oeffnen einer Thür vernahm. In der Meinung, es sei Lucie, erhob fie fich langsam und wandte den Kopf nach der Richtung, woher fie das Geräusch vernommen hatte. Allein das Wort des Grußes erstarb auf ihren Lippen, denn urplötzlich sah fie fich dem Manne gegenüber, den hier zu finden fie am allerletzten erwartet hatte. Wie zu Stein erstarrt, als hätte er das Haupt der Medusa erschaut, so unbeweglich war der Eingetretene stehen geblieben. Erst nach sekundenlanger Pause rang eS fich von seinen Lippen: „Jenny, Jenny — du hier?" Die junge Dame hatte fich unterdessen gefaßt. „Wie Sie sehen, Herr von Hohenzil," er widerte fie kalt, indem fie das schöne Haupt stolz zurückwarf. Ein kitt eres Lächeln umzuckte seinen Mund. „Ah," sagte er, „ich sehe, daß ich auch auf die verwandtschaftlichen Rechte Verzicht lösten muß. Pardon, Miß Howard, ich werde Sie nicht mehr mit einer vertraulichen Anrede belästigen." So ruhig und selbstbewußt die schöne Ameri kanerin auch dastand, fie war trotzdem sehr bleich geworden und das leise Zucken der Ober lippe verriet, daß ihre kalte Gleichgültigkeit nur eine Maske sei. „Ich muß um Entschuldigung bitten," kam es förmlich von ihren Lippen, „ich bin nur durch einen Irrtum hierhergekommen." Sie neigte leicht das Haupt und machte einige Schritte der Thür zu. Aber Edgar ver trat ihr jetzt den Weg. „Nicht so, Miß Howard," sagte er mit mühsam unterdrückter Leidenschaftlichkeit, „da uns der Zufall zusammengeführt hat —" Sie unterbrach ihn durch eine abwehrende Bewegung. „WoS könnten wir uns noch zu sagen haben?" fragte fie eisig. „Das, was einst war, ist nicht mehr; wir find uns fremd ge worden und werden cs bleiben!" „Das steht unerschütterlich fest," versetzte er finster. „Ich möchte nur eins wissen: weshalb Sie mich so schnell beiseite schoben, wie man ein Spielzeug, dessen man überdrüssig geworden ist, in die nächste Ecke wirst. Sie haben sich mir freiwillig anverlobt; Sie haben mir Ihre Hand zugesagt. — Sie kamen übers Meer, um meine Gattin zu werden! Ich hatte keine Ursache, an Ihrer Treue, Ihrer Liebe zu zweifeln; da plötzlich schrieben Sie mir, Sie könnten meine Gattin nicht werden, Sie liebten mich nicht mehr. Das war deutlich genug, — aber den Grund möchte ich wissen!" Das stolze Mädchen senkte die Wimpern vor de» festen Blick des beleidigten Maunes, dessen Augen mit durchdringender Schärfe auf ihrem Antlitz ruhten. „Gründe wollen Sie wissen?" stieß fie mit unsicherer Stimme hervor. „Genügt es nicht, wenn ich Ihnen sage, daß ich mich über meine Empfindungen getäuscht, daß ich in Wirklich keit niemals Liebe zu Ihnen gefühlt habe?" „Die Täuschung währte lange genug," er widerte er in grollendem Tone. „Und wenn Sie meine Gattin geworden wären und erst dann entdeckt hätten, daß Sie mich nicht liebten, was hätten Sie dann gethan?" Es lag etwas in seinem Blick, in dem Klang seiner Stimme, das ihr fast Furcht ein- flößte. All ihren Stolz zusammenraffend, hob sie den Blick zu ihm empor. „Es ist jedenfalls das beste für Sie wie für mich, daß ich es früher erkannte," sprach sie schneidend scharf. „Jetzt aber hoffe ich, find wir zu Ende!" Sie sah ihn herausfordernd an. Der Blick, der ihr als Antwort zu teil ward, war eine Mischung von Erregung und Wehmut zugleich. „Sie haben niemals ein Herz besessen, Jenny," sprach Edgar mit schmerzdurchbebter Stimme, „das verraten nur zu deutlich Ihre Worte. Der Himmel hat Sie mit äußerlichen Gaben reich überschüttet, aber Herz und Gefühl find Ihnen versagt geblieben. Ich habe Sie geliebt, Jenny, über alles, das ist nun vorbei I Ich war thöricht genug, m einsamen Stunden mich trotz allem noch einer schwachen Hoffnung hinzugeben, an eine glückliche Lösung des Zwiespalts zu denken; ich sehe ein, wie bitter ich mich getäuscht habe. Jetzt erst gebe ich Sie frei, Jenny, ganz frei! Wo immer wir auch zusammentreffen mögen, ich werde in Ihne" stets nur eine Fremde sehen. Kein Blick, kein Wort soll verraten, daß wir uns einst naht gestanden, Leben Sie wohl, aber hüten Sie sich, noch einmal ein gleich frevles Spiel um einem ehrlichen Mannesherzen zu treiben. Da» Weh könnte auf Sie selbst zurückfalle-n!" . Das stolze Mädchen schreckte zusammen M unter einem Faustschlag. „Das Weh könnte auf Sie selbst zurück fallen!" wiederholte eine Stimme in ihrem Innern. Doch Jenny Howard war nicht das Wesen, fich von einer Gefühlsbewegung beherrschen Z« lassen. Trotz in den Mienen und unsagbaren Hochmut in den Blicken, hob sie ihr Haupt empor und ihr Kleid zusammenraffend, rauschte fie hinaus, ohne ein Wort des Abschieds, kau und fühllos, als hätte fie den Mann nie gekannt. , Die Thür fiel hinter ihr ins Schloß; Edgar stand noch immer regungslos da. Endlich hob ein schwerer Seufzer seine Brust, der hinter ihm ein leises Echo fand- Zwischen der halbgeöffneten Thür, durch die er vorhin eingetreten war, lehnte Lucie, bleich, bebend, mit schmerzlich verzogenen Lippen. Sie hatte das ganze Gespräch mit angehön und so fern ihr auch der Gedanke gelegen, die Lauscherin zu spielen, fie hatte eS nicht ver mocht, fich von der Stelle zu rühren, als sie vernahm, um was es fich handelte. So hatte ihre Ahnung sie nicht betrogen- Jenny Howard war in der That das kalte,