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Dreiverbsnä unäkalkanbunä. Als le^^ Z Mittel des Dreiverbandes, den Sieg im europäischen Kriege an seine Fadnen zu beiten, halten England und Ruhland einen neuen Balkandund geplant, dessen kriegerische Macht die Türkei vernichten, Osterreich-Ungarn schlagen und den Balkan bis zurTichataldscha- Linie (allo ohne Konstantinopel) erobern sollte. In Bukarest, Sofia und Äthen waren die Agenten des Dreiverbandes unausgesetzt tätig. Von vornherein war dabei am wenig Ge neigtheit in Bulgarien zu rechnen, wo man unsagbar unter russischer Treulosigkeit gelitten hat. Sicher glaubte man jedoch Griechen lands zu sein. Es fehlte also nur noch Ru mänien. In »»zweideutiger Weise hat aber Rumänien vor einige« Tagen dem Dreiverband eine Ab sage erteilt. In einer Note, die als Antwort auf das Ersuchen, Serbien Hilfe zu leisten, ver- ösientlicht worden ist, hat die rumänische Regierung erklärt, es sei Rumäniens natür lichstes Interesse, in diesem Kriege solange neutral zu bleiben, als die Unabhängigkeit und Interessen des Landes unangetastet bleiben. „Rumänien kann Serbien keinesfalls unter stützen, und io ist die Regierung gezwungen, die Vorschläge der Dreiverbandmächte mit dem Ausdrucke größten Bedauerns zurückzu weisen." Am andern Tage erschien eine Note, die diese Erklärung ergänzte und zugleich zeigte, daß auch in Griechenland (wenigstens in seiner Regierung) ein Stimmungswechsel eingetreten fei. Der König hatte den neuen griechischen Gesandten empfangen und ihm gesagt: »Der Vertrag von Bukarest, der die von Griechenland und Rumänien im höheren Interesse der Ordnung und Sicherheit der balkanischen Beziehungen unternommene Zu sammenarbeit gekrönt bat, hat zwischen beiden Nationen endgültig eine Freundschaft geschaffen, die auf gleichartigen Interessen be ruht. Die Sorge um das gegenwärtige und künftige Glück veranlaßt die beiden Staaten, diese Freundschaft fortzusetzen.' Selbstver ständlich sind diese Erklärungen vorher Lem Sinne nach zwischen den Regierungen verein bart worden, und die Ansprache des rumäni schen Königs an den Gesandten Griechen lands kann nur den Sinn haben, daß auch Griechenland auf dem Standpunkt der rumä nischen Neutralitätserklärung steht. Es war also vergeblich, daß man Griechenland alle ägäischen Inseln, die man nicht besitzt, und Rumänien ganz Bessarabien, das rnan eben falls nicht hat, für die Teilnahme am Kriege versprochen hatte. Das überwältigende Geschehen des Krieges hatte hier — noch vor der Friedensberatung — diplomatische Arbeit geleistet. Die Nachricht vom Zusammenbruch des russischen Zentrums im Kampfe gegen die Deutschen, sowie vom ununterbrochenen Rückzüge des russischen linken Flügels gegen die Österreicher bat nämlich eine äußerst heilsame Ernüchterung in gewissen politischen Kreisen Rumäniens her- oorgerufen, deren russenfreundliche Neigungen durch die serbischen Siegesmeldungen allzu stark angefacht waren. Man kann einen deut lichen Umschwung der Stimmung in der Be völkerung bemerken, die sich nicht zum wenigsten im Verhalten der Presse bemerkbar macht. Verschiedene bisher durchaus drei verbandfreundliche Blätter tadeln jetzt die Handlungsweise verschiedener rumänischer Diplomaten, deren eigenmächtige Politik ge eignet sei, die Neutralität Rumäniens aufs schwerste bloßzustellen. Den nationalistischen Hetzern war plötzlich die Erkenntnis ge kommen, daß die Gemeinschaft mit einem ge schlagenen Rußland außerordentlich gefährlich ist. Auf diese Weise hatte die Friedensarbeit der rumänischen Regierung plötzlich ihre inneren Gegner verloren. Ähnlich lagen die Dinge in Bulgarien. Auch dort hat eine gerecht denlende, die Interessen des Landes erwägende Regierung die Neutralität erklärt, sich aber vorbehalten, in Len Krieg einzugreifen, wenn die Umstände es fordern. Daß Bulgarien nicht auf Ruß lands Seite kämpfen würde, darf als selbst verständlich gelten. Dennoch waren auch dort panslawistische Politiker zugunsten Rußlands und Serbiens tätig. Auch sie haben schweigen gelernt, seit auf den Schlachtfeldern Polens und Galiziens des Zarenreiches Stern ver blaßte. Trotz alledem hat man in England die Hoffnung auf Bulgarien noch nicht auf gegeben. Das zeigt eine Meldung des Lon doner .Chronicle', nach der Premierminister Malinow angeblich zu einem Besucher gesagt haben soll, Bulgarien wolle strengste Neu tralität aufrechterhalten. Bulgarien wünsche denjenigen Teil von Mazedonien, der ihm schon 1812 hätte zuerkannt werden müssen. Von Griechenland wünsche Bulgarien Caoalla. Bulgarien hoffe, daß die Dreiverdandsmächte es verstehen würden, den Entschluß Bulgariens, Neutralität zu halten, zu würdigen und dafür zu sorgen, daß Serbien, das auf andere Weise Vorteile aus dem Kriege ziehen werde, die vorgeschlagenen Grenzregulierungen vor nimmt. Die Sympathien Bulgariens seien für England, dessen Politik darauf abziele, die kleinen Staaten zu erhalten. Es ist natürlich ausgeschlossen, daß ein im Amte befindlicher Minister, so lange sein Land neutral ist, derartige Äußerungen tun kann. Die Note ist lediglich veröffentlicht worden, um Bulgarien anzudeuten, daß es an der Seite des Dreiverbandes auf die Erfüllung dieser Wünsche hoffen könne. Was aber will eine Vergrößerung Bulgariens in dem vage angedeuteten Sinne gegenüber der Ge fahr heißen, die dem Lande von einem sieg reichen Rußland droht, das die Dardanellen beherrscht und Konstantinopel besitzt! Der Balkanbund, den der Dreiverband zur Hilfe für sich gründen will, wäre zur Ohnmacht verdammt, sobald er seinen Gründern zum Siege verhalfen hätte. Sein Aufstieg an der Seite Rußlands wäre Selbstmord. Zwar berichtet der Mailänder .Secolo', es sei zwischen Rumänien und Bulgarien ein Ab kommen zustande gekommen und die Vertreter des Dreiverbandes würden in den nächsten Tagen in Sofia im Namen Serbiens die un mittelbare Abtretung Mazedoniens bis zum Wardarfluß anbieten und für den Fall des Sieges größere Abtretungen versprechen, aber man darf wohl an der Richtigkeit dieser Mel dung starken Zweifel hegen. Rußland bietet den Balkanstaaten keinerlei Gewähr für seine Versprechungen. So bleibt denn die einzige Hoffnung der Dreiverbändler immer noch Italien. Nicht ohne Absicht verbreiten Pariser Zeitungen das Gerücht, der frühere Präsident Loubet werde demnächst in geheimer Sendung nach Italien reisen. Italien hat wiederholt erklärt, es wolle italienische Politik treiben, d. h. es wolle unbeeinflußt bleiben. Und wenn jetzt unser Dreibundgenosse die Piesse- zensur verschärft und alle Meldungen über militärische Dinge, insbesondere über Truppen bewegungen untersagt hat, so können wir es der Phantasie der Franzosen überlassen, da raus Maßnahmen zu machen, die den Krieg an der Sette Frankreichs vorbereiten. LI. l). * * * verschiedene Rriegsnachrichten. Deutschland unüberwindlich. Der schwedische Oberstleutnant Bouveng, der sich zweieinhalb Monate lang auf den Kriegsschauplätzen auf deutscher Seite aufge- hallen hat, hat dem .Astonblad' seine Er fahrungen und Eindrücke mitgeteilt. Er sagt: Deutschlands militärische Hilfsmittel halte ich für rast unerschöpflich. Es ist unmöglich, daran zu zweifeln, das? die deutsche Armee imstande wäre, noch schwerere Aufgaben als diejenigen, vor denen sie heute steht, zu lösen. Der Oberstleutnant meint, anstatt der Er- matlung, die man nach den fortdauernden Kämpfen dieser vier Monate zu erwarten ge neigt wäre, befinde sich die Kraft der deutschen Hilfsmittel zu Wasser und zu Lande in stetiger Steigerung. Er ist fest überzeugt, daß Deutsch lands gegenwärtige Feinde es militärisch nicht besiegen können. Frankreichs misslungener Angriff. Zu den heftigen Angriffen, die die Fran zosen in den letzten Tagen vergeblich gegen die deutsche Westfront richteten, schreibt die Wiener ,Reichspost': Die Kämpfe führten zu einem völligen Scheitern der französisch-eng lischen Angriffe, die nach den Hoffnungen des französischen Generalissimus Frankreich von der deutschen Besetzung befreien und den Krieg auf das deutsche Reichsgebiet hätten brinoen sollen. Das Scheitern der feindlichen An griffe zieht sich durch die ganze ungeheure Schlachtsront. Die Feinde sind bei Verdun und an der Maas wie bet Nieuport an der belgischen Küste, in den Argonnen wie im äußersten Nordwesten Frankreichs an dem Kanal, der La Baisse mit Aire verbindet, ge worfen worden. Diesen schweren feindlichen Mißerfolgen stehen Fortschritte des deutschen Angriffes an mehreren Punkten gegenüber. Es leidet keinen Zweitel mehr: Wie im Osten, beginnt auch im Westen Lie feindliche Wand zu wanken. Das von den Deutschen besetzte franzö sische Gebiet. In der Pariser Statistischen Gesellschaft wurden folgende Mitteilungen über den Grund stückswert des von den Deutschen besetzten französischen Gebietes bekanntgegeben: Die besetzten Gebiete stellen im ganzen 2100 MO Hektar, 3,7 Prozent der Fläche Frankreichs, dar. Aut den besetzten Gebieten befand sich nach der Zählung von 1811 eine Bevölkerung von 3265000 Einwohnern, was 8,2 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Der Ver kaufswert der vom Feinde besetzten Gebiete beträgt 3500 Millionen und der »innere Wert' 14 300 Millionen Frank. Bringt das Gold zur Reichsbank! — In sranzösischen Regierungskreisen be handelt man immer wieder die Frage eines Ängrifss der Verbündeten auf den Kieler Hafen. Der Verfasser meint, ein solcher Angriff könne notwendig werden, um einen Operationspunkt zu haben, der näher Ler deutschen Reichshaupstadt sei. Am schwie rigsten sei die Landungsfrage. Eine Landung an der Nordküste Schleswigs sei fast un möglich wegen der vielen kleinen Inseln und des Fehlens aller Seezeichen. Günstigere Landungsbedingungen gibt die Ostseeküste, wo es viele Fiords mit niedrigen Gewässern gebe, doch sei es gefährlich, da die dänischen Belte durch Minen gesperrt werden könnten. Ganz anders würde sich die Sache stellen, wenn Dänemark sich unter den krieg führenden Staaten befände, doch sei diese Frage zu delikat, um näher erörtert zu werden. Die Verbündeten würden jedenfalls nicht die Neutralität Dänemarks durch einen Landungsver uch auf dänischem Gebiete ver letzen. — Man greift zu immer seltsameren Mitteln, um sich aus der verzweifelten Lage zu retten. * Englands angebliches Millionenheer. Nach englischen Blättermeldungen hat der englische Schatzkanzler Lloyd George in einer Unterredung behauptet: England habe jetzt über zwei Millionen Soldaten und Seeleute unter den Waffen. Seit Anfang August habe man ohne Wehrpflicht etwa 1Vs Millionen Soldaten rekrutiert und man werde vielleicht bis zu 2Vs Millionen kommen. Bor dem Frühling würde eine halbe Million ausge zeichnet ausgebildeter und sehr begeisterter Soldaten das Expeditionskorps verstärkt haben. Die Ausgaben für den Krieg beliefen sich auf 900 Millionen Mark monatlich. — Das einng Glaubhafte an diesen Mitteilungen sind die Kosten des Krieges. Im übrigen hat Lloyd George seiner Phantasie die Zügel schießen lassen. * Warschau vor der Belagerung. Wie italienische Blätter berichten, ließ der Gouverneur von Warschau vor weni gen Tagen durch Anschlag bekanntmachen, daß die deutsche Gefahr endgültig beseitigt sei. Jetzt treffen wieder unendliche Züge mit Flüchtlingen in Warschau ein. die von den russischen Soldaten aus ihren Behausungen in Skierniewice. Groicy und Grodzisk — letzteres liegt nur sieben Kilometer von War schau — vertagt worden sind. Die Stim mung ist Lüster und aufrührerisch. Die Geschäfte ruhen. Die Banken haben wiederum ihre Sitze von Warschau weg ver legt. Es werden alle Maßregeln für eine Be lagerung getroffen, nachdem ein großer Teil der Bevölkerung die Stadt verlassen hat. * Die türkischen Armenier. In Konstantinopel sind eingehende Depeschen der armenischen Erzbischöie eingetroffen, in denen der Regierung mitgeteilt wird, das alle Armenier bereit sind, Gut und Blut fürihrosmanischesVaterland htnzugeben. — Die bedeutendste armenische Zeitung bringt zum Ausdruck, daß die Armenier, die bisher in Rußland den Schutz herrn ihres christlichen Glaubens sahen, sich getäuscht hätten und einsähen, sie müßten fortab in ihrem eigenen Interesse friedfertig mit ihren mohammedanischen Mitbürgern zu- sammenarbeit-n. Politische Kunälckau. Deutschland. * Ein Oberversicherungsamt in Westdeutsch land hat die Kreis- und Gerichtsärzte ausge fordert, in der Ärzteschaft dahin zu wirken, daß bei den Krankenkassen englische und französische Arzneizubereitungen nicht mehr zur Anwendung gelangen. Von feiten mehrerer Apothekerkammern sind auch die Apotheker bereits aufgefordert worden, solche Spezialitäten des feindlichen Auslandes nicht mehr zu führen, zumal Deutschland bei dem hohen Stande seiner Wissenschaft mehr als jedes andre Land in der Lage sei. wert volle Arzneimittel selbst herzustellen. * In einer Sitzung des preußischen Landes eisenbahnrats wurde als ein untrüglicher, glänzender Beweis für die Gesundheit und Wider st andskraft des vater ländischen Wirtschaftslebens die Tatsache bezeichnet, daß die Einnahmen der preußischen Staatsbabnen aus dem Güter verkehr im Oktober dieses Jabres gegenüber Oktober 19l3 ungeachtet der zahlreichen Tarik» ermäßigungen und trotz den tür die natio nale Wirtschaft nachteiligen Einwirkungen des Krieges nur um 20 Prozent zurückgeblieben sind. Frankreich. * In der außerordentlichen Sitzung der Kammer verlas der Ministerpräsident Viviani eine Regierungserklärung, in der es u.a. beißt: In der jetzigen Stunde ist nur eine Politik möglich: Kampf ohne Gnade bis zur endgültigen, durch einen völlig siegreichen Frieden gesicherten Befreiung Europas. Deutschland trage dieVer- antwortung des Krieges, es ver achtete die Geschichte und schützte ein einziges Gesetz vor. das des Interesses, um Belgien zu verletzen und in Frankreich einzuiallen. Wenn es den Flieden im Keime erstickte, geschah es. weit es seit vierzig Jahren unablässig das Ziel verfolgte, Frankreich zu erdrücken, um zur Knechtung der Welt zu gelangen., Frankreich wird die Waffen erst niederlegen, wenn es das verletzte Recht gerächt, die gewaltsam ge raubten Provinzen für immer an das französische Vaterland geschmiedet, das helden mütige Belgien in der Gesamtheit seines materiellen Lebens und seiner politischen Un abhängigkeit wiederhergestellt und den preußi- Mllitarismus zerbrochen haben wird, um auf Grundlage der Gerechtigkeit endlich einneu - geborenes Europa ausbauen zu können. Der Tag des endgültigen Sieges ist noch nicht gekommen, bis dahin wird die Aufgabe hart sein und sie kann langwierig sein. Be reiten wir unseren Willen und unseren Mut darauf vor. Um die gewaltigste Ruhmeslast, die Las Volk tragen kann, zu erben, erklärt sich Frankreich im Voraus zu allen Opfern bereit. England. 'Die privaten drahtlosen Stationen Englands sollen einer strengen Be wachung unterworfen werden. Bei Aus bruch des Krieges wurden die kleineren Appa rate abmontiert und bei größeren die Ver bindungen unterbrochen und die Apparate versiegelt. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß in einigen Fällen die amtliche Versege lung mangelhaft war. Das laufend« g«uillrton wird durch folgend« Erzählung »uterbrdcheur Kubi. Eine Leutnantsgeschichte.') Die Uhr auf der Kaserne schlug sechs. Die Fenster des naheliegenden Offizierkastnos warfen Helle zitternde Reflexe auf die feuchtglänzende Straße hinab. Es war Tischzeit. Einige Nach zügler eilten noch säbelrasselnd und sporen klirrend das Trottoir entlang; lautlos öffnete und schloß sich die hohe Eingangstür und ließ jedesmal eine breite Lichtflut in das Dunkel der Straße gleiten. Eben nahm der Tischälleste, der schöne Ritt meister von Romanshoff, mit der Miene des perfekten Hofmannes Platz. Er ließ seinen Blick prüfend über die elegante Tafel gleiten und runzelte die geraden dunklen Brauen, als derselbe auf einem leeren Stuhl am un teren Ende haften blieb. »Natürlich, Gebhardt, wieder mal un pünktlich, wenn ich nur wüßte, wo der immer herumbummelt!" Die Zunächststtzenden lachten. „Bubi macht wahrscheinlich wieder Fenster- parade: es ist zu niedlich, wie verliebt der Junge ist,' sagte der dicke, rote Oberleutnant Fechner. Auf Romansyoffs Gesicht erschien ein leichtes, gutmütiges Lächeln. „Kinderkrankheiten muß jeder hinter sich haben, und Buvi ist noch ein rechtes Kind, trotz seiner 23 Jahre." »Wird es wohl auch ewig bleiben," knurrte ! der dicke Oberleutnant. ') Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. Da wurde hastig die Türe aufgerissen und Gebhardt stürzte herein. Sein junges, hübsches Gesicht war rot vor Elle und Verlegenheit. Er stotterte ein paar Worte der Entschuldigung, aber er drang nicht durch. Alle drehten sich nach ihm um, laute Rufe umschwirrten ihn. »Na, Bubi, mit Erfolg promeniert? Kommen Sie auch noch mal zu Tisch? Warum sind Sie denn so rot. Bubt, haben wohl ein schlechtes Gewissen?" Der so Angeredete stand in seiner ganzen, schlanken Länge hinter seinem Stuhl und blickte so halb schalkhaft, halb verlegen um sich. Es ging wie ein Strom Heller, sorgloser Lebensfreude von seinen blauen Augen aus. Dann hielt er sich mit komisch verzweifelter Gebärde die Ohren zu und setzte sich. »So, jetzt ist's genug, ich mag nicht immer geneckt sein." Die junge, Helle Stimme über tönte alle anderen. Ein schallendes Gelächter war die Antwort. „Habt Jhr's gehört? Bubi will sich nicht mehr necken lassen. Ja, Mensch, Bubi, wozu sind Sie denn da? Es ist ja unser größtes Vergnügen nach Lem faden Kommiß." Gebhardt begann seine Suppe zu essen. Alle sahen nach ihm hin; er lächelte verstohlen und schaute mit sichtlichem Behagen in all die spöttischen Augen, die auf ihn gerichtet waren. »Bubi, gestehe nur, hast du „sie" nun eigentlich zu sehen gekriegt?" Sein Tisch nachbar gab ihm einen leichten Rippenstoß. „Wen? Wen eigentlich?" Bubi wurde wieder blutrot. „Nein, der Mensch errötet wie ein kleines Mädchen." Gebhard machte verzweifelte Anstrengungen,' das Thema zu wechseln. »Ich gehe übrigens nachher ins Theater, wer sonst noch?" Wieder lachte alles. »Also, Herrschaften, .sie" kommt heute abend ins Theater, daher Bubis Eifer." Bubi fing an, nervös zu werden. Er war gewiß kein Spielverderber, aber in diesem Punkte war er wirklich sehr empfindlich. Plötzlich hellte sich seine umdüsterte Miene auf, warum ärgerte er sich darüber, sie hatten ihn ja alle gern, überall war er beliebt, in der ganzen Gesellschaft hieß er nur »Bubi", alle kannten und verwöhnten ihn. — Auch die eine. — Er träumte vor sich hin. »Prost Bubi, scheinen ja angenehme Ge danken zu haben!" Er fuhr auf und griff nach der Uhr. ES wird Zeit, sonst komme ich zu spät zur Ouver türe !" »Sollten Sie zufällig mit »ihr" in derselben Loge sein, so grüßen Sie von mir." Es war des Licken Fechners Stimme, die hinter ihm herschallte. Bubt hörte nicht mehr hin, er sprang in weiten Sätzen über Len Läufer die Stufen hinab. — Er saß in derselben Loge mit ihr, er beugte sich zurück und sah anscheinend gespannt auf die Bühne hinab. Sie hatte das dunkle Köpfchen leicht geneigt; ganz bezaubert hing sein Blick an ihrem rosigen Gesichtchen. Er hatte sie lieb und er zweifelte keinen Augen blick an ihrer Gegenliebe; er war gläubig wie ein Kind, es war gar nicht anders möglich, sie mußte seine wilde, junge Liebe längst ge spürt und begriffen haben. Unverwandt hingen feine Augen an ihrem Antlitz. Bubi fuhr auf. Sie wandte sich um und sah ihm lächelnd in i die strahlenden Augen. Sie plauderte mit ihm, leicht und liebenswürdig, mit einem warmen Unterton in der Stimme. Er lau chte ihren lieben Worten und dachte immer nur: Sobald es wieder dunkel ist, sage ich es ihr. Bald würde er ihre schmale Hand drücken und den süßen Mund küssen. Und er sühlte sein junges Blut heiß ausbrausen. Der Vorhang hob sich. Weich bebte die Musik durch das Haus. Da faßte Bubi sich ein Herz und beugte sich zu ihr. »Liebes, gnädiges Fräulein, ich habe Sie so lieb, so wahnsinnig lieb, bitte, bitte — werden Sie meine Frau!" Sie zuckte zusammen, ein Zittern lief durch ihren Körper. Sia lehnte sich in ihren Sessel zurück, ihr Gesicht war totenblaß, ihre Augen ganz starr. Er sah ihr dicht ins Gesicht mit strahlend seligen Augen, froh, das schwere Wort vom Herzen zu haben. Nun würde sie seine Hand drücken, ganz heiß und heimlich, und von all den hundert Menschen um sie her sah es nie mand, hörte es niemand. Und sie griff auch seine Hand und preßte sie mit schmerzhaftem Druck, dann stieß sie leise hervor: »Herr Gebhardt, wie können Sie so etwas sagen? Daran habe ich nie gedacht. Ich hab' Sie lieb, sehr lieb, aber die anderen nannten Sie immer nur.Budi" — da habe ich Sie auch nicht ernst genommen! Ich Lachte wirklich, Sie wären noch ein Junge." Entsetzt hielt sie inne und schaute angstvoll in sein Gesicht; das leise, traumhafte Lächeln war auf seinen Zügen haften geblieben, wie versteinert. Sie drückte die Hand, die noch immer