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Allgemeiner Anzeiger : 27.08.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190208271
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19020827
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-08
- Tag 1902-08-27
-
Monat
1902-08
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 27.08.1902
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Volitische R««dscham Deutschlaud. *Am 23. d. hat das Kaiserpaar Homburg v. d. Hohe verlassen und sich nach dem Neuen Palais zurückbegeben. * Der Chef des Admiralstabs v. Die de r t ch » ist zur Disposition gestellt worden; an seiner Stelle ist Vize-Admiral Büchse! zum Chef de» Admiral stabs ernannt worden. *Die Nachricht, daß Kriegsminister v. Goßler zurücktreten will, klingt der ,Voss. Zig.' glaubwürdig. Von unterrichteten Leuten werde behauptet, daß sich Herr v. Goßler seit geraumer Zeit nicht mehr der besonderen Zufriedenheit deS Kaisers erfreue. Auch sei anzunehmen, daß Herrn v. Goßler die Er nennung des Generalmajors Budde zum Minister der öffentlichen Arbeiten nichts weniger als will kommen war. * Der frühere Provinzial - Steuerdirektor Löhning veröffentlicht in der.Nationalztg.' eine Erklärung, worin er gegenüber der in der ,Nordd. Allg. Ztg.' von der Finanz verwaltung , „also wohl vom Finanz- Minister v. Rheinbaben", inspirierten Erklärung, daß iür die Versetzung in den Ruhe stand eine den Intentionen der Staatsregierung direkt zuwiderlaufende Haltung in der Polen politik entscheidend gewesen sei, gestützt auf die in seinem Expoft enthaltenen Thatsachen schreibt: „Diese beweislose Behauptung der Finanzverwaltung weise ich, gestützt auf die in meinem Expoft enthaltenen Thatsachen, als unwahr zurück." *Nach der Berechnung deS ReichS-MarineamtS wird das große Werk der Schaffung deutschen Kartenmaterials für alleSchiffahrtS- gebiete der Erde rund 2 Mill. Mk. erfordern. Der ersten Forderung von 100 000 Mk. im Etat 1902 wird eine wesentlich größere im Etat 1903 folgen. Eine Anzahl Seeoffiziere ist bereits zum ReichSmarineamt kommandiert, um die Seekarten zu bearbeiten. Man nimmt an, daß das Unternehmen im wesentlichen innerhalb eines Zeitraumes von sechs bis acht Jahren vollendet sein wird. Unsere Marine wird dann in Kriegs- und FliedenSzeiten in ihren Bewegungen vom Auslände unabhängig sein. *Die Frage der Aenderung des Befähi. gungs-NachweiseS der Führer und Steuerleute von Seefahrzeugen hat be kanntlich in dm letzten Jahrm die verschiedensten, auch amtliche Stellen beschäftigt. So hat im Oktober v. im Reichsamt deS Innern eine Konferenz stattgefunden, welche sich mit der Lösung der Frage befaßte. An dm zuständigen amtlichen Stellen wird gegenwärtig an der Erledigung dieser Ver waltungsaufgabe eifrig gearbeitet. Man darf an» nehmm, daß in Jahresfrist die neum Bestimmungen erlassen sein werdm. Die BundesratS-Bekannt- machung nämlich, welche die Anforderungen an die Führer und Steuerleute von Seefahrzeugen regelt und die am 1. Avril 1902 abgelaufen wäre, ist bis zum 1. Juli 1903 verlängert worden. Zu diesem Zeitpunkte also steht die Neuregelung, welch« auch die Anforderungen an die Führer und Steuer leute von Seefischereifahrzeugen betreffen wird, in Aussicht. * Der Führer des bayrischenZentrumS, Ghmnasialbirektor Ort er er, Präsident der bayri schen Kammer, ist von Eichstädt an das Luitpold- Gymnasium in München versetzt worden. Oesterreich-Unaar«. "Die Königin-Mutter von Spanien und ihre Tochter haben am Donnerstag über Gmunden die Rückreise nach Spanien angetreten. Der Kaiser Franz Ioseph war von Ischl besonders nach Wien gekommen, um mit der verwandten Fürstin zusammenzutreffen. Frankreich. * Die französischeGedenkfeier auf dem Schlachtfelde von Mars la Tour führte zu ver schiedenen chauvinistischenKundgebungen. Anwesmd waren mehrere Generale und höhere Offiziere, darunter der General Driant aus Troheg, ferner sechs nationalistische Deputierte. Der Bischof Turinaz von Nancy wandte sich an die Elsaß- Lothringer, die zur Teilnahme an der Feier die Grenze überschritten hätten, um trotz der Kanonen der Deutschen, trotz des Unglücks, da? noch immer ihr Land gefangm halte, hier auf französischem Boden ihre unerschütterliche Treue zum alten Vater lande zu bezeugen und durch ihr Erscheinen die stumme und doch so beredte Frage zu stellen: „Wie lange sollen wir auf euch noch warten? Wann kommt ihr, um uns zu befreien?" Nach der Metzer Zeitung' wurden drei weitere Ansprachen gehalten, so von dem Deputierten Lebrun, der auf die Rede des Deputierten Jaurüz in der Kammer anspielte und sagte: „Al» man uns aufforderte, zu vergessen, da riefen die Abgeordneten aller Parteien: „Niemals!" Nein, so lange Frankreich Helden zählt wie einen Marchand, einen Gen fit, einen Foureau, braucht eS nicht zu verzagen". General Cuny schloß sich mit einer borgelesenen Rede an, die mit den Worten endete: „Die Mitkämpfer von 1870 sind hierher gekommen, um über die Mosel und Vogesen hinweg denen, deren Seele französisch geblieben ist, ihren Bruvergruß zu senden, und ihnen zu sagen, daß die Hoffnung auf eine Zukunft, die die Nieder lagen der Vergangenheit wieder wettmachen soll, niemals ersterben wird." * Gegen die französischen Offi ziere, welche sich weigerten, gegen die auf sässige Bevölkerung vorzugehen, wird mit Strenge verfahren. Der Kommandeur des 11. Armee korps, General Grisst, hat dem Oberst des 19. Infanterie-Regiments befohlen, gegen den Bataillonskommandeur Le Roy-Ladurie wegen Gehorsamsverweigerung ein kriegsgerichtliches Verfahren einzuleiten. E«gla«d. * AuS St. Helena sind am Mittwoch weitere 997 Buren, unter denen sich Cronjc mit seiner Gemahlin befand, nach Südafrika abgegangen. Balkauftaaten. * In den maßgebenden türkischen Kreisen macht sich eine gewiße Verstimmung gegen die bul garische Regierung wegen ihres Verhaltens gegenüber dem macedonischen Komitee be- merkbar. Obgleich man darüber Wohl unterrichtet ist, daß dieses Komitee infolge seiner Spaltung viel an Bedeutung und Einfluß verloren hat, sei man bezüglich der Tbätigkeit des Komitees in der nächsten Zukunft doch besorgt und verüble es der bulgarischen Regierung, daß sie gegen das Komitee nicht ener gischer vorgeht. Unzutreffend sei jedoch die Nach richt daß vie Pforte größere militärische Vor kehrungen an der bulgarischen Grenze durchführe. Die militärischen Maßregeln der Pforte gegen even tuelle größere UeberrasSungen seitens des Komitees oder selbst Bulgariens seien in den letzten Jahren derart vermehrt oder vorbereitet worden, daß sie, auch wenn sich die Lage bedeutend verschlechtern sollte, keiner Ergänzung bedürfen würden. Die türkischen Streitkräfte seien in dieser Beziehung allen Möglichkeiten gewachsen. Amerika. * Zur Lage auf Cuba wird berichtet, es sei zweifelhaft, ob bereits gegenwärtig ein Ver such gemacht werden wird, die vom Senat be willigte 35 Millioneu-Anleihe aufzu nehmen. Der Präsident von Cuba sprach sich gegen die Aufnahme einer großen Anleihe aus, bis die Verwaltung beweise, daß sie den wirtschaftlichen Aufgaben gewachsen sei. (Es wird wohl auch die Furcht vor dem Einschreiten Ker Ver. Staaten dabei milbestimmend gewesen sein.) Afrika. *Jn Kapstadt ist das Parlament der Kapkolonie nach last zweijähriger durch den Krieg verursachter Pause wieder er öffnet worden. Man ist gespannt, wie der Premierminister Gordon Sprigg, dessen frühere Mehrheit durch sein Eintreten iür die Auf rechterhaltung der Verfassung beute zum Teil gegen ibn ist, eine Majorität finden wird. Die Versammlung nahm ein stimmig, also mit den Stimmen des Afri kander-Bundes, eine Adresse an den König und die Königin an, in der aus- geführt wird, daß alle stolz seien, diesem großen Reiche anzuqehören und bereitwillig für dessen Unverletzlichkeit einträten. Aste«. *Die gegen die siamesische Herr schaft ausständischenEingeborenen haben im nördlichen Siam an der Grenze von Birma einen bedeutenden Erfolg er rungen. Sie haben das Quartier der fiamefischen Offiziere in Muanqpre angegriffen und den Kommissar, seinen Vertreter, einen Offizier und säst alle fiamefischen Sekretäre sowie ihre Familien getötet. Prinz Pre mußte die Stadt räumen und sich nach Nan zurück- ziehen, das die Aufständischen einzuschließen suchen. Bis jetzt war die siamesische Regierung im stände, Leben und Eigentum der Ausländer zu schützen. Deutsche GtüschSdisrmSEsprSche ans den Cdtnn-Mirre«. Gegen die mannigfach in deutschen Blättern erhobenen Klagen, daß die deutschen Interessen im Auslande nicht genügend gewahrt würden, sticht sehr erfreulich eine elegische Auslassung der .Shanghai Times' vom 11. Juli über die Bevorzugung der Deutschen gegenüber den Eugländern und Amerikanern bei Auszahlung der aus den Boxer-Unruhen herrührenden Ent- schädigungsanftrüche ab. Das englische Blatt in Schanghai schreibt u. a.: „Unsere deutschen Freunde können sich aufrichtig beglückwünschen, einen offenkundigen Vorsprung vor ihren englischen und amerikanischen Wettbewerbern im fernen Osten davongetragen zu haben. Diesmal liegt der Sieg nicht auf dem Gebiete des Handels, sondern ist mehr diplomatischer Natur, da er die alles umfassende Frage der Auszahlung der von China zu zahlenden Ent schädigungen aus den Boxer-Aufständen vor zwei Jahren betrifft. Von allen Nattonen, welche aus dieser höchst denkwürdigen Zeit an China Forderungen zu erheben haben, find nun die Deutschen die ersten, welche etwas auf Grund ihrer Rechnungen ausgezahlt erhalten, während die anderen Nationen auch noch nicht einen Schimmer chinesischen Geldes zu sehen bekamen und wahrscheinlich auch noch manchen lieben Tag darauf warten müssen." — Die .Shanghai Times' gibt dann das energisch ge haltene Zirkular deS deutschen Generalkonsuls Knappe vom 22. Juni wieder, das die Aus zahlung der Entschädigungsansprüche für die chinesische Regierung bestimmt, und fährt dann fort: „Und wirklich, die Auszahlungen seitens der Deutsch - Asiatischen Bank nahmen am 10. Juli ihren Anfang. Manch schönes Stück Geld der kaiserlichen Majestät zu Peking er hielten jene Leute für ihre Ansprüche, die glück lich find, in Kaiser Wilhelm H. ihren Souverän zu sehen." Dann ergießt sich die volle Schale des Zorns der ,Shanghai Times' über die un glücklichen englischen und amerikanischen General konsuln. die eS nicht verstanden, die Ansprüche ihrer Landsleute durchzudrücken. Jnarimmig heißt es dann schließlich: „ . . Die Chinesen bezahlten den Deutschen das Geld — zum Teil wenigstens — aus und werden mit dem freundlichsten Gesicht so fortfahren, bis alles bezahlt ist — oder der mächtige Schirmherr der Deutschen, Kaiser Wilhelm H., den Gott erhalten wöge, wird sie moras lehren. Die Engländer und Amerikaner gehen mit den Chinesen zu höflich um (? ?). Die Deutschen dagegen wissen, daß der geschmeidige, schlaue Orientale sich seinen Verpflichtungen entzieht, wo er nur immer kann, und verstehen deshalb keinen Svaß. Diese rasche Erledigung der deutschen Ansprüche ist ein neuer thatsächlicher Triumph für die brüske, sich nicht mit vielem Verhandeln abplagende deutsche Diplomatie. Das ist die von Bismarck beliebte Methode, die sich Henie noch ebenso erfolgreich erweist, wie sie eS in den Händen des „Eisernen Kanzlers" gegenüber einem ganz anderen Volk und Land vor einigen dreißig Jahren trübseligen An denkens war." Die kleine diplomatische Niederlage der Eng länder in Schanghai in Sachen der Entschädi gungsansprüche ist natürlich lediglich auf die Gutherzigkeit Englands zurückzuführen! Wer verspürte darüber nicht rührendes Mitleid? Aus dem elegisch-grimmigen Erguß der ,Shangbai Times' spricht aber die unum wundenste Anerkennung iür die diplomatische Geschicklichkeit unseres deutschen General-Konsuls Dr. Knavve und das Ansehen, welches sich der deutsche Nam« durch die Persönlichkeit Kaiser Wilhelms H. im fernen Asien er worben hat. U<m Nach imd Fei». Die Feier der hundertjährigen Zugehörig keit der Stabt Erfurt zum Königreich Preußen wurde am Mittwoch mit Schulfeiern, mit einer Fest sitzung des Kreis-Ausschusses und mit einer gemein samen Sitzung beider städtischen Körperschaften er öffnet. In letzterer gab der Regierungspräsident v. Dewitz eine Reihe von Ordens-Auszeichnungen bekannt, während von städtischer Seite zur Erinnerung an den Tag 50000 Mk. zum Museumsbau-Fonds überwiesen wurden. Am Donnerstag herrschte in Erfurt schon seit den frühesten Morgenstunden überall reges Leden; von überall strömen Fremde herbei. Die Straßen sind reich geschmückt. Am Donnerstag vormittag um 11 Uhr durchzog ein imposanter Fest- zug die Hauptstraßen, welcher in 14 Gruvpen die Hauptmomente in der Geschichte Erfmts darskllte. Der Zug, an dem 1500 Personen, von denen fast die Hälfte beritten waren, teilnahmen, machte vor den Stufen des Domes Halt, wo von 1000 Sängern eine Festhymne vorgetragen wurde. Auf dem Platze vor dem Dome hielt Oberbürgermeister Dr. Schmidt die Festrede. Auf die starke Zunahme der Briefe, die aus den deutschen Schutzgebieten ausgehen, versäumen die Jahresberichte über die Schutz- gebiete nicht, aufmerksam zu machen. Hierzu wird der.Kolonialen Zeitschrift' aus Deutsch südwestafrika geschrieben: „Wer die Verhältnisse kennt, weiß, daß ein großer Teil derselben auf Veranlassung von Briefmarkensammlern abgesandt wurde. Hamburger Kaufleute bestellten Tausende von abgestempelten Marken." Der Gewährs mann des kolonialsreundlichen Blattes rät der Verwaltung, sich „diesen Zug der Zeit zum Vorteile einer angemessenen Postvrrbindung zu nutze zu machen" und statt des Ochsenkarren sports einen Kamelpostdienst einzuMren. „Sollte wider Erwarten" der Kameldienst teurer werden, als die oft versagende Ochsen karrenpost, so könnten, meint der Gewährsmann der .Kolonialen Zeitschrift' ernsthaft, „die Mehr kosten ja durch die Herausgabe einer neuen Marke bestritten werden, die statt des Dampfers ein „Wüstenschiff" zeigt. Die Kamelmarke würde bei Sammlern sicher reißenden Absatz finden. Ei» Luftballon, der mit drei Personen aus Paris bemannt war, ging am Mittwoch, wie der ,Fränk. Kur.' aus Bamberg uieldet, in Burgkundstadt nieder. Die Insassen des Ballons hatten beabsichtigt, die Reise von Varis nach Baireuth durch die Luft zu machen. Der Zufall wollte, daß sie in der Nähe von Baireuth landeten. Der Ballon war in Pans tags zuvor abends um V«10 Uhr aufge stiegen. Bon einem eigenartigen Mißgeschick wurde ein Herr in Dresden betroffen. Zum Zwecke der Besichtigung einer soeben einge troffenen Sendung Orchideen hatte er sich,'" die Wohnung eines Freundes begeben. Diese Pflanzen find bekanntlich in den Tropen heimisch, wo ihre Wurzeln gesammelt werden und m aeirocknetem Zustande zur Versendung gelangen. Kaum hatte sich der Herr, wie die ,Dr. N.' be" richten, in das Studium der Gewächse verliest, als er an dem Daumen der rechten Hand einen heftigen Schmerz verspürte. Bei näherem Zu sehen gewahrte man als unwillkommene Bei gabe der aus Südamerika stammenden Sen dung — einen Skorpion! Der Gestochene begab sich sofort in bis Behandlung eines Arztes. Die leichtfinnige Spielerei mit Schuß waffe» hat wiederum ein großes Unheil un gerichtet. Der Landwirt Balz in Gau-Odern- heim bei Alzey (Hessen) scherzte mit seiner jungen Frau, wobei er einen in der Nahe liegenden geladenen Revolver ergriff und diesen auf seine Gattin mit den Worten richtete: „Ich schieße dich tot!" In diesem Augenblick entlud sich die Waffe und das Geschoß traf die un glückliche Frau mitten in das Herz, so daß dec Tod auf der Stelle eintrat. Balz stellte sich sofort freiwillig der Polizei, welche ihn Haft behielt. Das Ehepaar hatte erst einige Tage zuvor die Taufe seines Erstgeborenen ge feiert. Eine große Tollwutseuche brach dieser Tage in Girlachsdorf bei Nimotsch aus. Bon dem Kreistierarzt wurden daselbst nicht wenig« als 15 Hunde für tollwutkrank oder tollwut- verdächtig bezeichnet, worauf sie erschoss-U wurden. Der Kutscher Hellmich wurde bei dieser Gelegenheit von einem der rasenden Tiere gebissen, weshalb er sich in der Tollwut- schuhstation zur Ausnahme zwecks Schutzimpfung ! meldete. Auch ein Kind aus Klodnitz fand do« j zu gleichem Zweck Ausnahme. „Mama, zu machen," Stimme. Die alte lForlfttzuug.) ich habe dir eine Mitteilung sprach Eögar mit unnatürlich tiefer Dame sah ihn überrascht an. Betrifft es die Sternbergs?' sragte sie mit leicht gerunzelten Brauen. „Nein, es betrifft mich!" „Dich? Hat Jenny dir geschrieben -Ja!" „Nun, dann hat fie jedenfalls den Tag ihrer Ankunft angezeigt. Ich muß dir sagen, Edgar, daß mir manches in dem Benehmen dieses Mädchens entschieden mißfällt. In dem freien Amerika drüben scheinen die feinen Sitten nicht sehr kultiviert zu werden, sonst hätte sich Miß Jenny wohl herbeigelassen, an ihre zulünftige Schiegermutter einige Zeilen zu richten, um sich wegen der eingetretenen Ver zögerung zu entschuldigen. Außerdem finde ich es auch sehr sonderbar, daß fie bei Be kannten zu Besuche weilt, anstatt sofort hier her zu uns zu kommen. Die junge Dame scheint an eine sehr selbständige Handlungsweise gewöhnt zu sein." „Ja, das ist fie — sehr selbständig sogar, in all ihrem Thun und Lassen," versetzte Edgar finster. „Mama, ich will dich nicht länger in Zweifel lassen," seine Brust hob und senkte sich in sichtlicher Aufregung und tief grollend kamen die Worte über seine Lippen: »Jenny hat mir meinen Ring zurückgeschick. I" Unverstanden. 10) Roman von Marie Weber. Die Frau Landrat blieb steif und regungs los fitzen, als habe fie ein Schlag gelähmt; nur aus ihren Augen sprühte es zornig hervor, als fie endlich mit zitternder Stimme hervorstieß: „Edgar, das sollte fie, Jenny Howard, dir angethan haben?" „Ja, das hat fie gethanl" bestätigte er finster. „Mit kurzen, kalten Worten hat fie unsere Verlobung gelöst und ihren Ring von mir zurückgefordert; es ist alles zwischen uns vorbei l" Die Frau Landrat hob Hände Md Augen zum Himmel empor. Die sonst so Willensstärke Frau fühlte ihre Fassung schwinden, und einen Moment lang fürchtete fie, die Besinnung zu verlieren. „Den Grund — hat fie einen Grund an gegeben ?" fragte fie nach einer langen Pause. „Einen sehr triftigen Grund! Sie hat er kannt, daß ihre Liebe zu mir nicht die wahre, echte gewesen ist. Mutter, dieses Mädchen hat nie ein warmes, fühlendes Herz besessen!" Es war ein Ausruf des tiefsten Schmerzes, welcher da von den bleichen Lippen des jungen Mannes kam, aber die Frau Landrat hatte kein Verständnis für sein bitteres Weh. „Empörend!" stieß fie nur aus. „Ein ein mal gegebenes Wort muß heilig sein, daran darf nicht gerührt, nicht gerüttelt werden! Einen Hohenziel zurückweisen, einen Mann, dessen Adel und Sitten untadelhaft find! Da sieht man die Plebejernatur wieder durch schlagen. Dieses Geschöpf hat niemals eine Idee von dem hohen Werte eines edlen Namens besessen. Eigentlich sollten wir uns Glück wünschen, daß ein solches Wesen nicht in unsere Familie kommt, aber es ist zu em pörend I" Die alte Dame hatte sich immer heftiger in ihre Entrüstung hineingesprochen. Ihre Lippen bebten, ihre Augen sprühten und die hohe Ge stalt durchlief ein eigenartiges, nervöses Zucken. Edgar beobachtete fie besorgt; so erregt hatte er fie noch nie gesehen. Er war wohl auf einen Sturm gefaßt gewesen, allein einen solchen Ausbruch hatte er doch nicht erwartet. Es that ihm leid um die alte Frau, aber er konnte doch nicht dem Gefühl der Erbitterung wehren, das ihn jählings überschlich, als er daran dachte, daß die Entrüstung seiner Mutter einzig ihren gescheiterten Hoffnungen galt. Für sein Leid, seine Herzensqual hatte sie kein tröstendes Wort. Sie trauerte um den Verlust der reichen Schwiegertochter, deren Vermögen dazu dienen sollte, dem Namen Hohenzil einen neuen Glanz zu verleihen ; das waren immer ihre Träume gewesen, so wenig er selbst auch bei seiner Werbung um Jenny an ihren Reich tum gedacht hatte. „Edgar," sagte die alte Dame, beide Hände vor die bleiche Stirn pressend, „laß mich allein, ich muß das alles ruhig überlegen." Der junge Mann erhob sich zögernd. „Mama, ich werde dir jemand schicken, du siehst so bleich und angegriffen aus." Die Frau Landrat richtete sich stolz auf. „Das ist durchaus nicht nötig, ich brauche niemand! Gehe, ich wünsche allein zu sein," sprach fie harten Tones. Edgar widersprach nicht länger. Bitter wallte es in ihm auf; er verbeugte M schweigend und verließ wortlos das Gemoch- Die Frau Landrat sah ihm eine Weile starr nach, dann sank fie ächzend in ihren Stuhl zu rück. Jetzt war fie allein, jetzt konnte sie st") ihrer Schwäche hingeben... Während dieser Unterredung spielte 9^ in dem Zimmer der Baronin eine andere Szene ab. Frau von Dahlen hatte einen Brief von Doktor Waldeck erhalten. Mit leise bebender Hand öffnete fie das Kouvert, indes Elfriede mit gespannten Blicken jede ihrer Bewegungen verfolgte. Seit seiner Ueberfiedelung nach Eschenheuu hatte Waldeck ein einziges Mal geschrieben- Die Frau Landrat hatte ihm beim Abschied ganz deutlich zu verstehen gegeben, daß fie von nun an jeden Verkehr mit ihrem Hause als an geschnitten betrachte und Waldeck, der in letz'« Zeit ihr Spiel durchschaut hatte, war viel zu stolz, um sich da aufzudrängen, wo man sich offenkundig seiner entledigen wollte. Frau von Dahlen hatte ihn wohl heimlich gebeten, zu weilen eine Nachricht von sich zu senden, aber er wußte, daß diese Bitte hauptsächlich den Briefen seines Freundes galt und sobald « wieder etwas über Professor Dorner berichten konnte, beeilte er sich darum, an die Baronm zu schreiben und das, was er über den Freund erfahren, im Tone harmloser Mitteilung einzu flechten. Seit diesem ersten und einzigen Briefe bi« jetzt waren Monate vergangen und somit w«
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