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Allgemeiner Anzeiger : 20.08.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190208202
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19020820
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-08
- Tag 1902-08-20
-
Monat
1902-08
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 20.08.1902
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Unverstanden. 8) Roman von Marie Weber. «Fortsetzung.) Der Doktor und seine junge Begleiterin waren ein schönes Paar, wie geschaffen für einander, aber Lucie fühlte keine Befriedigung durch ihre Seele ziehen, als sie beide betrachtete und an die Möglichkeit einer Verbindung zwischen ihnen dachte. „Sie ist stolz und herschsüchtig," dachte sie. „Die Ehe würde nie eine glückliche werden!" Mit zärtlicher Sorgfalt hüllte Waldeck seine Patientin, wie er Jenny scherzend nannte, m Decken und Pelze ein, damit die rauhe Luft ihr keinen Schaden bringe. Lucie sorgte für sich selbst und wehrte ihn sanft ab, als er sich dann auch zu ihr wenden wollte. Der Doktor schwang sich auf seinen Sitz, nahm die Zügel zur Hand und fort ging es unter lustigem Schellengeklingel, hinaus zur Stadt und die breite Chaussee entlang, die, mit Schnee bedeckt, eine prächtige Schlitten bahn bot. Als Ziel der Fahrt hatte der Doktor eine kleine Restauration ausersehen, die im Sommer ein beliebter Ausflugsort der Bewohner von P. war. Im Winter kamen nur selten Gäste hinaus und nicht ohne Vorbedacht hatte deshalb Waldeck dieses Ziel erwählt. Lucie saß schweigend da und blickte ernst auf die schneebedeckte Landschaft. Jenny plauderte fröhlich mit dem Doktor, der ab und zu den Kopf zurückwandte, um ihr ins Gesicht sehen zu können. Miß Howard sah heute geradezu wunderschön aus; die Bezeichnung „hübsch" hätte man für diese stolze Schönheit überhaupt nicht anwenden können. Das erhöhte Rot, das ihre Wangen deckte, verlieh ihren sonst bleichen Zügen einen neuen Reiz; in ihrer großen Augen lag eine Welt von Licht und Glanz und selbst die gewöhnlich ein wenig gekräuselten Lippen kannten heute nur ein frohes, glückliches Lächeln. Robert Waldeck fühlte sich wie berauscht in dem Glück, in dieses reizende Antlitz blicken zu können. Seine Empfindungen übermannten ihn; seine Worte und seine Blicks zeigten deutlich, wie teuer ihm dieses schöne Wesen sei, und wenn Jenny noch Zweifel gehegt hätte, heute mußte ihr die Gewißheit werden, daß fie dieses ehrliche, biedere Mannes Herz ihr eigen nannte. Wie leicht ist es oft, einen Sieg zu er ringen, und wie schwer, denselben fest zu hallen l Aber Jenny Howard dachte nicht daran. Sie fand cs ganz natürlich, daß Waldeck fie liebte, und in ihrer schnell entschlossenen Weise wollte fie auch baldmöglichst eine Erklärung herbeiführen. Nach einer halbstündigen Fahrt hatten fie ihr Ziel erreicht; der Doktor hob die Damen aus dem Schlitten und geleitete fie in das kleine, sauber gehaltene Gastzimmer. Jenny entledigte sich lachend ihrer Hüllen und nahm in dem Lehnstuhl Platz, den der Doktor für fie hatte hereinbringen lassen. Lucie war an das Fenster getreten, während Waldeck einige Erfrischungen bestellte. Dem ernsten Mä chen war bitter weh zu Mute. Sie Politische Rundschau. Deutschland. * Nachdem der Kaiser am Freitag vormittag die Ausstellung in Düsseldorf besucht hatte, traf er am Nachmittag in Koblenz ein, von wo aus er mit einem Salondampfer nach Mainz weiterfuhr. *Die Kundgebung des Kaisers gegen das bayrische Zentrum wird von den Blättern aller Parteien lebhaft be sprochen. Nur für den,Reichsanzeiger, existiert seltsamerweise der Telegrammwechsel nicht. Im amtlichen Teil konnte derKeichsanz.- die Tele gramme natürlich nicht abdrucken, da es sich um rein persönliche Meinungsäußerungen des Kaisers und des Prinz-Regenten handelt. Aber auch im nichtamtlichen Teil unterdrückt das amtliche Organ die Kundgebungen vollständig. *Dem Bundesrat ist von d-m Königreich Sachsen ein Antrag zugegangen betr. die H er - stellung silberner Denkmünzen (Zwei- und Füwmarkstücke) aus Anlaß des Todes weiland des Königs Albert. * Die Zusammenstellung der Beschlüsse der Zolltarif-Kommission liegt nun mehr vollständig vor; fie ermöglicht nicht nur einen Vergleich gegen die Vorlage, sondern auch mit dem bestehenden Zolltarif. Der Satz ist schon so vorbereitet, daß die letzte, noch freie Spalte der vierfach geteilten Doppelseite für die Beschlüsse zweiter Lesung übrig ist. * Bei der Reichstagsersatzwahl in Forchheim-Kulmbach find am Mittwock 15 669 Stimmen abgegeben worden. Es if eine Stichwahl erforderlich zwischen dem Zentrumskandidaten Zöllner und dem national- liberalen Kandidaten Faber. * Vom Reicktsinvalidenfonds heißt es in einer offiziösen Bekanntmachung, daß die vermehrten Ausgaben den Fonds stark angreifen. 46 Millionen werden auch im neuen Jahre nötig sein. Bei einer fortlaufenden Entnahme so hoher Beträge aus dem Fondsbestande wäre seine völlige Aufzehrung natürlich nicht fern. Es ist daher durchaus angebracht, nach Abhilfe maßnahmen zu suchen. * Eine Lehrlings-Statistik im Bäckereigewerbe wird gegenwärtig im ganzen Deutschen Reiche von dem Zentral- verbande deutscher Bäckereiarbeiter ausgenommen. Das.gewonnene Material soll die Grundlage für Anträge betr. das Halten und die Aus bildung von Lehrlingen in Bäckereien bilden, die an die Handwerkskammern bezw. die Neichs- regierung gerichtet werden. Frankreich. *Der Schulkrieg dauert, besonders in der Bretagne, noch an. *Der „Kulturkampf" ist insofern in eine neue Phase eingetreten, indem ein Gerichtshof die Maßregeln des Minister-Präsidenten betreffs Schließung der Ordensschulen für ungesetzlich erklärt hat. Wie schon ge meldet, erklärt ein Beschluß des Appellations- Gerichtshofes in Lyon die Anlegung von Siegeln an die Schulen der Schwestern von St. Charles für ungesetzlich und verfügt die Abnahme der Siegel. Der Präfekt von Lyon hat sofort, nachdem er von dem Beschlusse des Appellations-Gerichtshofes Kenntnis erhalten hatte, den Einwand der Unzuständigkeit er hoben. Die Siegel verbleiben jetzt an ihrer Stelle, bis der Kompetenz-Gerichts- Hof endgültig über die Angelegenheit ent schieden hat. *Eineklerikale militärische Kund- gebung hat bei der Abreise des unbotmäßigen Oberstleutnants de Saint Remy zum Antritt seines Arrestes auf der Festung Belle Isle statt gefunden. Als der Oberstleutnant im Begriff war, abzureisen, wollten sämtliche Offiziere des Regiments ihn nach dem Bahnhof begleiten, allein er verbat sich das. Trotzdem begleiteten ihn drei Hauptleute bis an den Zug. England. * König Eduard ist am Donnerstag von London nach Cowes abgereist. Zuvor empfing der König im Buckmgham-Palast den Lordmayor von London, der ihm das Krönungsgeschenk Englands in der Form eines Schecks über 115 000 Pfund über reichte. Rußland. * Petersburger Blättermeldungen zufolge wird sich diernssische Regierung einem internationalen Einschreiten gegen die V'orte wegen Einführung vonReformcninMace- donien nicht anschließen, sondern in dieser Angelegenheit selbständig Vorgehen. Die .Nowoje Wremja' erklärt, die Stellung Rußlands zur Türkei sei eine besondere, so daß es mit der Pforte nur im eigenen Namen sprechen müsse. Der christlichen Bevölkerung Macedoniens und Altserbiens müsse Rußland selbst Hilfe bringen, hierzu bedürfe es aber nicht des Mit wirkens der anderen Mächte. *Der Mordanschlag gegen den Gouverneur von Charkow, den Fürsten Obolenski, ist doch nicht so un blutig verlaufen, wie die offiziöse russische Meldung glauben machen woll'e. Fürst Obo lenski wurde von den vier auf ihn abgefeuerten Nevolverkugeln getroff'n und brach ohnmächtig zusammen. Als der Polizeimeister herbeieilte, richtete der Attentäter seine Waffe auch gegen ihn und gab zwei Schüsse ab, die aber fehl- gingen. Der Verhaftete, ein junger Mensch, trug Zivilkleidnng; er weigert sich, seinen Namen zu nennen und irgend welche Angaben über die Motive seiner That zn machen. Der Vorfall versetzte ganz Charkow in größte Be stürzung. * Polnische SensationZblätter bringen Mit teilungen, wonach das Attentat im Auftrage des revolutionären Zentralkomitees ausgeiührt wurde. Dieses hatte den Fürsten zum Tode verurteilt, weil er anläßlich der jüngsten Unruhen über zahlreiche Studenten so unmenschliche Prügelstrafen ver hängt hatte, daß fie unter den Händen der fie strafenden Kosaken als förmliche Fleisch- klumpen (?) liegen blieben Da Obolenski ein Dowesches Panzerhemd (??) trägt, kam er mit einer leichten Halswunde davon. — Die Phantasie hat bei diesen Mitteilungen stark mit gespielt. Amerika. *Die Revolution in Venezuela macht siegreiche Fortschritte. Der Kommandant des Kriegsschiffes „Topeca" drahtet, Puerto Cabello sei im Besitz der Aufständischen. *Zu den Wirren in Venezuela wird aus Washington telegraphiert, es verlaute dort, daß Deutschland dem venezolanischen Jnsurgentensührer Matos seine Absicht mitgeteilt habe, die Stadt Barcelona zu be setzen. Amerika erklärte, nicht protestieren zu wollen, . falls Deutschland versichere, keine Gebietsausdehnung zu beabsichtigen. - Der Befehlshaber des von Barcelona ein getroffenen amerikanischen Kriegsschiffes „Cin cinnati" meldet am Donnerstag: Die vene - zolanischen Aufständischen haben in Barcelona alle Mitglieder der Zivil- und Militärbehörden gefangen gesetzt. 29 Geschäfts häuser. zumeist Ausländern gehörig, nnd fünf zehn Wohnhäuser wurden geplündert. * Die Revolution in Haiti nnd die Unruhen, die in letzter Zeit auch San Domingo, die andere Negerrevublik auf )er Insel, heimsuchten, haben die Frage der Annexion der Insel Haiti durch die V er. Staaten neuerdings in den Vorder grund der öffentlichen Erörterung gerückt, ohne ,aß jedoch, nach einer Washingtoner .Laffan-- Meldung von der Washingtoner Regierung Schritte in dieser Hinsicht gethan würden. Aste«. *Die amerikanischen Meldungen von der angeblichen Unterwerfung der Filip pi n o s erhalten durch folgende Nachricht einen eigenartigen Kommentar: Wie aus Manila be richtet wird, überraschten zwölf Eingeborene aus Bacotna, nur mit Lanzen und Säbeln be waffnet, am Dienstag vor Tagesanbruch die amerikanischen Vorposten bei Vicars und metzelten dieAmerikaner nieder. * Ueber Unruhen an der afghani ¬ schen Grenze meldet Keuters Büreau^: Der Mulla Sayad Akbar wiegelt die Stämme auf, in britisches Gebiet einzufallen. Eine Abteilung Waziris hat eine aus zwanzig Kamelen bestehende Karawane geplündert, und eine Reisegesellschaft wurde von Afridis be raubt. Einige der Reisenden wurden getötet. Die Orakzais fielen in ein Dorf ein und schleppten 400 Rinder weg. Der Emir berief den Hadda Mulla nach Kabul, augenschein lich, um ihn wegen religiöser Dinge zu Rate zu ziehen. Aber der wirkliche Grund ist un bekannt. Es wird als bedeutsam erachtet, daß ein Greis wie der Hadda Mulla gezwungen wurde, in dieser Jahreszeit auf Reisen zu geben. Zwischen den kriegerischen Stämmen Ghilzai und Zamindar entspann sich ein Kamps. Der Gouverneur von Kandahar führte eine Versöhnung herbei, aber verhaftete die Rädelsführer und schicke fie nach Kabul. Acht derselben find erschossen und die übrigen eingekerkert werden. Die Ko«d»«er Kolrmialkonfrrenx ist zum Abschlusse gelangt. Wenn auch, wie schon öfter hervorgehoben wurde, die Konferenz keine positiven Resultate von größerer Bedeu tung gezeitigt hat, so hat fie doch eine Ver ständigung zwischen den Vertretern der ver schiedenen Kolonien angebahnt, die in der Folge zeit vielleicht von wohlthuenden Folgen begleitet sein wird. Auch ist es bemerkenswert, daß, wie erst jetzt bekannt wird, neben der offiziellen Kolonialkonferenz eine Reihe von nicht weniger wichtigen vertraulichen Konferenzen zwischen den einzelnen Mitgliedern der Hauptkonserenz und den Cheis, bezw. Vertretern der in Frage kommenden Departements der Admiralität, des Kriegsministeriums, des Kolonialamtes und des Postamtes stattfand. In diesen Besprechungen suchte man die großen Fragen informatorisch durchzuarbeiten und bestimmte Anhaltspunkte iür die allgemeinen Sitzungen zu gewinnen. Es bandelte sich hauptsächlich um die Beiträge der Kolonien für die Flotte, um das Zusammen wirken in den Angelegenheiten der militärischen Verteidigung, um die Herstellung eines durch Reichssubfidien gestützten Kabeldienstes und um die Unterstützung derDamvierverbindung zwischen den einzelnen Gliedern des Reiches. Was die erste Frage anlangt, so wird sich wohl eine Erhöhung der bisherigen Beiträge Australiens und Südafrikas und die Schaffung eines Systems kolonialer Flotten-Reserven erzielen lassen. Eine militärische Genossenschaft zw'schsn England und den Kolonien wird kaum in Frage kommen. Die Kolonien werden die Ausgabe übernehmen, sich selbst zu Lande zu schützen, ohne auf Reichsbeistand zu rechnen. Man wird ferner einen vom Reiche kontrollierten Kabel dienst zwischen England und Australien über Kanada ins Auge fassen, diesen Dienst auf Südafrika und die Dependenzen in der Süd see auszudehnen und billigere Sätze einzuführen suchen. Auch die Sätze für die Beförderung von Drucksachen sollen verbilligt werden. Die schwierigste Frage war die der Damp^erverbin- dungsn. Die Vertreter von Kanada, Australien und Neuseeland hielten wiederholt Beratungen ab, um den Plan für einen subventionierten Dampferdienst zu entwerfen, welcher nicht nur einen schnellen und billigen Verbindungsweg chaffen, sondern auch eine Reihe von Hilfs kreuzern gewähren würde. Man dachte an einen schnellen atlantischen Dienst in Ver bindung mit dem kanadischen Ueberland-System, an einen häufigen Verkehr zwischen Vancouver, Australien nnd Neuseeland und sogar an einen verbesserten Dienst von Australien und Neuseeland über Kapstadt nach Eng land. Aber die austauchenden Fragen toten so viele Schwierigkeiten, daß bisher überhaupt keine greifbaren Vorschläge zu stände kommen konnten. Man hofft jedoch, späterhin einen Plan durchzusetzen, demzufolge britische, zwischen England und den Kolonien fahrende Dampfer in liberaler Weise unterstützt werden sollen, wobei es jedem Lande oder jeder Kolonie überlassen bleiben würde, den Betrag der Beihilfen und die Bedingungen derselben festzustellen. Uo« Nah imd Fer«. Ueber polizeiliche Vorbereitung«« zum Kaiserbesuch in Posen berichtet der .Dziennik Poznanski-: Auf der Tiergartenstraße fragte die Polizei einen volnifcben Hausbesitzer, ob er anläßlich der Kaiser-Manöver sein Haus dekoriere. Als dem Herrn Polizeikommissar eine abschläaige Antwort erteilt wurde, fragte der Polizeibeamte, ob der Hausbesitzer erlaube, daß das Haus auf Kosten der Polizei dekoriert würde. Auch hieraus erteilte der Hausbesitzer eine abschlägige Antwort. Aehnliche Fälle werden aus andern Straßen gemeldet. Ein Adjutant für die journalistische« „Generale". Wie aus Mainz berichtet wird, hat das dortige Gouvernement den Vertretern der dortigen und auswärtigen Presse für die Truppenschau durch den Kaiser einen Osstüer zur Verfügung gestellt, welcher beauftragt ist, den Vertretern der Presse jede wünschenswerte Auskunft zu erteilen. Ein historischer Erinnerungsstei« eigener Art, der auf Befehl des Kaisers jetzt mit einer Inschrift versehen worden ist, fielt im Letzlinger Forst. Unweit des Dorfes Born findet man diesen sogenannten „Prinz Heinrich- Stein"; er steht auf einer Anhöhe und ist weit hin sichtbar. Der Kaiser bat in diesen Denk stein, der im Jahre 1898 ausgestellt wurde, folgende Worte einmeißeln lassen: Die deutsche Besitznahme von Kiautschou erfolgte am 14. November 1897, der Karolinen und Marianen am 12. Oktober 1899, von Samoa am 1. März 1900. Einnahme der Taku-Forts 17. Juni 1900. Einnahme Pekings 15. August 1900. Unterzeichnung des Friedensschluß- Protokolls 7. September 1901. Ueber das Befinden Rudolf Virchows find nach dem ,Berl. Tagebl/ an verschiedene Aerzte und Freunde sehr besorgniserregende Nachrichten eingelaufen. Die Kräfte beginnen sichtlich zu finken. Ueber Schneegestöber wurde dieser Tage aus Göttingen berichtet und man hielt das für einen schlechten Scherz. Aber am Donnerstag wurden die Besucher des Brockens durch einen regelrechten Schneefall überrascht. Auch aus verschiedenen Teilen der Schweiz und im öst lichen Frankreich wird von Schneefällen be richtet; ebenso wurden bei Fulda Landlente, die mit der Heuernte beschäftigt waren, von einem Schneesturm überrascht. Grohes Aufsehen erregt in Meißen in den Kreisen, die an der städtischen Verwaltung Anteil nehmen, eine in der letzten öffentliche» Stadtverordnetenfitzung erhobene Anschuldigung- Dieselbe geht dahin, daß in den letztvergangenen Jahren vom städtischen Tiesbauamie bei Ver gebung größerer Arbeiten eine dortige Firma in unzulässiger Weise bevorzugt worden sei, und daß diese Firma bei einem größeren rund 30 000 Mk. betragenden Mauerbau unverhält nismäßig hohe Löhne und Zementpreise berechnet habe. Der betreffende Stadtverordnete beantragte deshalb Verhandlung m't der in Frage stehenden Firma wegen Rückvergütung, eventuell Schaden ersatzanspruch an den damaligen Leiter des städtischen Tiefbauamtes, der inzwischen — aus Gesundheitsrücksichten — in Pension gegangen ist- Verrat militärischer Geheimnisse. Gegen den Reisenden Ed. Becker aus Wolfenbüttel wurde die Anklage wegen Verrats militärischer Geheimnisse erhoben. Der Prozeß findet dem nächst vor dem Reichsgericht statt. Bei der Ernte verunglückt. Beim Ernte einfahren das Genick gebrochen hat der Eigens tümer Ferdinand Unrath in Lorenzdorf bei Landsberg a. W., indem er von einem hoch beladenen Wagen stürzte. Klage der „Kräutersammler--. Neben vielen anderen klagen auch die „Kräuter sammler" in diesem Jahre über schlechte Ge schäfte. Die vielen Negenfälle haben gerade diejenigen Pflanzen, die besonders gut bezahlt werden, arg geschädigt. Nicht nur gewerbs mäßige Sammler übrigens, sondern auch viele Liebhaber der Pflanzenwelt suchen Kräuter. Besonders begehrt find Ehrenpreis, Huflattich, Bitterklee, Schafgarbe, Krauseminze, Bieber wurzel. sah das herankommen, was fie für das Unglück ihres Bruders hielt, aber fie konnte und durfte nicht dagegen ankämpfen; es wäre ja doch ver gebens gewesen. Als der Doktor, der sich für einige Minuten aus dem Zimmer entfernt hatte, zurückkehrte, war Lucie vom Fenster ver schwunden. Sie war hinausgeeilt ins Freie, um mit den trüben Gedanken allein sein zu können, die fie plötzlich mit stürmender Gewalt überfielen. Jrnny hatte es sich dagegen möglichst be quem gemacht. Das schöne Haupt ruhte auf der Lehne des Stuhles, die feinen, zarten Hände lagen lässig gefaltet im Schoße. So fand fie Waldeck, dessen Blick entzückt ihre reizende Gestalt überflog. Sie veränderte ihre Stellung auch nicht, als er dicht an fie heran trat und sich über fie beugte. Doch jetzt schlug fie die großen, leuchtenden Augen voll zu ihm auf, ein Lächeln umsp eite ihren Mund und ihre Blicke schienen ihn zu fragen: „Was willst du von mir?" Hingerissen von ihrer Schönheit, von seiner Liebe zu ihr verlor er alle Besinnung. „Jeny, teures Mädchen," flüsterte er, sich ihrer Hände bemächtigend, „ich liebe Sie so sehr, Sie find der Leitstern meines Daseins, mein Glück, mein alles l" Sie hatte die langen Wimpern gesenkt unter seinen glühenden Blicken; eine augen blickliche Verwirrung hatte sich ihrer bemächtigt. Die Röte kam und ging auf ihren Wangen, ihre Brust hob sich in unregelmäßigen Atem zügen, aber schon im nächsten Moment war fie sich vollkommen klar, was fie zu thun, ö» sagen habe. Leise zog fie ihre Hände aus den seinen, indem fie sich zugleich aus ihrer bequemen Stellung ausrichtcte. „Doktor, wie ungestüm!" flüsterte fie. Er trat betroffen einen Schritt zurück. „Miß Howard, ich bitte um Vergebung« Mein Herz kennt leine andere Sprache!" Sie lachte; es war ein leises, melodische» Lachen, das ihm dennoch tief in die Seele schnitt. Sie konnte lachen in diesem Moment! Jenny sah die Veiänderung in seine» Zügen; ein Blitz des Triumphes leuchtete über ihr schönes Antlitz. Sie hatte wissen wollen, wie groß seine Liebe zu ihr sei. Jetzt wußte fie es. . . „Doktor," sagte fie weich, „haben Sw die Wabrheit gesprochen? Sie lieben mich wirk lich ?" „Miß Howard sollte mich genugsam kennen, um zu wissen, daß ich keine Lüge spreche, entgegnete er steif. , „ , ,. „So leicht erzürnt?" schmollte fie m zärt lichem Tone. „Wollen Sie nicht meine Ant wort hören ?" „O — Jenny l" . Sie streckie ihm die Hand entgegen. Walde» ergriff dieselbe und drückte einen heißen Kutz darauf. Im selben Moment ward die Thür geöffnet und Lucie trat über die Schwelle. Ihr Bm glitt fluchtig von beiden zur Seite; fie war zu feinfühlend, um merken zu lassen, daß fie den Handkuß gesehen habe.
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